Landgericht Köln:
Urteil vom 27. April 2005
Aktenzeichen: 28 O 149/05

(LG Köln: Urteil v. 27.04.2005, Az.: 28 O 149/05)

Tenor

Der Verfügungsbeklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung

v e r b o t e n,

1. das Fernsehprogramm "S" der Verfügungsklägerin oder Teile davon zu speichern und/oder zu bearbeiten und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des so genannten Online-Streamings zu übermitteln, d.h. das Fernsehprogramm "S" oder Teile davon über das Internet zu übertragen, und/oder für Dritte unentgeltlich zu vervielfältigen und/oder für Dritte gegen Entgelt zu vervielfältigen, insbesondere wie derzeit unter **** angeboten,

2. das Angebot **** mit dem Fernsehprogramm "S" Dritten zur Einbindung in eine Website entgeltlich oder unentgeltlich zu lizensieren,

3. Kindern und/oder Jugendlichen, Sendungen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, zu solchen Zeiten zum Abruf zur Verfügung zu stellen, in denen Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise wahrnehmen, insbesondere wie derzeit unter **** angeboten,

4. für die unter den Ziffern 1 bis 3 genannten Aktivitäten zu werben und/oder werben zu lassen,

5. in Zusammenhang mit den unter Ziffern 1 bis 4 genannten Aktivitäten das Programm "S" zu bewerben.

.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Gründe

Die Verfügungsklägerin ist ein Fernsehsenderunternehmen, das unter anderem das Fernsehprogramm "S" ausstrahlt. Die Verfügungsbeklagte bietet unter der Internet-Adresse **** eine elektronische Programmzeitschrift an. Darüber hinaus vergibt sie an beliebige Dritte eine auf ihren Servern bereitgestellte Funktion, mit der der Kunde der Verfügungsbeklagten Fernsehsendungen, die unter anderem von der Verfügungsklägerin in ihrem normalen Fernsehprogramm ausgestrahlt werden, zeitversetzt zur Verfügung erhält. Dazu stellt die Verfügungsbeklagte Speicherplatz auf ihren Servern zur Verfügung. Der Kunde wählt in der elektronischen Programmzeitschrift aus, welches Programm und welche Sendung aus diesem Programm auf diesem Speicherplatz abgespeichert werden soll der Kunde hat dazu vier Statusanzeigen zur Verfügung. Die erste zeigte ihm, daß ein Programm programmiert ist. Über die zweite Anzeige kann er sehen, daß sich das ausgewählte Programm im Aufnahmevorgang befindet. Die dritte Anzeige zeigt an, daß die erfolgte Aufnahme aufbereitet wird und in der vierten Anzeige ist zu sehen, daß die Aufnahme zum Abruf bereit ist. Der Kunde kann jederzeit die Aufnahme abbrechen und den ihm zugewiesenen Speicherplatz auf den Servern der Verfügungsbeklagten wieder löschen und dadurch Platz für eine neue Aufnahme schaffen. Nur der jeweils registrierte Kunde kann auch die Aufnahme abrufen, kein Nutzer kann auf die Kopien anderer Nutzer zugreifen. Nach erfolgter Aufzeichnung erhält der Kunde von der Verfügungsbeklagten eine E-Mail mit der Benachrichtigung. Die Aufzeichnung kann nicht sofort nach Sendungsende von dem Kunden angesehen werden, weil diese Sendung zunächst für die Verteilung im Internet aufbereitet werden muß. Dem Kunden ist es auch nicht möglich, an "verpaßte" Sendungen zu gelangen. Die Verfügungsbeklagte bildet kein Archiv.

Das Signal - unter anderem der Verfügungsklägerin - wird von der Beklagten durch Satellitenempfangsantennen aufgefangen. Die Zahl der Empfangs Einheiten der Verfügungsbeklagten ist geringer als diejenige der bei ihr angemeldeten Nutzer und der zur Verfügung stehenden virtuellen Videorecorder. Die Verfügungsbeklagte leitet das empfangene Signal der Verfügungsklägerin durch eine sogenannte Blackbox. Darin sind sämtliche virtuellen Videorecorder in Reihe geschaltet. Das Signal läuft durch jeden dieser Videorecorder durch. Ist von einem Kunde die zu derzeit von der Verfügungsklägerin ausgestrahlte Sendung programmiert, beginnt dieser virtuellen Videorecorder mit der Aufzeichnung des durch ihn durchgeleiteten Sendersignals der Verfügungsklägerin, vergleichbarer damit, daß sich der Tonkopf eines herkömmlichen Videorecorders zum Zwecke der Aufnahme absenkt und das durchgeleiteten Signal aufnimmt.

In der anschließenden Phase der Aufbereitung muß der Datenstrom auf eine Größe komprimiert werden, die ihn übertragbar machen. Die diesbezügliche Software ist auf jedem einzelnen virtuellen Videorecorder vorhanden. Auch dies geschieht ohne weiteres zu tun der Verfügungsbeklagten.

Die Durchleitung des Sendersignals der Verfügungsklägerin geschieht quasi zeitgleich. Lediglich die bei der Sendung des Signals durch natürlichen Widerstand entstehende Verzögerung im Bereich von Millisekunden entsteht.

Im Anschluß daran kann der Kunde dann die aufgenommenen Sendungen abrufen, indem über das Internet eine Bild-/Tonverbindung zu einem Computer des Kunden aufgebaut und der Inhalt von den Servern der Verfügungsbeklagten im Wege des sogenannten streaming übertragen wird.

Seit dem 10. März 2005 kann jedermann sich bei der Verfügungsbeklagten jederzeit registrieren und - im Rahmen einer Probephase - das Angebot kostenlos nutzen. Beabsichtigt ist jedoch von der Verfügungsbeklagten, diesen Dienst in Kürze entgeltlich anzubieten.

Die Verfügungsklägerin behauptet, die Verfügungsbeklagte kopiere die von ihren Kunden aus dem elektronischen Programmführer ausgewählten Sendungen auf ihre Server. Die Verfügungsbeklagte digitalisierte und bereite diese Sendungen dann für eine Verteilung im Internet auf und stelle sie dann dem jeweiligen Kunden auf ihren Servern für einen beliebig häufigen Abruf zur Verfügung. Dabei finde die Vervielfältigung bei jedem Abzweig statt, wie dies bei der herkömmlichen Kabelweiterleitung ebenfalls der Fall sei.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes (im Einzelfall höchstens 250.000,00 €), ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu verbieten

das Fernsehprogramm "S" der Verfügungsklägerin oder Teile davon zu speichern und/oder zu bearbeiten und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des so genannten Online-Streamings zu übermitteln, d.h. das Fernsehprogramm "S" oder Teile davon über das Internet zu übertragen, und/oder für Dritte unentgeltlich zu vervielfältigen und/oder für Dritte gegen Entgelt zu vervielfältigen, insbesondere wie derzeit unter **** angeboten, das Angebot **** mit dem Fernsehprogramm "S" Dritten zur Einbindung in eine Website entgeltlich oder unentgeltlich zu lizensieren, Kindern und/oder Jugendlichen, Sendungen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenveratnwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, zu solchen Zeiten zum Abruf zur Verfügung zu stellen, in denen Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise wahrnehmen, inbesondere wie derzeit unter **** angeboten, Für die unter den Ziffern 1 bis 3 genannten Aktivitäten zu werben und/oder werben zu lassen, In Zusammenhang mit den unter Ziffern 1 bis 4 genannten Aktivitäten das Programm "S" zu bewerben.

Soweit die Verfügungsklägerin zunächst ferner den Antrag gestellt hatte, Fernsehprogramm "S" der Verfügungsklägerin oder Teile davon zum Vervielfältigen und/oder speichern und/oder zur öffentlichen Zugänglichmachung bereitzustellen, hat sie diesen Antrag zurückgenommen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte behauptet, das von ihr zur Verfügung gestellte Angebot entspreche der Funktionalität der sogenannten Festplatten-Videorecorder. Im Ergebnis setze der Benutzer seinen eigenen PC als Fernbedienung und Fernseher für einen digitalen Festplatten-Videorecorder ein. Die Besonderheit sei, daß letzterer bei der Verfügungsbeklagten EDV-technisch simuliert werde. Da der Datenaustausch über das Internet erfolge, stehe der digitale Videorecorder des Benutzers "sehr weit weg". Der Benutzer alleine entscheide, welche Sendung aufgezeichnet werde. Die Verfügungsbeklagte selbst zeichne keine Sendungen auf. Die Vervielfältigung finde erst dann statt, wenn der Kunde durch die Programmierung dafür gesorgt habe, dass "sein" virtueller Videorecorder das durchgeleitete Signal aufnehme. Vor diesem Hintergrund ist die Verfügungsbeklagte der Auffassung, daß sie lediglich die technischen Voraussetzungen bereitstelle, die es dem Nutzer erlaube, eine Privatkopie im Sinne von § 53 Abs. 1 UrhG herzustellen. Auch könne inzwischen jeder Nutzer Sendungen nur noch aus dem Zeitraum zwischen 6.00 Uhr und 19.30 Uhr aufzeichnen, wenn er nicht im Rahmen einer Zertifizierung seine Volljährigkeit belegt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

Die Verfügungsklägerin hat Anspruch auf Erlass der einstweiligen Verfügung in dem noch beantragten Umfang.

Der Anspruch auf Unterlassung hinsichtlich der in den Anträgen zu 1 und 2 geltend gemachten Nutzung des Fernsehprogramms "S" folgt aus §§ 97 Abs. 1, 87, 20, 20b UrhG.

1. Die Voraussetzungen aus § 87 Abs. 1 UrhG liegen vor. Die Verfügungsklägerin ist ein Sendungsunternehmen des privaten Rechts. Es handelt sich bei dem Programm der Verfügungsklägerin jeweils um Funksendungen im Sinne der Vorschrift; insbesondere sendet die Verfügungsklägerin ihr Fernsehprogramm im Sinne von § 20 UhrG.

2. Die Verfügungsbeklagte sendet diese Funksendungen der Verfügungsklägerin weiter im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. UrhG. Eine Weitersendung liegt vor, wenn eine zeitgleiche, unverändert Simultanausstrahlung der ursprünglichen Sendung erfolgt (vgl. Dreier in: Dreier/Schulze, UrhG, 1. Aufl., § 87 Rn 13). Die Verfügungsbeklagte fängt das Signal der Funksendungen der Verfügungsklägerin mittels Satellitenempfangsgeräten auf und leitet dieses Signal unverändert durch die bei ihr installierten, in Reihe geschalteten virtuellen Videorecorder hindurch. Eine Zeitverzögerung liegt nicht vor bzw. entsteht lediglich im Bereich von Millisekunden, was durch die natürlichen Widerstände in den verwendeten technischen Einrichtungen wie Kabeln, Speichern etc. bedingt ist und keine Zeitverzögerung im Sinne der Vorschrift darstellt. Die Weitersendung erfolgt an die Nutzer, denn diese haben durch den gemieteten Speicherplatz auf den Servern der Verfügungsbeklagten ihren virtuellen Videorecorder oder Festplattenrecorder nur – um die Formulierung der Verfügungsbeklagten zu verwenden – "sehr weit weg" aufgestellt.

Dieser von der Verfügungsbeklagten ausgeführte technische Vorgang der Durchleitung durch die virtuellen Videorecorder entspricht dem der Kabelweitersendung im Sinne von § 20b UrhG. Denn auch bei der Kabelweitersendung fängt das Kabelunternehmen das Sendesignal des Sendeunternehmens auf und leitet es zeitgleich, unverändert und vollständig an seine Kunden, die bei ihm einen Kabelanschluss gemietet haben, weiter. Die Kunden des Kabelunternehmens entscheiden dann durch Nutzung der Fernbedienung, ob sie die Sendung zu der von dem Sendeunternehmen vorgegebenen Zeit ansehen möchten. Das Angebot der Kabelunternehmen ist im Vergleich zu dem der Verfügungsbeklagten insofern weiter, als auch eine direkte zeitgleiche Wahrnehmung des Programms durch den Nutzer möglich ist. Die Verfügungsbeklagte beschränkt sich demgegenüber darauf, ihren Kunden die Möglichkeit zu geben, eine von der Verfügungsklägerin ausgestrahlte Sendung aufzunehmen, d.h. eine Kopie herzustellen und diese auf dem gemieteten, nur für den einzelnen Kunden reservierten Speicherplatz abzuspeichern. Dies entspricht dem Verhalten eines Kabelkunden, wenn er seinen Video- oder Festplattenrecorder zu Hause so programmiert, dass er zu der von der Verfügungsklägerin vorgegeben, dem Fernsehprogramm zu entnehmenden Zeit das von der Verfügungsklägerin gesendete und von dem Kabelunternehmen weitergeleitete Sendesignal aufzeichnet und abspeichert. Der einzige Unterschied besteht lediglich darin, dass der Video- oder Festplattenrecorder nicht zu Hause, sondern "sehr weit weg" bei der Verfügungsbeklagten steht.

Auch die weitere Voraussetzung, dass die Funksendung zur Weitersendung benutzt worden ist, liegt vor.

Die Verfügungsbeklagte macht die weitergesendeten Sendungen auch der Öffentlichkeit zugänglich im Sinne von §§ 20, 20 b UrhG. Gegenstand des Rechts aus § 20 UrhG sind Werknutzungen, bei denen das Werk einer Öffentlichkeit durch funktechnische Mittel zugänglich gemacht wird. Nicht jede Übermittlung eines geschützten Werkes, die über ein Verteilernetz stattfindet, ist jedoch dem Urheberrecht unterworfen; andernfalls wäre selbst der Rundfunkempfänger mit kleineren Gemeinschaftsantennenanlagen von der Genehmigung der Rechteinhaber abhängig. Das Recht aus § 20 UrhG greift vielmehr nur ein, wenn die mit funktechnischen Mitteln durchgeführte Werkübermittlung als öffentliche Wiedergabe bezeichnet werden kann. Ob dies der Fall ist, kann nicht nach technischen Kriterien beurteilt werden, sondern nur aufgrund einer wertenden Betrachtung (vgl. BGH GRUR 1994, 45, für den vergleichbaren Fall der sog. Rundfunkvermittlungsanlagen). Sie richtet ihr Angebot an jedermann und alle ihre Kunden haben die Zugangsmöglichkeit zu den Sendungen auch der Verfügungsklägerin. Dies entspricht dem Zuschnitt eines Kabelunternehmens. Insbesondere ist nicht lediglich der Bereich des urheberrechtsfreien Empfangs im Sinne einer Gemeinschaftsantenne betroffen. Die Verfügungsbeklagte übernimmt vielmehr besondere Anstrengungen, um die von ihr weiterübertragenen Rundfunksendungen in einem bestimmten Bereich, nämlich für die vermieteten virtuellen Videorecorder, zugänglich zu machen. Sie beschränkt sich darüber hinaus nicht darauf, die Sendungen durch Antenne oder durch Kabel zu empfangen und dann weiterzuleiten, sondern stellt auch die "Empfangsgeräte", die virtuellen Videorecorder, zur Verfügung, mit denen die Nutzer letztlich die von der Verfügungsklägerin gesendeten Werkdarbietungen - nach eigener Entscheidung - für sich wahrnehmbar machen können. Dieser Umstand unterscheidet ihre Tätigkeit vom bloßen Empfang durch Gemeinschaftsantennenanlagen und macht sie zugleich in ihrer Bedeutung als Werknutzung vergleichbar mit den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliches Zugänglichmachen und öffentliche Wiedergabe, die dem Urheber durch das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht, das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und das Recht der Wiedergabe von Funksendungen vorbehalten sind (vgl. BGH aaO.).

Als Sendeunternehmen unterliegt die Verfügungsklägerin auch nicht der Beschränkung durch § 20b UrhG, wie sich aus § 20 b Abs. 1 S. 2 UrhG ergibt.

Da unstreitig ist, daß die Verfügungsbeklagte keine Nutzungsrechte hinsichtlich der Sendungen der Verfügungsklägerin hat, wie sich ausdrücklich aus den AGB ergibt, die sie den Verträgen mit ihren Nutzern zugrunde legt (Ast 7, 23: dort § 18, 24), liegt eine Verletzung des ausschließlichen Rechtes der Verfügungsklägerin als Sendeunternehmen vor.

Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob mit den virtuellen Videorecordern private Kopien im Sinne von § 53 UrhG hergestellt werden, nicht an. Es kann insbesondere offen bleiben, ob Hersteller der auf dem vermieteten Speicherplatz unstreitig hergestellten Kopien der (private) Nutzer oder die Verfügungsbeklagte ist.

3. Dies führt zu einem Anspruch auf Unterlassung nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Von der Wiederholungsgefahr ist im vorliegenden Fall auszugehen, da die Verfügungsbeklagte ihr Verhalten als Geschäftsidee in den Markt einführen will. Auch hat sie eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht abgegeben. Die Wiederholungsgefahr wird aber durch die bereits begangene Rechtsverletzung indiziert (vgl. nur von Wolff in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 97 Rdnr. 33) und wird nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgehoben (vgl. von Wolff in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 97 Rdnr. 34).

4. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte ferner einen Anspruch auf Unterlassung nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 JMStV, dass die Verfügungsbeklagte diesen ihr Angebot auch zu Zeiten zur Verfügung stellt, die außerhalb des sich aus dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ergebenden Zeitraums liegen. § 5 JMStV ist Schutzgesetz im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Kähler in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 Rn 11.180). Die Verfügungsbeklagte ist Anbieter im Sinne der Vorschrift, da sie durch die Zurverfügungstellung von Technik und Speicherplatz es ermöglicht, die zwischen 23 Uhr und 6 Uhr gesendeten Fernsehsendungen zu jeder beliebigen Zeit im Laufe des Tages anzusehen und macht sie damit auch Kindern zu jeder Zeit zugänglich.

Der Unterlassungsanspruch besteht fort, auch wenn die Vertreter der Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt haben, man habe die Zeiten für die Aufzeichnung eingeschränkt und eine Altersverifikation eingeführt. Denn die Wiederholungsgefahr ist nicht entfallen, da die Verfügungsbeklagte sich nicht imstande sah, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Es gilt jedoch im Wettbewerbsrecht wie im Urheberrecht der gleiche Grundsatz, wonach nur eine solche Erklärung geeignet ist, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Unabhängig davon, dass die Verfügungsbeklagte die behauptete Beschränkung nicht glaubhaft gemacht hat, ist sie ohne die Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht gehindert, jederzeit den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

5. Auch die beiden Ansprüche, keine Werbung für die untersagten Angebote, insbesondere nicht mit dem Programm S, zu machen, ergibt sich als Annex zu den vorstehenden Unterlassungsansprüchen sowohl aus § 97 UrhG als auch aus §§ 3, 4 UWG.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Soweit die Verfügungsklägerin den ursprünglichen Antrag zu 2 zurückgenommen hat, hatte dies keine Auswirkungen auf die Kostenverteilung. Das in dem Antrag begehrte Verbot war in dem Antrag zu 1 vollen Umfangs enthalten. Auch die Konkretisierung des Antrags zu 2 (ursprünglicher Antrag zu 3) auf das Fernsehprogramm "S" der Verfügungsklägerin ist keine Beschränkung, die für die Kosten ins Gewicht fällt. Denn aus dem gesamten Vortrag der Verfügungsklägerin hat sich von Anfang an ergeben, dass es ihr allein um die von ihr ausgestrahlten Fernsehprogramme geht.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit unterbleibt. Urteile in einstweiligen Verfügungssachen sind bereits ihrer Natur nach vollstreckbar, sodass es eines besonderen Ausspruchs hierüber nicht bedarf.

Streitwert:

für den Antrag zu 1: 25.000 €

für den Antrag zu 2: 5.000 €

für den Antrag zu 3: 10.000 €

für den Antrag zu 4: 5.000 €

für den Antrag zu 5: 5.000 €,

insgesamt: 50.000 €






LG Köln:
Urteil v. 27.04.2005
Az: 28 O 149/05


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