Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 22. Mai 2003
Aktenzeichen: 20 A 2732/01

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 22.05.2003, Az.: 20 A 2732/01)

Tenor

Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert. Die Nebenbestimmung Nr. 19 Absätze 1 und 2 zum Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 19. Februar 1998 wird aufgehoben. Unter teilweiser Einbeziehung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung werden die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufgehoben; die Beigeladene trägt insoweit ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Unter dem 23. Januar 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage

entsprechender Planungsunterlagen die Zustimmung zur Verlegung einer neuen

Telekommunikationslinie im Stadtgebiet der Beigeladenen. Mit Bescheid vom 19.

Februar 1998 erteilte die Beklagte der Klägerin die Zustimmung unter Beifügung

einer Reihe von Nebenbestimmungen, deren Nr. 19 Absätze 1 und 2 lautet:

"Für die erstellten fernmeldetechnischen Anlagen

(Kabelschutzrohre, Abzweigkästen, Kabelschächte,

Verteilerschächte usw.) im öffentlichen Straßenraum

sind die Bestandsunterlagen entsprechend dem

"Leistungsverzeichnis für die Vermessungsarbeiten

zur Dokumentation der städtischen

Kommunikationseinrichtungen" in der jeweils

geltenden Fassung (Anlage 6) zu erstellen. Diese

Leistung hat der Nutzungsberechtigte auf eigene

Kosten in Abstimmung mit der Landeshauptstadt

Düsseldorf - Vermessungs- und Katasteramt - zu

erbringen und zunächst dem Straßen- und

Ingenieurbauamt zur Verfügung zu stellen.

Der Nutzungsberechtigte ist verpflichtet, die genaue

Lage der Telekommunikationslinien digital

einzumessen und im Kabelkanalkataster des

GEOLIS-Systems der Landeshauptstadt Düsseldorf

auf seine Kosten, zeitnah und umfassend zu

dokumentieren."

Am 14. März 1998 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie sich gegen diese

Regelung und zunächst auch gegen eine Vielzahl weiterer Nebenbestimmungen

wandte. Mit Schriftsatz vom 25. September 2000 hat sie ihre Klage hinsichtlich eines

Teils der angefochtenen Nebenbestimmungen zurückgenommen und den

Rechtsstreit - abgesehen von der Nebenbestimmung Nr. 19 Absätze 1 und 2 -

bezüglich der übrigen angefochtenen Nebenbestimmungen in der Hauptsache für

erledigt erklärt

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer verbliebenen Klage geltend gemacht, dass

sowohl die Verpflichtung, die Anlage in der durch die Nebenbestimmung bestimmten

Weise einzumessen, als auch die Vorgabe, der Beigeladenen die Daten der

Einmessung in digitalisierter Form zu übermitteln, rechtswidrig sei und sie in ihren

Rechten verletze. Die beantragte Zustimmung dürfe nur mit Auflagen versehen

werden, die die Einhaltung der Sicherheit und Ordnung und der anerkannten Regeln

der Technik sicherstellten, was durch die vorgegebene Art der Einmessung und

Dokumentation indes nicht erreicht werde. Das von ihr praktizierte Verfahren der

Einzeichnung der Anlage in einen Lageplan unter Orientierung an örtlichen

Gegebenheiten sei ein ausreichendes und sachgerechtes Verfahren.

Die Klägerin hat beantragt,

den Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 19.

Februar 1998 hinsichtlich der Nebenbestimmung Nr.

19 Absatz 1 und 2 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat hierzu geltend gemacht, dass die Anforderungen der Sicherheit und Ordnung

und die anerkannten Regeln der Technik die digitale Dokumentation der erfolgten

Verlegung in der im Bescheid genannten Weise erforderten. Die exakte Information

der Beigeladenen darüber, wo und in welchem Zustand sich welche

Telekommunikationslinie befinde, sei nach den Anforderungen der öffentlichen

Sicherheit und Ordnung unerlässlich, weil die Beigeladene ihren Verantwortlichkeiten

sonst nicht nachkommen könne. Das Verlangen nach einer bestimmten Art der

Einmessung und Dokumentation sei technischer Natur und diene der Beigeladenen,

anderen Lizenznehmern und sonstigen leitungsbauenden Stellen als Orientierung

und Hinweis und damit der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Um möglichen

Gefahren bei Aufgrabungsarbeiten vorzubeugen, sei es wegen der Vielzahl der im

Erdreich befindlichen Leitungen besonders dringlich, die Óbersicht über die genaue

Lage der Anlagen zu gewährleisten. Die Beifügung der Nebenbestimmung sei auch

wegen der Gefahren für Leib, Leben und Eigentum, die von Baumaßnahmen sowohl

für die Allgemeinheit als auch für andere Lizenznehmer und sonstige

leitungsbauenden Stellen ausgehen könnten, erforderlich. Die bestimmte

Dokumentationsmethode sei technisch anerkannt, im Bereich der Beigeladenen

allgemein üblich und werde dort auch von allen anderen Lizenznehmern akzeptiert.

Sie werde damit auch diskriminierungsfrei gefordert. Sämtliche Infrastrukturdaten

würden in Geografischen Informationssystemen (GI-Systemen) verwaltet. Damit

diese Systeme funktionierten, sei es erforderlich, die geometrischen Beschreibungen

der Anlagen auf Grundlage des Koordinatensystems der Landesvermessung

aufzubauen, was in Düsseldorf durch eine Aufmessung auf das städtische

Aufnahmepunkte-Feld (AP-Feld) geschehe. Voraussetzung für eine Verwertbarkeit

der so erhobenen Daten sei eine einheitliche Dokumentation. Nur mit Hilfe der GI-

Systeme sei es möglich, Tiefbauunternehmern sämtliche relevanten Abstandsmaße

zu benennen. Dies sei bei dem von der Klägerin gewollten Verfahren, das zudem

fehleranfällig sei, weil es auf handschriftlichen Aufzeichnungen beruhe, die manuell

in Karten übertragen werden müssten, nicht der Fall. Die von der Klägerin

vorgeschlagene Art der Dokumentation genüge nicht dem Stand der allgemein

anerkannten Regeln der Technik.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das

Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und hierzu die Auffassung vertreten, die

Nebenbestimmung sei rechtmäßig. Sie unterfalle zwar nicht der Regelung des § 50

Abs. 2 Satz 2 Telekommunikationsgesetz (TKG), weil sie nicht unmittelbar die

Errichtung und Unterhaltung der Telekommunikationslinie betreffe. Vielmehr

begründe sie eine zusätzliche Verpflichtung der Klägerin, für die das

Telekommunikationsgesetz keinerlei Regelung enthalte. Aus den wechselseitigen

Beziehungen, die zwischen dem Wegebaulastträger und dem Lizenznehmer

bestünden, folgten aber insbesondere im Hinblick auf das Gebot der gegenseitigen

Rücksichtnahme und auf die im Interesse der Allgemeinheit zu beachtenden

Anforderungen der Sicherheit und Ordnung weitere Rechte und Pflichten, die

gleichfalls zu beachten seien und als Nebenbestimmung zu einer Zustimmung

Eingang finden könnten, was mit der angefochtenen Nebenbestimmung geschehen

sei.

Mit der zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Das

von ihr praktizierte Einmessungsverfahren entspreche dem Gebot der gegenseitigen

Rücksichtnahme und den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung. Eine

Berechtigung der Beklagten, einseitig ein bestimmtes Messsystem verbindlich zu

bestimmen, bestehe nicht. Die Zustimmung sei ein gebundener Verwaltungsakt;

belastende Einschränkungen und Bedingungen dürften zur Grundlage der

Zustimmung nur dann gemacht werden, wenn dies durch Gesetz vorgesehen sei.

Die Nebenbestimmung könne nicht auf § 50 Abs. 2 Satz 2 TKG gestützt werden,

denn sie betreffe nicht unmittelbar die Sicherheit und Ordnung oder die anerkannten

Regeln der Technik. Aus dem Telekommunikationsgesetz ergebe sich auch sonst

keine unmittelbare Rechtfertigung für die Nebenbestimmung. Es werde nicht in

Abrede gestellt, dass sich aus den wechselseitigen Beziehungen der Beteiligten

unter Berücksichtigung des Gebotes der Rücksichtnahme eine Informationspflicht

der Klägerin gegenüber der Beigeladenen ergebe. Dabei handele es sich aber um

eine Nebenpflicht, die den allein die Klägerin belastenden Eingriff nicht rechtfertige.

Dies könne allenfalls dann der Fall sein, wenn die gegenüber der Beigeladenen

bestehende Informationspflicht allein durch das in der Nebenbestimmung geforderte

Verfahren erfüllt werden könnte. Dies sei aber nicht der Fall. Das von ihr, der

Klägerin, praktizierte Messverfahren erfasse die notwendigen Informationen

zuverlässig und in einer für die Beigeladene verwertbaren Weise.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die

Nebenbestimmung Nr. 19 Abs. 1 und 2 zum

Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 19.

Februar 1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu macht sie im Wesentlichen geltend: Nur solche Telekommunikationslinien, die

den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der

Technik genügten, lösten das Nutzungsrecht aus. Dementsprechend seien

Nebenbestimmungen, die der Einhaltung dieser Anforderungen dienten und

sicherstellen sollten, bereits nach allgemeinen Regeln des

Verwaltungsverfahrensrechts zulässig. § 50 Abs. 3 Satz 3 TKG müsse daher über

diesen Bereich des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts hinaus gehen, sodass

technische Bedingungen und Auflagen insoweit nicht nur der Sicherheit und Ordnung

sowie den anerkannten Regeln der Technik dienen, sondern auch eine Vielzahl

sonstiger technischer Sachverhalte regeln könnten. Die Erfüllung der

Informationspflicht sei nur durch das in der Nebenbestimmung geforderte

Messverfahren gewährleistet. Durch das von der Klägerin verwendete Verfahren

würden die für die Beigeladene notwendigen Informationen nicht zuverlässig erfasst.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der

Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug

genommen.

Gründe

Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)

statthafte Klage ist zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg.

Vor Erhebung der Anfechtungsklage war ein Vorverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2

VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 25. Juli 1996

(BGBl. I S. 1120) in der im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides

maßgeblichen Fassung des Begleitgesetzes zum Telekommunikationsgesetz

(BegleitG) vom 17. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3108) nicht durchzuführen ("Ein

Vorverfahren wird nicht durchgeführt"). Die heutige Regelung des § 80 Abs. 1 Satz 8

TKG ("Ein Vorverfahren findet in den Fällen des § 73 Abs. 1 Satz 1 TKG nicht statt")

hat demgegenüber erst mit dem post- und telekommunikationsrechtlichen

Bereinigungsgesetz vom 7. Mai 2002 (BGBl. I S. 1529) Eingang in das

Telekommunikationsgesetz gefunden, findet mithin keine Anwendung.

Die angefochtene Nebenbestimmung, die Einmessung des Verlaufs der verlegten

Leitung in einer bestimmten Art und Weise zu bewerkstelligen und die so

gewonnenen Daten der Beigeladenen in digitalisierter Form zu überlassen, stellt sich

als Auflage i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG dar; sie ist selbstständig anfechtbar. Wird

- wie hier - geltend gemacht, die einem Verwaltungsakt beigefügte Auflage finde im

Gesetz keine Grundlage, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Auflage

geltend gemacht werden. Ob die Auflage isoliert aufgehoben werden, die

Zustimmung also ohne die Auflage "sinnvoller- und rechtmäßiger Weise bestehen

bleiben kann",

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom

17. Februar 1984 - 4 C 70.80 -, Buchholz 310 § 113

VwGO Nr. 137,

ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des mit der

Anfechtungsklage verfolgten Aufhebungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte

Anfechtbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet,

vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 31.87

-, BVerwGE 81, 185; Urteil vom 22. November 2000

- 11 C 2.00 -, NVwZ 2001, 429.

Eine solche Offenkundigkeit ist hier nicht gegeben. Im Gegenteil ist offenbar, dass

bei einer Aufhebung der angefochtenen Nebenbestimmung lediglich die der Klägerin

insoweit aufgegebenen Pflichten entfallen, nicht aber die Zustimmung, die als solche

auch ohne die angefochtene Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßiger Weise

bestehen kann.

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Nebenbestimmung ist

rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO);

sie unterliegt daher der Aufhebung.

Die angefochtene Nebenbestimmung bedarf - wie grundsätzlich jede der in den

Katalog der Nebenbestimmungen des Zustimmungsbescheides aufgenommene

Regelung - als die Klägerin belastende Maßnahme im konkreten Einzelfall - auch

und gerade mit dem Anspruch der Notwendigkeit - nach allgemeinen

rechtsstaatlichen Grundsätzen einer materiellen Rechtfertigung. Eine solche findet

sich indes nicht. § 50 Abs. 3 Satz 3 TKG, wonach die Zustimmung mit technischen

Bedingungen und Auflagen versehen werden kann, die diskriminierungsfrei zu

gestalten sind, trägt die angefochtene Regelung nicht; insoweit kann auch § 36

VwVfG - unbeschadet der Frage, ob die Zustimmung ein gebundener Verwaltungsakt

ist - nicht weiterführen.

Die genannte Vorschrift stellt die Beifügung von technischen Bedingungen und

Auflagen in das pflichtgemäße Ermessen ("...kann mit technischen Bedingungen und

Auflagen versehen werden, ...") des Wegebaulastträgers bzw. gemäß § 50 Abs. 4

TKG, welche Vorschrift wegen der Aufhebung der angefochtenen Nebenbestimmung

aus sonstigen Gründen hier keiner weitergehenden verfassungsrechtlichen

Betrachtung bedarf, ausnahmsweise - wie im vorliegenden Fall - der

Regulierungsbehörde, regelt aber ausdrücklich weder die tatbestandlichen

Voraussetzungen der Beifügung einer solchen Nebenbestimmung noch benennt sie

den mit der Beifügung zu verfolgenden Zweck. Auch sonst ist weder dem

Telekommunikationsgesetz noch anderen Gesetzen eine ausdrückliche nähere

Ausgestaltung der Tatbestands- und/oder Rechtsfolgenseite des § 50 Abs. 3 Satz 3

TKG zu entnehmen. Die Befugnis, die Zustimmung zur Verlegung von

Telekommunikationslinien mit technischen Bedingungen und Auflagen zu versehen,

steht unter diesen Umständen im pflichtgemäßem Ermessen und wird allein durch

den Zweck des durch die Vorschrift eingeräumten Ermessens sowie die allgemeinen

gesetzlichen Grenzen der verwaltungsrechtlichen Ermessensausübung, § 40 VwVfG

rechtlich gesteuert.

Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss

vom 22. Juni 1988 - 2 BvR 234/87, 1154/86 -, NJW

1989, 1663.

Welchen Zweck die der Zustimmung beigefügte Nebenbestimmung Nr. 19 verfolgt,

ist in dem Zustimmungsbescheid selbst nicht ausdrücklich ausgeführt; ersichtlich

geht es aber darum, der Beigeladenen Informationen zur Verwendung bei der

Kontrolle der Nutzung der Straße zu verschaffen. Im gerichtlichen Verfahren haben

die Beklagte und die Beigeladene dies dahingehend präzisiert, dass die Beifügung

erfolgt sei, um der Beigeladenen eine Erfüllung der sie treffenden

Verantwortlichkeiten zu ermöglichen, leitungsbauenden Stellen als Orientierung und

Hinweis zu dienen, möglichen Gefahren bei Aufgrabungsarbeiten für die Anlagen

selbst, aber auch für Leib und Leben Dritter vorzubeugen und Kenntnis über die

genaue Lage und den Zustand der verlegten Leitung zu erhalten. Auf Befragung hat

die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung insoweit zudem planerische

Erwägungen und Óberlegungen zur Optimierung der Inanspruchnahme des zur

Verfügung stehenden Raums angeführt. Diese Erwägungen rechtfertigen nicht die

Beifügung der angefochtenen Nebenbestimmung.

Dem Wortlaut des § 50 Abs. 3 Satz 3 TKG selbst ist - wie ausgeführt - eine

bestimmte Zweckrichtung der Ermächtigung nicht ausdrücklich zu entnehmen; aus

dem Wesen der Zustimmung folgt aber, wovon auch die Klägerin in der Sache

ausgeht, das Recht des Wegebaulastträgers, nach erfolgter Verlegung der Leitungen

die Óbereinstimmung von Plan und Wirklichkeit kontrollieren zu können. Hierzu mag

es notwendig sein, dem Wegebaulastträger nach der Verlegung der Leitungen durch

Vorlage etwa eines Bestandsplans glaubhaft zu machen, dass die tatsächliche

Ausführung der Arbeiten entsprechend den im Zustimmungsverfahren vorgelegten

Trassenplänen erfolgt ist. Denn die Verlegungs- und Ànderungsarbeiten, die

Gegenstand der Zustimmung sind, werden durch diese freigegeben, ähnlich wie es

im Falle baugenehmigungspflichtiger Arbeiten durch die Baugenehmigung geschieht;

durch die Zustimmung erlangt der jeweilige Lizenznehmer das Recht zur

Durchführung dieser Maßnahmen und darüber hinaus die Möglichkeit, die neu

verlegten oder geänderten Telekommunikationslinien ihrer Bestimmung gemäß zu

betreiben.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2002 - 6 B

3.02 -, TMR 2002, 468.

So wie es im Bereich des Baurechts selbstverständlich ist, dass nach Durchführung

des Vorhabens eine Kontrolle der Óbereinstimmung von Plan und Wirklichkeit erfolgt,

ist es auch im vorliegenden Bereich des Baus von Telekommunikationslinien

offenbar, dass der Wegebaulastträger die Möglichkeit einer entsprechenden

Óberprüfung der Umsetzung des Plans haben muss. Mit dem Recht des

Wegebaulastträgers, dem Nutzungsberechtigten im Rahmen der

Zustimmungserteilung bestimmte technische Vorgaben, die sich nach der

Begründung des Gesetzentwurfs -

vgl. Begr. des Gesetzentwurfs der Fraktionen der

CDU/CSU, SPD und F.D.P., Entwurf eines

Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 30. Januar

1996, BT-Drs. 13/3609, Seite 49 -

auf Fragen der konkreten Ausgestaltung der Nutzung der Verkehrswege (etwa

Verlegetiefe, Abstand vom Fahrbahnrand) beschränken, machen zu können,

korrespondiert hierbei sein Recht, nach erfolgter Verlegung der Leitungen deren

tatsächliche Lage - und damit die Óbereinstimmung von Plan und Wirklichkeit - zu

kontrollieren. Zur Sicherstellung dieser Kontrolle etwa durch Vorlage eines

Bestandsplans mag die Beifügung einer technische Auflage i.S.d. § 50 Abs. 3 Satz 3

TKG zur Zustimmung zulässig und erforderlich sein, wobei davon auszugehen ist,

dass die jeweiligen Nutzungsberechtigten solche Bestandspläne von sich aus und

durchaus im eigenen Interesse erstellen. Insofern mag es auch zulässig sein, der

Zustimmung eine Nebenbestimmung beizufügen, die einen bestimmten -

angemessenen - Maßstab der vorzulegenden Bestandspläne und die Einhaltung der

bauzeichnerischen Óblichkeiten vorschreibt, um die Verwertbarkeit der

Bestandspläne hinsichtlich der Kontrolle der Óbereinstimmung von Plan und

Wirklichkeit zu sichern.

Eine über diesen Bereich der Kontrolle hinausgehende Berechtigung des

Wegebaulastträgers, die Dokumentation der tatsächlichen Lage der verlegten

Leitungen durch bestimmte Einmess- und Dokumentationsverfahren mit der

Zustimmung verlangen zu können, ist nach dem Telekommunikationsgesetz

demgegenüber nicht anzuerkennen.

Entstehungsgeschichtlich ist festzustellen, dass das Zustimmungsrecht des

Wegebaulastträgers die konkrete Ausgestaltung der Nutzung der Verkehrswege

durch Telekommunikationslinien (z.B. Verlegetiefe, Abstand vom Fahrbahnrand)

durch vorherige Absprache dieser Fragen zwischen dem Wegebaulastträger und

dem Nutzungsberechtigten sicherstellen, eine Pflicht des Nutzungsberechtigten zur

Tragung der Kosten der Dokumentation der von ihm verlegten Leitungen aber nicht

begründen soll. Das Zustimmungsrecht des Wegebaulastträgers soll sich auf Fragen

der technischen Ausgestaltung der Verlegung beschränken, so dass ein

Ermessensspielraum in diesen Fällen nur im Rahmen technischer Vorschriften

vorhanden ist. Die Absprachen zwischen Wegebaulastträger und

Nutzungsberechtigtem sollen sich dabei ausschließlich auf die Frage, welche

anerkannten Regeln der Technik einzuhalten seien und ob die Sicherheit und

Ordnung gewahrt sei, in keinem Fall jedoch auf Forderungen nach Gegenleistung,

Nutzungsentgelt oder Prioritätsregelungen beziehen können.

Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen

der CDU/CSU, SPD und F.D.P., a.a.O., Seite 49.

Ein darüber hinausgehender Antrag des Bundesrates zu dem vorgenannten

Gesetzentwurf, wonach ein Recht des Wegebaulastträgers bestehen sollte, von den

Nutzungsberechtigten Ersatz der Aufwendungen verlangen zu können, die ihm - dem

Wegebaulastträger - durch die Führung von Dokumentationen entstünden, wurde

damit begründet, dass den Trägern der Wegebaulast neben einmalig anfallenden

Kosten, die über das Verwaltungskostenrecht geregelt werden könnten, dauernde

Aufwendungen entstünden. Insbesondere setze die Entscheidung über die

Zustimmung zur Neuverlegung oder Ànderung von Telekommunikationslinien

voraus, dass der Träger der Wegebaulast eine Dokumentation der bestehenden

Telekommunikationslinien anlege und kontinuierlich fortführe. Die Aufwendungen für

ein solches Leitungskataster ließen sich nicht im Wege einmalig zu zahlender

Verwaltungskosten auf die Nutzungsberechtigten umlegen. Deshalb solle in das

Gesetz die Pflicht des Nutzers aufgenommen werden, diese dem Wegebaulastträger

auf Dauer entstehenden Kosten gesondert ersetzen zu müssen,

vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum

Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23. April

1996, BT-Drs. 13/4438, Seite 16/17.

Dieser Antrag hatte indes keinen Erfolg; er wurde nicht Gesetz. Die Bundesregierung

erklärte hierzu lediglich, die Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Vorgabe im

weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen,

vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur

Stellungnahme des Bundesrates vom 23. April

1996, BT-Drs. 13/4438, S. 29 ff. (37),

was in der Folgezeit aber gerade nicht zu einer antragsgemäßen Ergänzung des

Telekommunikationsgesetzes führte.

Auch der weitere Vorschlag des Bundesrates, eine Regelung in das Gesetz

aufzunehmen, nach der die Lizenznehmer verpflichtet sein sollten, ihre bis zum

Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes verlegten Telekommunikationslinien

den Trägern der Wegebaulast zu dokumentieren, weil dies zur Erstellung von

Leitungskatastern durch die Wegebaulastträger erforderlich sei, was auch dazu

diene, den Umfang der den Trägern der Wegebaulast zu ersetzenden

Aufwendungen möglichst gering zu halten und damit auch im Interesse der

Lizenznehmer liege,

vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum

Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23. April

1996, BT-Drs. 13/4438, Seite 17,

wurde nicht Gesetz; die Bundesregierung erklärte auch insoweit lediglich, die

Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Vorgabe einer Dokumentationspflicht im

weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen,

vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur

Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 13/4438,

S. 29 ff. (37),

ohne dass dieser Antrag des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren

umgesetzt wurde.

Festzustellen ist damit, dass das auf Seiten der Gemeinden gesehene Bedürfnis zur

Erstellung eines Leitungskatasters und die damit zusammenhängenden

Kostenfragen im Gesetzgebungsverfahren gesehen wurden. Aus dem Umstand,

dass in Kenntnis dieser Interessen der Wegebaulastträger davon Abstand

genommen wurde, diese Fragen im Telekommunikationsgesetz positiv zu regeln,

kann indes nur auf den gesetzgeberischen Willen geschlossen werden, den

Gemeinden den begehrten Anspruch nicht zuzugestehen. Aus dem Umstand, dass

eine Ergänzung des Gesetzes insoweit überhaupt erwogen wurde, folgt zudem, dass

sowohl der Bundesrat als auch die Bundesregierung davon ausgingen, dass der dem

heutigen § 50 Abs. 3 Satz 3 TKG entsprechende § 49 Abs. 3 Satz 3 der

Entwurfsfassung des Telekommunikationsgesetzes eine solche Pflicht des Nutzers

gerade nicht vorsah, ansonsten eine Gesetzesergänzung von vornherein überflüssig

gewesen wäre.

Entstehungsgeschichtlich zeigt sich damit, dass der Zweck des § 49 Abs. 3 Satz 3

TKG der Entwurfsfassung, mithin des heutigen § 50 Abs. 3 Satz 3 TKG, eine Pflicht

des Nutzungsberechtigten zur Tragung der Kosten einer von dem Wegebaulastträger

für sich gewollten Bestandsdokumentation nicht umfasst.

Dementsprechend kann auch die angefochtene Nebenbestimmung, die eine solche

Pflicht der Klägerin zur Tragung der Kosten der Dokumentation zwar nicht verfügt,

diese Kostentragungspflicht aber faktisch dadurch herbeiführt, dass dem

Nutzungsberechtigten sämtliche kostenrelevanten vermessungs- und

datenverarbeitungstechnischen Arbeitsschritte aufgebürdet werden, dem Zweck der

Ermächtigung nicht entsprechen. Die angefochtene Nebenbestimmung stellt sich

vielmehr als Umgehung der bewussten Nichtaufnahme einer solchen Regelung.

Gestützt wird dieses Auslegungsergebnis durch eine systematische Betrachtung des

Achten Teils des Telekommunikationsgesetzes: Die hier enthaltenen Regelungen

können in temporärer Hinsicht - soweit sie das Verhältnis

Lizenznehmer/Wegebaulastpflichtiger betreffen - unterschieden werden in

Vorschriften, die die Frage des erstmaligen Zugangs zu den öffentlichen Wegen

regeln (§ 50 Abs. 3 TKG) und solchen Vorschriften, die im Wesentlichen die Situation

nach erfolgter erstmaliger Verlegung der Leitungen regeln (§§ 52 Abs. 2, 52 Abs.

3, 53 TKG). Soweit das Weitere geregelt ist, handelt es sich um Sachverhalte, die in

temporärer Hinsicht den Maßnahmen entsprechen, die mit der in der angefochtenen

Nebenbestimmung geforderten Einmessung und Dokumentation der Lage der bereits

verlegten Leitungen gefordert werden sollen. Sämtliche nach Verlegung der

Telekommunikationslinien auftretenden Fragen - insbesondere die Regelung

möglicher Kollisionsfälle - will das Telekommunikationsgesetz aber nicht bereits vor

der Verlegung im Rahmen der Zustimmung, sondern erst nachfolgend und

gegebenenfalls auf der Ebene von Aufwendungsersatzansprüchen geregelt wissen,

welche Systematik wiederum der oben aufgezeigten Funktion der Zustimmung

ähnlich einer Baugenehmigung entspricht. Ebenso wie mit der Baugenehmigung in

erster Linie Fragen geregelt werden sollen, die unmittelbar mit der Errichtung bzw.

Ànderung des Vorhabens im Zusammenhang stehen, kann und soll im Rahmen der

Zustimmung zur Verlegung von Telekommunikationslinien die Prüfung ermöglicht

werden, ob die Zustimmungsvoraussetzungen (keine dauernde Beschränkung des

Widmungszwecks; Einhaltung der Anforderungen der Sicherheit und Ordnung und

der anerkannten Regeln der Technik) gegeben sind. Óber diesen unmittelbaren

Bereich der Prüfung der Zustimmungsvoraussetzungen hinausgehende Fragen

unterfallen mithin - abgesehen von dem oben aufgezeigten Recht des

Wegebaulastträgers zur Kontrolle der Óbereinstimmung von Plan und Wirklichkeit -

nicht mehr dem Regime der Zustimmung, sondern sind ggfls. einem der Zustimmung

zeitlich nachfolgenden Verfahren vorbehalten. Die mit der angefochtenen

Nebenbestimmung verfolgten Interessen der Beigeladenen dennoch bereits im

Rahmen der Zustimmung und durch Verwaltungsakt zu regeln, widerspricht somit

auch der Systematik des Achten Teils des Telekommunikationsgesetzes, was, wenn

eine solche Regelungsmöglichkeit - entgegen der sich bei

entstehungsgeschichtlicher Betrachtung ergebenden Absicht des Gesetzgebers -

gewollt gewesen wäre, eine ausdrückliche Regelung erfordert hätte. Die

Entstehungsgeschichte des Telekommunikationsgesetzes zeigt insofern, dass diese

Interessen des Wegebaulastträgers nach dem Vorschlag des Bundesrates, wonach

§ 49 Abs. 3 TKG der Entwurfsfassung (entsprechend dem heutigen § 50 Abs. 3

TKG) weitere Absätze angefügt werden sollten, tatsächlich dem Bereich der

Zustimmung zugeordnet werden sollten. Der Gesetzgeber hat die aufgezeigte

Systematik des Achten Teils des Telekommunikationsgesetzes aber gerade nicht

durch Annahme dieses Vorschlages durchbrochen.

Schließlich entspricht das bisherige Auslegungsergebnis auch dem Sinn und Zweck

des § 50 Abs. 3 Satz 3 TKG: In Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrages des

Art. 87 f GG, die Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen als

privatwirtschaftliche Tätigkeiten, die durch die Deutsche Telekom AG und andere

private Anbieter erbracht werden, zu gewährleisten, sollen die staatlichen

Rahmenbedingungen in der Telekommunikation durch das

Telekommunikationsgesetz so gestaltet sein, dass chancengleicher Wettbewerb

sichergestellt und ein funktionsfähiger Wettbewerb gefördert wird. Die Länder und

Gemeinden sollen hierdurch mit Kosten nicht belastet werden.

Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen

der CDU/CSU, SPD und F.D.P., a.a.O., Seite 1.

Gleichzeitig soll - entsprechend dem schon vor Inkrafttreten des

Telekommunikationsgesetzes geltenden unentgeltlichen Benutzungsrecht des

Bundes - auch den nunmehrigen privaten Anbietern unter sachgerechter

Berücksichtigung der Gemeinwohlorientierung öffentlicher Straßen und Plätze ein

unentgeltliches Nutzungsrecht eingeräumt sein.

Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen

der CDU/CSU, SPD und F.D.P., a.a.O., Seite 36.

Eine Pflicht des Nutzungsberechtigten, die Lage der verlegten Leitungen dem

Wegebaulastträger auf seine Kosten in einer über den oben genannten zulässigen

Rahmen hinausgehenden Weise nachweisen zu müssen, widerspräche aber dem

Grundsatz der Unentgeltlichkeit.

Schon aus der Wortbedeutung des Begriffs der Unentgeltlichkeit ergibt sich, dass

dem vom Bund abgeleiteten Recht des Lizenznehmers aus § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG,

die öffentlichen Wege und Plätze nutzen zu dürfen, keine Gegenleistung gegenüber

stehen darf. Durch eine Verpflichtung des Nutzungsberechtigten, kostenrelevante

Aufgaben im Zusammenhang mit der Erstellung bzw. Aktualisierung des von dem

Wegebaulastträger gewünschten Leitungskatasters zu übernehmen, würde aber -

unabhängig von der Frage, ob der Nutzungsberechtigte die Leistungsangebote des

Leitungskatasters in Anspruch nehmen will oder nicht - unmittelbar aus dem

Umstand der Verlegung der Leitungen die Verpflichtung des Nutzungsberechtigten

folgen, eine Leistung - nämlich die Schaffung sämtlicher kostenrelevanter

Voraussetzungen für eine Aktualisierung des Leitungskatasters des

Wegebaulastträgers - auf eigene Kosten zu erbringen. Demgegenüber entstehen für

den Wegebaulastträger durch die Nutzung der öffentlichen Wege durch den

Nutzungsberechtigten keine berücksichtigungsfähigen Kosten, auch wenn die Lage

der verlegten Leitungen nicht in der hier streitgegenständlichen Weise eingemessen

und dokumentiert wird. Diejenigen Kosten, die durch die vom Wegebaulastträger für

notwendig erachtete Aktualisierung bzw. den gewünschten Aufbau des

Leitungskatasters entstehen, resultieren nicht aus der Verlegung der

Telekommunikationslinie, sondern beruhen auf dem autonomen Wunsch des

Wegebaulastträgers, aus unterschiedlichen Gründen ein solches Leitungskataster zu

führen, während eine gesetzliche Verpflichtung des Wegebaulastträgers hierzu nicht

besteht. Die Wahrnehmung einer bestehenden Befugnis des Wegebaulastträgers,

ein solches Leitungskataster einzurichten und zu führen, ist dementsprechend

kostenmäßig allein der Sphäre des Wegebaulastträgers zuzuordnen.

Zudem verfolgt das Telekommunikationsgesetz den Zweck, die spezifischen

Interessen des Wegebaulastträgers zu berücksichtigen. Es ist in der Rechtsprechung

des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass zur Verlegung neuer

Telekommunikationslinien zwischen Lizenznehmer und Baulastträger ein öffentlich-

rechtliches Benutzungsverhältnis in Gestalt eines Sonderregimes nach Maßgabe der

Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes entsteht, das einen Rückgriff auf die

allgemeinen Regelungen des Straßenrechts ausschließt und damit aus dem

Anwendungsbereich des Landesstraßengesetzes herausfällt. Die spezifischen

Interessen des Wegebaulastträgers hat der Gesetzgeber dabei im Regelungsbereich

der Zustimmung konkret mit dem Vorbehalt gewahrt, dass der Widmungszweck des

Verkehrsweges nicht dauernd beschränkt werden darf.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juli 1999 - 4 A 27.98 -,

BVerwGE 109, 192.

Diese eng gefassten und durch die Verlegung der Telekommunikationslinie

berührten spezifischen Interessen des Wegebaulastträgers sollen in Gestalt eines

präventiven Zustimmungsvorbehalts bereits bei der Erteilung der Zustimmung

Berücksichtigung finden, soweit dies möglich ist; andere Belange, die nicht die

speziellen, durch den Widmungszweck determinierten Belange des

Wegebaulastträgers berühren, oder solche Belange des Wegebaulastträgers, die vor

der Verlegung der Leitungen noch nicht erkennbar berührt sind, unterfallen

demgegenüber wiederum den das weitere Verfahren regelnden §§ 52 ff. TKG, wie

sich zum Beispiel daran zeigt, dass eine unterhalb der Schwelle der dauernden

Beschränkung liegende bloß vorübergehende Beschränkung des Widmungszwecks

nicht dem Regelungsbereich der Zustimmung, sondern demjenigen des § 52 Abs. 2

TKG unterfällt.

Die von der Beklagten für die Beigeladene verfolgten Interessen, insbesondere die

planerischen Belange bzw. die Ermöglichung der Erfüllung angeblicher die

Beigeladene treffender Verpflichtungen, sind aber keine speziellen Belange des

Wegebaulastträgers, die bereits im Rahmen der Zustimmung Berücksichtigung

finden. Wie oben dargelegt, ist insoweit zu prüfen, ob der Widmungszweck dauernd

beschränkt wird und die Anforderungen der Sicherheit und Ordnung und der

anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Gegebenenfalls kann zudem

durch Nebenbestimmung die Brauchbarkeit der Bestandspläne sichergestellt

werden. Soweit die Beklagte bzw. die Beigeladene im Verlaufe des Verfahrens

demgegenüber geltend gemacht hat, mit der angefochtenen Nebenbestimmung

bestimmte (darüber hinausgehende) Interessen zu verfolgen, handelt es sich um

sonstige Interessen der Beigeladenen, die aus deren Eigentümerstellung folgen

mögen, sich aber nicht als wegebaulastspezifische Interessen darstellen. Insofern

mag der Zweck einer möglichst seltenen Aufgrabung des Straßenraums einen

wegebaulastspezifischen Bezug aufweisen; dieser Zweck wird aber nicht zwingend

und allein dadurch gefördert, dass nach erfolgter Verlegung die exakte Lage der

Leitungen in einer bestimmten Weise ermittelt und dokumentiert wird, zumal für den

Regelfall davon ausgegangen werden dürfte, dass die Leitungen so verlegt sind, wie

es nach den eingereichten Planunterlagen beantragt worden ist. Gefördert wird

dieser Zweck vielmehr dadurch, dass im Rahmen der Zustimmung dem

Lizenznehmer eine bestimmte Trasse zugewiesen wird, bzw. der Antrag auf

Erteilung der Zustimmung im Falle einer suboptimalen Planung des Lizenznehmers

abgelehnt wird. Hiervon ausgehend besteht kein schützenswertes Interesse des

Wegebaulastträgers daran, die - durch ihn zuvor exakt zugewiesene - tatsächliche

Lage der verlegten Leitungen durch eine über die von der Klägerin praktizierte - den

Erfordernissen einer nachträglichen Kontrolle genügende - Verfahrensweise

hinausgehende Methode auf deren Kosten einmessen und in einer speziellen Weise

dokumentieren zu lassen.

Eine anderweitige materielle Rechtfertigung besteht für die angefochtene

Nebenbestimmung Nr. 19 außerhalb der Regelungen des

Telekommunikationsgesetzes nicht. Insbesondere kann hierzu nicht auf das vom

Verwaltungsgericht,

vgl. insofern auch: Verwaltungsgericht (VG) des

Saarlandes, Urteil vom 26. Februar 2002 - 1 K 87/00

-; VG Hannover, Urteil vom 21. Mai 2001 - 10 A

3939/00 -,

bemühte allgemeine Gebot der Rücksichtnahme zurückgegriffen werden.

Unabhängig von der Frage, ob dieses Gebot überhaupt dazu geeignet ist,

selbstständig Rechte und Pflichten zu begründen, oder ob hierzu nicht immer ein

gesetzlich vorgegebener Rahmen bestehen muss, der einer Ausfüllung durch das

vorgenannte Gebot gegebenenfalls zugänglich ist, steht einem solchen Rückgriff hier

jedenfalls entgegen, dass die Wahrung einer gebotenen Rücksichtnahme im

Telekommunikationsgesetz angelegt und in einer Weise normiert ist, die eine

Deutung dieses Gebotes als selbstständige materielle Rechtfertigung für die

angefochtene Nebenbestimmung ausschließt.

Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass das Gebot der Rücksichtnahme

keine allgemeine Härteklausel darstellt, die über speziellen Vorschriften des

jeweiligen Gesetzes oder gar des gesamten öffentlichen Rechts steht,

vgl. zum Baurecht: BVerwG, Beschluss vom 11.

Januar 1999 - 4 B 128.98 -, NVwZ 1999, 879,

und dann, wenn das einschlägige Gesetz das Gebot der Rücksichtnahme für

bestimmte Regelungsbereiche besonders ausgestaltet, ein darüber hinausgehender

Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Dies ist hier der Fall.

Ausdrücklich erwähnt ist der Begriff der Rücksichtnahme in der gesetzlichen

Óberschrift des § 52 TKG. Schon danach ist das Gebot der Rücksichtnahme auf

Fragen der Wegeunterhaltung und des Widmungszwecks begrenzt, die mit den vom

Beklagten für die Beigeladene verfolgten Interessen - wie oben dargelegt - nicht

korrespondieren. Das Rücksichtnahmegebot hat aber auch darüber hinaus durch

verschiedene Sonderregelungen Eingang in das Telekommunikationsgesetz

gefunden und eine spezifische Bewehrung erfahren. Als besondere Ausformungen

des Rücksichtnahmegebotes stellen sich insofern die §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 1, 54

Abs. 1, 55 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 3, 56 Abs. 1, 57 Abs. 1 TKG dar, die einem der

Beteiligten jeweils ein besonderes Handlungs- bzw. Verhaltensgebot auferlegen.

Vgl. insofern: BVerwG, Urteil vom 15. April 1988

- 7 C 48.87 -, BVerwGE 79, 218 zu § 5 Abs. 1

Telegraphenwegegesetz (TWG) und dem heutigen §

56 Abs. 1 TKG entsprechenden § 6 Abs. 1 TWG;

BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 - 7 C 81.84

-, DÀV 1986,656 zu § 6 Abs. 1 TWG; BVerwG,

Beschluss vom 29. April 2001 - 9 VR 2.01 - zu § 56

Abs. 1 TKG als "Konkretisierung des

Rücksichtnahmegebotes".

Entsprechend ihrer systematischen Einbindung in das Regelungssystem des

Achten Teils des Telekommunikationsgesetzes ermöglichen diese besonderen

Ausprägungen des Rücksichtnahmegebotes indes nicht die rechtliche Behandlung

dieser Fragen im Rahmen der Zustimmungserteilung. Nach dem

Telekommunikationsgesetz sind etwaige Verstöße gegen diese Verhaltenspflichten

vielmehr dahingehend sanktioniert, dass eine Kostentragungs- bzw.

Schadensersatzpflicht begründet wird. So bestimmt § 52 Abs. 2 TKG, dass eine -

nach Absatz 1 der Vorschrift zu vermeidende - Erschwerung der Unterhaltung einen

Kostenersatzanspruch auslöst. Im Falle der Kollision zwischen

Telekommunikationslinie und Unterhaltungsarbeiten hat der Nutzungsberechtigte

gemäß § 53 Abs. 3 TKG gebotene Maßnahmen auf seine Kosten vorzunehmen. § 54

Abs. 3 TKG räumt dem Besitzer von Baumpflanzungen gegen den

Nutzungsberechtigten einen Schadensersatzanspruch für - nach Abs. 1 der

Vorschrift zu vermeidende - Beschädigungen ein. Die Kosten gegebenenfalls nach §

55 Abs. 1 Satz 1 TKG erforderlicher Schutzmaßnahmen hat, ebenso wie im Falle des

§ 56 Abs. 3 TKG, der Nutzungsberechtigte zu tragen. Soweit die

Telekommunikationslinie mit späteren besonderen Anlagen kollidiert, muss der

Nutzungsberechtigte seine Leitungen gegebenenfalls auf seine Kosten verlegen, §

56 Abs. 2 TKG. Hat der Eigentümer eines Grundstücks Einwirkungen durch

Telekommunikationslinien zu dulden, steht ihm gegen den Betreiber der

Telekommunikationslinie ein angemessener Ausgleich in Geld zu, § 57 Abs. 2 Satz 1

TKG.

Angesichts dieser speziellen Ausgestaltung des Rücksichtnahmegebotes und

angesichts der auf Fragen der Wegeunterhaltung und der Widmung beschränkten

Anwendbarkeit des Rücksichtnahmegebotes ist eine über diesen gesetzlich

geregelten Rahmen hinausgehende Berücksichtigung der Interessen des

Wegebaulastträgers an dem Aufbau bzw. Betrieb eines von ihm aus autonomen

Gründen gewünschten Leitungskatasters im Rahmen der Zustimmung unter

Rückgriff auf allgemeine Erwägungen zum Gebot der Rücksichtnahme

ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Entscheidung

über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO

i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Revision ist nicht

zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach §§ 132 Abs. 2, 137 Abs. 1 VwGO nicht

gegeben sind.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 22.05.2003
Az: 20 A 2732/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/739ad1f63510/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_22-Mai-2003_Az_20-A-2732-01




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