Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 262/01

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2002, Az.: 32 W (pat) 262/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. September 2001 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch für "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Verpflegung, Beherbergung und Bewirtung von Gästen" zurückgewiesen wurde.

Die Löschung der Marke 397 61 288 wird für "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Verpflegung, Beherbergung und Bewirtung von Gästen" angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 24. August 1998 für die Waren und Dienstleistungen Edelmetalle und deren Legierungen sowie darauf hergestellte und damit plattierte Waren; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente;

Waren aus Papier und Pappe soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere auch Bieruntersetzer aus Papier oder Pappe; Druckereierzeugnisse, Schreibwaren, insbesondere Kugelschreiber; Sitzkissen, Postkarten, Wimpel, Fähnchen, Fahnen und Flaggen; Autoplaketten, insbesondere -aufkleber;

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, insbesondere Sportbekleidungsstücke, Ober- und Unterbekleidungsstücke, Handschuhe, Schals, Halstücher, Mützen, Strümpfe, Krawatten, Hüte, einschließlich Sonnenhüte;

Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge;

Spiele, Spielzeug und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten;

Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren und Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);

Tabak; Raucherartikel, insbesondere Aschenbecher aus Porzellan, Kunststoff oder Zinn; Streichhölzer;

Verpflegung; Beherbergung und Bewirtung von Gästen; sämtliche vorbezeichneten Waren und Dienstleistungen insbesondere in einer an sportlich, besonders am Golfsport, interessierte Abnehmerkreise gerichteten Ausstattung bzw. in bezug auf den Golfsport.

eingetragene Wortmarke 397 61 288 Loch 19 ist Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 395 07 039 19th Holedie seit 8. Februar 1996 füralkoholische Getränke (ausgenommen Biere), Weine; Verpflegung und Bewirtung von Gästeneingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr mit Beschluss vom 4. September 2001 zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, eine begriffliche Übereinstimmung in verschiedenen Sprachen begründe keine Verwechslungsgefahr (vgl. BPatG Mitt 1971, 111 - Gemini/Zwilling; GRUR 1997, 293 - GREEN POINT/Der grüne Punkt), wenn sich die gedankliche Verbindung nicht auf den ersten Blick aufdränge. Die Übersetzung der Widerspruchsmarke laute "19. Loch", was ein Glied einer Aufzählung sei, und nicht "Loch 19", das ein bestimmtes Loch mit Namen "19" sei. "Hole" sei zudem mehrdeutig. Die Zahl 19 allein präge die Marken nicht.

Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie vor allem darauf abstellt, durch den Bezug zum Golfspiel verstehe der Verbraucher sowohl den deutschen als auch den englischen Begriff gleich. Die Marken seien damit begrifflich identisch.

Außerdem rügt sie Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil ihr die Schriftsätze des Gegners erst mit dem Beschluss zugestellt worden seien.

Die Widersprechende beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. September 2001 die Löschung der Marke 397 61 288 zu beschließen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich nicht geäußert.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg, denn die angegriffene Marke ist zu löschen soweit die durch die beiden Marken erfassten Waren identisch oder hochgradig ähnlich sind.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl. BGH GRUR 2000, 886 - Bayer/BeiChem; 2001, 158, 159 -Drei-Streifen-Kennzeichnung), so dass z.B. ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad an Markenähnlichkeit ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH MarkenR 1999, 236 - Lloyd/Loint's; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; 2000, 603 - Ketof/ETOP; 2000, 1040 - FRENORM/-FRENON).

Was die Waren und Dienstleistungen betrifft, stehen sich hinsichtlich "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Verpflegung, Beherbergung und Bewirtung von Gästen" einerseits und "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine; Verpflegung und Bewirtung von Gästen" identische bzw. hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüber.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Anhaltspunkte für eine Stärkung oder Schwächung der Kennzeichnungskraft sind nicht ersichtlich.

Die Vergleichsmarken sind klanglich und bildlich nicht identisch. Eine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die übereinstimmende Zahl 19 kommt nicht in Betracht, weil die Ziffer 19 die beiden Zeichen nicht ausschließlich prägt.

Eine klangliche Verwechslungsgefahr scheidet wegen der zu erwartenden englischen Aussprache von "19th Hole" aus. Im Schriftbild unterscheiden sich sowohl "Loch" und "Hole" sowie "19" und "19th" deutlich.

Soweit Warenidentität und hochgradige Warenähnlichkeit vorliegt, ist eine begriffliche Verwechslungsgefahr gegeben. Das Vorliegen eines übereinstimmenden Sinngehalts ergibt sich aus dem gemeinsamen Bezug der beiden Bezeichnungen zum Golfspiel. Golfplätze haben nur eine begrenzte Variation von Lochzahlen, maximal 18. Das 19. Loch ist daher eine witzige Bezeichnung, die eindeutig auf Golf Bezug nimmt, dort aber nie vorkommt (vgl. "der 12. Mann" oder "Zwölfmeter" (Fußball); "fifty" (Tennis); das 5. Rad am Wagen). Insbesondere für ein Clubhaus mit Gastronomie stellen die Bezeichnungen eine humoristische gleichbedeutende Lokalitätsbezeichnung dar.

Da beim Golf englischsprachige Begriffe gleichberechtigt neben deutschen stehen, hat der Verkehr hier auch Veranlassung, aus Fremdsprachen entnommene Wortfolgen zu übersetzen.

Soweit allerdings keine hochgradige Warenähnlichkeit feststellbar ist, kommt eine begriffliche Verwechslungsgefahr nicht mehr ernsthaft in Betracht. Das gilt für die übrigen Waren. Parfümerie-, Juwelier- und Schreibwaren sowie Bekleidung, Bodenbeläge, Spiele und Tabakwaren sowie Raucherartikel halten zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke nämlich einen so weiten Abstand ein, dass keine Verwechslungsgefahr gegeben ist. Gleiches gilt für die Nahrungsmittel der angegriffenen Marke. Zwar werden einige dieser Waren in Hotels angeboten, der Verbraucher weiß aber, dass sich Juweliere und andere Geschäftsleute Ladenflächen im Hotel anmieten, um dort solche Waren anzubieten. Auch hinsichtlich der Lebensmittel kommt der Gleichheit der regelmäßigen Vertriebsstätten (Lebensmittelgeschäfte oder -abteilungen von Kaufhäusern) eine eher untergeordnete Bedeutung zu, weil der Verkehr daran gewöhnt ist, in vielen Bereichen (Supermärkten) mit einer Vielzahl völlig unterschiedlicher Waren konfrontiert zu werden.

Selbst soweit die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen können, dass eine Gaststätte oder ein Beherbergungsbetrieb selbstgemachte Konfitüren o.ä. vertreibt, führen die grundlegenden Abweichungen zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Leistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware zu einer Ferne, die vorliegend eine Verwechslungsgefahr ausschließt.

Zu einer Kostenauferlegung bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Hu/Ju






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Beschluss v. 17.07.2002
Az: 32 W (pat) 262/01


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