Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. November 1992
Aktenzeichen: 6 U 141/92
(OLG Köln: Urteil v. 13.11.1992, Az.: 6 U 141/92)
Tenor
Die Berufung des Antragstellers gegen das am 14. Juli 1992 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 270/92 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe
E n t s c h e i d u n g s g r ü n
d e
Die Berufung des Antragstellers ist
zulässig; sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht
hat den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung im Ergebnis
zu Recht zurückgewiesen.
Soweit die Antragsgegnerin geltend
macht, die beanstandete Werbung stamme nicht von der in der
Antragsschrift sowie in der Berufungsschrift als Partei angegebenen
- einzelkaufmännischen - Firma "I.", sondern von der "I. Handels
GmbH für innovationstechnische Produkte", vermag dies die
Zurückweisung des Antrags allerdings nicht zu rechtfertigen. Nach
den Umständen ist davon auszugehen, daß von Anfang an die im Rubrum
dieses Urteils angegebene Antragsgegnerin Partei des Verfahrens
gewesen ist.
Die Bestimmung, wer Partei eines
Rechtsstreits ist, ist objektiv vom Standpunkt des Antragsgegners
aus vorzunehmen. Ist die Parteibezeichnung in Einzelheiten falsch
oder ungenau, so kann sie jederzeit berichtigt werden (vgl.
Thomas-Putzo, 17. Aufl., Anm. III 1) vor § 50 ZPO m.w.N.). Im
Streitfall war bereits aus der Antragsschrift zu ersehen, daß das
die Firmenbezeichnung "I." führende Unternehmen in Anspruch
genommen werden sollte, das seinen Sitz in der A.Straße 8 in L. hat
und das die beanstandete Werbung unter der Bezeichnung "I."
geschaltet hatte. Damit war der Antragsgegner hinreichend präzise
festgelegt, die nachträgliche Ànderung des Passivrubrums stellt
lediglich die Berichtigung einer falschen Parteibezeichnung
dar.
In der Sache ist der Antrag auf Erlaß
einer einstweiligen Verfügung aber nicht gerechtfertigt.
Der Antragsteller stützt sein Begehren
in erster Linie auf einen gesetzlichen Anspruch aus § 3 UWG.
Insoweit fehlt es jedoch jedenfalls an der Glaubhaftmachung der
Irreführung eines nicht unerheblichen Teils der angesprochenen
Verkehrskreise durch die beanstandete Werbeanzeige.
Soweit der Antragsteller geltend
gemacht hat, die angegriffene Ankündigung der
"Umweltfreundlichkeit" erwecke den Eindruck, als sei das Produkt
in jeglicher Hinsicht umweltfreundlich, d.h. völlig
umweltunschädlich, sind hierfür der Anzeige selbst keine
hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Daß das von der
Antragsgegnerin angebotene Gerät in jeder nur denkbaren Hinsicht
umweltfreundlich sei, ist in der Werbeanzeige nämlich weder
ausdrücklich noch sinngemäß angekündigt.
Der Antragsteller hat zur Begründung
seines Begehrens darauf hingewiesen, daß das Produkt der
Antragsgegnerin im Rahmen seiner Herstellung sowie bei der
Entsorgung nicht umweltunschädlich sei, da es zum Teil aus
Kunststoffteilen bestehe. Daß ein nicht unbeachtlicher Teil der
angesprochenen Verbraucher die Verwendung des Begriffs
"Umweltfreundlichkeit" in der beanstandeten Anzeige als Hinweis
darauf versteht, daß Herstellung und Ensorgung des beworbenen
Produkts umweltunschädlich seien, ist jedoch allein durch die
Vorlage des Zeitschrifteninserats nicht hinreichend glaubhaft
gemacht. Im Text sind diese Gesichtspunkte an keiner Stelle direkt
oder indirekt angesprochen.
Auch das Produkt selbst legt die
Annahme nicht nahe, der Hinweis auf "Umweltfreundlichkeit" beziehe
sich auf die Herstellung oder die Entsorgung des Erzeugnisses.
Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs bestimmen sich die Anforderungen, die an die im
Rahmen der Umweltwerbung gebotene Aufklärung der Verbraucher zu
stellen sind, im Einzelfall maßgeblich nach der Art des Produkts
(vgl. BGHZ 105, 277, 281 - "Umweltengel" -). Es kommt mithin im
Rahmen des § 3 UWG wesentlich darauf an, ob die Art des Produkts
ein Verständnis des Umweltbezugs in der Werbeaussage nahelegt, das
der Wirklichkeit nicht entspricht. Demgemäß hat der erkennende
Senat auch im Zusammenhang mit der werblichen Verwendung des
Umweltzeichens präzise Aufklärung über den Grund für die Verleihung
des Zeichens in den Fällen gefordert, in denen es über den
konkreten Verleihungsgrund hinaus aufgrund der Art der beworbenen
Ware naheliegende Gesichtspunkte gibt, die den Verkehr zu der
Annahme besonderer Umweltfreundlichkeit der so gekennzeichneten
Erzeugnisse veranlassen könnten (ZWRP 1992, 504).
Im Streitfall geht es um die Werbung
für ein Produkt, das dazu bestimmt ist, Leitungswasser
elektrostatisch so zu behandeln, daß die sonst üblicherweise vom
Wasser ausgehenden negativen Auswirkungen in Form der Verkalkung
und Korrosion von Rohrleitungen verhindert werden. Wird in einer
Anzeige für ein solches Gerät das Erfordernis der
"Umweltfreundlichkeit" für derartige Produkte herausgestellt, so
bringt der Verkehr dies ohne weiteres mit der Funktion des
beworbenen Gegenstandes, die in der physikalischen Einwirkung auf
das Wasser liegt, in Verbindung, wobei es im übrigen nicht darauf
ankommt, ob der Begriff "Umweltfreundlichkeit" als eine der an
derartige Geräte zu stellenden Anforderungen dargestellt wird oder
ob er in anderer Weise zum Gegenstand der Werbeaussage gemacht
wird. Dafür, daß der Verbraucher beim Lesen des Begriffs
"Umweltfreundlichkeit" auch an Umwelteinflüsse denkt, die mit
Funktion und Wirkungsweise des beworbenen Produkts nicht
unmittelbar zu tun haben, etwa an Gesichtspunkte, die mit der
Herstellung oder Entsorgung des zum Teil aus Kunststoff bestehenden
Gerätes zusammenhängen, ergeben sich aufgrund der Art des
Erzeugnisses ebensowenig wie aus dem Anzeigentext
Anhaltspunkte.
Ist nach alledem der Werbung selbst
nicht zu entnehmen, daß ein nicht unerheblicher Teil der
Verbraucher den dort verwendeten Begriff der
"Umweltfreundlichkeit" in einer Weise versteht, die über Funktion
und Wirkungsweise des beworbenen Gerätes hinausgeht, so hätte der
Antragsteller die behauptete Irreführung des Verkehrs in anderer
Weise glaubhaft machen müssen. Während im Rahmen eines
Hauptsacheverfahrens das behauptete Verbraucherverständnis ggfls.
durch Verkehrsbefragung festgestellt werden müßte, hätte im
Verfügungsverfahren beispielsweise glaubhaft gemacht werden
können, daß der angegriffene Werbetext bei einzelnen Verbrauchern
bereits zur Irreführung in dem vom Antragssteller behaupteten Sinne
geführt hat. Im Streitfall sind jedoch außer der
Zeitschriftenanzeige selbst keine Glaubhaftmachungsmittel
vorgelegt worden. Aus diesem Grunde kann sich der Antragsteller
nicht mit Erfolg auf § 3 UWG als Anspruchsgrundlage berufen.
Der Antragsteller stützt sein Begehren
weiter auf § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der gefühlsbetonten
Werbung. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, daß
der Appell an das Gefühl des Verbrauchers nur dann einen Verstoß
gegen die guten Sitten im Wettbewerb bedeutet, wenn dadurch seine
Entschließung zum Erwerb einer Ware in einer dem Leitbild des
Wettbewerbs widersprechenden Weise unsachlich beeinflußt wird
(vgl. Baumbach-Hefermehl, 16. Aufl., Rdnr. 185 zu § 1 UWG). Das
ist einmal dann der Fall, wenn die Werbung geeignet ist, den Kunden
irrezuführen. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen
verwiesen werden. Ist die Werbeaussage wahr, so verstößt sie unter
dem vorgenannten Aspekt nur dann gegen § 1 UWG, wenn sich der
Werbende das Mitgefühl der Umworbenen für eigennützige Zwecke
planmäßig zu Nutze macht, ohne daß irgendein sachlicher
Zusammenhang mit der Leistung besteht (Baumbach-Hefermehl a.a.O.
Rdnr. 186). Davon kann im Streitfall keine Rede sein, denn die
Umweltfreundlichkeit wird als besondere Eigenschaft der Ware
herausgestellt und mit der Funktionsweise des Gerätes
begründet.
Auch aufgrund Vertrages ist das
Unterlassungsbegehren nicht begründet. Die nunmehr beanstandete
Werbung ist nicht dem Kernbereich des am 28. Oktober 1990 zur
Unterlassung erklärten Verhaltens zuzurechnen. Zwar ging es dort
ebenfalls um Umweltwerbung für das Produkt "M." der
Antragsgegnerin. Beanstandet wurde aber ausdrücklich die
drucktechnisch hervorgehobene Ankündigung "umweltfreundlich". In
der Klagebegründung war maßgeblich darauf abgestellt, daß es sich
um einen "blickfangartig angebrachten Hinweis" handele, "der
gegenüber dem übrigen Fließtext hervorgehoben" sei. Dem stand
seinerzeit eine kleiner gedruckte Erklärung der Werbeaussage
gegenüber. Im Streitfall ist hingegen in einer gänzlich anders
aufgemachten Anzeige die "Umweltfreundlichkeit" des beworbenen
Gerätes im Fließtext ohne jede Hervorhebung angesprochen. Anders
als in dem Fall, der zur Abgabe der Unterlassungsverpflichtung
geführt hat, geht es hier nicht um eine "Blickfangwerbung". Unter
diesen Umständen kann nicht angenommen werden, daß die vorliegend
angegriffene Wettbewerbshandlung der zur Unterlassung erklärten in
ihren charakteristischen Merkmalen entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist mit der Verkündung
rechtskräftig, § 545 Abs. 2 ZPO.
OLG Köln:
Urteil v. 13.11.1992
Az: 6 U 141/92
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