Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2010
Aktenzeichen: 30 W (pat) 113/09
(BPatG: Beschluss v. 25.03.2010, Az.: 30 W (pat) 113/09)
Tenor
BPatG 152 Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die farbige Wort-/Bildmarke (Pantone coated 348 CVC)
u. a. für die Waren und Dienstleistungen
"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; chirurgische, ärztliche, zahnund tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheitsund Schönheitspflege für Menschen und Tiere".
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung mit Erstprüferbeschluss wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, "DOC" stehe für "Arzt, Doktor, Mediziner", das grüne Kreuzzeichen führe von dem beschreibenden Bedeutungsgehalt des Wortes "DOC" nicht weg. Das grüne Kreuz werde als Hinweis auf den Bereich des Heilwesens und medizinische sowie pharmazeutische Produkte und Dienstleistungen aufgefasst. Die Gesamtkombination weise auf medizinische und pharmazeutische Waren und Dienstleistungen hin, die von einem Mediziner oder Arzt erbracht bzw. angeboten würden sowie auf solche Waren, die für die Verwendung durch einen Mediziner geeignet und bestimmt seien. Sämtliche verfahrensgegenständlichen Waren hätten einen Bezug zum Heilwesen und zum Medizinund Gesundheitssektor oder dienten der Gesundheit.
Auf die Erinnerung des Anmelders hat die Erinnerungsprüferin den Beschluss teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung auch hinsichtlich der Dienstleistungen "Dienstleistungen im Bereich der Land-, Gartenoder Forstwirtschaft" zurückgewiesen worden war.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht dargelegt, inwieweit sich das angemeldete Zeichen tatsächlich zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen eigne. Der Bestandteil "DOC" habe keinen beschreibenden Charakter. Das grüne Kreuz sei für ärztliche Leistungen in Deutschland nicht gebräuchlich, sondern allenfalls als Hinweis auf Apotheken bekannt. Im Übrigen verweist der Anmelder auf die Voreintragung "DOC Apotheke".
Der Anmelder beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 1. Oktober 2008 und vom 14. September 2009 aufzuheben soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden war.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für diese angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH MarkenR 2004, 39 -City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99 -Postkantoor; BGH GRUR 2006, 850, 854 -FUSSBALL WM 2006).
Bei einer Wort-/Bildmarke -wie sie im vorliegenden Fall gegeben ist -ist wie bei aus mehreren Elementen zusammengesetzten Marken bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen. Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH GRUR 1991, 136, 137 -NEW MAN; GRUR 2001, 162, 163 -RATIONAL SOFT-WARE CORPORATION; GRUR 2001, 1153 -antiKALK).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind, was die Wortbestandteile in kombinierten Wort-/Bildmarken betrifft, diese nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr -etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung -stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. -City Service). So kann auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft fehlen. Das ist insbesondere bei allgemein warenanpreisenden Ausdrücken oder Wortfolgen anzunehmen, bei denen -ohne eine warenbeschreibende Sachangabe zu sein -ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich -über eine Werbeaussage hinaus -um einen Herkunftshinweis handeln (vgl. BGH GRUR 2000, 720, 721 -Unter Uns; GRUR 2000, 323, 324 -Partner with the Best).
Hinsichtlich des Bildbestandteils einer Wort-/Bildmarke gilt sodann, dass der Marke -unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente -als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH a. a. O. -NEW MAN; a. a. O. -antiKALK), wobei an die Ausgestaltung aber um so größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. auch BPatG GRUR 1996, 410, 411 -Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke (vgl. auch EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1017 (Nr. 73, 74) -BioID). Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen (BGH a. a. O. -antiKALK).
Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 -marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 -Libertel-Orange; a. a. O. -Postkantoor).
2. Nach diesen Grundsätzen erfüllt die angemeldete Wort-Bildmarke selbst diese geringen Anforderungen nicht.
a) Der Markenbestandteil "DOC" ist die umgangssprachliche Kurzform des englischen Wortes "doctor" (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM), die als Ausdruck für "Arzt, Doktor" auch in die deutsche Umgangssprache eingegangen ist (vgl. BPatG 25 W (pat) 101/01 -TELEDOC, 30 W (pat) 73/08 -docjur auf PAVIS PROMA CD-ROM).
Sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen können medizinischen und ärztlichen Zwecken dienen bzw. in diesem Zusammenhang erbracht werden. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen werden die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung "DOC" daher lediglich als werbeüblichen Sachhinweis darauf sehen, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von einem Arzt angeboten oder erbracht werden bzw. im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit verwendet werden oder hierfür bestimmt sein können, nicht hingegen als Marke.
b) Die Schutzfähigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Bildbestandteil der angemeldeten Marke in Form eines grünen Kreuzes mit gleich langen Balken, da er lediglich den Wortbestandteil der angemeldeten Marke illustriert.
Die farbige Darstellung eines Kreuzes mit gleich langen Balken ist bekannt als Symbol verschiedener Hilfsorganisationen wie z. B. Weißes Kreuz, Rotes Kreuz, Grünes Kreuz, Blaues Kreuz, Schwarzes Kreuz. Die Darstellung des grünen Kreuzes ist dem Verkehr zum einen in ähnlicher Form als internationales Apothekensymbol bekannt (vgl. "Die Apotheke" unter wikipedia.de) und zudem als Symbol des seit 1950 in Deutschland eingetragenen gemeinnützigen Vereins "Deutsches Grünes Kreuz" vertraut, dessen erklärte Ziele insbesondere die Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsaufklärung sind (vgl. www.dgk.de). Neben dem roten "Apotheken A" des deutschen Apotheker Verbandes findet als international weit verbreitetes Symbol für die Apotheke in jüngster Zeit das grüne Kreuz auch in Deutschland zunehmend Verwendung (vgl. BPatG 30 W (pat) 46/08 -Kreuz-Apotheke auf PAVIS PROMA CD-ROM; "Die heutige Apotheke" unter www. apoindex.de...). Diese Art der Kreuzdarstellung (in der Ausführung in umgekehrter Farbgebung: weißes Kreuz auf grünem Grund) ist dem Verkehr auch bekannt als Rettungszeichen für erste Hilfe (vgl. wikipedia.org/wiki/Rettungszeichen).
Wegen der gebräuchlichen Verwendung des Kreuzsymbols in Medizin, Pharmazie und dem Gesundheitsbereich allgemein wird der Verkehr darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis in Bezug auf damit gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen sehen.
c) Auch die Verbindung des für sich genommen schutzunfähigen Wort und Bildbestandteils in ihrer ganz konkreten Konstellation kann nicht die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründen. Die Verbindung der einzelnen Gestaltungsmittel in der vorliegenden Form ist gebräuchlich und der Gesamteindruck der angemeldeten Marke geht nicht über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinaus, sondern erschöpft sich in deren bloßer Summenwirkung (vgl. EuGH -Postkantoor). Die Anordnung der Elemente ist keine eigentümliche Gestaltung, vielmehr bleiben beide Bestandteile deutlich erkennbar und bilden keine neue phantasievolle Einheit, so dass der Verkehr dieser konkreten Verbindungsweise keinen Herkunftshinweis entnehmen wird.
Wie aus den dem Anmelder übersandten Belegen ersichtlich, ist es z. B. bei Rettungsorganisationen üblich, im Logo das bekannte Kreuzpiktogramm mit einem zusätzlichen Wortbestandteil z. B. "Ambulanz" zu verbinden. Die angemeldete Kombination kann man daher entsprechend als Hinweis auf eine ärztliche Beteiligung verstehen, so bieten Krankentransportorganisationen z. B. den Intensivtransport mit Arzt an (vgl. Intensivtransporte Grünes Kreuz unter www. stadt.wien und www.grueneskreuz.at).
Da Apotheken neben der üblichen Arzneimittelabgabe und -beratung auch medizinische Waren und medizinische Dienstleistungen anbieten wie Blutdruckmessung, Zucker und Cholesterintests (vgl. www.kreuzapotheken.de/news...) erscheint auch ein Hinweis auf eine wie immer geartete Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker als möglich.
Die in der Art eines Piktogramms gestaltete Wort/Bildmarke wird der Verkehr daher als Hinweis auf eine ärztliche oder medizinische Versorgung oder eine Apotheke mit ärztlicher Zusatzleistung oder den Gesundheitsbereich allgemein verstehen. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, kann es sich in Bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen um einen Sachhinweis auf Art, Eignung, Bestimmung und Verwendung handeln.
3. Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine seiner Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 -Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 -Today; GRUR 2005, 578 -LOKMAUS; GRUR 2008, 1093, 1095 -Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. -BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] -American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 -Papaya; 25 W (pat) 65/08 -Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 -Volksflat auf PAVIS PROMA CD-ROM).
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Winter Paetzold Hartlieb Cl
BPatG:
Beschluss v. 25.03.2010
Az: 30 W (pat) 113/09
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