Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 1. März 2011
Aktenzeichen: 8 A 2861/07

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 01.03.2011, Az.: 8 A 2861/07)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. August 2007 geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 2006 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin,

ihr Auskunft zu erteilen über Namen, Betriebsnummern sowie Anschriften von natürlichen Personen als Einzelemp-fängern, die in den Haushaltsjahren 2002 bis 2004 EU-Agrarsubventionszahlungen in Höhe von 50.000 Euro pro Jahr oder mehr erhalten haben, einschließlich der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel (des "Fördertopfes"),

unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft den Zugang zu Informationen über Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt (insbesondere sogenannte Direktzahlungen an Landwirte sowie Förderungen zur Entwicklung des ländlichen Raums).

Die Klägerin ist Journalistin und befasst sich seit Jahren mit dem europäischen Agrarhaushalt. Sie bat mit Schreiben vom 30. März 2005 das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (heute: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, im Folgenden: Ministerium), gestützt auf das Umweltinformationsgesetz des Bundes vom 22. Dezember 2004 (UIG), hilfsweise gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (IFG NRW), um näher bezeichnete Informationen zu EU-Agrarsubventionen möglichst in elektronischer Form (Jahresabrechnung für die Jahre 2002 bis 2004, Namen und Adressen der Einzelempfänger, die jährlich mehr als 50.000 Euro aus einem oder mehreren Förderprogrammen empfangen haben).

Mit Schreiben vom 19. April 2005 teilte das Ministerium ihr mit, dass die erbetenen Informationen gegen Zahlung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von voraussichtlich 150 Euro zur Verfügung gestellt werden könnten, jedoch hinsichtlich der Einzelempfänger nur in anonymisierter Form. Eine Angabe von Namen, Adressen, Betriebsnummern oder sonstigen personenbezogenen Daten sei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2005 wandte die Klägerin ein, Datenschutzgründe stünden ihrem Begehren nicht entgegen. Bei juristischen Personen oder Personengesellschaften gehe es nicht um den Schutz personenbezogener Daten. Dass sonstige Ausschlussgründe vorlägen, sei nicht dargelegt worden. Im Übrigen überwiege im Ergebnis das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu den Informationen.

Das Ministerium lehnte mit Bescheid vom 16. Januar 2006 den Antrag unter Hinweis auf § 9 Abs. 1 IFG NRW ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Rechtsgrundlagen über die Gewährung von Umweltinformationen seien nicht einschlägig. Der Begriff "Umweltinformationen" sei in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/4/EG definiert. Die erbetenen Daten ließen sich nicht unter diesen Begriff subsumieren. Die Empfänger von EU-Fördergeldern von mehr als 50.000 Euro seien überwiegend natürliche Einzelpersonen. Bei den gewünschten Informationen (Namen, Adresse und Betriebsnummer) handele es sich um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person gemäß § 3 DSG NRW (sog. personenbezogene Daten). Damit sei der Antrag auf Informationsgewährung nach § 9 Abs. 1 IFG NRW abzulehnen. Anders als im Recht der Umweltinformationen kenne das IFG NRW eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe und dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner personenbezogenen Daten nicht.

Die Klägerin hat am 15. Februar 2006 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend gemacht hat: Informationen über landwirtschaftliche Subventionen seien Umweltinformationen. Der Agrar-Sektor sei von der Natur der Sache her unmittelbar mit der Umwelt verbunden; grundsätzlich wirkten sich alle die Landwirtschaft betreffenden Maßnahmen auch auf die Umwelt aus. Zudem beträfen die in Rede stehenden Fördersummen in aller Regel flächenbezogene Maßnahmen und seien als solche immer und unmittelbar umweltrelevant. Die Gewährung von Beihilfen habe einen steuernden Effekt hinsichtlich des Verhaltens des Landwirtes. Diese mittelbare Umweltrelevanz sei ausreichend. Überdies habe die Gemeinschaft beginnend mit der Agrar-Reform 2003 festgelegt, dass verpflichtende Querverbindungen zwischen EU-Direktzahlungen einerseits und Verpflichtungen des Umweltschutzes, des Verbraucherschutzes und des Tierschutzes andererseits herzustellen seien ("cross compliance"). Danach würden Zahlungen an die Erfüllung bestimmter überwiegend umweltrelevanter Maßnahmen gebunden.

Was die Frage der personenbezogenen Daten angehe, sei das Ministerium verpflichtet, die Liste von Einzelempfängern durchzugehen und jeweils zu ermitteln, ob das Informationsbegehren geschützte personenbezogene Daten betreffe. Dies ergebe sich zwangsläufig aus der Systematik der Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformationsrichtlinie). Nur für solche Empfänger, die natürliche Personen seien, komme der Ausnahmegrund des Datenschutzes überhaupt in Betracht. Bei Ein-Mann-Unternehmen könne der Schutz personenbezogener Daten nur greifen, wenn die Preisgabe der Daten nicht nur das Unternehmen als Rechtssubjekt betreffe, sondern auch in die Privatsphäre des Unternehmers einwirke. Genau dieser Durchgriff in die Privatsphäre sei aber bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht gegeben. Es stehe nicht der Schutz der Persönlichkeit, sondern allenfalls der Schutz geschäftlicher Interessen im Raum. Ein Wettbewerbselement sei bei der Subventionsvergabe schon vom Grundsatz her nicht erkennbar, weil bei der Erfüllung der einschlägigen tatbestandlichen Voraussetzungen jede Person des Wirtschaftslebens Anspruch auf eine gleiche Subvention erheben könne. Daher könne die Verbreitung der Information, dass eine Person eine Subvention erhalten habe, keinen Schaden anrichten. Einen solchen habe der Beklagte auch nicht im Ansatz dargetan. Schließlich liefen auf EU-Ebene Bestrebungen mit dem Ziel, die Veröffentlichung der Begünstigten und der erhaltenen Finanzhilfen gesetzlich festzuschreiben.

An der Offenlegung der begehrten Informationen bestehe ein öffentliches Interesse, weil es bei der Subventionsvergabe um die Vergabe öffentlicher Mittel gehe, hinsichtlich derer die Öffentlichkeit ein originäres Kontrollrecht habe, das aber ohne Zugang zu den relevanten Informationen nicht ausgeübt werden könne.

Auch bei der Anwendung des IFG NRW bestünden keine entgegenstehenden Ausnahmegründe. Gehe man von der Weitergabe personenbezogener Daten aus, so sei der Anspruch nicht nach § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen, da es eine gesetzliche Erlaubnis zur Weitergabe im Datenschutzrecht gebe (§ 9 Abs. 1 Buchst. b) IFG NRW, § 16 Abs. 1 Buchst. d) DSG NRW).

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16. Januar 2006 zu verpflichten, ihr Auskunft zu erteilen über Namen, Betriebsnummern sowie Anschriften von Einzelempfängern als natürlichen Personen, die im Zeitraum 2002 bis 2004 pro EU-Haushaltsjahr Beihilfen in Höhe von 50.000 Euro oder mehr erhalten haben, einschließlich der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel ("des Fördertopfes").

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Bei den fraglichen Informationen handele es sich nicht um Umweltinformationen i.S. des Art. 2 Nr. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2003/4 EG. Die Agrar-Förderung im angefragten Umfang stelle keine Maßnahme oder Tätigkeit zum Schutz der Umweltbestandteile und faktoren dar. Vielmehr gehe es um Stützungsregelungen zur Gewährleistung eines besseren Marktgleichgewichtes. Die Agrarbeihilfen dienten dem Ziel, die durch die Senkung institutioneller Preise entstehenden Einkommenseinbußen durch eine Ausgleichszahlung an die Erzeuger auszugleichen. Sie verfolgten daher weder unmittelbar noch mittelbar eine umweltschützende Zielsetzung i.S. der genannten Vorschrift. Es handele sich bei den Agrarsubventionen auch nicht um Maßnahmen, die sich i.S. der 1. Alternative des Art. 2 Nr. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2003/4/EG auf die Umweltbestandteile und -faktoren auswirkten oder wahrscheinlich auswirkten. Bei Anwendung eines umfassenden Kausalitätsbegriffes wäre jede die Landwirtschaft betreffende Maßnahme "umweltkausal". Nach Sinn und Zweck der Vorschrift müsse aber zwischen der Maßnahme und der Auswirkung auf die Umwelt eine vorhersehbare Beziehung bestehen, zumindest eine konkrete Umweltrelevanz erkennbar sein. Dies wäre der Fall, wenn aus der Maßnahme selbst auf bestimmte konkrete Umweltauswirkungen geschlossen werden könne, wie z.B. bei Maßnahmen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben sei. Vorliegend könnten Umweltauswirkungen jedoch erst durch weitere Entscheidungen und Maßnahmen der geförderten Betriebe eintreten; diese seien weder intendiert noch vorhersehbar. Die von der Klägerin vorgetragenen Erwägungen zur sog. crosscompliance im Rahmen der neuen gemeinsamen Agrarpolitik rechtfertigten keine andere Beurteilung. Denn diese Regelungen seien erst seit dem 1. Januar 2005 gültig und erfassten damit nicht den Zeitraum der von der Klägerin erbetenen Informationen.

Der geltend gemachte Anspruch könne auch nicht auf § 4 Abs. 1 IFG NRW gestützt werden, da § 9 Abs. 1 IFG NRW der Gewährung der erbetenen Informationen entgegenstehe. Die Klägerin habe ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen i.S. des § 9 Abs. 1 Buchst. e) IFG NRW nicht geltend gemacht. Die vom Beklagten in Aussicht gestellte Informationsgewährung unter Schwärzung der personenbezogenen Daten habe die Klägerin abgelehnt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2007 hat das Ministerium sich bereit erklärt, der Klägerin die Daten der in den vorliegenden Listen als juristische Personen erkennbaren Betriebe zukommen zu lassen. Im Nachgang zu der mündlichen Verhandlung wurden der Klägerin die zuvor genannten Empfänger (einschließlich der Personengesellschaften) mitgeteilt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Informationserteilung in dem von ihr begehrten Umfang. Der Anspruch ergebe sich zunächst nicht aus den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes NRW, da es sich bei den begehrten Informationen soweit man überhaupt die ohne Weiteres abtrennbaren personenbezogenen Merkmale der Förderungsempfänger (Namen, Betriebsnummer und Anschrift) als Bestandteil der nach Auffassung der Klägerin umweltrelevanten Maßnahme ansähe nicht um Umweltinformationen i.S. des § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG (Bund) handele.

Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem IFG NRW, weil § 9 IFG NRW als Ausschlussgrund eingreife. Bei den gewünschten Informationen handele es sich um personenbezogene Daten i.S.d. § 3 Abs. 1 DSG NRW. Eine Einwilligung in die Offenbarung dieser Daten liege seitens der Empfänger der Fördermittel nicht vor. Dies habe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW zur Folge, dass das Ministerium gehalten gewesen sei zu prüfen, ob dem Antrag auf Informationszugang nach Abtrennung oder Schwärzung der personenbezogenen Daten stattgegeben werden könne. Da die Schwärzung hier ohne Weiteres möglich sei, habe der Beklagte sich bereit erklärt, Einsichtnahme in die geschwärzten Unterlagen zu gewähren. Auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Buchst. b) oder e) IFG NRW lägen nicht vor. Unerheblich seien schließlich die Ausführungen der Klägerin zu den sogenannten crosscompliance-Regelungen, weil diese erst ab dem 1. Januar 2005 wirksam seien. Für bereits abgeschlossene Fördervorgänge entfalte diese Neuregelung keine Rückwirkung.

Die Klägerin begründet ihre - vom Senat zugelassene - Berufung wie folgt:

Informationen über Agrarsubventionen seien Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG (Bund). Gegenstand der gemeinsamen Agrarpolitik sei die Marktsteuerung im Agrarbereich, d.h. die Beeinflussung landwirtschaftlicher Tätigkeiten in einem umfassenden Sinne. Das Spektrum der zugehörigen Maßnahmen werde in § 6 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG) beschrieben. Es umfasse z.B. Ausfuhr- und Produktionserstattungen, Übergangsvergütungen, Denaturierungs- und Nichtvermarktungsprämien, Vergütungen für die Aufgabe der Produktion etc. Für die Direktzahlungen sei auf die Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik hinzuweisen. Landwirtschaftliche Tätigkeit, insbesondere solche, die von Agrarsubventionen betroffen sei, stelle stets eine Tätigkeit der Urproduktion dar, also der Erzeugung von Naturprodukten (Pflanzen, Tiere). Subventionen hätten auf diese landwirtschaftlichen Tätigkeiten teilweise wenn die Subvention unmittelbar auf den Umweltschutz ziele direkte, teilweise mittelbare Auswirkungen, weil die Vergabe der Subventionen zu Änderungen im landwirtschaftlichen Produktionsverhalten führe. Auch beeinflusse die Subventionierung die Absatzmöglichkeiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse und habe damit ebenfalls mittelbar Auswirkungen auf Umweltbestandteile und faktoren gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UIG (Bund). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Trennung der Angabe personenbezogener Daten von den Informationen über die Subvention selber sei widersinnig. Würde man diesen Standpunkt konsequent zu Ende denken, bedürfe es keinerlei Regeln mehr zum Schutz privater Interessen im Umweltinformationsrecht.

Es sei widersprüchlich, dass das Ministerium hinsichtlich der juristischen Personen die begehrten Informationen ohne vorherige Anhörung herausgegeben habe, dies aber bei natürlichen Personen zwingend für erforderlich halte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. August 2007 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW vom 16. Januar 2006 zu verpflichten, ihr Auskunft zu erteilen über Namen, Betriebsnummern sowie Anschriften von Einzelempfängern als natürlichen Personen, die im Zeitraum 2002 bis 2004 EU-Agrarsubventionszahlungen in Höhe von 50.000 Euro pro Haushaltsjahr oder mehr erhalten haben, einschließlich der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel (des "Fördertopfes").

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückweisen.

Der Beklagte hält daran fest, dass es sich bei den begehrten Angaben nicht um Umweltinformationen handele, da ihnen von vornherein jeglicher umweltspezifischer Aussagegehalt fehle. Stattdessen gehe es allein um die ökonomische Bedeutung der Daten. Dies wisse auch die Klägerin, die gerade wegen solcher Gesichtspunkte ein Interesse an diesen Daten habe, wie sich an ihrer Veröffentlichung in der Zeitschrift "Stern" vom 8. November 2007 zeige. Es bestehe auch kein untrennbarer Zusammenhang zwischen den personenbezogenen Daten und den Fördermaßnahmen. Auch ansonsten beziehe sich der Informationsanspruch stets nur auf diejenigen Teile eines Verwaltungsvorganges, der umweltrelevante Informationen enthalte.

Selbst wenn man aber von einer untrennbaren Verbindung ausginge, liege keine Umweltinformation vor. Die Variante des § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b) UIG (Bund) scheide bereits deshalb aus, weil durch die Agrarsubventionen nicht vorrangig der Schutz der Umwelt bezweckt werde. Die Förderung erfolge vor allem im Interesse der Marktordnung und Einkommensstützung. Es handele sich um Zahlungen, die die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger zum Ziele hätten. Darüber hinaus sei auch § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a) UIG (Bund) nicht erfüllt. Die Agrarsubventionen wirkten sich weder auf Umweltbestandteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (Bund) oder auf Faktoren im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG (Bund) aus, noch sei eine entsprechende Auswirkung wahrscheinlich. Zwar sei nach dem Wortlaut lediglich eine allgemeine "Umweltkausalität" Voraussetzung für das Vorliegen von Umweltinformationen. Auch sei der Begriff der Umweltinformation nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weit auszulegen, so dass nicht zwischen unmittelbaren und nur mittelbaren Auswirkungen auf die Umwelt unterschieden werden dürfe. Dennoch müsse nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch hier eine Eingrenzung des Anwendungsbereiches erfolgen, da sich ansonsten bei nahezu jeder Information ein irgendwie gearteter Umweltbezug begründen ließe. Ziel des Umweltinformationsgesetzes sei es, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksame Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und auf diese Weise den Umweltschutz zu verbessern, nicht jedoch ein Zugangsrecht zu allen auch nur im Entferntesten mit der Umwelt in Bezug stehenden Informationen zu schaffen. Dass die danach erforderliche Umweltkausalität bei den hier in Rede stehenden Agrarsubventionen nicht gegeben sei, zeige sich auch an der Kritik der Umweltschutzorganisationen, die eine Strukturreform der Agrarsubventionen forderten weg von Zahlungen, die sich allein an der Hektargröße eines Betriebes orientieren, und hin zu einer Förderung konkreter ökologischer und regionalwirtschaftlicher Leistungen. Auch aus der Höhe der Agrarsubventionen ergebe sich kein Aufschluss über die Art der landwirtschaftlichen Nutzung, die letztlich allein vom Willen des Subventionsempfängers abhänge.

Der Klägerin stehe auch kein Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW zu. Dem Anspruch stehe der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 1 IFG NRW entgegen. Die Offenbarung personenbezogener Daten sei insbesondere nicht im Sinne von § 9 Abs. 1 Buchst. b) IFG NRW durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erlaubt. Darüber hinaus könne die Klägerin auch kein überwiegendes rechtliches Interesse an der Herausgabe der personenbezogenen Daten i.S.v. § 9 Abs. 1 Buchst. e) IFG NRW geltend machen. Dem Informationsinteresse der Klägerin stünden schutzwürdige, private Interessen der Förderungsempfänger entgegen. Die Interessen der Klägerin würden insbesondere deshalb nicht überwiegen, weil die Berichterstattung über Agrarsubventionen auch bei fehlender Offenlegung der streitgegenständlichen Daten nicht im geringsten beeinträchtigt würde.

Dem berechtigten Interesse an einer Geheimhaltung von Daten aus den Jahren 2002 bis 2004 könne auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass mittlerweile in der Bundesrepublik Deutschland die Europäische Transparenzinitiative umgesetzt und nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Veröffentlichung von Informationen über die Zahlung von Mitteln aus den Europäischen Fonds für Landwirtschaft und Fischerei (Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetz AFIG vom 26. Dezember 2008) Informationen über die Empfänger von EU-Agrarfördermitteln auf der Internetseite www.agrarfischereizahlungen.de veröffentlicht werden. Insoweit sei nämlich zu berücksichtigen, dass durch die Vorgaben in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 sichergestellt sei, dass Empfänger von Agrarsubventionen zum Zeitpunkt der Beantragung oder zum Zeitpunkt der Erhebung der betreffenden Daten über die Veröffentlichung informiert würden. Auf diese Weise erhielten die Empfänger die Möglichkeit, eine freie Entscheidung darüber zu treffen, ob sie an einer Beantragung von Subventionsmitteln die nunmehr an das Einverständnis zur Veröffentlichung geknüpft sei festhalten wollen. Eine derart freie Entscheidungsmöglichkeit habe aber für Agrarsubventionsempfänger in den Jahren 2002 bis 2004 nicht bestanden. Gebe man dem Informationsbegehren der Klägerin statt, würden die neu geschaffenen gesetzlichen Grundlagen rückwirkend zu Lasten der Betroffenen unterlaufen.

Erstmals mit Schriftsatz vom 22. Februar 2011 hat der Beklagte geltend gemacht, die Zusammenstellung der von der Klägerin gewünschten Informationen sei bei weit über 250.000 Datensätzen mit einem "sehr erheblichen Zeitaufwand" verbunden. Entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben enthielten die Datensätze keine Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen. Auch aus den Namen der Empfänger sei grundsätzlich nicht erkennbar, ob es sich um eine juristische oder eine natürliche Person handele. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte diesen Vortrag präzisiert: In den vom Klageantrag erfassten Haushaltsjahren (2002 bis 2004) hätten die Empfänger insoweit nicht immer hinreichend vollständige Angaben gemacht, zum Teil hätten die Zahlstellen die Listen nicht immer genau geführt. Damals sei die Unterscheidung auch nicht notwendig gewesen. Erst im Hinblick auf die spätere Veröffentlichungspflicht und das EuGH-Urteil vom 9. November 2010 C-92/09 und C-93/09 werde es jetzt erforderlich, genau zu differenzieren. Deshalb müssten die Daten, um dem Begehren der Klägerin zu entsprechen, von Hand überprüft werden.

Der Senat hatte im Hinblick auf die beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren C-92/09 und C-93/09 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und das Verfahren nach Ergehen des Urteils vom 9. November 2010 wieder aufgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Ministeriums.

Gründe

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat nur zum Teil Erfolg. Die Klägerin hat gegenwärtig lediglich einen Anspruch darauf, dass über ihren Antrag auf Auskunft über Namen, Betriebsnummern sowie Anschriften von natürlichen Personen, die in den Haushaltsjahren 2002 bis 2004 als Einzelempfänger EU-Agrarsubventionszahlungen in Höhe von 50.000 Euro pro Jahr oder mehr erhalten haben, einschließlich der Angabe der Höhe der Fördersumme und der Herkunft der Mittel (des "Fördertopfes"), neu entschieden wird.

Dieser Anspruch ergibt sich aus § 2 Sätze 1 und 3 des Umweltinformationsgesetzes Nordrhein-Westfalen (UIG NRW) vom 29. März 2007 (GV. NRW. 2007, 142) i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 des Umweltinformationsgesetzes des Bundes [UIG (Bund)] vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I, 3704), auf das das nordrheinwestfälische Gesetz verweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG (Bund) hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Bei den begehrten Informationen handelt es sich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Satz 3 UIG NRW i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG (Bund) (1). Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen ist eine informationspflichtige Stelle i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 UIG NRW und verfügt auch über die fraglichen Informationen (2). Dem Anspruch steht aber möglicherweise ein Ablehnungsgrund nach § 2 Satz 3 UIG NRW, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG (Bund) entgegen (Schutz personenbezogener Daten); insoweit ist die Sache nicht spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, so dass der Beklagte nur zur Neubescheidung verpflichtet werden kann (3).

1. Bei den von der Klägerin gewünschten Angaben über Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt handelt es sich um Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG (Bund). Der Begriff der Umweltinformationen ist - insbesondere nach der Neufassung des Umweltinformationsgesetzes des Bundes - weit auszulegen (a). Hiervon ausgehend sind Informationen über Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt regelmäßig Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund) (b).

a) § 2 Abs. 3 UIG (Bund) in der aktuellen Fassung lautet:

"Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über

1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken;

3. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die

a) sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder

b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme;..."

Demgegenüber hatte § 3 Abs. 2 UIG (Bund) a.F. (Umweltinformationsgesetz vom 8. Juli 1994, BGBl. I, 1490; i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. August 2001, BGBl. I, 2218) folgenden Wortlaut:

"Informationen über die Umwelt sind alle in Schrift, Bild oder auf sonstigen Informationsträgern vorliegenden Daten über

1. den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume,

2. Tätigkeiten, einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen, oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und

3. Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz."

Die Neufassung erfolgte durch das Gesetz zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes und zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I, 3704). Der Gesetzgeber wollte sich bei dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 UIG (Begriff der Umweltinformation) ausdrücklich eng an die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, 26) anlehnen, deren Begriffsbestimmung gegenüber der ursprünglichen Fassung in der Richtlinie 90/313/EWG vom 7. Juni 1990 (ABl. L 158, 56) "umfassender definiert" sei.

BT-Drucks. 15/3406, S. 11 und 14 f.

Die EU-Kommission hatte dies mit den Versuchen der Mitgliedstaaten begründet, den Begriff einengend auszulegen: Zwar habe bereits die Richtlinie 90/313/EWG eine weit gefasste Definition des Begriffs "Informationen über die Umwelt" enthalten, doch scheine aufgrund der gewonnenen Erfahrungen eine umfassendere und ausdrücklichere Begriffsbestimmung zweckmäßig, um bestimmte Kategorien umweltbezogener Informationen zu erfassen, die infolge einer engen Auslegung vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen wurden.

KOM (2000) 402 endgültig, S. 10.

Dass die Richtlinie 2003/4/EG von einem weiteren Begriffsverständnis ausgeht, zeigt sich auch an deren Erwägungsgrund Nr. 1, wonach der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen dazu beitragen, das Umweltbewusstsein zu schärfen und so letztlich den Umweltschutz zu verbessern, sowie insbesondere an Erwägungsgrund Nr. 10, wonach die Bestimmung des Begriffs "Umweltinformationen" dahingehend präzisiert werden sollte, "dass Informationen jeder Form (...) erfasst werden...".

In Übereinstimmung mit diesem weiten Begriffsverständnis ist auch der Begriff der Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 UIG (Bund) weit auszulegen.

BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, BVerwGE 130, 223; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2008 - 12 B 23.07 -, juris Rn. 44; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Teil II Nr. 3, Stand: März 2010, § 2 UIG Rn. 31; vgl. auch bereits zu § 3 Abs. 2 UIG (Bund) a.F.: BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 7 C 21.98 -, BVerwGE 108, 369 = juris Rn. 27.

Schon in Bezug auf § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG (Bund) a.F. (Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche) hatte das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass nicht unterschieden wird zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen. Diese Auffassung hat es für § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund) n.F. wiederholt. Das Kriterium hat keinen Eingang in die Umweltinformationsrichtlinie(n) gefunden und ist deshalb zur Abgrenzung einer Umweltinformation von anderen, einem Antragsteller nicht zustehenden Informationen in der Sache untauglich.

BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, BVerwGE 130, 223 = juris Rn. 13 (zu § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG n.F.); BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, BVerwGE 108, 369 = juris Rn. 28 (zu § 3 Abs. 2 UIG a.F.).

Auch das in § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG (Bund) enthaltene Begriffspaar "Maßnahmen oder Tätigkeiten" wird weit verstanden; es soll alle menschlichen Tätigkeiten erfassen. Für § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund) (Auswirkungen auf Umweltbestandteile oder Faktoren) ist ein potentieller Wirkungszusammenhang ausreichend; er muss allerdings hinreichend wahrscheinlich sein.

Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 44; Fluck/ Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Loseblattkommentar, Stand: Mai 2010, Teil A III, § 2 UIG Rn. 311 f.

Hinsichtlich § 2 Abs. 3 Nr. 3b UIG (Bund) (Schutz von Umweltbestandteilen) muss der Schutz der Umweltmedien der Zweck - wenn auch nicht der Hauptzweck - der Maßnahme sein. Erfasst werden unmittelbar wie mittelbar den Umweltschutz fördernde Aktivitäten. Erforderlich ist auch hier lediglich eine hinreichend enge Beziehung zwischen der jeweiligen Tätigkeit oder Maßnahme und dem angestrebten Erfolg für die Umwelt.

Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 45; Fluck/ Theuer, a. a. O., § 2 UIG Rn. 335; Schomerus/ Schrader/Wagner, UIG, Handkommentar, 2. Aufl. 2002, § 3 UIG a.F. Rn. 136.

Auf der anderen Seite besteht allerdings Einigkeit darüber, dass weder die alte noch die neue Umweltinformationsrichtlinie - und damit auch § 2 Abs. 3 UIG (Bund) - bezwecken, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen. Vielmehr fallen Informationen nur dann unter das Zugangsrecht, wenn sie zu einer oder mehreren der in der Richtlinie angegebenen Kategorien gehören.

Vgl. nur EuGH, Urteil vom 12. Juni 2003 C316/01 (Glawischnig) -, juris Rn. 25 (zur Richtlinie 90/313/EWG); Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 14. Oktober 2010 im Verfahren C-524/09 (Ville de Lyon), juris Rn. 29, und im Verfahren C-266/09 (Stichting Natuur en Milieu), juris Rn. 44.

Liegt eine Maßnahme oder Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG vor, stellen alle damit im Zusammenhang stehenden Daten Umweltinformationen dar; dies ist nicht gesondert für jede einzelne Angabe festzustellen.

BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, NVwZ 2010, 189 = juris Rn. 32.

Umweltinformationen können auch in der Vergangenheit liegende Sachverhalte betreffen.

OVG Rh. -Pf., Urteil vom 2. Juni 2006 - 8 A 10267/06 -, NVwZ 2007, 351 = juris Rn. 34 ff.; Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 43.

b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei Informationen über in der Vergangenheit liegende Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt einschließlich näherer Angaben über Fördersumme und -empfänger regelmäßig um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund).

So im Ergebnis auch die ganz überwiegende Auffassung in Rspr. und Literatur, vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 27. April 2009 - 16 B 539/09 -, juris Rn. 61; VG Köln, Urteil vom 25. November 2008 - 13 K 4705/06 -, juris Rn. 19; VG Schl.-H., Urteil vom 29. November 2007 12 A 37/06 -, juris Rn. 29; VG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 2008 - 13 K 1173/07 -, ZUR 2008, 600 = juris Rn. 28; Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 44 und 45; Schomerus/ Schrader/ Wagner, a. a. O., § 3 UIG a.F. Rn. 136; Schmidt/Würn, NuR 2008, 770 (771).

Maßnahmen im Sinne der Vorschrift sind die Zahlungen, die das Ministerium in den vom Klageantrag erfassten Haushaltsjahren (2002 bis 2004) als sogenannte Zahlstelle bestimmten Empfängern auf deren Antrag hin im Rahmen der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aus dem EU-Agrarhaushalt geleistet hat (aa). Ausgehend von den Wirkungen und dem Zweck derartiger Zahlungen besteht jedenfalls ein hinreichend wahrscheinlicher potentieller Wirkungszusammenhang im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund). Die Zahlungen wirken sich wahrscheinlich auf die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (Bund) genannten Umweltbestandteile aus (bb).

aa) Im vorliegenden Verfahren geht es vor allem um sogenannte Direktzahlungen sowie um Förderungen zur Entwicklung des ländlichen Raums, die in den Haushaltsjahren 2002 bis 2004 im Rahmen der GAP aus dem EU-Agrarhaushalt geleistet worden sind.

Vgl. hierzu Verordnung (EG) Nr. 1251/99 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 160, 1) sowie Verordnung (EG) des Rates Nr. 1257/99 vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen (ABl. L 160, 80).

Die GAP ist die einzige ausschließlich auf Unionsebene geführte Politik; sie macht knapp die Hälfte des gesamten EU-Haushalts aus. Der nachfolgende Überblick über die Entwicklung der GAP zeigt, dass sie von Anfang an maßgeblich die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft mitbestimmt und sich dadurch - mittelbar - auf die Umweltbestandteile i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (Bund) ausgewirkt hat. U.a. wegen dieser Umweltauswirkungen kam es ab 2005 zu einer grundlegenden Reform der GAP; spätestens seitdem verfolgt die GAP mit den sog. crosscompliance-Regelungen auch gezielt Umweltschutzzwecke. Die mit der Reform der GAP ab 2005 verfolgten Umweltziele belegen, dass die Agrarsubventionen sich bereits zuvor - zum Teil negativ - auf die Umwelt ausgewirkt haben, auch wenn überwiegend der Einfluss auf die Umwelt noch nicht bewusst berücksichtigt wurde.

Die bereits im EWG-Vertrag von 1957 vor dem Hintergrund der damaligen Versorgungslage formulierten Ziele der GAP sind auch durch den Lissabon-Vertrag unverändert geblieben und beanspruchen weiterhin Gültigkeit. Die GAP soll die Produktivität der Landwirtschaft steigern, auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung gewährleisten, die Märkte stabilisieren, die Versorgung sicherstellen und für angemessene Verbraucherpreise sorgen (vgl. Art. 33 EGV, entspricht jetzt Art. 39 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEU-Vertrag). Die Gemeinschaftsorgane verfolgen bei der Gestaltung der GAP aber über die vorgenannten Ziele hinaus regelmäßig weitere Ziele der Gemeinschaft, etwa den Verbraucherschutz, die Gesundheit sowie den Umweltschutz; gerade zur Umweltschutzpolitik der EU weist die GAP besonders enge Bezüge auf.

Bittner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 33 EGV Rn. 2, 3; Art. 37 EGV Rn. 17 mit zahlreichen Beispielen; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. September 2002 C336/00 -, juris Leitsatz 1 (zur Förderung umweltfreundlicherer Produktionsformen).

Während in den 1950er Jahren wegen der damaligen Ernährungssituation die Versorgungssicherheit im Vordergrund stand, verlagerte sich das Schwergewicht ab 2000 auf die Entwicklung des ländlichen Raums unter Einbeziehung umwelt-, regional- und sozialpolitischer Gesichtspunkte.

Kopp, in: Streinz, EUV/EGV. Kommentar, 2003, Art. 33 EGV Rn. 9; Bittner, a. a. O., Art. 33 EGV Rn. 6. Hakenberg, Europarecht, 5. Auflage 2010, S. 147 ff.

Bereits durch die Agrarreform von 1992 erfolgte ein grundlegender Systemwechsel in der GAP. Der Agrarrat beschloss, für die wichtigsten Erzeugnisse die bisherige Preisstützung durch staatliche Ankaufsgarantien, Prämien oder Erzeugerbeihilfen schrittweise zu reduzieren und durch an die Produktion gekoppelte direkte Einkommensbeihilfen (Hektarbeihilfen, Tierprämien) zu ersetzen. Mit den Luxemburger Agrarratsbeschlüssen vom Juni 2003 erfolgte nochmals eine umfassende Neuausrichtung. Kernelemente dieser ab 2005 umgesetzten Reform waren:

Produktionsunabhängige einzelbetriebliche Zahlungen (sogen. Entkopplung; Einführung der Betriebsprämie) mit der Folge, dass die Landwirte in ihrer Entscheidung, was sie produzieren wollten, freier wurden (keine Förderungsbeschränkung mehr auf bestimmte Produkte wie etwa Winterweizen oder Raps); Verknüpfung der Zahlungen mit der Einhaltung bestimmter Umwelt-, Tierschutz- und Lebensmittelsicherheitsstandards; insbesondere Pflicht zur Erhaltung der bewirtschafteten Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand ("cross compliance"); keine Abhängigkeit der Höhe der Direktzahlungen von der aktuellen Produktionsstruktur, vielmehr Orientierung an den in der Vergangenheit während einer Referenzperiode empfangenen Zahlungen; Kürzung der Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe um bis zu 5 % und Umschichtung der daraus gewonnenen Mittel zur Finanzierung einer verstärkten Förderung des ländlichen Raums ("Modulation").

Vgl. VO (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung - näher bezeichneter - Verordnungen, ABl. L 270, 1; ausführlich zu der Reform, die in Deutschland durch das Gesetz zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 21. Juli 2004 (BGBl I, 1763) umgesetzt worden ist: Busse, in: Schulze/Zuleeg/ Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 25 (Agrarrecht) Rn. 104 ff.

Der enge Bezug zur europäischen Umweltpolitik wird im Kommissionsvorschlag für die neue Verordnung deutlich, in dem es ausdrücklich heißt: "Die Kommission wird überprüfen, wieweit die ländliche Entwicklungspolitik einen Beitrag zu den Zielen der nachhaltigen Entwicklung, insbesondere in Bezug auf die Biodiversität und die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EC (i.e. die Habitat-Richtlinie) leistet."

KOM(2003) 23 endg., S. 14.

Dementsprechend hebt die Kommission in ihrer Presseerklärung vom 22. Januar 2003 hervor, dass die "umweltschädlichen Anreize" der früheren Agrarpolitik im Rahmen der Reform beseitigt werden sollen und nachhaltigere landwirtschaftliche Produktionsweisen noch stärker gefördert werden sollen.

http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction (IP/03/99).

Gegenwärtig ist eine intensive Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung der GAP im Gange. Die Kommission hat in ihrer Mitteilung "Die GAP bis 2010: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete - die zukünftigen Herausforderungen" hierzu dargelegt, dass die GAP künftig (noch) stärker Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen einbeziehen will (ökologische Zielsetzung). Wörtlich heißt es:

"Eine Einstellung der öffentlichen Förderung würde zu einer stärkeren Konzentration der landwirtschaftlichen Erzeugung in einigen Gebieten mit besonders günstigen Bedingungen und intensiveren landwirtschaftlicheren Praktiken führen, während die weniger wettbewerbsfähigen Gebiete von Marginalisierung und Landaufgabe bedroht wären. Solche Entwicklungen hätten zunehmende Umweltbelastungen und die Verschlechterung von wertvollen Lebensräumen zur Folge mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen einschließlich einer irreversiblen Beeinträchtigung des landwirtschaftlichen Produktionspotentials in Europa."

KOM(2010) 672 endg., S. 4 f.

Unterschieden wird zwischen marktbezogenen Ausgaben und Direktzahlungen (sog. 1. Säule der GAP) und Mitteln für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes (sog. 2. Säule der EU-Agrarpolitik). Die Ausgaben der beiden Säulen werden aus zwei Fonds finanziert, für die mit der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 209,1) ein einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen wurde und die Teil des Gesamthaushaltsplans der EU sind: Der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) finanziert die Direktzahlungen an die Landwirte, Ausfuhrerstattungen und Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte, Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, veterinär- und phytosanitäre Maßnahmen sowie Ausgaben für die Fischereimärkte. Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) unterstützt im Wege der Kofinanzierung die Förderprogramme der Mitgliedstaaten, die dazu eigene Finanzmittel einsetzen müssen.

Die Zuweisung und Verausgabung der Finanzmittel für die GAP erfolgen in einer sog. geteilten Mittelverwaltung. Für die Durchführung der GAP und damit auch für die an die Begünstigten zu leistenden Zahlungen sind die Mitgliedstaaten zuständig. Die von den Zahlstellen getätigten Ausgaben erstattet die Kommission den Mitgliedstaaten im Nachhinein.

Vgl. Bittner, a. a. O., Art. 34 EGV Rn. 79 ff.; Busse, a. a. O., § 25 (Agrarrecht) Rn. 49 ff.

bb) Aus dem vorstehenden Überblick über Entwicklung, Mittel und Ziele der EU-Agrarpolitik folgt, dass Informationen über die aus dem EU-Agrarhaushalt durch die Zahlstellen der Mitgliedstaaten gewährten Agrarsubventionen Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 UIG (Bund) sind. Jedenfalls seit Inkrafttreten der Agrarreformen des Jahres 2005 ergibt sich dies ohne weiteres aus § 2 Abs. 3 Nr. 3b UIG (Bund), weil sämtliche derartigen Zahlungen - wie die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt haben - zumindest auch den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken. Ob und hinsichtlich welcher Fördermaßnahmen eine derartige Zwecksetzung auch schon für davor liegende Zeiträume - auf die sich das hier streitbefangene Auskunftsbegehren bezieht - existierte, bedarf hier keiner Klärung. Insoweit sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund) erfüllt. Informationen über Agrarsubventionen sind Umweltinformationen, weil ein hinreichend wahrscheinlicher potentieller Wirkungszusammenhang zwischen gewährten Agrarsubventionen und dem Zustand von Umweltbestandteilen objektiv auch dann besteht, wenn die Umweltauswirkungen subjektiv nicht bezweckt oder - bei negativen Auswirkungen - nicht oder nicht so bedacht worden sind.

Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt haben deshalb Auswirkungen auf die Umwelt, weil letztlich sämtliche Zahlungen an bestimmte landwirtschaftliche Aktivitäten anknüpfen. Gerade Landwirte, die mit den Fördermaßnahmen unterstützt werden sollen, übernehmen als hauptsächliche Landnutzer eine besondere Verantwortung für den Erhalt von Natur und Umwelt, denn sie bewirtschaften und pflegen einen Großteil der Landesfläche.

Vgl. näher unter www.agrarfischereizahlungen.de.

Die Agrarwirtschaft nimmt regelmäßig Einfluss auf die natürlichen Ressourcen der Umwelt. Die Umweltbestandteile, insbesondere der Boden und das Wasser, sind das "Grundkapital" der Berufsausübung. Die Gewinnung materieller Güter erfolgt unmittelbar aus der Natur ("Urproduktion"). Darüber hinaus können die Zahlungen - je nach Art der Subvention - verschiedene weitere mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt und ihre Bestandteile haben, etwa im Falle von Flächenstilllegungen oder bei Extensivierungsprämien.

Diese Einschätzung wird durch die bereits oben erwähnte Presseerklärung der Kommission vom 22. Januar 2003 bestätigt, dass gerade die "umweltschädlichen Anreize" der früheren Agrarpolitik Anlass für Reformbestrebungen waren.

Der Einwand des Beklagten, dass der Einordnung von Informationen über Agrarsubventionen als Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Bund) ein zu weites, geradezu uferloses Verständnis der wahrscheinlichen Wirkungszusammenhänge zugrunde liege, ist unbegründet. Wegen des besonderen Bezugs zu den natürlichen Lebensgrundlagen, der landwirtschaftlichen Tätigkeiten eigen ist und diesen Wirtschaftsbereich maßgeblich von anderen unterscheidet, stellen sowohl positive als auch negative Auswirkungen von Fördermaßnahmen - gleich welcher Art und Zielsetzung - auf Umweltbestandteile keine lediglich entfernte Möglichkeit dar, sondern liegen regelmäßig nahe. Der Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass es einzelne, vom Auskunftsbegehren der Klägerin erfasste Fördertöpfe gibt, auf die das ausnahmsweise nicht zutrifft.

2. Das Ministerium ist eine informationspflichtige Stelle i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 UIG NRW. Es verfügt auch über die fraglichen Informationen.

Dass die gewünschten Informationen bei dem Ministerium vorhanden sind, ist im vorliegenden Fall unstreitig; denn das Ministerium hat der Klägerin bereits die Daten in anonymisierter Form sowie eine weitere Liste mit denjenigen Subventionsempfängern, bei denen es sich um juristische Personen und Personengesellschaften handelt, zur Verfügung gestellt. Damit liegen ihr auch die von der Klägerin begehrten Informationen (Liste der natürlichen Personen) vor.

Der mit Schriftsatz vom 22. Februar 2011 sinngemäß geltend gemachte Einwand, die Zusammenstellung dieser Angaben verursache einen unvertretbaren Aufwand, ist unbegründet. Insoweit kann der Senat offen lassen, ob ein ungeschriebener Ablehnungsgrund anzunehmen ist, wenn die Bearbeitung der Informationen - etwa das Heraussuchen bestimmter Daten nach komplizierten Kriterien aus einer größeren Datenmenge - einen unzumutbar großen Verwaltungsaufwand bedeutet,

vgl. hierzu etwa die in das Verfahren eingeführte Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 12. August 2006, S. 2.

Denn angesichts der Beschränkung des Klageantrags auf diejenigen Empfänger, die Zahlungen in Höhe von 50.000 Euro oder mehr erhalten haben, ist jedenfalls im vorliegenden Fall nicht von einem unvertretbar hohen Aufwand auszugehen. Das gilt selbst dann, wenn man unterstellt, dass die nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Klägerin übersandte, je Haushaltsjahr ca. 40 Seiten umfassende Aufstellung von einem Mitarbeiter durchgesehen werden muss, da die Listen zum damaligen Zeitpunkt aus den in der mündlichen Verhandlung erörterten Gründen noch keine zuverlässige Unterscheidung von juristischen und natürlichen Personen enthielten.

3. Da es sich bei den Zahlungsempfängern um natürliche Personen handelt, steht dem Anspruch möglicherweise der Ablehnungsgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG (Bund) entgegen (Schutz personenbezogener Daten), auf den § 2 Satz 3 UIG NRW ebenfalls verweist (a). Insoweit ist die Sache allerdings nicht spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO: Das Ministerium hat die gebotene Anhörung der Betroffenen wegen einer anderen Rechtsauffassung nicht durchgeführt; der Senat ist aus prozessualen Gründen gehindert, die Anhörung selbst durchzuführen (b).

a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG (Bund) ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Die Ausnahmegründe der §§ 8 und 9 UIG sind aufgrund der nunmehr ausdrücklichen Regelung in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 16 Satz 2 RL 2003/4/EG).

Vgl. Senatsurteil vom 3. August 2010 - 8 A 283/08 -, ZUR 2010, 601 = juris Rn. 30.

Mangels Definition in den Umweltinformationsgesetzen (Bund bzw. Land) ist für den Begriff der personenbezogenen Daten in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG (Bund) auf die Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BDSG zurückzugreifen.

Reidt/Schiller, a. a. O., § 9 UIG Rn. 7.

aa) Sämtliche von der Klägerin gewünschten Angaben (Name, Anschrift und jährliche Fördersumme von Subventionsempfängern) sind personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG, die durch die Bekanntgabe offenbart würden.

Zu den personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG gehören grundsätzlich alle Informationen, die über die Bezugsperson etwas aussagen, unabhängig davon, welcher Lebensbereich angesprochen ist, einschließlich der sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen der Person zu ihrer Umwelt.

BVerwG, Urteil vom 24. März 2010 - 6 A 2.09 -, DVBl 2010, 1307 = juris Rn. 34; Reidt/Schiller, a. a. O., § 3 UIG Rn. 7.

Name und Anschrift einer Person sind "klassische" personenbezogene Daten. Nach einhelliger Auffassung zählen zu den personenbezogenen Daten aber auch Informationen über erhaltene Subventionszahlungen, da sie eine für die Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen bedeutsame Aussage enthalten.

Vgl. nur Sächs. OVG, Beschluss vom 10. März 2010 - 3 B 366.09 -, juris Rn. 7; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5. Juni 2009 - 1 S 1167/09 -, juris Rn. 26; VG Schl.-H., Urteil vom 29. November 2007- 12 A 37/06 -, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - C-92/09 -, juris Rn. 58.

bb) Weitere Voraussetzung des Ablehnungsgrundes ist, dass durch die Bekanntgabe der Information die Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden. Dies setzt ein gewisses Gewicht des Geheimhaltungsinteresses voraus. Dafür sind sowohl das konkrete Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung als auch die Intensität der Beeinträchtigung, also Art und Umfang der Informationspreisgabe, von Bedeutung. Nicht erheblich ist eine Beeinträchtigung etwa, wenn es um Name, Beruf und Dienststellung von Amtsträgern, Gutachtern oder Sachverständigen geht.

Reidt/Schiller, a. a. O., § 9 UIG Rn. 14; vgl. hierzu auch die ausdrückliche Regelung in § 9 Abs. 3 IFG NRW.

Hier handelt es sich um Privatpersonen, die Fördergelder aus dem EU-Agrarhaushalt in Anspruch genommen haben. Allein der Umstand, dass es sich hierbei um öffentliche Mittel handelt, lässt nicht von vornherein das erhebliche Interesse der betroffenen Subventionsempfänger an der Geheimhaltung ihrer Namen, Anschriften und der jährlichen Fördersumme entfallen.

cc) Damit kommt es darauf an, ob die Betroffenen der Bekanntgabe ihrer personengebundenen Daten zustimmen oder ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Letzteres kann nicht ohne vorherige Anhörung der Betroffenen geprüft werden, da zunächst deren Interessen erfragt werden müssen.

Vgl. Reidt/Schiller, a. a. O., § 9 UIG Rn. 13 m.w.N.

b) Wegen des beschriebenen Anhörungserfordernisses und des Fehlens einer Abwägungsentscheidung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG (Bund) fehlt die Spruchreife im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Das Gericht kann nur die Verpflichtung aussprechen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Zwar hat das Gericht grundsätzlich die Sache spruchreif zu machen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dies ist hier aber ausnahmsweise nicht möglich, weil dem Gericht die betroffenen Personen bislang nicht bekannt sind und der Beklagte sie ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt auch nicht bekanntmachen darf, da die Namen ansonsten auch der Klägerin - wegen des ihr zustehenden Akteneinsichtsrechts (vgl. § 100 VwGO) - bekannt würden. Sofern die Betroffenen ihre Zustimmung verweigern, kommt es weiter darauf an, ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Auch die dazu erforderliche Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung und dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe hat das Ministerium - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bislang nicht vorgenommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt und teils unterliegt. Hier ist das Gericht mit seinem Entscheidungsausspruch (Verpflichtung zur Neubescheidung) hinter dem Antrag der Klägerin, der auf Verpflichtung des Ministeriums zur Auskunftserteilung gerichtet war, zurückgeblieben. Da das Ergebnis der nach den noch fehlenden Verfahrensschritten zu treffenden Entscheidungen offen ist, sind die Kosten den Beteiligten zu gleichen Teilen aufzuerlegen.

Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2010, § 155 Rn. 17.

Angesichts der Normstruktur des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG (Bund), der eine zwingende Anhörung der Betroffenen sowie eine Abwägungsentscheidung vorsieht, ergibt sich auch nichts anderes aus dem Umstand, dass das Bescheidungsurteil hier wegen mangelnder Spruchreife ergangen ist.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 16. Aufl. 2009, § 155 Rn. 2 m.w.N. (in Fällen mangelnder Spruchreife trägt regelmäßig die Behörde die Kosten).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 VwGO liegen nicht vor.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 01.03.2011
Az: 8 A 2861/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/73f0841d26cf/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_1-Maerz-2011_Az_8-A-2861-07




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