Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2011
Aktenzeichen: 26 W (pat) 24/06
(BPatG: Beschluss v. 30.03.2011, Az.: 26 W (pat) 24/06)
Tenor
Auf die Erinnerung der Antragsgegnerin wird die Kostenrechnung IV vom 10. Februar 2011 aufgehoben, soweit der Antragsgegnerin Zeugen-/Sachverständigenauslagen in Höhe von 310,48 EUR und 3332,00 EUR in Rechnung gestellt worden sind.
Gründe
I In dem die Marke ... "POST" betreffenden Löschungsbeschwerdeverfahren hat der Senat die bei der T...GmbH & Co. KG tätige Frau Dr. P... auf der Grundlage eines von ihm im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 30. September 2009 verkündeten Beweisbeschlusses um eine ergänzende schriftliche Auskunft zu den von ihr erstellten Verkehrsgutachten vom Februar 2003 und Januar 2006 gebeten, die diese am 30. April 2010 erteilt hat. Hierfür hat die I... GmbH dem Bundespatentgericht am 21. Juli 2010 3332,00 EUR in Rechnung gestellt, die an sie im August 2010 von der Bundeskasse ausgezahlt wurden. Der Senat hat ferner die Gutachterin Dr. P... als sachverständige Zeugin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2010 geladen, um ihr Gelegenheit zur Erläuterung ihrer vorangegangenen Stellungnahme vom 30. April 2010 zu geben. Für ihre Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sind ihr auf ihren Antrag hin 310,48 EUR an Zeugen-/Sachverständigenentschädigung ausgezahlt worden.
Unter dem Datum vom 10. Februar 2011 hat die Kostenbeamtin des Bundespatentgerichts der Antragsgegnerin eine Kostenrechnung ("Kostenrechnung IV") u. a. über die vorgenannten, als "Zeugen/Sachverständigenauslagen" bezeichneten Beträge gestellt.
Gegen diese Kostenrechnung wendet sich Antragsgegnerin mit der am 9. März 2011 eingegangenen Erinnerung und dem Antrag, die Kostenrechnung insoweit abzuändern, dass lediglich die Beschwerdegebühr und die Postauslagen von der Antragsgegnerin zu erstatten sind.
Zur Begründung macht sie geltend, das erneute Sachverständigengutachten der Frau Dr. P... sei auf Grund des vorangegangenen Beweisbeschlusses vom 30. September 2009 vom Senat und nicht von der Antragsgegnerin in Auftrag gegeben worden. Auch sei Frau Dr. P... nicht auf Antrag der Antragsgegnerin als Zeugin zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Die Antragsgegnerin habe die entstandenen Kosten daher nicht veranlasst und folglich nicht zu tragen. Mit Beschluss vom 7. Juli 2010 habe der Senat auch bereits festgestellt, dass keine Gründe vorliegen, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
II Die Erinnerung der Antragsgegnerin ist statthaft und zulässig.
Für die Erhebung und Berechnung von Auslagen gegenüber den am Verfahren beteiligten Parteien sind gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 PatKostG die Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes (GKG) maßgeblich. Gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG ist gegen einen Kostenansatz bzw. eine "Kostenrechnung" der Rechtsbehelf der unbefristeten Erinnerung gegeben. Die Antragsgegnerin ist, weil sie durch die Kostenrechnung vom 10. Februar 2011 beschwert ist, auch zur Einlegung der Erinnerung berechtigt.
Die auf die Erhebung der Zeugen-/Sachverständigenauslagen beschränkte Erinnerung der Antragsgegnerin ist auch begründet.
Die Kostenrechnung IV vom 10. Februar 2011 kann, soweit der Antragsgegnerin die vorstehend genannten Auslagen in Höhe von 310,48 EUR und 3332,00 EUR in Rechnung gestellt worden sind, keinen rechtlichen Bestand haben, weil es an einer Rechtsgrundlage für die Auferlegung dieser Kosten zu Lasten der Antragsgegnerin fehlt. Die Antragsgegnerin ist nicht Kostenschuldnerin dieser Kosten und infolgedessen auch nicht zu deren Zahlung verpflichtet.
Wer für dem Gericht entstandene Kosten (Auslagen) haftet, ergibt sich aus den §§ 22 ff. GKG. Keine der dort genannten Bestimmungen stellt im vorliegenden Fall eine ausreichende Rechtsgrundlage dafür dar, der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen Zeugenund Sachverständigenkosten in Rechnung zu stellen; denn die Antragsgegnerin hat die Zeugenund Sachverständigeneinvernahme durch das Gericht weder beantragt noch sonst veranlasst. Vielmehr hat der Senat diese im Rahmen der ihm im markenrechtlichen Verfahren obliegenden Amtsermittlungspflicht zur Klärung offener Sachund Rechtsfragen für erforderlich erachtet und die Stellungnahme und die Zeugeneinvernahme deshalb von Gerichts wegen veranlasst. Die Antragsgegnerin hat sich auch nicht zur Übernahme dieser Kosten bereit erklärt und haftet auch sonst nicht kraft Gesetzes für diese. Ihr sind vom Senat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens weder ganz noch teilweise auferlegt worden, weil es hierfür an hinreichenden Billigkeitsgründen i. S. d. § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG fehlt.
Auch der Verfahrensausgang rechtfertigt weder gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG allein noch in Verbindung mit §§ 22 ff. GKG eine Berechnung der in Rede stehenden Auslagen des Gerichts.
Eine Berechnung der Zeugen-/Sachverständigenauslagen kommt auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil von der Antragsgegnerin ein Auslagenvorschuss hätte erhoben werden können; denn es bestand im vorliegenden Verfahren weder ein Anlass noch eine Rechtsgrundlage, von der Antragsgegnerin vor der Beauftragung der Sachverständigen bzw. der Einvernahme der Zeugin Dr. P... gemäß § 17 GKG einen Auslagenvorschuss einzufordern. Auch die Erhebung eines Vorschusses für die entstandenen Zeugen-/Sachverständigenauslagen gemäß § 17 Abs. 1 GKG kam hier nicht in Betracht, weil die Erteilung der Auskunft und die Einvernahme der Zeugin P..., wie bereits dargelegt, nicht auf den Antrag der Antragsgegnerin hin, sondern von Gerichts wegen im Rahmen des im markenrechtlichen Löschungsverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes zur Klärung offener Rechtsund Tatsachenfragen erfolgt sind. Bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, kann zwar grundsätzlich ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen gemäß § 17 Abs. 3 GKG erhoben werden. Jedoch kann § 17 Abs. 3 GKG im Falle einer von Amts/Gerichts wegen gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 144 Abs. 1 ZPO angeordneten Beweiserhebung nicht als Grundlage für eine Vorschussanforderung herangezogen werden. Ebenso darf die Vornahme einer von Amts/Gerichts wegen gebotenen Beweisaufnahme nicht vom Eingang eines Vorschusses abhängig gemacht werden (BGH NJW 2000, 743; MDR 1976, 396; Urteil vom 17.09.2009 -I ZR 103/07 -Rdn. 18, 19 -Quersubventionierung von Laborgemeinschaften II).
Der Erinnerung der Antragsgegnerin war daher stattzugeben.
Eine Entscheidung über die Kosten der Erinnerung ist nicht veranlasst, weil gemäß § 66 Abs. 8 S. 2 GKG Kosten insoweit nicht erstattet werden.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Dr. Schnurr Bb
BPatG:
Beschluss v. 30.03.2011
Az: 26 W (pat) 24/06
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