Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 2. Oktober 2009
Aktenzeichen: VI-3 Kart 26/08 (V)

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 02.10.2009, Az.: VI-3 Kart 26/08 (V))

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Festlegung der Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur vom 28. Mai 2008 - BK7-08-002 - wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der gegnerischen Bundesnetzagentur zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Am 25. Februar 2008 eröffnete die Bundesnetzagentur ein Verfahren zur Festlegung neuer Rahmenbedingungen für die Ausgleichsleistungen im Gassektor, das sich an die Bilanzkreisnetzbetreiber richtete und eine Standardisierung und Konkretisierung der Regelungen für die Bilanzierung von Gasmengen im Rahmen des Netzzugangs zum Ziel hatte. Die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt vom 5. März 2008 sowie auf der Internetseite bekannt gegeben. Zugleich führte sie einen Erörterungstermin zur Vorbereitung der Festlegung mit den Bilanzkreisnetzbetreibern sowie mit den Verbänden der Netzbetreiber und Netznutzer durch. Unter dem 20. März 2008 übersandte sie ihre Beschreibung des Grundmodells der Ausgleichsleistungs- und Bilanzierungsregeln im Gassektor ("GABi Gas") an die Bilanzkreisnetzbetreiber und forderte diese auf, bis zum 7. April 2008 ein Standardangebot für einen Bilanzkreisvertrag vorzulegen, das diese Vorgaben vollständig umsetzt. Das ihr vorgelegte Standardangebot veröffentlichte sie am 8. April 2008 auf ihrer Internetseite und gab allen tatsächlichen oder potenziellen Nachfragern sowie Netzbetreibern Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22. April 2008.

Am 28. Mai 2008 erließ die Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur die verfahrensgegenständliche Festlegung, die mit Beginn des Gaswirtschaftsjahres 2008/2009 am 1. Oktober 2008 in Kraft getreten ist. In dem Tenor der Festlegung heißt es:

"1. Die Bilanzkreisnetzbetreiber sind mit Wirkung vom 01.10.2008 verpflichtet, in abgeschlossene sowie in neu abzuschließende Bilanzkreisverträge die in Anlage 1 ("Standardbilanzkreisvertrag Gas") festgelegten Regelungen aufzunehmen.

Hinweis: Die Sonderregelungen für die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz (Teil 11 a GasNZV) bleiben hiervon unberührt.

2. Der Prozentsatz der Toleranzgrenze wird ab dem 01.10.2008 abweichend von § 30 Abs. 1 GasNZV auf 0 % festgelegt.

3. Die Bilanzkreisnetzbetreiber sind verpflichtet, die folgenden Informationen in einem für die elektronische Weiterverarbeitung durch Standardsoftware nutzbaren Format im Internet zu veröffentlichen:

die täglich aktualisierten Ausgleichsenergiepreise einschließlich der als Basis für die Preisbildung dienenden Referenzpreise für den jeweiligen Gastag und zumindest für die letzten 12 Monate; im Fall der Erhebung von variablen Strukturierungsbeiträgen die für die verschiedenen Stunden eines Gastages festgesetzten Höhen der Strukturierungsbeiträge getrennt nach Über- und Unterspeisungen einschließlich einer Begründung der festgesetzten Höhen; Informationen zu Umfang und Preis der eingesetzten Regelenergie, für externe Regelenergie unterschieden nach Dienstleistungen zur untertägigen Strukturierung und der Beschaffung oder Veräußerung von Gasmengen. Diese Informationen sind möglichst am Folgetag des Einsatzes der Regelenergie und mindestens für die letzten 12 Monate zu veröffentlichen. Außerdem ist zu veröffentlichen, welcher Anteil der externen Regelenergie aufgrund lokaler oder räumlich begrenzter Ungleichgewichte eingesetzt wurde; monatlich den Saldo des Kontos für die Regel- und Ausgleichsenergieumlage zum Schluss des Vormonats; eine Liste derjenigen Ausspeisenetzbetreiber des jeweiligen Marktgebiets, die dem Bilanzkreisnetzbetreiber die für die Bilanzkreisabrechnung erforderlichen Daten nicht, nicht fristgerecht, unvollständig oder in unzureichender Qualität zur Verfügung stellen.

Die Verpflichtungen nach lit. a) bis d) gelten ab dem 01.10.2008, die Verpflichtung nach lit. e) ab dem 01.04.2009.

4. Ein Widerruf bleibt vorbehalten.

5. Eine Kostenentscheidung bleibt vorbehalten."

In Anlage 2 zu diesem Beschluss wird das Grundmodell der Ausgleichsleistungs- und Bilanzierungsregeln im Gassektor beschrieben. Dazu heißt es:

"Im Folgenden wird das Grundmodell der Ausgleichsleistungs- und Bilanzierungsregeln im Gassektor beschrieben. Dieses Modell enthält Regelungen sowohl für die Bilanzierung von Gasmengen und die Abrechnung von Ausgleichsenergie des Bilanzkreisnetzbetreibers gegenüber den Bilanzkreisverantwortlichen als auch für die Beschaffung und den Einsatz von Regelenergie.

Aufgrund begrenzter Ermächtigungsgrundlagen wird die Bundesnetzagentur im Festlegungsverfahren nur einige Elemente dieses Modells verbindlich festlegen und standardisieren können. Vorgaben zur Beschaffung und zum Einsatz von Regelenergie können nicht ex ante durch die Beschlusskammer angeordnet werden.

Die nachfolgende Beschreibung trifft insoweit jedoch keine Auswahl, sondern ist darauf bedacht, ein schlüssiges und konsistentes Gesamtmodell darzustellen, das den Verknüpfungen zwischen den Regel- und Ausgleichsenergie in ausreichendem Maße Rechnung trägt. Die Beschlusskammer geht davon aus, dass Bilanzkreisnetzbetreiber, die sich bei der Abwicklung des Regel- und Ausgleichsenergiemodells an die folgende Beschreibung halten, die gesetzlichen Anforderungen insbesondere an Beschaffung und Einsatz von Regelenergie erfüllen. Vorbehaltlich einer Konkretisierung wird sie diese Grundsätze auch etwaigen Einzelverfahren zugrunde legen.

Die Bundesnetzagentur wird die Auswirkungen des Modells beobachten und in angemessenen Zeitabständen prüfen, ob und inwieweit eine Fortentwicklung erforderlich ist."

Der Senat hat in dem weiteren (Beiladungs-) Verwaltungsverfahren zwischen den Parteien durch Beschluss vom 14.01.2009 - Az. VI - 3 Kart 36/08 (V) - die dortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Versagung der Beiladung zu dem Verwaltungsverfahren über die Festlegungen zurückgewiesen. Mit dem Beschluss vom 14.01.2009 hat der Senat folgenden Sachverhalt festgestellt:

"Die Beschwerdeführerin begehrt die Beiladung zum Verwaltungsverfahren wegen der Festlegungen in Sachen Ausgleichsleistungen Gas (GABi Gas). Sie ist ein industrieller Großverbraucher mit einem jährlichen Gasbedarf von circa GWh, die sie teils selbst für den Betrieb des von ihr unterhaltenen Kraftwerks verbraucht und teils an die im P angesiedelten Firmen weiterveräußert. Nach ihrem Vortrag beabsichtigt sie den Abschluss eines Bilanzkreisvertrages.

Die Bundesnetzagentur hat das Verwaltungsverfahren wegen der Festlegungen in Sachen Ausgleichsleistungen Gas am 25. Februar 2008 eröffnet. Die Einleitung hat sie in ihrem Amtsblatt vom 5. März 2008 sowie auf ihrer Internetseite bekannt gegeben. Das am 7. April 2008 vorgelegte einheitliche Standardangebot der Bilanzkreisnetzbetreiber hat sie am 8. April 2008 auf ihrer Internetseite veröffentlicht und Frist zur Stellungnahme bis zum 22. April 2008 gesetzt. Mit Beschluss vom 28. Mai 2008 hat die Bundesnetzagentur einheitliche Regelungen in Sachen Ausgleichsleistungen Gas festgelegt. Der Beschluss ist noch nicht bestandskräftig, vor dem Senat sind mehrere Beschwerdeverfahren anhängig.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 hat die Beschwerdeführerin die Beiladung zum Verwaltungsverfahren beantragt. Ihre Interessen würden durch das Verwaltungsverfahren erheblich berührt. Die Neuregelung verletze den Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit. Sie diskriminiere industrielle Verbraucher sowohl gegenüber -Kunden als auch gegenüber den traditionellen Marktführern mit großen Bilanzkreisen. Durch die zunehmende Einspeisung von Windstrom werde der Bedarf an Regelenergie steigen, den im Wesentlichen die Gaskraftwerke abdecken müssten. Die Renominierung von Gas könne jedoch nur mit einem Vorlauf von zwei Stunden erfolgen, was zwangsläufig mit Pönalen für fehlerhafte Prognosen einhergehen werde.

Diesen Beiladungsantrag hat die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 30. Juli 2008 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es sei weder ein Fall notwendiger noch ein Fall einfacher Beiladung gegeben. Es fehle an einer rechtsgestaltenden Wirkung gegenüber der Beschwerdeführerin, sie könne allenfalls mittelbar durch Umsetzungsakte seitens der Bilanzkreisnetzbetreiber betroffen sein. Die einfache Beiladung diene der Förderung des Verfahrens. Nachdem die Festlegung erfolgt sei, könne dieser Zweck nicht mehr erreicht werden. Die Möglichkeit zur Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin nicht genutzt. Die von ihr nunmehr angeführten materiellen Gesichtspunkte seien allerdings von anderen vorgebracht und im Rahmen der Festlegungsentscheidung berücksichtigt worden. Es sei auch von daher nicht ersichtlich, dass durch eine Beiladung eine weitergehende Förderung des Verfahrens hätte erzielt werden können" (Beschluss, S. 2,3).

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zu der rechtlichen Würdigung wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 14.01.2009 - Az. VI - 3 Kart 36/08 (V) - Bezug genommen.

Mit der Beschwerde des vorliegenden Verfahrens wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Festlegung selbst mit dem Antrag,

den Beschluss der 7. Beschlusskammer der Beschwerdegegnerin zum Az. BK7-08-002 (Festlegungen in Sachen Ausgleichsleistungen Gas (Bilanzkreisvertrag u.a.), veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 11 Bundesnetzagentur vom 18.06.2008 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin (BNA) zu verpflichten, einen neuen Beschluss zur Festlegung in gleicher Angelegenheit zu treffen, in welcher die Rechtsausführungen des Gerichts zum Umfang der Festlegungsbefugnis der Beschwerdegegnerin sowie zur kostenorientierten, verursachungsgerechten und diskriminierungsfreien Gestaltung der Festlegung berücksichtigt werden.

Zur Begründung trägt die Beschwerdeführerin vor:

Personen, die in ihren Rechten verletzt würden, stehe ein selbständiges Beschwerderecht gemäß §§ 42 Abs. 2 VwGO, 75 Abs. 3 EnWG analog zu. Dies sei für das parallel gestaltete Beschwerderecht im kartellrechtlichen Verfahren gemäß § 63 Abs. 3 GWB analog anerkannt. Voraussetzung sei, dass die Entscheidung die rechtlichen Interessen der Person beeinträchtige. Folglich seien auch nicht Beigeladene, die nur möglicherweise in ihren Rechten verletzt worden seien, beschwerdebefugt. Die Festlegung greife (unmittelbar) in die subjektiven Rechte der Beschwerdeführerin ein. Darüber hinaus sei die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin begründet, "weil diese von der Beschwerdegegnerin von dem Festlegungsverfahren nicht gemäß § 13 Abs. 2 VwVfG benachteiligt" (BB, S. 5 -Bl. 62 GA, gemeint ist wohl benachrichtigt) worden sei. Ungeachtet dessen führe die Beschwerdeführerin dem Verfahren einen verfahrensfördernden Beitrag hinzu.

Mit Schriftsatz vom 20.05.2009 (Bl. 194 GA) ergänzt die Beschwerdeführerin, der Bundesgerichtshof habe mit dem Beschluss vom 11.11.2008 - EnVR 1/08 - nochmals betont, dass die Regelung des § 75 Abs. 2 EnWG den beschwerdebefugten Personenkreis nicht abschließend regele. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, zur Ermittlung des beschwerdebefugten Personenkreises sei auf das Europarecht zurückzugreifen. Dies belege zum Einen die Pepcom-Entscheidung des BGH, in welcher dieser den inhaltsgleichen § 63 Abs. 2 GWB anhand des Europarechts auslege und vom Anwendungsbereich ausdehne (BGH KVR 37/05, Rz. 20 ff.). Zum anderen verlange der EuGH in der Arcor-Entscheidung die Auslegung der innerstaatlichen Verfahrensvorschriften über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Entscheidungen von Regulierungsbehörden anhand des Europarechts (EuGH, Urteil vom 24.04.2008, C-55/06, Rz. 178).

Die Beschwerdeführerin rügt in materieller Hinsicht, die Beschwerdegegnerin sei zwar gemäß § 42 Abs. 6 GasNZV zur Festlegung eines von § 30 Abs. 1 GasNZV abweichenden Prozentsatzes ermächtigt, aber nicht zur Abschaffung des von § 26 Abs. 2 GasNZV vorgegebenen zweistufigen Systems von unentgeltlich unter Nutzung des Netzpuffers zu erbringender und entgeltlich zu erbringender zusätzlicher Ausgleichsleistung. Damit verstoße die Beschwerdegegnerin gegen die in der Ermächtigungsgrundlage des § 42 Abs. 1 GasNZV angeordnete Verpflichtung, bei Festlegungen die Ziele des § 1 EnWG zu berücksichtigen. Durch die Festlegungen würden die RLM-Kunden mit Tagesband gegenüber den SLP-Kunden diskriminiert. Die Beschwerdeführerin hätte gemäß der Festlegung als RLM-Kunde mit Tagesband im Vergleich zu den Kosten von SLP-Kunden jährlich rd. TEUR für den Bilanzausgleich mehr zu zahlen, und zwar TEUR/a an Regel- und Ausgleichsenergieumlage, TEUR/a an Ausgleichsenergiepreisen und TEUR an Strukturierungsbeitrag. SLP-Kunden wären im Vergleich lediglich mit der Regel- und Ausgleichsenergieumlage von TEUR/a belastet. Die RLM-Kunden ohne Tagesband "subventionierten" auf der anderen Seite die SLP-Kunden und die RLM-Kunden mit Tagesband in Höhe ihrer Überschusszahlung (BB, S. 30, Bl. 87 GA).

Die Bundesnetzagentur bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

Sie meint, die Beschwerde gegen die Festlegung sei schon unzulässig. Die Beschwerdeführerin sei nicht beschwerdebefugt, da sie weder formell an dem Verfahren vor der Regulierungsbehörde durch Beiladung beteiligt worden sei noch ein Ausnahmefall vorliege, der eine Beschwerdeberechtigung in erweiterter Anwendung des § 75 Abs. 2 EnWG rechtfertige.

Das Verwaltungsverfahren zu den Ausgleichsleistungen Gas sei am 25.02.2008 eröffnet worden. Die Einleitung sei im Amtsblatt der Bundesnetzagentur vom 05.03.2008 sowie auf ihrer Internetseite bekannt gegeben worden. Das am 08.04.2008 vorgelegte einheitliche Standardangebot der Bilanznetzbetreiber habe sie am 08.04.2008 auf ihrer Internetseite veröffentlicht und Frist zur Stellungnahme bis zum 22.04.2008 gesetzt. Am 28.05.2008 seien die Festlegungen beschlossen worden. Die Beschwerdeführerin habe erst mit Schreiben vom 23.06.2008 ihre Beiladung zum Verwaltungsverfahren beantragt. Den Beiladungsantrag habe die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 30.07.2008 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde sei von dem Senat am 14.01.2009 - VI-3 Kart 36/08 - zurückgewiesen worden.

Die Beschwerdeführerin sei nicht bereits nach § 75 Abs. 2 EnWG beschwerdebefugt, da sie nicht zum Kreis der geborenen Verfahrensbeteiligten gehöre.

Zwar sei anerkannt, dass § 75 Abs. 2 EnWG zu eng formuliert sei und daher keine abschließende Regelung enthalte. Vielmehr sei ein Dritter in erweiterter Auslegung dieser Vorschrift auch dann beschwerdebefugt, wenn er geltend machen könne, durch die angefochtene Entscheidung unmittelbar und individuell in seinen Rechten betroffen zu sein. Erforderlich für eine solche erweiterte Auslegung sei damit, dass die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung vorlägen und diese zu Unrecht unterblieben sei. Wer dies geltend machen könne, sei nicht gezwungen, zunächst seine unterbliebene Beiladung nachträglich durchzusetzen, sondern könne sein Recht sogleich mit der Beschwerde geltend machen. Diese Voraussetzung erfülle die Beschwerdeführerin jedoch nicht. Der Antrag auf Beiladung zum Beschlusskammerverfahren sei nicht allein aus verfahrensökonomischen Gründen abgelehnt worden, sondern weil die Beschwerdeführerin den Antrag erst nach Abschluss des Verfahrens und damit verspätet gestellt habe, obgleich ihr die Antragstellung möglich gewesen wäre, da sowohl die Einleitung des Verfahrens als auch weitere Schritte im Verfahrensablauf und im Fortgang des Verfahrens im Amtsblatt der Bundesnetzagentur bzw. auf deren Internetseite bekannt gegeben worden seien.

Mit Schriftsatz vom 09.03.2009 (Bl. 105 GA) hat die Beschwerdeführerin beantragt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe der Bundesnetzagentur entsprechend deren Anregung mit Missbrauchsantrag vom 05.03.2009 die Regelungen aus dem Muster-Bilanzkreisvertrag der A, dem in Betracht kommenden Bilanzkreisnetzbetreiber der Beschwerdeführerin, zur Prüfung vorgelegt. Das Missbrauchsverfahren sei vorrangig. Die Bundesnetzagentur hat dem Antrag, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, nicht zugestimmt (Bl. 178 GA). Ein Fall der Vorgreiflichkeit sei nicht gegeben. Den Missbrauchsantrag vom 05.03.2009 hat die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 04.05.2009 - BK7-09-002 - als unzulässig mit der Begründung zurückgewiesen, die von der Beschwerdeführerin gerügten Regeln des Bilanzkreisvertrages entsprächen den nach § 29 Abs. 1 EnWG festgelegten Bedingungen. Der Beschwerdeführerin gehe es mit ihrem Missbrauchsantrag nicht um eine Überprüfung des Verhaltens der dortigen Antragsgegnerin, sondern um eine Überprüfung des Beschlusses der Bundesnetzagentur.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien mit Anlagen, das Protokoll der Senatssitzung, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und die mit Verfügung des Senatsvorsitzenden erteilten rechtlichen Hinweise Bezug genommen.

Die Beschwerde ist aus den mit den Beteiligten in der Senatssitzung erörterten Gründen bereits unzulässig und daher zu verwerfen. Der Beschwerdeführerin fehlt die erforderliche Beschwerdebefugnis.

1. Nach § 75 Abs. 2 EnWG, der der Regelung in § 63 Abs. 2 GWB nachgebildet ist, steht die Beschwerde grundsätzlich allen Verfahrensbeteiligten zu, so dass die Beschwerdebefugnis danach allein von der formalen Beteiligtenstellung nach § 66 Abs. 2 EnWG abhängt.

1.1. "Geborene" Verfahrensbeteiligte sind ein etwaiger Antragsteller und Unternehmen, gegen die sich das Verfahren richtet (§ 66 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EnWG), sie sind daher von Gesetzes wegen zu beteiligen. Zu den Unternehmen des § 66 Abs. 2 Nr. 2 EnWG gehören solche, die unmittelbar durch eine das Verfahren abschließende Entscheidung belastet werden können, also die potentiellen Adressaten der Regelung.

1.2. Daneben sind gem. § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG als "gekorene Verfahrensbeteiligte" weiterhin Dritte beteiligt, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und welche die Regulierungsbehörde auf ihren Antrag zum Verfahren beigeladen hat. Durch die Beiladung werden sie mit eigenen Verfahrensrechten ausgestattet; sie haben nicht nur das Recht auf Akteneinsicht und das Recht, eigene Anträge zu stellen, sondern erlangen hierdurch auch die Beschwerdebefugnis des § 75 Abs. 2 EnWG. Dabei ist der Begriff der "Interessen" weit zu verstehen, erfasst werden nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Interessen am Verfahrensausgang. Ausreichend, aber auch erforderlich ist eine erhebliche, also spürbare mittelbare Interessenberührung, eine unmittelbare Betroffenheit ist nicht notwendig (Senat, Beschluss vom 07.04.2006 - VI-3 Kart 161/06 (V) - IR 2006, 157). Damit geht § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG weit über die Voraussetzungen der (einfachen) Beteiligung nach § 13 Abs. 2 S. 1 VwVfG und § 65 VwGO hinaus, die eine mögliche Berührung rechtlicher, also rechtlich geschützter Interessen erfordert. Allerdings ist auch hier zwischen einfacher und notwendiger Beiladung zu unterscheiden. Einen Anspruch auf Beiladung zu dem Verfahren hat nur der - notwendig beizuladende - Dritte, in dessen rechtliche Interessen die verfahrensabschließende Entscheidung eingreift (BGH WuW/E DE-R 1544, 1545 "Zeiss/Leica"; WuW/E DE-R 1520, 1522 "Arealnetz"; Senat a.a.O.). Ihm muss Gelegenheit gegeben werden, von dem Verfahren Kenntnis zu nehmen, bei der Entscheidung über seinen Beiladungsantrag ist das Ermessen der Behörde auf Null reduziert. Anders liegt der Fall bei einer einfachen Beiladung. Da für sie die erhebliche Berührung eigener Interessen ausreicht, kann die Behörde über einen solchen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden und im Rahmen dessen neben der Intensität der betroffenen Interessen auch das Bedürfnis nach Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens berücksichtigen (Senat ZNER 2006, 150, 151; 349 f.; IR 2006, 212; BGH ZNER 2007, 61).

An dem konkreten Festlegungsverfahren waren nur die Bilanzkreisnetzbetreiber als potentielle Adressaten der Festlegung verfahrensbeteiligt; sie haben im Rahmen des Festlegungsverfahrens das von ihnen erbetene einheitliche Standardangebot vorgelegt. Die Beschwerdeführerin hätte zwar durch Beiladung an dem Festlegungsverfahren beteiligt werden können, da sie beabsichtigt, als Transportkundin einen Bilanzkreisvertrag abzuschließen. Einen Antrag auf Beiladung hat sie indessen nicht rechtzeitig gestellt, so dass sie an dem Festlegungsverfahren auch nicht förmlich beteiligt worden ist. Erst mit Schreiben vom 23.06.2008 hat die Beschwerdeführerin die Beiladung zu dem Verwaltungsverfahren beantragt, das indessen durch den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 28.05.2008 bereits abgeschlossen war. Eine Beiladung kam schon aus diesem Grund nicht mehr in Betracht (s. nur: BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 07.04.2009 - KVR 34/08 -, "Versicherergemeinschaft").

2. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht in ergänzender Auslegung des § 75 Abs. 2 EnWG beschwerdebefugt.

2.1. Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs enthält § 75 Abs. 2 EnWG - wie auch § 63 Abs. 2 GWB - keine abschließende Regelung. Eine Erweiterung der Beschwerdebefugnis für potentiell Beizuladende kommt vielmehr in folgenden Fällen in Betracht:

Mit Blick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist ein notwendig Beizuladender, also ein Dritter, in dessen rechtlich geschützte Interessen die verfahrensabschließende Entscheidung eingreift, auch dann als beschwerdebefugt anzusehen, wenn seine Beiladung versäumt worden ist (BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 22.02.2005 - KVZ 20/04 - , WuW DE-R 1544 "Zeiss/Leica"). Wer geltend macht, er sei zu Unrecht nicht beigeladen worden und durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt, kann sein Recht sogleich mit der Beschwerde geltend machen und ist also nicht auf den Weg der nachträglichen Beiladung zu verweisen (K. Schmidt in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: GWB, 4. A., 2007, Rn 22 zu § 63).

Daneben ist auch einem aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht beigeladenen Dritten mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot und Art. 230 Abs. 4 EG eine Beschwerdebefugnis einzuräumen, wenn in seiner Person die Voraussetzungen für eine Beiladung vorliegen und er durch die Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist (zu § 63 Abs. 2 GWB: BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 7.11.2006 - KVR 37/05 -, BGHZ 169, 370 ff. = NJW 2007, 607 "pepcom"). Gleiches gilt für den nicht beigeladenen Dritten, der seine Beiladung nicht rechtzeitig beantragen konnte, weil er keine Kenntnis von dem Verfahren hatte (BGH Kartellsenat, Beschluss vom 07.04.2009 - KVR 34/08- "Versicherergemeinschaft"; BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 11.11.2008 - EnVR 1/08 -, NSW EnWG § 86 "citiworks").

2.2. Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Durch die angegriffene Festlegung werden nur die wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin mittelbar berührt, nicht aber in ihre rechtlich geschützten Interessen eingriffen, so dass sie nicht notwendig beizuladen gewesen wäre. Die Möglichkeit, die Stellung eines Verfahrensbeteiligten und seine hiermit verbundenen Verfahrensrechte durch eine einfache Beiladung zu erwerben, hat sie nicht rechtzeitig wahrgenommen. Die Beschwerdeführerin, die von dem Festlegungsverfahren durch die nach § 43 Abs. 4 GasNZV vorzunehmenden Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur im Internet und in ihrem Amtsblatt auch ohne eine Einzelzustellung an sie Kenntnis haben musste, hat erst mit Schreiben vom 23.06.2008 und damit nach Abschluss des Festlegungsverfahrens die Beiladung zum Verwaltungsverfahren beantragt Ein Beschwerderecht kann sie daher auch in erweiternder Auslegung des § 75 Abs. 2 EnWG nicht erlangen. Das steht in Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs (zu § 54 Abs. 2 Satz 3 GWB), wonach auf einen Beiladungsantrag, den der Beiladungspetent erst nach Abschluss des kartellbehördlichen Verfahrens stellt, eine Beiladung nicht gestützt werden kann (BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 07.04.2009 - KVR 34/08- "Versicherergemeinschaft").

Die angegriffene Festlegung greift nicht unmittelbar in rechtlich geschützte Interessen der Beschwerdeführerin als Transportkundin ein. Entscheidend ist insoweit allein die Entscheidung im Sinne des Verfügungstenors (vgl. nur: Ost in: MünchKomm GWB, 2008, Rn 19 zu § 54).

2.2.1. Entsprechend der Ermächtigung des § 43 Abs. 1 GasNZV richtet Ziffer 1 der Festlegung sich nur an die Bilanzkreisnetzbetreiber und verpflichtet diese, bestimmte Regelungen in von ihnen bereits abgeschlossene wie auch neu abzuschließende Bilanzkreisverträge aufzunehmen. Weil die Interessen tatsächlicher oder potentieller Nachfrager sowie Netzbetreiber hiervon - lediglich - berührt sind, hat die Beschlusskammer ihnen entsprechend der Vorgabe des § 43 Abs. 3 GasNZV Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Inhaltlich betreffen die Vorgaben für von Bilanzkreisnetzbetreibern abgeschlossene oder abzuschließende Bilanzkreisverträge lediglich die Methoden der Bilanzkreisabrechnung und die Bildung der Ausgleichsentgelte:

§ 9 Standardvertrag enthält mit der Vorgabe der Tagesbilanzierung und der Bestimmung der bilanzrelevanten Mengen sowie der Grundregelung über das stündliche Anreizsystem Vorgaben über die Methoden der Bilanzkreisabrechnung und die Bildung der Ausgleichsentgelte,

§ 10 Standardvertrag regelt lediglich Informationspflichten zwischen dem Netzbetreiber und dem Bilanzkreisverantwortlichen, die einer Vermeidung von Ungleichgewichten oder einer Überprüfung der Abrechnung dienen,

§ 11 Standardvertrag befasst sich mit der Ermittlung, dem Ausgleich und der Abrechnung von Differenzmengen und erstreckt sich damit zum einen auf die Methoden für die Bilanzkreisabrechnung und zum anderen auf die Ermittlung des tagesbezogenen Arbeitspreises für Mehr- oder Mindermengen,

§ 12 Standardvertrag regelt die Ausgeglichenheit des Bilanzkreises,

§ 13 Standardvertrag enthält ein spezielles stündliches Anreizsystem, mittels dessen die Bilanzkreisverantwortlichen zu einem stündlichen Abgleich ihrer Einund Ausspeisungen angeregt werden,

§ 15 Standardvertrag betrifft die Regel- und Ausgleichenergieumlage, mit der am Ende der Abrechnungsperiode verbleibende Restkosten auf die einzelnen Bilanzkreise verteilt werden.

In Ziffer 2 der Festlegung wird die Toleranzgrenze für den Basisbilanzausgleich im Hinblick auf den Übergang zum Tagesbilanzierungsregime auf der Grundlage von § 42 Abs. 6 GasNZV abweichend von § 30 Abs. 1 GasNZV auf Null reduziert, weil die in § 30 Abs. 1 GasNZV vorgesehenen Toleranzgrenzen auf dem System der stündlichen Bilanzierung beruhen.

2.2.2. Dass der Inhalt dieser Regelungen unmittelbar in ihre rechtlich geschützten Interessen eingreift, kann die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde nicht aufzeigen.

Eine Verletzung ihrer rechtlich geschützten Interessen sieht sie in der Herabsetzung der Toleranzgrenze des § 30 Abs. 1 GasNZV auf 0 % und der damit verbundenen faktischen Abschaffung des Basisbilanzausgleichs. Daraus folge eine Diskriminierung der RLM-Kunden wie der Beschwerdeführerin gegenüber den SLP-Kunden. SLP-Kunden zahlten die Regel- und Ausgleichsenergie gemäß § 15 des Standardvertrages pro entnommene MWh Gas. Weitere Zahlungspflichten begründe die Festlegung zu Lasten der SLP-Kunden nicht. Zwar nähmen sie am stündlichen Anreizsystem und am Tagesbilanzausgleich - jeweils mit 0 % Toleranz - teil. Es werde aber in § 9 Ziff. 4. c) des Standardvertrages fingiert, dass ihre prognostizierten Einspeisungen mit den (stündlichen/täglichen) Ausspeisungen übereinstimmten. Durch diese Fiktion sei ausgeschlossen, dass SLP-Kunden stündliche oder tägliche Abweichungen hätten. Mit der entrichteten Regel- und Ausgleichsenergie seien sämtliche Kosten für den kurzfristigen Ausgleich in unbegrenzter Höhe abgegolten. RLM-Kunden zahlten wie die SLP-Kunden die Regel- und Ausgleichsenergie gemäß § 15 Standardvertrag pro entnommene MWh Gas. Bei ihnen werde allerdings nicht fingiert, dass ihre prognostizierten Einspeisungen mit den Ausspeisungen übereinstimmten. Sie hätten zusätzlich zu der Umlage für stündliche (tatsächliche) Abweichungen oberhalb der Toleranz von 15 % den Strukturierungsbeitrag und für Tagesabweichungen den asymmetrischen Ausgleichsenergiepreis zu zahlen. Für die Beschwerdeführerin als RLM-Kundin würden sich so um insgesamt rd. TEUR/a höhere Kosten für den Bilanzausgleich gegenüber vergleichbaren SLP-Kunden ergeben. Andererseits "subventionierten" die RLM-Kunden ohne Tagesband die SLP-Kunden.

Dass die konkreten Regelungen der Festlegung damit subjektive Rechte der Beschwerdeführerin verletzen könnten, ist nicht ersichtlich. Der in § 20 Abs. 1 EnWG gesetzlich normierte Anspruch des Netznutzers auf diskriminierungsfreien Zugang wird durch die Festlegung nicht unmittelbar betroffen, da es sich um Vorgaben für abzuschließende Bilanzkreisverträge handelt, die noch der vertraglichen Umsetzung bedürfen und sie im Übrigen inhaltlich nur Methoden der Bilanzkreisabrechnung und die Bildung der Ausgleichsentgelte betreffen. Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 07.04.2009 - KVR 34/08- "Versicherergemeinschaft") "ist - auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 10.10.2002 - 6 C 8/01, MMR 2003, 241, 242 m.w.N) - bei Verwaltungsakten, die nicht unmittelbar regelnd in die bestehende Privatrechtslage eingreifen, sondern noch der privatrechtlichen Umsetzung durch den Adressaten bedürfen, trotz der absehbaren Auswirkungen des Verwaltungsakts auf die Vertragspartner der Adressaten deren mögliche Verletzung in eigenen Rechten und damit deren Klagebefugnis zu verneinen." Für das Kartellverwaltungsrecht sei keine andere Beurteilung angezeigt (BGH a.a.O.).

Die faktische Abschaffung des Basisbilanzausgleichs durch Ziffer 2 der Festlegung greift ebenfalls nicht in rechtlich geschützte Interessen der Beschwerdeführerin ein. Insbesondere kann die Beschwerdeführerin aus § 26 Abs. 2 GasNZV nichts für sich herleiten, denn es handelt sich nicht um eine sie (dritt)schützende Norm.

Drittschützend ist eine Norm nach der Schutznormtheorie nur dann, wenn sie nicht ausschließlich dem öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch dem Schutz des Individualinteresses zu dienen bestimmt ist und zwar derart, dass die Geschützten die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können. Dazu muss der Kläger unter den geschützten Personenkreis fallen und die Norm muss das von ihm geltend gemachte Interesse vor Verletzungen der geltend gemachten Art schützen (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 2008, Vorb. § 113, Rdnr. 4; § 113 Rdnr. 6 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 GasNZV "haben Netzbetreiber in einem Bilanzkreissystem Transportkunden einen Ausgleich für Abweichungen von deren Ein- und Ausspeisungen innerhalb der in § 30 beschriebenen Toleranzgrenzen ohne besonderes Entgelt anzubieten (Basisbilanzausgleich)". Gegen gesondertes Entgelt haben sie nach Satz 2 ferner diskriminierungsfrei einen Ausgleich von Abweichungen anzubieten, die über die Toleranzgrenzen hinausgehen. § 30 GasNZV bestimmt weiter, dass Betreiber von Fernleitungsnetzen und regionalen Verteilnetzen mindestens einen Basisbilanzausgleich innerhalb einer stündlichen Toleranzgrenze von 10 % und einer kumulierten Toleranzgrenze von mindestens einer Stundenmenge jeweils bezogen auf den niedrigeren Wert von gebuchter Ein- und Ausspeiseleistung anzubieten haben. Gem. § 42 Abs. 6 kann die Regulierungsbehörde einen von § 30 Abs. 1 abweichenden Prozentsatz der Toleranzgrenze festlegen, wenn dies aufgrund der Marktsituation erforderlich ist. Zuvor hat sie die Verbände der Netzbetreiber und Transportkunden anzuhören.

Durch die mit der gegenständlichen Festlegung neu eingeführte Tagesbilanzierung werden seit dem 1.10.2008 die Bilanzabweichungen nicht mehr stündlich abgerechnet, da Bilanzierungsperiode nunmehr der Gastag ist. Toleranzen bestehen angesichts der mit Ziffer 2 der Festlegung erfolgten Reduzierung der Toleranzgrenze auf Null nicht mehr, vielmehr wird jede Abweichung zwischen ein- und ausgespeister Menge mit dem Ausgleichsenergieentgelt verrechnet.

Dass der Verordnungsgeber dem Transportkunden mit § 26 Abs. 2 GasNZV einen Anspruch auf einen entgeltfreien Basisbilanzausgleich innerhalb der in § 30 beschriebenen Toleranzgrenzen einräumen will, lässt sich nicht feststellen. Teil 7 der Regelungen der GasNZV regelt die Modalitäten des Bilanzausgleichs und legt dabei ein stündliches Bilanzierungsregime zugrunde. Die diesbezüglichen Regelungen dienen der Ausgestaltung des Bilanzierungsausgleichsverfahrens und damit dem öffentlichen Interesse, denn auch sie sollen die Liquidität des Gasmarkts erhöhen und damit Wettbewerb fördern. Änderungen des Prozentsatzes kann die Bundesnetzagentur daher vornehmen, wenn die Marktsituation dies erfordert, sie braucht die Verbände der Netzbetreiber und Transportkunden zuvor nur anzuhören. Auch im Wortlaut der Norm kommt dies zum Ausdruck, denn sie gibt dem Netzbetreiber lediglich auf, einen Basisbilanzausgleich anzubieten und räumt nicht dem Transportkunden einen Anspruch auf einen solchen, also ein subjektiv-öffentliches Recht darauf ein.

2.3. Für eine weitere Ausdehnung der Anfechtungsberechtigung ist kein Raum. Die Effektivität des Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG erfordert es nicht, allen potentiell Beizuladenden ungeachtet der Frage, ob die angegriffene Entscheidung in ihre rechtlich geschützten Interessen eingreift, eine Beschwerdebefugnis einzuräumen. Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet den Rechtsweg nur demjenigen, der substantiiert behauptet, in seinen Rechten möglicherweise verletzt zu sein. Er setzt damit die Verletzung in eigenen subjektiven Rechten voraus, die bloß faktische Betroffenheit rechtlich nicht geschützter Interessen begründet eine solche Rechtsverletzung nicht (vgl. nur: Enders in: Epping/Hillgruber BeckOKGG, Stand: 01.02.2009, Art. 19 Rn 60 ff.; BVerfGE 31, 33, 39; 364, 369; 83, 182, 194). Soweit der Gesetzgeber mit § 75 Abs. 2 EnWG - und § 63 Abs. 2 GWB - die Beschwerdebefugnis auf alle am Verwaltungsverfahren Beteiligten ausdehnt und damit auch solchen Beteiligten die Beschwerde eröffnet, die nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein können und daher nur einfach beigeladen worden sind, wird damit allerdings auch die Rechtssphäre ausgedehnt, deren Verletzung im Rechtsweg geltend gemacht werden kann (zu den Erweiterungsmodellen vgl. Enders in: Epping/Hillgruber BeckOKGG, Art. 19 Rn 66 ff.). So kann sich aus gesetzlich verliehenen subjektiven Beteiligungsrechten eine von Art. 19 Abs. 4 GG umfasste rügefähige Rechtsposition ergeben. Diese mag die Rechtsprechung im Blick haben, wenn sie nicht nur dem notwendig beizuladenden Dritten, sondern jedem Beiladepetenten ein Beschwerderecht zubilligt, wenn und soweit sein Beteiligungsrecht und daraus folgend eine materiellrechtliche Rechtsposition verletzt sein kann. Eine solche Verletzung des Beteiligungsrechts setzt jedoch voraus, dass er dieses Beteiligungsrecht schon im Verwaltungsverfahren wahrnehmen wollte. Verzichtet er darauf oder stellt er den Beiladungsantrag verspätet - wie die Beschwerdeführerin -, dann ist er damit präkludiert. Art. 19 Abs. 4 GG gilt nicht zugunsten desjenigen, der die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Rechtsmittels nicht erfüllt hat (KG WuW/OLG 933, 934 "Beiladung"; Kapp/Meßmer WuW 2004, 917, 920). Aus Sinn und Zweck der Beiladung lässt sich nichts anderes herleiten. Die Verfahrensbeteiligung Dritter hat grundsätzlich nur eine dienende Funktion gegenüber dem Verfahrensziel, sie dient in der Regel dem objektivrechtlichen Ziel einer breiteren Beurteilungs- und damit besseren Entscheidungsgrundlage der Behörde (Senat, Beschluss vom 24.10.2007, VI-3 Kart 8/07 (V), RdE 2008, 86 ff. = VersorgW 2008, 55 ff.; BGH WuW/E DE-R 1857, 1858 "pepcom").

3. Da es der Beschwerdeführerin mangels ihrer Beteiligung am Verwaltungsverfahren schon an der erforderlichen Beschwerdebefugnis fehlt, kommt es nicht weiter darauf an, dass ihre Beschwerde auch unzulässig wäre, weil sie materiell durch die angegriffene Festlegung nicht beschwert ist. Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs ist die Anfechtungsbeschwerde nur dann zulässig, wenn neben dem formalisierten Merkmal der Verfahrensbeteiligung auch eine materielle Beschwer des Anfechtenden vorliegt. Diese ist nur dann gegeben, wenn der Betroffene durch die angefochtene Verfügung der Kartell- oder Regulierungsbehörde in seinen wirtschaftlichen Interessen unmittelbar und individuell betroffen ist (BGH WuM 2009, 55; WuW/E DE-R 2138, 2140 "Anteilsveräußerung"; BGHZ 155, 214, 217 "Habet/Lekkerland"; Senat RdE 2008, 86 ff.; eingehend: Peters, Rechtsschutz Dritter im EnWG, S. 168 ff.). Auch daran fehlt es hier.

4. Auch bei einem Rückgriff auf das Europarecht zur Ermittlung des beschwerdebefugten Personenkreises ergibt sich keine andere Bewertung der Rechtsstellung der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin zitiert zum Einen die Pepcom-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in welcher dieser den inhaltsgleichen § 63 Abs. 2 GWB anhand des Europarechts auslege und vom Anwendungsbereich her ausdehne (BGH KVR 37/05, Rz. 20 ff.), zum Anderen verweist die Beschwerdeführerin auf die Arcor-Entscheidung des EuGH, wonach die Auslegung der innerstaatlichen Verfahrensvorschriften über die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Entscheidungen von Regulierungsbehörden anhand des Europarechts erfolge (EuGH, Urteil vom 24.04.2008, C-55/06, Rz. 178). Der Arcor-Entscheidung liegt indessen ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Gegenstand des Arcor-Verfahrens - so die Beschwerdeführerin selbst - war die Frage, welchem Personenkreis ein Beschwerderecht gegen die Entgeltgenehmigung der Regulierungsbehörde gemäß Telekommunikationsgesetz (TKG), deren Adressat der Betreiber des Telekommunikationsnetzes ist, zusteht. Dem dortigen Verfahren lag eine konkrete Entgeltgenehmigung zugrunde, mit der nach der Entscheidung des EuGH auch ein Wettbewerber konfrontiert werde, die ihm die beabsichtigte Aufnahme einer Vertragsbeziehung erschwere. Im vorliegenden Fall geht es um Festlegungen, die sich an die Bilanzkreisnetzbetreiber richten, nicht um ein konkretes Entgelt. Erst mit der Entscheidung über ein konkretes Entgelt wäre die Sachlage möglicherweise vergleichbar. Der Beschwerdeführerin wird damit nicht erforderlicher Rechtsschutz verweigert. Sie kann die Abrechnung ihres Bilanzkreisnetzbetreibers gerichtlich überprüfen lassen. Dabei wird auch die Rechtmäßigkeit der einer Abrechnung zugrunde liegenden Festlegungen überprüft. Damit ist hinreichender Rechtsschutz gewährleistet.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG. Die Beschwerdeführerin hat als im Beschwerdeverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten zu tragen und der gegnerischen Bundesnetzagentur die entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene Interesse der Beschwerdeführerin schätzt der Senat in Übereinstimmung mit ihren Angaben zu den ihr durch die Festlegung entstehenden Nachteilen auf €.

C.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständliche Frage grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG hat.






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 02.10.2009
Az: VI-3 Kart 26/08 (V)


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/72759f017fe9/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_2-Oktober-2009_Az_VI-3-Kart-26-08-V




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share