Verwaltungsgericht Münster:
Urteil vom 12. Februar 2010
Aktenzeichen: 1 K 1608/09

(VG Münster: Urteil v. 12.02.2010, Az.: 1 K 1608/09)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen zwei Beanstandungs- und Untersagungsverfügungen nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), die zu den - über eine Astra-Satellitenkapazität 24 Stunden täglich unverschlüsselt ausgestrahlten - Formaten "E. M. " und "D. U. " (später "E1. ") ergangen sind. Dabei handelt es sich um mit Instrumentalmusik unterlegte, im Takt von 4 bis 16 Sekunden wechselnde Standbilder, auf denen (halb-)nackte Frauen in erotischen Posen zu sehen sind. Die Geschlechtsteile sind überwiegend verpixelt oder (z.B. mit Schriftzügen) verdeckt. Die Bilder werden nicht moderiert, aber teilweise mit einem eingeblendeten Text kommentiert. Der Zuschauer wird zur Inanspruchnahme sexueller Mehrwertdienste (Telefonsex, SMS-Dienste) aufgefordert.

Bereits mit Schreiben vom 20. Februar 2008 und 16. April 2008 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Angebote "E1. " (gemeint: "E. M. ") und "D. U. " teilweise pornographische Darstellungen enthielten. Durch Bescheide vom 14. April 2008 und 13. Mai 2008 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Angebote "E1. " (gemeint: "E. M. ") und "D. U. " bedürften keiner rundfunkrechtlichen Zulassung, weil sie als Telemediendienst einzustufen seien, wies aber zugleich darauf hin, dass hiermit keine Aussage zur Übereinstimmung mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag getroffen werde.

Aufgrund von Prüfvorlagen des Beklagten vom 29. September 2008 bejahte die Prüfgruppe der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) mit Abstimmungsergebnissen von 5:0 in ihrer Sitzung am 22. Januar 2009 hinsichtlich "E1. " (gemeint: "E. M. ") und "D. U. " Verstöße gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV (entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte) sowie § 7 JMStV (Jugendschutzbeauftragter), bezüglich "D. U. " ferner gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 JMStV (pornographische Inhalte). Hiervon setzte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 11. März 2009 in Kenntnis und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 23. März 2009 mit, sie sei für die gerügten Inhalte nicht verantwortlich. Den Standbildkanal "E1. " betreibe sie erst seit dem späten Abend des 14. September 2008. Hinsichtlich des Angebots "D. U. " sei die Sendekapazität an die Firma D1. in Polen untervergeben gewesen, aufgrund erheblicher Konflikte sei der Vertrag außerordentlich zum 1. Oktober 2008 gekündigt worden.

Nach weiteren Sichtungen der Angebote am 9. März, 16. April und 6. Mai 2009 übersandte der Beklagte der KJM unter dem 19. Mai 2009 die Beschlussempfehlung, den Telemediendienst "E. M. " (vormals bezeichnet als "E1. ") medienrechtlich zu beanstanden und den Verstoß gegen den JMStV zukünftig zu untersagen. Eine entsprechende Empfehlung erging für das Angebot "E1. ", das an die Stelle des zwischenzeitlich, jedenfalls im April 2009, nicht mehr ausgestrahlten Dienstes "D. U. " getreten war. Der Prüfausschuss der KJM entschied - den Beschlussvorlagen folgend - einstimmig, es lägen Verstöße gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV sowie § 7 JMStV, bezüglich "D. U. " ferner gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 JMStV vor.

Daraufhin leitete der Beklagte Bußgeldverfahren ein und erließ am 15. Juli 2009 zwei Beanstandungs- und Untersagungsverfügungen. Im Bescheid zum Aktenzeichen 1 P 6/09 entschied er, das von der Klägerin verbreitete Angebot "E. M. " verstoße gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV sowie gegen § 7 JMStV. Dies werde medienrechtlich beanstandet. Der Klägerin wurde untersagt, das Angebot "E. M. " in dieser Fassung weiter zu verbreiten. Ferner entschied der Beklagte, in Zukunft erfülle die Anbieterin ihre Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV, wenn sie entweder dafür Sorge trage, dass Kinder und Jugendliche die entsprechenden Inhalte nicht wahrnähmen oder alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte von ihrem Angebot entferne. Ferner setzte der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500 EUR für den Verstoß gegen § 5 JMStV und von 50 EUR für den Verstoß gegen § 7 JMStV fest. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin verbreite mit dem Angebot "E. M. " nachweislich seit dem 1. September 2008, spätestens aber seit dem 9. März 2009 entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte. Das Format enthalte objekthafte Darstellungen von sexuellen Vorgängen ohne nachvollziehbaren Handlungskontext. Innerhalb des Angebotes werde Sexualität als eine allzeit verfügbare und konsumierbare Ware dargestellt. Nacktheit werde nur in sexualisiertem und entmenschlichtem Kontext präsentiert. Die sexuellen Darstellungen könnten von Kindern und Jugendlichen nicht eingeordnet werden und überforderten sie. Dadurch werde die Entwicklung eines gesunden Verhältnisses zur Sexualität beeinträchtigt. Darüber hinaus würden problematische Rollenbilder präsentiert. Frauen würden als bloße Objekte sexueller Befriedigung dargestellt. Der sexualisierte Sprachgebrauch werde durch die mitunter direkte Anrede des Nutzers noch verstärkt. Der Beklagte nannte zur weiteren Begründung einige Beispiele aus den aufgezeichneten Angeboten. Die Klägerin trage keine Sorge dafür, dass die problematischen Inhalte von Kindern und Jugendlichen üblicherweise nicht wahrgenommen würden. Die vom JMStV insoweit vorgesehenen Maßnahmen wie Begrenzung der Sendezeit oder Vorschaltung eines technischen Schutzes würden nicht umgesetzt. Es lägen ferner keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin einen Jugendschutzbeauftragten nach § 7 JMStV bestellt habe. Die Gebührenfestsetzung beruhe auf der KJM-Kostensatzung. Es sei eine Behandlung des Falles in der KJM erforderlich gewesen und das Angebot in regelmäßigen Abständen gesichtet und aufgezeichnet worden. Ferner sei davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem Mehrwertdienst nicht unerheblichen Gewinn erzielt habe.

Im Bescheid zum Aktenzeichen 1 P 7/09 entschied der Beklagte, das von der Klägerin verbreitete Angebot "E1. " (vormals "D. U. ") verstoße gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV, § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV und § 7 JMStV. Dies werde medienrechtlich beanstandet. Der Klägerin wurde untersagt, das Angebot "E1. " (vormals "D. U. ") in dieser Fassung weiter zu verbreiten. Ferner entschied der Beklagte, in Bezug auf die gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV verstoßenden Inhalte erfülle die Klägerin ihre Verpflichtung in Zukunft, wenn sie durch die Verwendung eines anerkannten Altersverifikationssystems sicherstelle, dass nur Erwachsene Zugang zu den pornographischen Inhalten des Angebots erhielten. In Bezug auf die gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV verstoßenden Inhalte erfülle sie ihre Verpflichtung in Zukunft, wenn sie entweder dafür Sorge trage, dass Kinder und Jugendliche die entsprechenden Inhalte nicht wahrnähmen oder alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte von ihrem Angebot entferne. Ferner setzte der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von jeweils 500 EUR für die Verstöße gegen § 4 und § 5 JMStV und von 50 EUR für den Verstoß gegen § 7 JMStV fest. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin verbreite nachweislich seit dem 1. September 2008, spätestens aber seit dem 9. März 2009 pornographische Inhalte, ohne etwa mit einem Altersverifikationssystem die Zugänglichkeit allein für Erwachsene zu sichern. Das Angebot "E1. " (vormals "D. U. ") vermittele die Verabsolutierung sexuellen Lustgewinns, die Reduzierung auf eine apersonale Sexualität sowie die Degradierung des Menschen zum bloßen auswechselbaren Objekt. Durch die beworbenen Rufnummern sei es ausschließlich auf die sexuelle Stimulation des Nutzers angelegt. Die zum großen Teil unzureichend verpixelten Darstellungen rückten in ihrem Gesamtcharakter unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund. Der Obszönitätscharakter werde durch die Kameraeinstellungen, unter anderen durch die Fokussierung auf sexuelle Handlungen und die Geschlechtsteile, verstärkt. Frauen würden auf entwürdigende Art und Weise zu jederzeit verfügbaren und auswechselbaren Sexualobjekten degradiert. Zur weiteren Begründung benannte der Beklagte verschiedene Beispiele aus Aufzeichnungen vom 9. März 2009, 6. Mai 2009 und 3. Juli 2009. Auch zur Begründung der angenommenen Verstöße gegen § 5 Abs. 1, 3 und 4 JMStV zog er Beispiele aus diesen Aufzeichnungen heran. Die übrigen begründenden Ausführungen entsprechen denjenigen aus dem Bescheid zum Aktenzeichen 1 P 6/09.

Die Klägerin hat am 22. August 2009 Klage gegen die am 24. Juli 2009 zugestellten Bescheide vom 15. Juli 2009 erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei teilweise schon nicht die zutreffende Adressatin des Verwaltungsakts, da sie den Sender "D. U. " zum 1. Juli 2009 bei der den Sender betreibenden Dienstleisterin gekündigt und seitdem nicht mehr betrieben habe. Sofern von der Dienstleisterin für eine gewisse Zeit noch das frühere Programm gesendet worden sei, sei sie hierfür nicht verantwortlich. Mit dem angeblich an die Stelle von "E1. " getretenen Format "H. T. .U. " habe sie nichts zu tun. Die Bescheide seien hinsichtlich der Untersagung mit der Formulierung "in dieser Fassung" und hinsichtlich des erfassten Zeitraumes zu unbestimmt. Ferner habe sie nach der Anhörung mit Schreiben der Beklagten vom 11. März 2009 umgehend Herrn P. H1. zum Jugendschutzbeauftragen bestellt, der das seitdem ausgestrahlte Programm für zulässig erachtet habe. Auch habe sie im Anschluss an die Anhörung das Programm deutlich entschärft. Sie habe ferner aufgrund von Maßnahmen des für die Satellitenübertragung zuständigen E2. Q GmbH und aufgrund von Anweisungen an ihren Programmgestalter davon ausgehen dürfen, dass ein rechtskonformes Vorgehen gesichert sei. Der Verwaltungsakt sei unverhältnismäßig, da es keinen Grund zu der Annahme gebe, sie würde ihr Verhalten nicht auch auf andere Weise anpassen. Schließlich seien die in Rede stehenden Telemediendienste weder pornographisch noch dazu geeignet, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen schwer zu gefährden oder zu beeinträchtigen. Die Verwaltungsakte führten lediglich abstraktlehrbuchhafte Definitionen und Beispiele auf, die der Beklagte offensichtlich für unanständig halte. Bei der Beurteilung der entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkung sei der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es in den letzten Jahrzehnten bei Kindern und Jugendlichen zu einer Vorverlagerung der sexuellen Reifung gekommen sei, die gesellschaftlichen Anschauungen sich gewandelt hätten und sexuelle Darstellungen und menschliche Nacktheit täglich inflationär präsent seien. Da das Durchschnittsalter des ersten Geschlechtsverkehrs bei Jungen 15,1 und bei Mädchen 14,8 Jahre betrage, liege es auf der Hand, dass bei Kindern mit 14 Jahren ganz erhebliche Kenntnisse über und Erfahrungen mit Sexualität vorlägen. Außerdem dürfe man die Bilder nicht isoliert betrachten; die freundlichentspannende Hintergrundmusik fasse sie zu einer Einheit zusammen und präge das Gesamtbild. Die Bilder, die allesamt einen künstlerischen Anspruch hätten, hätten auch nichts Entmenschlichtes. Die behauptete Reduzierung auf Körperteile finde nicht statt. Es seien praktisch durchgängig die Gesichter der abgebildeten Personen mit individuellem, emotionalen Gesichtsausdruck zu sehen. Man sehe Frauen verschiedenen Alters und verschiedener Hautfarbe mit unterschiedlichen sexuellen Vorlieben, die aktiv und selbstbestimmt, mit einer selbstverständlichen Körperlichkeit und mit großer Freude ihre Sexualität lebten. Die angefochtenen Verfügungen verstießen ferner gegen Art. 5 GG, mit dem der Beklagte unangemessen lax umgehe. Schließlich sei die Festsetzung der Höhe der Verwaltungsgebühr willkürlich.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte seine Bescheide vom 16. Juli 2009 (1 P 6/09 und 1 P 7/09) insoweit aufgehoben, als die Beanstandung und Untersagung sich auf einen Verstoß gegen § 7 JMStV bezogen. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid des Beklagten zum Aktenzeichen 1 P 6/09 (Telemediendienst "E. M. ") vom 15. Juli 2009 im noch aufrecht erhaltenen Umfang aufzuheben,

2.den Bescheid des Beklagten zum Aktenzeichen 1 P 7/09 (Telemediendienst "E1. ", vormals "D. U. ") vom 15. Juli 2009 im noch aufrecht erhaltenen Umfang aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, die Klägerin sei richtige Adressatin des Bescheides 1 P 7/09. Das beanstandete inhaltsgleiche Angebot sei zunächst unter dem Titel "D. U. ", seit Mai 2009 unter dem Namen "E1. " und seit November 2009 mit dem Namen "H. T. .U. " jeweils über die gleiche Satellitenkapazität verbreitet worden. Ob sich die Klägerin mit der Kündigung beim Netzbetreiber bezüglich "D. U. " der Anbietereigenschaft entledigt habe, sei äußerst fraglich, zumal die von ihr angemietete Satellitenkapazität weiter genutzt werde. Letztlich könne dies dahinstehen, weil die Klägerin unstreitig die Angebote bis zum 30. Juni 2009 verbreitet habe, was allein den angegriffenen Bescheid rechtfertige. Die Bescheide seien auch hinreichend bestimmt. Der Inhalt der Verbote ergebe sich aus dem Tenor in Verbindung mit der Begründung, die - der ständigen medienrechtlichen Praxis entsprechend - auf bestimmte Verletzungshandlungen abstelle. Die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten sei bei Erlass des Bescheides nicht bekannt gewesen. Dass die mit der Programmgestaltung beauftragten Personen angewiesen worden seien, das Programm entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszustrahlen, sei irrelevant. Entscheidend sei, dass die von der Klägerin verantworteten Angebote pornographischen bzw. jugendgefährdenden Charakter hätten. Die Darstellungen rückten unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund. Dem könne nicht eine angebliche Wandlung gesellschaftlicher Anschauungen entgegengehalten werden. Die Gebührenfestsetzung beruhe auf der gesetzlichen Grundlage des § 35 Abs. 11 Rundfunkstaatsvertrag. Die Verwaltungsgebühr sei unter Berücksichtigung des erheblichen Aufwandes des Verwaltungsverfahrens angemessen und halte sich in dem durch die KJM-Kostensatzung vorgegebenen Kostenrahmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten mit Aufzeichnungen der Angebote vom 1. September 2008, 9. März 2009, 16. April 2009, 6. Mai 2009, 25. August 2009 ("E. M. ") bzw. vom 1. September 2008, 9. März 2009, 6. Mai 2009 und 3. Juli 2009 ("E1. ", "D. U. ") Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Die weitergehende Klage hat keinen Erfolg. Die Beanstandungs- und Untersagungsverfügungen vom 15. Juli 2009 sind ebenso wie die Gebührenfestsetzungen rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Beanstandungs- und Untersagungsverfügungen sind die §§ 20 Abs. 1 und 4 des Staatsvertrages über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV) vom 10. bis 27. September 2002 in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung i.V.m. § 59 Abs. 3 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) vom 20. November 1991 in der seit dem 1. September 2008 geltenden Fassung. Nach diesen Vorschriften trifft die zuständige Landesmedienanstalt, stellt sie fest, dass ein Anbieter von Telemedien gegen die Bestimmungen des JMStV verstoßen hat, die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter.

Die Klägerin war Anbieterin von Telemediendiensten i.S. der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JMStV. Ihre Angebote "E. M. " und "D. U. "/"E1. " erfüllen aus den zutreffenden Gründen der Bescheide des Beklagten vom 14. April und 13. Mai 2008 (sog. Unbedenklichkeitsbescheinigungen) aufgrund von Inhalt und Form die Kriterien eines Telemediendienstes (vgl. § 1 Abs. 1 Telemediengesetz - TMG). Die Klägerin war auch Anbieterin der beanstandeten Formate, bei denen es sich im Sinne von § 7 Abs. 1 TMG um eigene, zur Nutzung bereitgestellte Informationen handelte. Ob die Klägerin, wie sie geltend macht, den Sender "D. U. " bzw. "E1. " seit dem 1. Juli 2009 nicht mehr betrieben hat, ist insoweit unerheblich. Auf der Tatbestandsebene setzen § 20 Abs. 1 und 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV schon nach dem Wortlaut lediglich voraus, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Staatsvertrages verstoßen hat. Dass Verstöße in der Vergangenheit für ein Einschreiten der Landesmedienanstalt im Wege ihrer Aufsicht über Telemediendienste ausreichend sein müssen, ergibt sich auch bei teleologischer Auslegung. Maßnahmen auf der Grundlage des § 20 JMStV verfolgen den Zweck, einem Anbieter sein rechtswidriges Verhalten vor Augen zu führen und für die Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugend(medien)schutz zu sichern. Ob zulässigerweise jemand Adressat einer Maßnahme auf der Grundlage dieser Vorschriften sein kann, der das streitige Format eingestellt hat, ist eine auf der Rechtsfolgenseite zu beantwortende Frage der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Einzelfall.

Die Klägerin hat - selbst wenn man ihren Angaben zur Verantwortlichkeit folgend lediglich die Zeiträume vom 14. September 2008 bis zum Bescheiderlass ("E. M. ") bzw. vom 1. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009 ("D. U. "/"E1. ") zugrundelegt - mit ihren Angeboten "E. M. " und "D. U. "/"E1. " auch gegen die Bestimmungen des JMStV verstoßen.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV sind unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit Angebote unzulässig, wenn sie in sonstiger Weise pornographisch sind. In Telemedien sind Angebote abweichend hiervon gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe). Die Formate "D. U. "/"E1. ", für die kein Altersverifikationssystem und damit keine geschlossene Benutzergruppe existierte, enthielten pornographische Elemente im Sinne der Rechtsprechung zu § 184 StGB, die hier entsprechend anwendbar ist.

So auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 14 K 4085/07 -, juris; Scholz/Liesching, Jugendschutz, 4. Auflage 2004, § 4 JMStV Rn. 29; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rn. 425; die Anwendbarkeit des strafrechtlichen Pornographiebegriffs im Rundfunkrecht bejahend auch BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 C 13/01 -, BVerwGE 116, 5,

Pornographisch ist ein Angebot danach dann, wenn sein Inhalt unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt.

Vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1990 - 1 StR 477/89 - BGHSt 37, 55; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 C 13/01 -, BVerwGE 116, 5; s. auch Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, Rn. 4ff.; Tröndle/Fischer, StGB, § 184 Rn. 5ff., jeweils m.w.N.

Der Beklagte hat zutreffend unter konkreter Benennung und Beschreibung einzelner Sequenzen ausgeführt, dass die Klägerin mit ihren Formaten pornographische Inhalte verbreitet hat. In den dem Gericht vorliegenden Aufzeichnungen vom 9. März und 6. Mai 2009 werden geschlechtliche Vorgänge ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen dargestellt. Unter Ausklammerung menschlicher Bezüge - das Zeigen der Gesichter bei einer auf die Geschlechtsteile und die sexuellen Handlungen fokussierten Kameraeinstellung vermag daran nichts zu ändern - werden die dargestellten Frauen zu stets verfügbaren und auswechselbaren Sexualobjekten degradiert. Die Bilder sind zudem teilweise derart unzureichend verpixelt bzw. mit Schriftzügen verdeckt, dass die sexuellen Handlungen klar erkennbar sind. Die Verbindung dieser Bilder mit anreißerischen Texten (z.B.: "Extrem geile Hochglanzbilder warten darauf, von dir als Wichsvorlage benutzt zu werden! Also hol ihn raus und schüttel die Sahne fest! Oder ruf an..."; "Fetzige Arsch-Fi...-Videos ohne Tabus! Extrem versaut und extra lang zum Wixen! Sende Arsch an... oder ruf an und spri.. ab") kennzeichnet ein Angebot, das allein auf die Erregung sexueller Reize ausgerichtet ist. Inwiefern die Instrumentalmusik im Hintergrund an dieser Bewertung etwas ändern soll, erschließt sich dem Gericht nicht.

Darüber hinaus hat die Klägerin mit ihren Formaten "D. U. "/"E1. " und "E. M. " gegen § 5 Abs. 1 JMStV verstoßen, in dem sie Angebote verbreitet hat, die geeignet waren, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Jugendliche ab 14 Jahren (vgl. § 3 Abs. 1 JMStV), auf die wegen der von für Kinder bestimmten Angeboten getrennten Verbreitung der Formate abzustellen ist (vgl. § 5 Abs. 5 JMStV), sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Die Klägerin hat weder durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung der Angebote durch Jugendliche unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV) noch die Ausstrahlungszeit so gewählt, dass Jugendliche ab 14 Jahren sie üblicherweise nicht wahrnehmen (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 JMStV).

Ob ein Angebot im Sinne von § 5 Abs. 1 JMStV geeignet, ist, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen, ist vom Gericht uneingeschränkt überprüfbar; ein Beurteilungsspielraum kommt insoweit weder der Beklagten noch der KJM zu.

So auch VG München, Urteil vom 4. Juni 2009 - M 17 K 05.5329 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2009 - 27 A 61.07 -, juris; a.A. VG Augsburg, Beschluss vom 31. Juli 2008 - Au 7 S 08.659 -, juris.

Aufgrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unterliegen unbestimmte Rechtsbegriffe grundsätzlich der letztverbindlichen Interpretation und Subsumtion durch die Gerichte. Dem JMStV sind keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, dass die Länder den Landesmedienanstalten bzw. der KJM als ihrem Organ (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 JMStV) einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Vorliegens einer Entwicklungsbeeinträchtigung einräumen wollten. Vielmehr lässt bei systematischer Auslegung die ausdrückliche Verankerung eines Beurteilungsspielraums für Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 2 JMStV) auf das Gegenteil schließen. Auch die Zusammensetzung der KJM in Verbindung mit der Art der Entscheidung rechtfertigt nicht die Annahme eines gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums. Die der KJM gem. § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 1 Sätze 5 und 6 JMStV mit intern bindender Wirkung übertragene Entscheidung, ob ein Angebot mit § 5 Abs. 1 JMStV vereinbar ist, ist weder zeitgebunden noch unwiederholbar. Sie hat zwar wertenden Charakter. Auch sind die Mitglieder der KJM, die über besondere Sachkunde verfügen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gem. § 14 Abs. 6 Satz 1 JMStV an Weisungen nicht gebunden. Anders als bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gem. § 19 JuSchG, der im Übrigen gleichwohl hinsichtlich der Eignung zur Jugendgefährdung kein Beurteilungsspielraum zukommt,

vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1992 - 7 C 20/92 -, BVerwGE 91, 211 (zur Rechtslage nach dem GjS); VG Köln, Urteil vom 16. November 2007 - 27 K 3012/06 -, juris (zur aktuellen Rechtslage); Scholz/Liesching, Jugendschutz, § 18 JuSchG Rn. 3,

gewährleistet aber die Zusammensetzung der KJM nicht, dass die Entscheidungen aufgrund einer pluralistischen Meinungsbildung in Staatsferne ergehen. Dem Gremium gehören gem. § 14 Abs. 3 JMStV sechs Mitglieder aus dem Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten und sechs Mitglieder von den für den Jugendschutz zuständigen Landes-/Bundesbehörden an. Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sind nicht beteiligt. Die Zusammensetzung des Gremiums entspricht damit dem Ziel ihrer Gründer, durch die Schaffung einer zentralen Aufsichtsinstanz eine bundesweit einheitliche Rechtsanwendung in einem föderal ausgestalteten Bereich mit bisher zersplitterten Aufsichtsstrukturen zu sichern.

Vgl. Amtliche Begründung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, A., S. 2 und 25; http://www.kjmonline.de/files/pdf1/Amtliche_Begrndung_zum_JMStV_korrigiert.pdf.

Das Gericht teilt unter Auswertung der Aufzeichnungen vom 9. März 2009, 16. April 2009 und 6. Mai 2009 die in den angegriffenen Bescheiden ausführlich und überzeugend begründete und mit der Benennung von Beispielen hinreichend konkretisierte Auffassung des Beklagten, dass die Angebote "D. U. "/"E1. " und "E. M. " im Sinne des § 5 Abs. 1 JMStV entwicklungsbeeinträchtigend waren.

Gezeigt werden Standbilder sexueller Vorgänge oder auch nur (halb-)nackter Frauen, die in keinerlei Handlungszusammenhang eingebettet sind. Die Zuschauer sollen durch die Bilder in Kombination mit sexualisierten, sie vielfach direkt ansprechenden Texten animiert werden, sexuelle Dienste - Telefonsex oder die Übermittlung von Bildern aufs Handy - in Anspruch zu nehmen. Sexualität erscheint damit als Ware, die auf Zuruf konsumierbar ist. Auch wenn, was die Klägerin hervorhebt, teilweise die Gesichter der Frauen mit unterschiedlichen Regungen sichtbar sind, werden die Frauen durch die Bilder, die überwiegend auf die sexuellen Handlungen bzw. die Geschlechtsteile fokussierte Kameraeinstellung und die reißerischen Texte nicht als Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, sondern als jederzeit verfügbare und auswechselbare Objekte sexueller Befriedigung präsentiert. Die Art der Darstellung sexueller Vorgänge ist in Verbindung mit dem werbenden Charakter geeignet, ein angemessenes Verständnis bzw. eine Einordnung des für Jugendliche in der Pubertät relevanten Themas der Sexualität zu behindern. Bei dem noch ungefestigten Aufbau des Selbstbildes können die beanstandeten Formate Jugendliche ethischmoralisch verunsichern bzw. desorientieren und ihre Entwicklung zu einer individuellen und sozialen Persönlichkeit beeinträchtigen.

Aus dem Fallen gesellschaftlicher Tabus in Bezug auf die Sexualität, ihrer allgegenwärtigen Präsenz und dem Umstand, dass sexuelle Reife und erster Geschlechtsverkehr zu einem immer früheren Zeitpunkt einsetzen, lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht schließen, dass die beanstandeten Formate für die Entwicklung von Jugendlichen ab 14 Jahren unbedenklich sind. Hier wird ein für Jugendliche gerade in der Pubertät relevantes Thema der Sexualität in einer Art und Weise angeboten, die geeignet ist, sie zu überfordern und damit die Entwicklung eines angemessenen Verhältnisses zur Sexualität zu beeinträchtigen.

Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten vor, trifft die zuständige Landesmedienanstalt gem. § 20 Abs. 1 JMStV, § 20 Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Die hier ausgesprochenen Beanstandungen und Untersagungen sind als typische medienrechtliche Handlungsmöglichkeiten (vgl. §§ 38 Abs. 2 Satz 2, 59 Abs. 3 Satz 2 RStV, § 118 LMG NRW) Maßnahmen in diesem Sinne.

Vgl. dazu Scholz/Liesching, Jugendschutz, § 20 JMStV Rn. 3 und 17f. Sie waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses erforderlich und genügten auch im Übrigen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Ein Vorgehen gegenüber der Klägerin war insgesamt unabhängig davon geeignet, erforderlich und angemessen zur Gewährleistung des Jugendschutzes, ob sie im Zeitpunkt des Bescheiderlasses auch noch das Format "D. U. "/"E1. " betrieb bzw. das zu der Zeit ausgestrahlte Format "H. T. .U. " ihr zuzurechnen war. Sie war unstreitig in der Vergangenheit Anbieterin der gegen den JMStV verstoßenden Formate und es bezüglich des Kanals "E. M. " auch im Zeitpunkt des Bescheiderlasses. Ihr bisheriges Verhalten und ihre Einlassungen im Verwaltungsverfahren haben deutlich gemacht, dass sie zum einen immer wieder wechselnde, aber thematisch ähnlich gelagerte Angebote betreibt und zum anderen weder beabsichtigte, ihre Angebote insgesamt einzustellen noch sie den Erfordernissen des Jugendmedienschutzes anzupassen. Nach dem Sinn und Zweck des aufsichtlichen Einschreitens nach § 20 JMStV, Anbietern das entsprechende Unrechtsbewusstsein zu vermitteln und erneute Rechtsverletzungen zu verhindern, waren daher Maßnahmen ihr gegenüber zu treffen, um die Einhaltung der Vorgaben des JMStV in Zukunft zu sichern - sei es bei den konkret beanstandeten oder aber bei inhaltlich vergleichbaren Angeboten. Ein Vorgehen gegenüber der Klägerin war auch nicht etwa deshalb unverhältnismäßig, weil sie, wie sie vorträgt, organisatorische Vorkehrungen getroffen hat, um die Einhaltung des Jugendmedienschutzes zu sichern. Die nach den obigen Ausführungen gegebenen Verstöße gegen den JMStV sind ihr als Inhalteanbieterin ungeachtet etwaiger Vereinbarungen mit ihren Vertragspartnern zur Einhaltung des JMStV zuzurechnen.

Auch in sachlicher Hinsicht ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip ausreichend beachtet worden. Die ausgesprochenen Beanstandungen sind bloße Hinweise auf einen festgestellten Rechtsverstoß (vgl. § 118 Abs. 1 LMG NRW) und daher die denkbar mildeste Maßnahme, die zudem geeignet und angemessen war, der Klägerin ihre Rechtsverstöße nachdrücklich vor Augen zu führen und so den Jugendmedienschutz zukünftig zu sichern. Die Klägerin war bereits im Frühjahr 2008 auf Verstöße gegen den JMStV hingewiesen worden, hat aber weder die Angebote entscheidend "entschärft" noch Zugangsbeschränkungen bzw. -erschwernisse eingeführt. Auch die Untersagungen sind mit Blick darauf verhältnismäßig und genügen den in Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gesetzlich geregelten näheren Vorgaben in § 59 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 RStV. Ohne die Untersagungsgebote wäre es voraussichtlich zu einer Wiederholung gleichartiger Verstöße gekommen, ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Untersagungen waren auch angemessen und standen nicht im Sinne von § 59 Abs. 3 Satz 3 RStV außer Verhältnis zur Bedeutung des Angebots für den Anbieter und die Allgemeinheit. Der Beklagte hat die - rein wirtschaftlich motivierten und bloße Werbung darstellenden - Angebote auch nicht gänzlich untersagt. Bei Einführung eines Altersverifikationssystems bzw. von Zugangserschwerungen für Jugendliche oder aber bei Anpassung der beanstandeten Inhalte an die Vorgaben des JMStV hätte die Klägerin die Formate weiterhin ausstrahlen dürfen. Die wirtschaftliche Betätigung, die Erzielung von Einnahmen durch der Werbung folgenden Konsum, hätte nur geringfügige - aus Gründen des Jugendschutzes gebotene - Einschränkungen erfahren.

Schließlich genügen die angefochtenen Verfügungen auch dem Bestimmtheitserfordernis. Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG NRW muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41/87 -, BVerwGE 84, 335; BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18/03 -, BVerwGE 123, 261.

Die - sachkundige - Klägerin konnte hier ungeachtet der im Tenor verwendeten unpräzisen Formulierung "in dieser Fassung" von sich aus erkennen, was in der Sache verbindlich durch die Verwaltungsakte beanstandet, also festgestellt, und untersagt wird und vermochte ihr Verhalten danach auszurichten. Denn für die inhaltliche Bestimmtheit ist es ausreichend, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsaktes und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der Begründung, im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann.

Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, § 37 Rn. 12 m.w.N.

Das ist hier der Fall. Aus Tenor und Begründung der angefochtenen Bescheide ist hinreichend deutlich, dass die Formate "D. U. "/"E1. " und "E. M. " im von den Bescheiden erfassten Zeitraum entwicklungsbeeinträchtigend, letzteres zusätzlich pornographisch waren. Diese Feststellungen und die daraus resultierenden Untersagungen dieser Angebote konkretisieren die Verfügungen, indem sie sie abstrakt näher begründen und Verletzungen des JMStV beispielhaft benennen. Die Bescheide machen hinreichend deutlich, wie die Klägerin zukünftig ihre Angebote gestalten muss, um den durch die Verfügung konkretisierten Vorgaben des JMStV zu genügen. Ferner ist klar, dass diese Formate ohne Änderung des Inhalts oder des Zugangs nicht gesendet werden dürfen. Die der Klägerin insoweit eingeräumte Wahlfreiheit - Einstellung bzw. inhaltliche Änderung der beanstandeten Formate oder Einführung von Zugangsbeschränkungen bzw. -erschwernissen (Altersverifikationssystem, technische Schranken, Begrenzung der Verbreitungszeit etc.) - bei der Umsetzung der Verfügung begründet keinen Bestimmtheitsmangel. Auch in zeitlicher Hinsicht sind die Bescheide nicht unbestimmt. Der Klägerin wird - zulässigerweise - ohne zeitliche Befristung untersagt, die benannten Formate wie bisher, d.h. mit den gegen den JMStV verstoßenden Inhalten bzw. ohne Zugangserschwernisse für Kinder und Jugendliche, zu senden.

Durch die angegriffenen Maßnahmen wird die Klägerin entgegen ihrer Auffassung auch nicht in ihren Grundrechten verletzt. Es kann dahinstehen, ob das mit den klägerischen Formaten verfolgte Werben für die Inanspruchnahme sexueller Dienste eine Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG darstellt,

zu Wirtschaftswerbung und Meinungsfreiheit vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 1971 - 1 BvL 25/61 u.a. -, BVerfGE 30, 336; BVerfG, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 BvR 1762/95, 1 BvR 1787/95 -, BVerfGE 102, 347,

oder unter Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fällt. Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG wären jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil die - durch Zustimmungsgesetz des Landes zum Landesrecht gewordenen - Vorschriften des JMStV "gesetzliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend" gemäß Art. 5 Abs. 2 GG sind und der Beklagte hier auch bei der Anwendung des JMStV im Einzelfall dem Jugendschutz in zulässiger Weise und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips Vorrang vor etwa betroffenen Grundrechten der Klägerin eingeräumt hat. Die Klägerin, die den künstlerischen Anspruch der Bilder hervorhebt, kann sich bezüglich ihres Medienformats schließlich auch nicht auf die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG berufen. Die musikalisch untermalte aufreizende Präsentation von Standbildern nackter Körper mit dem Aufruf, sexuelle Mehrwertdienste in Anspruch zu nehmen, fällt nicht in den Schutzbereich der Kunstfreiheit. Sie ist weder künstlerische Betätigung im Sinne freier schöpferischer Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium der Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden, noch einem bestimmten künstlerischen Werktyp zuzuordnen noch aufgrund einer Mannigfaltigkeit ihrer Aussage ständig neuen, weiterreichen Interpretationen zugänglich.

Vgl. zum Kunstbegriff BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1984 - 1 BvR 816/82 -, BVerfGE 67, 213; zu Nacktauftritten und der Kunstfreiheit siehe auch OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 1996 - 5 A 769/95 -, NJW 1997, 1180.

Die Gebührenfestsetzung in den angegriffenen Bescheiden ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch wenn die in der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Gebühren und Auslagen der Kommission für Jugendmedienschutz "KJM" (- KJM-Kostensatzung -) als Rechtsgrundlage genannte Bestimmung des § 14 Abs. 9 JMStV bereits am 31. August 2008 außer Kraft getreten war, fehlte es im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht an einer Satzungsermächtigung. Zwar scheidet § 35 Abs. 11 RStV in seiner seit dem 1. September 2008 geltenden Fassung als gesetzliche Grundlage aus. A.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 14 K 4085/07. Denn es handelt sich dabei um eine im III. Abschnitt des Staatsvertrages enthaltene Vorschrift für den privaten Rundfunk und gem. § 1 Abs. 1, 2. HS RStV gelten für Telemedien nur der IV. bis VI. Abschnitt.

Eine Satzungsgrundlage ist aber in § 116 Abs. 2 LMG NRW zu sehen. Nach der zur Zeit des Bescheiderlasses - und noch bis zum 14. Dezember 2009 - geltenden Fassung dieser Vorschrift erhebt die Landesanstalt für Medien (LfM) für Amtshandlungen Verwaltungsgebühren; außerdem lässt sie sich die Auslagen ersetzen (Satz 1). Die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren und des Auslagenersatzes werden durch Satzung festgelegt (Satz 2). § 116 Abs. 2 LMG NRW a.F. ist nicht auf Amtshandlungen der Beklagten nach dem LMG NRW beschränkt. Auch aus der seit dem 15. Dezember 2009 geltenden Fassung des § 116 Abs. 2 LMG NRW, wonach die LfM für Amtshandlungen nach diesem Gesetz, nach dem RStV und nach dem JMStV Verwaltungsgebühren erhebt, lässt sich nicht etwa schließen, nach dem Willen des Gesetzgebers seien Amtshandlungen nach dem JMStV zuvor nicht erfasst gewesen. Vielmehr ist die - nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 14/9393, S. 212) der Anpassung an § 35 Abs. 11 RStV dienende - Änderung lediglich als Konkretisierung der bisherigen Regelung und in Korrespondenz zur Einfügung des neuen § 1 Abs. 2 LMG NRW zu sehen. Danach gelten, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, für bundesweite, länderübergreifende und nicht länderübergreifende Angebote und Plattformen die Bestimmungen des RStV, des JMStV und anderer genannter Staatsverträge.

Auch die festgesetzte Höhe der Verwaltungsgebühren ist, ausgehend von dem nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Ermessen der Behörde hinsichtlich der Bemessung der Gebühr, ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie hält sich innerhalb der nach Nr. 8 der Anlage zur KJM-Kostensatzung vorgesehenen Rahmengebühr von 100 bis 2.500 Euro. Angesichts der nachvollziehbaren Ausführungen des Beklagten zum bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigenden Verwaltungsaufwand (§ 3 Nr. 1 KJM-Kostensatzung) und wirtschaftlichem Wert (§ 3 Nr. 2 KJM-Kostensatzung) sind für die von der Klägerin geltend gemachte Willkür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht, soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO und im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht im Sinne von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, der Klägerin auch hinsichtlich des für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits die Kosten aufzuerlegen, da diese letztlich durch ihr Verschulden entstanden sind. Denn auf die Anhörung durch Schreiben des Beklagten vom 11. März 2009 hat sie sich bis zum Bescheiderlass, insbesondere in ihrem Schreiben vom 23. März 2009, zur - nach ihren Angaben umgehend erfolgten, aber erstmals im Klageverfahren mitgeteilten - Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten nicht geäußert, weshalb der Beklagte davon ausging, es liege weiter ein Verstoß gegen § 7 JMStV vor.

Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






VG Münster:
Urteil v. 12.02.2010
Az: 1 K 1608/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/73a182731db9/VG-Muenster_Urteil_vom_12-Februar-2010_Az_1-K-1608-09




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