Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 10. März 2011
Aktenzeichen: 6 U 56/10

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 10.03.2011, Az.: 6 U 56/10)

Die Dekorationszwecken dienende Wiedergabe bekannter, als dreidimensionale Marken geschützter Kfz.-Modelle (hier: VW-Bus und VW-Käfer) sowie bekannter Kfz-Wort- und Bildmarken auf Blechschildern stellt in der Regel keinen die Verwechslungsgefahr begründenden Gebrauch dar. Jedoch liegt jedenfalls dann eine unlautere Rufausnutzung dieser Marken vor, wenn die mit den Marken identischen oder fast identischen Darstellungen den einzigen dekorativen Inhalt des Blechschildes ausmachen.

Tenor

Nach teilweiser Klagerücknahme wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. 2. 2010 (Az.: 2 € 18 O 87/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte bleibt verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Blechschilder unter Verwendung der Abbildung des VW-Käfer, des VW-Bus und/oder der Marken €VW€, €Volkswagen€ und/oder €VW-Logo€ (VW im Kreis) ein- oder auszuführen, zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben, wenn dies geschieht wie in den auf Seite 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 1. 12. 2010 abgebildeten Blechschildern €VW-Kombi€, Artikelnummer 1848343 und €VW Cabriolet€, Artikelnummer 1848364, und wenn die Produkte nicht von der Klägerin oder einem anderen Unternehmen der Volkswagen Gruppe oder mit deren Zustimmung im Inland, in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

2. Die Beklagte bleibt verurteilt, sämtliche in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen, in Ziffer 1. konkret bezeichneten Blechschilder unter Erbringung eines entsprechenden Nachweises zu vernichten.

3. Die Beklagte bleibt verurteilt, sämtliche in Ziffer 1. konkret bezeichneten Blechschilder zurückzurufen.

4. Die Beklagte bleibt verurteilt, der Klägerin unter Vorlage aller entsprechender Belege, also insbesondere durch Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheine, seit Aufnahme der Verletzungshandlung Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gem. Ziffer 1. und zwar unter Angabe von Name und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderen Vorbesitzern, gewerblicher Abnehmer oder Auftraggeber sowie der Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren, sowie über die Herstellungs-, Einkaufs- und Verkaufspreise und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, das nach Kalenderjahren und Vertriebswegen gegliedert ist.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Verletzungshandlungen gem. vorstehender Ziffer 1. entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

6. Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 1.791,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. 8. 2009 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 180.000 €, die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Gründe

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main verwiesen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Die Klägerin ist eine führende europäische Kraftfahrzeugherstellerin. Die Beklagte ist nach eigenen Angaben der weltgrößte Poster- und Printstore und vertreibt unter der Internetadresse www€.de und der dortigen Rubrik €Volkswagen€ Poster, Kunstdrucke, Fotographie-Drucke und Blechschilder, auf denen Fahrzeuge der Klägerin abgebildet sind (Anlage K 2). Die Klägerin geht gegen die Verwendung ihrer bekannten Marken auf zwei Blechschildern vor. Sie zeigen Abbildungen eines Volkswagen € Kombi (VW Bus € Artikel Nr. 1848343) und eines Volkswagen Käfer Cabriolets (Artikel Nr. 1848364), jeweils mit dem Signet der Klägerin (VW im Kreis):

Die Klägerin geht aus mehreren Marken gegen den Vertrieb dieser Blechschilder vor, nämlich aus den Gemeinschaftsmarken €VW€ (Wortmarke Nr. G 1354216), geschützt u. a. für die Klasse 12 (Kraftfahrzeuge), €Volkswagen€ (Wortmarke Nr. G 703702), geschützt u. a. für die Klassen 6 (Kleineisenwaren), 16 (Waren aus Papier, Druckereierzeugnisse), €VW im Kreis€ (Wort-/Bildmarke Nr. G 703983), geschützt u. a. für die Klassen 6, 12 und 16 im vorgenannten Umfang, €Käfer € 3-dimensional€ (Bildmarke G 2069342), geschützt ferner für die Klasse 14 (aus Edelmetallen hergestellte Waren), €Käfer € 3-dimensional€ (Bildmarke G 1985282 und nationale Marke 39650184.2), geschützt für die Klassen 12 und 16 (Werbeartikel, soweit in Klasse 16 enthalten), sowie aus den deutschen Marken €VW Bus € 3-dimensional€ (Bildmarke 30627911.8) geschützt u. a. für die Klassen 12 und 16 (gedrucktes Werbematerial und Reklame) und €Käfer€ (Wortmarke Nr. 851994), geschützt für Kraftfahrzeuge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Registerauszüge (Anlage K 1) verwiesen.

Die Klägerin hat ihre zunächst auf den Vertrieb etc. von Reklametafeln oder Reklameschildern beschränkte Klage damit begründet, es lägen Verstöße gegen Art. 9 lit. a-c Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV), § 14 Abs. 2 MarkenG vor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ist die Unterlassungsklage auf den Vertrieb von Postern, Blechschildern, Kunstdrucken und Fotographiedrucken unter Verwendung der Abbildungen des VW- Bus und des VW-Käfer und/oder der weiteren streitbefangenen Marken erweitert worden.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung, zum Rückruf und zur Vernichtung, zur Auskunftserteilung und Zahlung der Abmahnkosten verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte den durch den Vertrieb der angegriffenen Erzeugnisse entstandenen Schaden ersetzen muss.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung wirft die Beklagte dem Landgericht vor, zu Unrecht von einer markenmäßigen Benutzung ausgegangen zu sein. Die Nostalgieschilder würden vom Verkehr als Erinnerung an eine € durch die Fahrzeuge der Klägerin mitgeprägte - Epoche und nicht als Werbeschilder verstanden. Die Darstellung der Fahrzeuge ebenso wie die Zeichen €VW im Kreis€ und €Volkswagen€ würden rein beschreibend verwendet. Es liege auch keine unlautere Ausnutzung des Rufs der klägerischen Zeichen vor. Das Landgericht habe sich nicht mit den Vorgaben des Bundesgerichtshofs aus der Entscheidung €Opel-Blitz II€ auseinandergesetzt und auch nicht berücksichtigt, dass die Kunstfreiheit gem. Artikel 5 Abs. 3 GG ein Verbot ausschließe.

Die Klägerin hat in der Senatsverhandlung ihren Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen Folgeanträge auf den aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beschränkt und die weitergehende Klage mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht in der Abbildung der Fahrzeuge bzw. der klägerischen Marken auf den Blechschildern eine markenmäßige Benutzung und widerspricht dem Vortrag der Beklagten, der Verkehr erkenne die Motive nur als Referenz an das Lebensgefühl der 60`er und 70`er Jahre. Die Motive spiegeln ihrer Ansicht nach vielmehr den €Kult€ um besondere Fahrzeuge wider, den die Klägerin geschaffen und vermarktet habe. Selbst in den heutigen Tagen verwende die Klägerin den VW-Käfer und den VW-Bus im Wege der Traditionswerbung, um den Absatz aktueller Fahrzeuge zu fördern.

II.

Das Rechtsmittel der Beklagten hat nach teilweiser Klagerücknahme nur noch insoweit Erfolg, als der Klägerin ein geringerer als der vom Landgericht zuerkannte Ersatzbetrag für die ihr entstandenen Abmahnkosten zusteht. Im Übrigen ist die Klage begründet:

1. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, dass sie den Vertrieb, die Ein- und Ausfuhr, die Bewerbung und das Angebot der streitgegenständlichen Blechschilder unter Verletzung der Marken €Volkswagen€, €VW €Logo€ der €Käfer-Bildmarke€ und der €VW-Bus-Bildmarke€ unterlässt. Der Anspruch ergibt sich aus Artt. 98 Abs. 1, 9 Abs. 1 lit c. GMV, §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 3 MarkenG wegen einer Ausbeutung des guten Rufs der bekannten Marken. Die weiteren Tatbestände des Art. 9 Abs. 1 GMV bzw. des § 14 Abs. 2 MarkenG sind nicht erfüllt.

Dazu im Einzelnen:

a) Es liegt kein Fall der Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. a GMV bzw. § 14 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG vor. Zwischen den dreidimensionalen €Käfer-€ und €VW-Bus€ - Bildmarken und der zweidimensionalen Abbildung der Fahrzeuge auf den Blechschildern kann schon keine Zeichenidentität bestehen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Rn 279 zu § 14 MarkenG). Im Übrigen besteht zwischen den für die Wortmarke €Volkswagen€ bzw. Wort-/Bildmarke €VW-Logo€ geschützten Waren und den hier streitgegenständlichen Blechschildern zwar hochgradige Warenähnlichkeit aber keine Warenidentität. Das wird in der Berufungserwiderung von der Klägerin selbst eingeräumt.

b) Der Unterlassungsanspruch lässt sich nicht aus Art. 9 Abs. 1 lit b GMV, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG herleiten, weil es an einer markenmäßigen Benutzung des Zeichens fehlt. Sie ist im Rahmen der Verwechslungsgefahr nur dann zu bejahen, wenn die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH, GRUR 2009, 756 = WRP 2009, 930, Tz. 59 € L`Oreal/Bellure; BGH GRUR 2010, 726 = WRP 2010, 1039, Tz 16 € Opel-Blitz II). Der angesprochene Verkehr müsste aus der Verwendung der den Klagemarken identischen bzw. ähnlichen Abbildung(en) einen Hinweis darauf entnehmen, dass die Blechschilder von der Markeninhaberin, also von VW, oder von einem mit VW wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Das lässt sich aber nicht feststellen:

Das Landgericht hat € wie schon das LG Berlin (MD 2010, 104) - die markenmäßige Benutzung mit der Begründung bejaht, die Schilder könnten nach der Verkehrsauffassung durchaus als Werbemittel für den Absatz der Fahrzeuge der Klägerin oder zur Verfestigung ihres Rufs eingesetzt werden. Der Durchschnittsverbraucher nehme an, dass die Blechschilder selbst vom Hersteller der Waren stammten oder von ihm in Auftrag gegeben worden seien, da die Werbung für die eigenen Produkte eine der originären Tätigkeiten eines Unternehmens darstelle (S. 7/8 des Urteils). Dieser Erwägung will der Senat nicht folgen, weil die Darstellung der Kraftfahrzeuge und der Marken auf den streitbefangenen Schildern als Dekoration der Schilder selbst und nicht als Hinweis auf ein von der Klägerin oder in ihrem Auftrag hergestelltes Werbemittel verstanden wird.

Das ergibt sich zum einen aus der Natur des Mediums €Blechschild€, zum anderen aus deren inhaltlicher Ausgestaltung.

Die Schilder sind wie historische Werbetafeln aus den 50` bzw. 60`er Jahren gestaltet. Sie präsentieren Fahrzeuge, die die Klägerin in dieser Form seit vielen Jahren nicht mehr herstellt. Blechschilder waren ein in den 30`er Jahren des vorigen Jahrhunderts gebräuchliches Werbemittel. Sie werden jedoch heute nicht mehr als solche eingesetzt. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu dem der €Arsenal-Fan-Schal€ - Entscheidung des EuGH zugrundeliegenden Sachverhalt (WRP 2002, 1415, vgl. dort Tz. 56 f.). Es liegt aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eher fern, anzunehmen, dass die Klägerin jetzt (noch) zu Werbezwecken historisch aufgemachte Blechschilder anfertigt oder anfertigen lässt mit Modellen, die seit langer Zeit nicht mehr hergestellt und verkauft werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin € wie andere Automobilhersteller € bei ihrer Imagewerbung auf die hier abgebildeten Fahrzeugmodelle als stil- und zeitprägende Kraftfahrzeuge zurückgreift. Soweit dies geschieht, wie beispielsweise in den Anlagen zur Berufungserwiderung geschehen, wird damit eine für den Verbraucher offenkundige Verbindung zum heutigen Auftreten und zur heutigen Produktpalette der Klägerin geschaffen, was den streitbefangenen Blechschildern €völlig abgeht€.

Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion lässt sich auch nicht damit begründen, dass der angesprochene Verkehr aufgrund der Abbildungen der Fahrzeuge und der Marken annimmt, es bestünden vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien im Sinne einer Lizenzvereinbarung. Sollten die Verbraucher die Vorstellung haben, es handele sich um €VW-Lizenz-Ware€, so knüpft diese Vorstellung nicht an die Ware €Blechschild€ oder gar €Druckereierzeugnis€, sondern an die Ware €Kraftfahrzeug€ an. Dass die Klagemarken teilweise auch für Druckereierzeugnisse eingetragen sind, ist für die lizenzbezogenen Herkunftsvorstellungen des Verkehrs irrelevant (vgl. BGH GRUR 2010, 726, Tz. 24 € Opel-Blitz II). Damit kommt es für die Prüfung der Verwechslungsgefahr darauf an, ob zwischen Blechschildern einerseits und Kraftfahrzeugen andererseits Warenähnlichkeit besteht (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 24, 26). Diese Frage ist zu verneinen.

c) Der Klägerin stehen allerdings Ansprüche auf Unterlassung des Vertriebs, Angebots etc. der Blechschilder wegen einer Ausbeutung des Rufs ihrer bekannten Marken zu. Der Anspruch ergibt sich aus Art. 98 Abs. 1, 1. Alt, Art. 9 Abs. 1 lit. c GMV und bezüglich der Bildmarke €VW-Bus€ aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.

Bei den Klagemarken handelt es sich unstreitig um bekannte Marken. Zeichenähnlichkeit liegt vor. Das gilt auch für die Darstellung des Bildes €VW im Kreis€ im Verhältnis zur Klagemarke Wortzeichen €VW€, denn der Verkehr wird das auf den Blechschildern aufgebrachte Zeichen als Hinweis auf das Unternehmenskennzeichen €VW€ der Klägerin begreifen.

Für einen markenmäßigen Gebrauch des Kollisionszeichens reicht es im Fall des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG aus, dass der Verkehr die Aufmachung der Kennzeichen mit der Klagemarke gedanklich verknüpft (vgl. BGH GRUR 2005, 583, 584 = WRP 2005, 896 € lila Postkarte; Rohnke/ Thiering GRUR 2011, 8, 13). Auch dies ist hier unzweifelhaft, so dass es darauf ankommt, ob durch die Gestaltung der streitbefangenen Schilder die Wertschätzung der Klagemarken ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt wird. Diese Voraussetzung ist hier gegeben:

Nach den Vorgaben in der L`Oreal/Bellure € Entscheidung des EuGH liegt der Unlauterkeitstatbestand der Rufausbeutung vor, wenn sich das angegriffene Zeichen in die Sogwirkung der älteren Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf oder Ansehen zu profitieren. Hierfür ist eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (EuGH GRUR 2009, 756, Tz. 41 ff.). Je unmittelbarer und stärker die Marke von dem Zeichen in Erinnerung gerufen wird, desto größer ist die Gefahr, dass die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausgenutzt wird (EuGH a.a.O., Tz. 44).

Hier sind die Blechschilder so gestaltet, dass die Darstellung der zeichenrechtlich geschützten Fahrzeuge ebenso wie der dort abgebildeten Marken den einzigen Inhalt der Dekoration ausmacht. Der €nostalgische€ Anklang erschöpft sich in der Wiedergabe des damaligen Fahrzeugmodells, ein Bezug zur damaligen Zeitgeschichte wird nicht hergestellt. Für einen Verbraucher können die bekannten Fahrzeugmodelle der Klägerin und eine hierauf bezogene Affinität den einzigen Grund für den Erwerb der Artikel darstellen. Die Klägerin hat dies zwar plakativ aber inhaltlich zutreffend damit umschrieben, dass sich die Beklagte den mit den Fahrzeugen verbundenen €Kult€ zu nutze macht, um den Vertrieb ihrer Blechschilder überhaupt zu ermöglichen. Es geht daher nicht in erster Linie darum, Sympathie mit den KfZ-Modellen oder der damaligen Epoche zu erwecken sondern vielmehr darum, den in den Klagemarken enthaltenen guten Ruf auszunutzen, um überhaupt Kunden mit entsprechendem Affektionsinteresse anzusprechen.

Die Beklagte kann sich nicht auf die Erwägungen des Bundesgerichtshofs berufen, mit denen in der Opel-Blitz II € Entscheidung eine Rufausbeutung abgelehnt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat dort darauf abgestellt, dass wegen der Erwartungen, welche die angesprochenen Verkehrskreise an Modellspielzeug stellen und der darauf beruhenden jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen ein berechtigtes Interesse der Beklagten bestand, das Original-Zeichen der Klägerin als Kühlerbestandteil zu verwenden (BGH GRUR 2010, 726, Tz. 31 € Opel-Blitz II). Hier besteht ein solches berechtigtes Interesse der Beklagten nicht, denn der Beklagten stehen unzählige Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um ihren Blechschildern ein €historisierendes€ und ggf. €sympathiegetragenes€ Bild der damaligen Fahrzeuge der Klägerin zu geben.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf Kunstfreiheit gem. Artikel 5 Abs. 3 GG berufen. Der Kunstfreiheit kann kein Vorrang vor den Eigentumsrechten des Markeninhabers gewährt werden, wenn mit der Zeichenverletzung ausschließlich kommerzielle Zwecke verfolgt werden (BGH GRUR 2005, 583, 585 € lila Postkarte). Letzteres ist hier der Fall, weil eine künstlerische Auseinandersetzung mit den Produkten und Marken der Klägerin nicht stattfindet, sie vielmehr nur zum Aufhänger für den Absatz der eigenen Produkte verwendet werden.

Der Vertrieb der Blechschilder mit gemeinsamer Darstellung der markenrechtlich geschützten Abbildungen der Fahrzeuge und der Marken €Volkswagen€ und €VW im Kreis€ begründet eine Erstbegehungsgefahr für eine den streitbefangenen Blechschildern vergleichbare isolierte Darstellung der Fahrzeuge bzw. der Marken.

2. Im Umfang des Unterlassungsanspruchs stehen der Klägerin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu. Sie ergeben sich aus Art. 98 Abs. 2 GMV, §§ 125 b Nr. 2, 19, 14 Abs. 6 MarkenG. Rückruf- und Vernichtungsansprüche gem. § 18 MarkenG können sich dagegen nur bezogen auf die streitbefangenen Artikel ergeben (BGH GRUR 2006, 504 = WRP 2006 749, Tz. 52 € Parfümtestkäufe). Der weitergehende Antrag ist von der Klägerin zurückgenommen worden.

3. Der Klägerin steht ferner ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten für das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Januar 2008 (Anlage K 6) in Höhe von 1.791,73 € zu (§ 14 Abs. 6 MarkenG). Die mit der Abmahnung verlangte Unterlassungserklärung ging inhaltlich über den berechtigten und zuerkannten Umfang hinaus, was eine Herabsetzung des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zur Folge hat (BGH GRUR 2010, 744 = WRP 2010, 1023, Tz. 52 - Sondernewsletter).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 S. 1 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarzeit und die Schuldnerschutzanordnungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 10.03.2011
Az: 6 U 56/10


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