Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 10. Dezember 2007
Aktenzeichen: II ZB 13/07

(BGH: Beschluss v. 10.12.2007, Az.: II ZB 13/07)

Tenor

Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Beschwerdewert: 50.000,00 €

Gründe

I. Bei der Beteiligten B. GmbH handelt es sich um eine Gesellschaft, welche nach durchgeführter Liquidation am 8. Oktober 2002 im Handelsregister des Amtsgerichts München (HRB ... ) gelöscht wurde. Letzte Liquidatoren waren die weiteren Beteiligten zu 1 und zu 2.

Der weitere Beteiligte zu 3 - ein Finanzamt - begehrt nunmehr die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die - vermögenslose - gelöschte Gesellschaft mit der Begründung, dass er dieser in deren Eigenschaft als ehemaliger Treuhandkommanditistin der M. GmbH & Co. KG Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Jahre 1998 und 1999 zustellen wolle.

Auf Antrag des weiteren Beteiligten zu 3 bestellte das Registergericht mit Beschluss vom 10. Oktober 2006 die weiteren Beteiligten zu 1 und zu 2 jeweils zu gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Nachtragsliquidatoren der B. GmbH. Auf die hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden der B. GmbH und der Beteiligten zu 1 und zu 2 hob das Landgericht München I den Beschluss des Registergerichts mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 auf und wies den Antrag des weiteren Beteiligten zu 3 auf Bestellung eines Nachtragsliquidators für die gelöschte Gesellschaft zurück.

Gegen diesen ihm am 27. Dezember 2006 zugestellten Beschluss des Landgerichts legte der weitere Beteiligte zu 3 beim Oberlandesgericht am 26. Januar 2007 "Beschwerde" ein.

Das Oberlandesgericht möchte diese "Beschwerde" als unbefristete weitere Beschwerde für zulässig erachten, sieht sich hieran aber durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Schleswig vom 23. Dezember 1999 (NJW-RR 2000, 769 f.) sowie des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Januar 2003 (ZIP 2003, 573 ff.) gehindert und hat die Sache daher dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II. Die Vorlage ist nicht zulässig, die Sache ist dem vorlegenden Oberlandesgericht zur Behandlung und Entscheidung zurückzugeben.

1. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG liegen nicht vor. Hierfür ist erforderlich, dass das vorlegende Oberlandesgericht von einer auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen will. Der Bundesgerichtshof ist zwar an die Auffassung des Oberlandesgerichts gebunden, dass es einer Stellungnahme zu der von ihm herausgestellten Rechtsfrage bedarf. Er hat jedoch zu prüfen, ob in der streitigen Rechtsfrage ein Abweichungsfall vorliegt (BGH, Beschl. v. 17. Juli 2002 - XII ZB 62/00, FamRZ 2002, 1327 m.w.Nachw.). Die Abweichung muss zum einen dieselbe Rechtsfrage betreffen, zum anderen muss die Beantwortung der Rechtsfrage für die vom vorlegenden Gericht zu treffende Entscheidung des Falles und für die vorausgegangene Entscheidung, von der das vorlegende Oberlandesgericht abweichen will, erheblich sein (BGH, Beschl. v. 17. Juli 2002 aaO; Beschl. v. 16. Juli 1997 - XII ZB 97/96, NJW-RR 1997, 1162; Beschl. v. 12. Oktober 1988 - IVb ZB 37/88, NJW 1989, 668, 669; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 15. Aufl. Rdn. 17 f.). Unzureichend ist, dass die Rechtsfrage in der anderen Entscheidung lediglich anders als vom vorlegenden Oberlandesgericht beurteilt wurde. Die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, muss vielmehr auf der anderen Beurteilung der Rechtsfrage beruhen. Hierfür genügt es allerdings, wenn die strittige Rechtsfrage in jener Entscheidung erörtert und beantwortet ist und das Ergebnis für die Entscheidung von Einfluss war (BGH, Beschl. vom 17. Juli 2002 aaO; Beschl. v. 16. Juli 1997 aaO; Beschl. v. 12. Oktober 1988 aaO; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler aaO).

An dem letztgenannten Erfordernis fehlt es. Die Oberlandesgerichte Schleswig und Köln haben in den angeführten Beschlüssen die Ansicht vertreten, dass gegen gerichtliche Entscheidungen, welche die Bestellung eines Nachtragsliquidators einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreffen, in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 5 AktG bzw. von §§ 148 Abs. 1, 145 Abs. 1, 146 Abs. 2 Satz 1 FGG die sofortige Beschwerde und dann die sofortige weitere Beschwerde (§ 29 Abs. 2 FGG) statthaft seien. Diese Rechtsauffassung war jedoch für beide Entscheidungen nicht von Einfluss. Da in beiden Fällen - anders als in dem vom Oberlandesgericht München zu entscheidenden Fall - die weitere Beschwerde innerhalb der Zweiwochenfrist des § 22 Abs. 1 FGG eingelegt wurde, war sie in jedem Fall zulässig, ohne dass es auf die vom vorlegenden Gericht erörterte Frage, ob die unbefristete oder die sofortige weitere Beschwerde gegeben sei, ankam. Beide Gerichte wären zu keinem anderen Ergebnis gelangt, wenn sie die streitige Rechtsfrage anders beurteilt hätten.

2. Davon abgesehen kommt es auf die Vorlagefrage auch deswegen nicht an, weil das Gericht der weiteren Beschwerde, falls es der im Übrigen zutreffenden Ansicht der Oberlandesgerichte Schleswig und Köln folgen würde, dass nur die sofortige weitere Beschwerde eröffnet ist, gehalten wäre, dem weiteren Beteiligten zu 3 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn der Beteiligte zu 3 hätte die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde ohne sein Verschulden versäumt, weil die Rechtslage - wie schon die sich widersprechenden Auffassungen des vorlegenden Oberlandesgerichts einerseits und der Oberlandesgerichte Schleswig und Köln andererseits zeigen - zweifelhaft ist (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 15. Aufl. § 22 Rdn. 66; BGHZ 42, 223, 229) und der Beteiligte zu 3 obendrein durch die - keinen Zweifel an der Zulässigkeit der einfachen Beschwerde lassenden - Ausführungen des Beschwerdegerichts in die Irre geführt wurde. Ein Wiedereinsetzungsantrag kann auch stillschweigend gestellt werden (Jansen/Briesemeister, FGG 3. Aufl. § 22 Rdn. 38). Mit seiner Stellungnahme zu der - von den Beschwerdegegnern eingewendeten - Verfristung seiner weiteren Beschwerde, dass die verkürzte Rechtsbehelfsfrist nicht greife, weil das Landgericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 als einfache Beschwerde behandelt habe, hat derweitere Beteiligte zu 3 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er von der Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde unverschuldet keine Kenntnis gehabt habe und die Entscheidung des Beschwerdegerichts ungeachtet der behaupteten Fristversäumnis überprüft werden solle.

Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 14.12.2006 - 17 HKT 20524/06 -

OLG München, Entscheidung vom 19.04.2007 - 31 Wx 13/07 -






BGH:
Beschluss v. 10.12.2007
Az: II ZB 13/07


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