Landgericht Köln:
Urteil vom 8. Februar 2007
Aktenzeichen: 31 O 439/06

(LG Köln: Urteil v. 08.02.2007, Az.: 31 O 439/06)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Kennzeichen

B1

in Alleinstellung im geschäftlichen Verkehr für Reisedienstleistungen, insbesondere für Buchungen von Reisen, Reisereservierungen und - buchungen; Ticketverkauf für Veranstaltungen zu verwenden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 17 % und die Beklagte zu 83 %.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin hinsichtlich der

- Unterlassung 200.000,- €

und

- Kosten 7.000,- €.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem Jahre 1996 Veranstalterin von Kreuzfahrten. Zur Kennzeichnung dieser Dienstleistung verwendet sie unter anderem das Schlagwort "B2". Sie bietet ihre Dienstleistungen über Reisebüros oder im Internet unter der Domain "B2.de" an. Die Klägerin verfügt über verschiedene Marken mit dem Bestandteil "B2", so unter anderem über die beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 39701328.0 mit einer Priorität vom 15.01.1997 eingetragenen Wortmarke "B2". Geschützt ist diese Marke für die Dienstleistungen Veranstaltungen von Reisen, Transportwesen, Beherbergung von Gästen, Unterhaltung sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten. Die Klägerin erzielte mit der Veranstaltung von Kreuzfahrten beispielsweise im Jahre 2005 Umsätze in Höhe von 375 Mio. €.

Die Beklagte vermittelt seit dem Jahre 2003 im Wege eines Internetreiseportals unter der Domain "B1.de" Reisen und Reiseveranstaltungen. Am 07.03.2005 meldete die Beklagte beim Deutschen Patent- und Markenamt (Nr. 30513208) die Wort-Bild-Marke "B1.de ..." an. Auf den Widerspruch der Klägerin gegen diese Registrierung hat das Deutsche Patent- und Markenamt durch Beschluss vom 08.09.2006 (Az. 305 13 208.3/39) die vorgenannte Marke gelöscht. Hiergegen hat die Beklagte inzwischen Erinnerung eingelegt.

Die Klägerin meint, die isolierte Verwendung der Kennzeichnung "B1..." verletze ihre Markenrechte unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr.

Sie beantragt sinngemäß,

die Beklagte zu verurteilen,

es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, das Kennzeichen

"B1"

in Alleinstellung im geschäftlichen Verkehr für Reisedienstleistungen, insbesondere von Reisen, Reisereservierungen und - buchungen, Ticketverkauf für Veranstaltungen zu verwenden;

gegenüber der DENIC e. G. auf die Registrierung des Domainnamens "B1.de" zu verzichten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, eine zur Markenrechtsverletzung führende Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Dafür spreche zum einen, dass die Klägerin ihre Marken nicht isoliert als "B2" nutze, sondern stets nur in Kombination mit Zusätzen, wie z. B. "B2 - das Clubschiff" oder "B2 - Cruises". Zum anderen verwende sie - die Beklagte - die Kennzeichnung "B1..." nicht isoliert, sondern stets mit dem Zusatz "...".

"B2" sei auch nicht kennzeichnungskräftig, sondern beschreibend in der Weise, dass sie Assoziationen zur weltberühmten gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi wecke. Im deutlichen Unterschied zur Aussprache bei "B2" werde das "A" und "I" bei "B1" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zusammen als "...ei..." ausgesprochen. Schließlich bestehe auch keine Nähe der Dienstleistungen zueinander, wenn man berücksichtige, dass sie - die Beklagte - lediglich als Vermittlerin von Reisen auf dem Markt, aber nicht selbst als Veranstalterin von Kreuz- und Ausflugfahrten auftrete.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Die Klägerin verfügt über formellen Markenschutz nach § 4 Nr. 1 MarkenG unter anderem in Bezug auf die unter der Nummer 39701328.0 eingetragene Wortmarke "B2" für die Dienstleistungen von Reiseveranstaltungen, Transportwesen, Beherbergung von Gästen und Unterhaltungen sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten nutzt die Klägerin die Marke "B2" auch in dieser Form im Geschäftsverkehr. Der Hinweis der Beklagten darauf, die Klägerin füge an die Bezeichnung "B2" stets weitere Worte, wie zum Beispiel "...Das Clubschiff" oder "...Cruises" an, ändert daran nichts, führt insbesondere zu keiner abweichenden Nutzung im Sinne von § 26 Abs. 3 MarkenG. Die genannten Zusätze sind in Ansehung der von der Klägerin angebotenen Leistungen beschreibend und tragen insofern zur Kennzeichnung von "B2..." nichts bei. Dementsprechend ändern sie auch den Charakter der Marke nicht. Es kommt hinzu, dass ausweislich der vorgelegten und als solchen unstreitigen Werbeunterlagen der Klägerin diese stets die Bezeichnung "B2" deutlich gegenüber den Zusätzen hervorhebt, sie also vom Verkehr durchaus eigenständig als Kennzeichnung wahrgenommen wird.

Die Marke der Klägerin ist unstreitig prioritätsälter gegenüber der Kennzeichnung "B1".

Ausgehend davon liegt zwischen der Marke der Klägerin und der angegriffenen Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Unterscheidungskraft der prioritätsälteren Kennzeichnung, der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen und/oder eine besondere Bekanntheit der älteren Marke ausgeglichen werden, während umgekehrt ein höherer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Angreifermarke nur schwach und/oder der Waren- bzw. Dienstleistungsabstand größer ist (vgl. BGH GRUR 1999, 245, 246 - "LIBERO"; GRUR 1999, 995, 997 - "HONKA"; WRP 2000, 529, 531 - "ARD 1"; WRP 2000, 535, 538 f. "ATTACHÉ/TISSERAND").

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Verwechslungsgefahr aus folgenden Gründen zu bejahen:

Die Wortmarke "B2" der Klägerin verfügt über eine - mindestens - durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Entgegen der Einschätzung der Beklagten ist die Marke phantasievoll, mag sie auch Assoziationen zur gleichnamigen weltberühmten Oper wecken. Denn bezogen auf die allein entscheidenden Dienstleistungen der Reiseveranstaltung usw. geht diese Assoziation ins Leere, da die Marke insofern über keinen beschreibenden Gehalt enthält.

Ob die Kennzeichnungskraft der Marke infolge ihrer Bekanntheit in den überdurchschnittlichen Bereich gesteigert ist, bedarf keiner Erörterung. Denn die Verwechslungsgefahr ist auch bei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marke nicht zweifelhaft.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr der klägerischen Marke allein die Kennzeichnung "B1" gegenüber, nicht dagegen die Bezeichnung "B1 - ....". Das Begehren der Klägerin geht nämlich - wie diese im Termin nochmals klargestellt hat - allein dahin, die isolierte Verwendung von "B1" verbieten zu lassen.

Dass die Beklagte die angegriffene Kennzeichnung auch in Alleinstellung verwendet, ist trotz des diesbezüglichen Bestreitens der Beklagten ohne weiteres zu bejahen. So ist für sich genommen unstreitig, dass die Beklagte "B1" isoliert in ihrer Domainbezeichnung "B1.de" zur Beschreibung ihrer Reisedienstleistungen verwendet. Die Endung "...de" ist als reine Länderkennung für die Domainadresse ohne jede Bedeutung für die Kennzeichnung von "B1". Im Reiseportal der Beklagten selbst taucht ausweislich der vorgelegten und als solchen unstreitigen Internetauszüge die vorgenannte Bezeichnung in isolierter Form ebenfalls mehrfach auf. So finden sich dort werbliche Textstellen, bei denen "B1" isoliert verwendet wird, wie zum Beispiel die als Textleisten wiedergegebenen Slogans "Buchung bei B1" oder "Mein B1".

Stehen sich danach für die Prüfung der Verwechslungsgefahr "B2" und "B1" gegenüber, so ist diese ohne weiteres zu bejahen. Die Zeichenähnlichkeit ist hoch. Das Schriftbild von "B2" und "B1" ist hochgradig ähnlich, liegt der Unterschied allein im letzten Buchstaben. Gleiches gilt für das Klangbild. Die Betonung liegt übereinstimmend bei dem Vokal "...I...". Der letzte Vokal tritt demgegenüber bei der Aussprache deutlich zurück, kann also zur Unterscheidung beider Wörter nur unzureichend beitragen.

Soweit die Beklagte im Hinblick auf das Klangbild darauf verweist, ihre Bezeichnung "Ai..." bei "B1" werde im Unterschied zu dem "A-i..." der klägerischen Marke nicht getrennt, sondern zusammen als "Ei..." ausgesprochen, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Zum einen hilft dieser Einwand nicht aus der schon für sich genommen hinreichenden Ähnlichkeit im Schriftbild hinaus. Zum anderen ist die von der Beklagten für sich beanspruchte Aussprache nicht zwingend, weil es in der deutschen Sprache in dieser Hinsicht aus der maßgebenden Perspektive des angesprochenen Verkehrs keine feststehende Regel gibt. Dementsprechend wird es - auch wenn es darauf im Ergebnis nicht ankommt - ein nennenswerte Zahl von Betrachtern geben, die "AI..." bei der Bezeichnung der Beklagten genau so aussprechen wie das "AI..." bei der klägerischen Marke.

In Ansehung der danach gegebenen hochgradigen Zeichenähnlichkeit sind sonderlich hohe Anforderungen an die Dienstleistungsähnlichkeit zwar nicht erforderlich, hier aber gleichwohl erfüllt. Die Vermittlung von Reisen bzw. Reisedienstleistungen, die damit einhergehenden Tätigkeiten wie Reisereservierungen und Buchungen und der Ticketverkauf weisen einen engen und sich teilweise sogar identisch überschneidenden Bezug zu den von der klägerischen Marke erfassten Dienstleistungen Veranstaltung von Reisen und Beherbergung von Gästen auf. Der Hinweis der Beklagten darauf, dass sie die Reisen lediglich vermittele, während die Klägerin Reisedienstleistungen als Reederin selbst anbiete, führt zu keiner tauglichen Abgrenzung. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs ist vielmehr entscheidend, dass er unter der Bezeichnung "B1..." mit Reisen und Reiseveranstaltungen usw. konfrontiert wird, mögen diese auch - rein juristisch betrachtet - als Vermittlungsleistungen angeboten werden.

Angesichts einer danach gegebenen hochgradigen Zeichen- und Dienstleistungsähnlichkeit ist schon bei normaler Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke eine Verwechslungsgefahr nicht zweifelhaft.

Demgegenüber steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch darauf zu, dass diese auf die Eintragung ihrer Domain "B1.de" gegenüber der DENIC e. G. verzichtet. Weder kennzeichenrechtliche noch wettbewerbsrechtliche Kriterien stützen ein solches Begehren.

Der markenrechtliche Schutz ist begrenzt auf eine Nutzung der Kennzeichnung der Domain "B1.de" für Dienstleistungen, die infolge ihrer Ähnlichkeit zu den von der Marke erfassten Dienstleistung zu einer Verwechslungsgefahr führen können. Ein weitergehende Untersagung im Wege der gänzlichen Löschung ist dagegen nicht begründbar. Denn nutzte die Beklagte die Domain etwa für unähnliche Dienstleistungen oder gar als inhaltsleere Homepage, läge mangels einer Verwechslungsgefahr keine rechtsverletzende Nutzung vor (vgl. hierzu: Ingerl/Rohnke, nach § 15 Rn. 78 ff. m. w. N.).

Weitergehende Umstände, die unter dem Gesichtspunkt der Zuordnungsverwirrung oder einer unlauteren Nutzung der Domain das Begehren der Klägerin stützten könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Eine Tippfehlerdomain liegt nicht vor, weil man sich auf der Tastatur im Verhältnis zwischen "...A" und "...U" jeweils am Ende der kollidierenden Zeichen nicht vertippen kann. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf diesem Wege eine unlautere Annäherung an die klägerische Bezeichnung versucht hätte.

Sonstige Umstände, aus denen man schließen könnte, dass die Verwendung der Domain "B1.de" unter keinem Gesichtspunkte Bestand haben dürfte, sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten nach § 712 ZPO ist dagegen nicht begründet. Die Beklagte hat nicht greifbar dargetan, dass ihr aus der Vollstreckung aus dem Unterlassungstenor ein nicht zu ersetzender Nachteil erwachsen könnte. Allein die pauschale Behauptung, das entsprechende Verbot komme einem Existenzverlust gleich, genügt dafür nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach der gesetzlichen Wertung im Zweifel die Vollstreckungsinteressen des Gläubigers Vorrang genießen (hierzu allgemein: Thomas/Putzo, § 712 Rn. 5 m. w. N.). Hinzu kommt, dass der Unterlassungstenor der Beklagten allein die isolierte Verwendung der Kennzeichnung "B1" verbietet und nicht ihre Nutzung schlechthin.

Streitwert:

Unterlassungsanspruch 125.000,- €.

Domainverzichtsanspruch 25.000,- €






LG Köln:
Urteil v. 08.02.2007
Az: 31 O 439/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/73c97b36005c/LG-Koeln_Urteil_vom_8-Februar-2007_Az_31-O-439-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share