Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Juni 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 118/02

(BPatG: Beschluss v. 16.06.2004, Az.: 26 W (pat) 118/02)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Kostenantrag der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 32, 33 und 41 unter der Nummer 399 74 666 eingetragene Wortmarke Eichatorsind drei Widersprüche erhoben worden:

1. aus der Marke 1 065 309 Eichbaum, die für die Ware "Bier" eingetragen ist, 2. aus der Marke 1 098 565 die für die Ware "Bier nach Pilsener Brauart" eingetragen ist, aus der Marke 394 07 555 die für die Ware "Bier" eingetragen ist.

Die Widersprüche richten sich ausschließlich gegen die Waren "Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken" der angegriffenen Marke.

Die Markenstelle für Klasse 32 hat diese Widersprüche zurückgewiesen. Hinsichtlich des Widerspruchs aus der Marke 1 065 309 (Wort "Eichbaum") hat sie ausgeführt, zwischen den Waren bestehe Identität bzw engere markenrechtliche Ähnlichkeit und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei normal. Wegen der Nähe der Waren und des Vorliegens preisgünstiger Verbrauchsgüter sei allerdings ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen. Unmittelbare klangliche, schriftbildliche oder begriffliche Verwechslungen seien wegen des unterschiedlichen Zeichenverlaufs aber nicht zu befürchten. Auch der Hinweis, daß es sich bei "-ator" um eine übliche Kennzeichnung für Starkbier handle, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da es auf die Marke in ihrer Gesamtheit, nicht aber auf einzelne Markenbestandteile ankomme. Eine Verkürzung der angegriffenen Marke allein auf den Bestandteil "Eich-" sei deshalb nicht wahrscheinlich. Auch für eine unmittelbare oder mittelbare begriffliche Verwechslung lägen keine Anhaltspunkte vor, da der Begriff "Eich(e)" bei einer normalen Artikulation der angegriffenen Marke akustisch oder bildlich nicht auftrete. Auch der Widerspruch aus der Marke 1 098 565 (Wort-Bild-Marke "Eichbaum Pilsener Eichkrone") sei in seiner Gesamtheit nicht mit der angegriffenen Marke zu verwechseln. Orientiere sich der Verkehr bei dieser Widerspruchsmarke an einem Wortbestandteil, so komme das Markenwort "Eichbaum" hierfür nicht in Frage, denn hierbei handle es sich um die Herstellerangabe, auf die im Halsetikett nochmals hingewiesen werde. Damit werde das Markenwort "Eichkrone" die Hauptaufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen. Eine unmittelbare klangliche, visuelle oder begriffliche Verwechslung zwischen "Eichkrone" und "Eichator" sei nicht zu befürchten. Dies gelte um so mehr, als der Begriff "Eichkrone" von der begrifflichen Seite her eine Merk- und Unterscheidungshilfe gebe, während es sich bei der angegriffenen Marke um eine Phantasiebezeichnung handle. Eine mittelbare Verwechslung scheide aus, weil es sich bei der gemeinsamen Silbe "Eich" im Gegensatz zu "Eichbaum" nicht um einen Bestandteil handle, der charakteristisch dem Unternehmen der Widersprechenden zugeordnet werden könnte. Weiterhin trete die Buchstabenfolge "Eich" im Kennwort der jüngeren Marke nicht selbständig hervor, sondern werde in die Silben "Eich(a)" aufgespalten. Zwischen der angegriffenen Marke und dem Widerspruch aus der Marke 394 07 555 (Wort-Bild-Marke "Eichbaum Ureich") bestehe ebenfalls keine Verwechslungsgefahr. Der Verkehr werde sich auch bei dieser Widerspruchsmarke nicht an der Herstellerangabe "Eichbaum" ausrichten, vielmehr das Hauptaugenmerk auf den Bestandteil "Ureich" richten. Unmittelbare oder mittelbare Verwechslungen seien dann aber nicht zu erwarten. Da die Widersprüche mangels Verwechslungsgefahr nicht erfolgreich seien, könne dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang der Widersprechenden die Glaubhaftmachung der von der Markeninhaberin zulässigerweise bestrittenen Benutzung gelungen sei. Der von der Markeninhaberin im Hinblick auf die drei Widersprüche gestellte Antrag auf Kostenauferlegung werde ebenfalls zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Weder sei ihr Argument, es handle sich vorliegend um Serienmarken, diskutiert noch die Bedeutung der Endung "-ator" im richtigen Zusammenhang gewürdigt worden. Sie sei Inhaberin einer umfangreichen Markenserie mit dem Stammbestandteil "Eich". Der Zeichenbestandteil "-ator" habe rein beschreibenden Charakter und weise auf eine bestimmte Bier-Sorte bzw -Qualität hin. Im übrigen sei zu betonen, daß bei der Beurteilung der klanglichen Markenähnlichkeit der Vorsilbe "Eich" eine besondere Bedeutung zukomme. Die Marken wiesen auch eine Sinnähnlichkeit auf. Das Wort "Eichbaum" rufe nicht allein die Assoziation "Eiche" hervor, sondern habe auch eine darüber hinausgehende Bedeutung als Herkunftsbezeichnung eines Bieres. Wegen des beschreibenden Gehalts der Silbe "-ator" werde der Verkehr der Vorsilbe "Eich-" eine besondere Bedeutung zur Herkunftsunterscheidung beimessen. Da die Beschwerdeführerin seit Jahren die Silbe "Eich" zur Kennzeichnung ihrer Produkte benutze, assoziiere der Verbraucher mit dieser Silbe Produkte der Widersprechenden und werde unter der Bezeichnung "Eichator" ein Starkbier der Widersprechenden erwarten, was eine mittelbare Verwechslungsgefahr begründe. Deshalb beantragt sie, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.

Demgegenüber beantragt die Markeninhaberin, die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Sie bestreitet die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken. Es handle sich allenfalls um Bezeichnungen einer regional bekannten Ware. Schriftbildliche und klangliche Verwechslungen seien zu verneinen. Begrifflich sei das Wort "Eichbaum" ein Synonym für "Eiche", während es sich bei dem Wort "Eichator" um einen reinen Phantasiebegriff handle. Die Widersprechende besitze offensichtlich keine Serienmarken mit dem Stammbestandteil "Eich", vielmehr sei nach der vorgelegten Auflistung von Marken davon auszugehen, daß als Stammbestandteil "Eichbaum" anzusehen sei. Auch müsse ein Doppelbock-Bier aus dem Unternehmen der Widersprechenden nicht zwangsläufig "Eichator" heißen, vielmehr habe die Widersprechende die aus ihrem Unternehmen stammenden Biere immer mit "Eichbaum" plus einem das Bier beschreibenden Bestandteil bezeichnet.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne der genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR aaO - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Im Rahmen der gezielt gegen bestimmte Waren der angegriffenen Marke gerichteten Widersprüche besteht vorliegend eine teilweise Warenidentität und im übrigen ein mittlerer Abstand der fraglichen Waren sowie eine mangels anderer Anhaltspunkte mittlere Kennzeichnungskraft der älteren Marken. Der danach erforderliche mindestens mittlere Abstand der Marken wird von der angegriffenen Marke jedoch in jeder Richtung eingehalten.

Dabei ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr von Kennzeichnungen stets von ihrem jeweiligen Gesamteindruck auszugehen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ELFI RAUCH), der hier - was die Wort-Bild-Marken der Widersprechenden angeht - klar verschieden ist. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Marken stets in ihrer Gesamtheit zu vergleichen sind. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständig kennzeichnende Funktion aufweist (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 175 mwN). Selbst bei einem Gegenüberstellen der die jeweiligen Widerspruchszeichen prägenden Bestandteile besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr. Die für eine Verwechslungsgefahr in Betracht kommenden Zeichenwörter unterscheiden sich nämlich hinreichend.

Bei der Widerspruchsmarke 1 065 309 ist dies das Wort "Eichbaum". Die Widerspruchsmarke 1 098 565 ist dagegen eine Wort-Bild-Marke, die neben der beschreibenden Sortenangabe "Pilsener" sowohl das Wort "Eichbaum" als auch das Wort "Eichkrone" enthält. Bei kombinierten Wort-Bild-Marken ist regelmäßig davon auszugehen, daß dem Wortteil eine prägende Bedeutung zukommt, da er sich zur einfachen und treffenden Benennung der Marke zwangslos eignet. Wegen des für die Kennzeichnung von Etiketten charakteristischen Aufbaus ist mit der Markenstelle davon auszugehen, daß der Verkehr das Wort "Eichbaum" in diesem Fall meist als Erst- oder Firmenkennzeichnung ansehen wird, während er in dem Wort "Eichkrone" die eigentliche Kennzeichnung erblickt. Entsprechendes gilt für die Widerspruchsmarke 394 07 555, bei der neben beschreibenden Angaben die Wortteile "Eichbaum Ureich" enthalten sind. Auch hier wird sich der Verkehr regelmäßig an der Zweitkennzeichnung "Ureich" orientieren, da auch hier das Wort "Eichbaum" wie die Firmenkennzeichnung erscheint. Diese - prägenden - Zeichenwörter unterscheiden sich von der angegriffenen Marke jedoch deutlich. Allerdings stimmen die Vergleichszeichen bzw deren prägende Wortbestandteile in den Bestandteilen "Eich-" überein. Diese Übereinstimmung führt jedoch nicht zu einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Der Klangverlauf ist nämlich jeweils unterschiedlich. Insbesondere hebt sich die angegriffene Marke durch die klar unterschiedliche Betonung und durch die in ihr enthaltenen, dunkelklingenden Vokale "a" und "o" sowie den hartklingenden Konsonanten "t" deutlich von den Widerspruchszeichen ab, die insoweit keine klangliche Entsprechung haben. Desgleichen zeigen die Markenwörter aufgrund der deutlich unterschiedlichen Buchstabenfolgen in ihrem jeweils zweiten Teil ein klar verschiedenes Schriftbild. Das Gesagte gilt auch dann, wenn sich der Verkehr entgegen dem oben Ausgeführten bei den Widerspruchszeichen 1 098 565 und 394 07 555 an dem Bestandteil "Eichbaum" orientieren sollte, denn dann entspricht die Beurteilung der Verwechslungsgefahr derjenigen hinsichtlich des Widerspruchszeichens 1 065 309. Auch begriffliche Übereinstimmungen sind nicht zu verzeichnen. Selbst wenn maßgebliche Verkehrsteile den Begriffen "Eichbaum" und "Eichkrone" Hinweise auf einen bestimmten Baum entnehmen sollten, so steht dem das einheitliche Wort "Eichator" entgegen, das als phantasievoller Gesamtbegriff keinen greifbaren Hinweis auf diesen Baum enthält, sondern vielmehr so stark verfremdet ist, daß eine begriffliche Gleichsetzung (- was Voraussetzung für die Bejahung einer begrifflichen Verwechslungsgefahr wäre) mit "Eichbaum" oder "Eichkrone" fernliegt. Dies gilt selbst dann, wenn die Silbe "-ator" als Hinweis auf Starkbier verstanden wird, da auch beschreibende Elemente bei der Beurteilung der Marken nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, besonders wenn sie mit weiteren Zeichenteilen zu einem einheitlichen Phantasiewort verschmelzen.

Auch Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind nicht ersichtlich. Erforderlich für die Bejahung einer solchen Verwechslungsgefahr, die der Hauptfall einer sog. assoziativen Verwechslungsgefahr ist, wäre das Vorliegen eines Stammbestandteils, dem Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke(n) zukommt. Ein solcher übereinstimmender Stammbestandteil liegt aber nicht vor. Zwar zeigen die in den Widerspruchsmarken enthaltenen Markenwörter "Eichbaum" bzw "Eichkrone" übereinstimmend den Wortanfang "Eich-". Dieser in den beiden Widerspruchsmarken enthaltene Wortstamm findet jedoch in der angegriffenen Marke keine Entsprechung, denn diese besteht aus dem einheitlichen Wort "Eichator", bei dem die Buchstabenfolge "Eich-" (auch gemäß den gängigen Regeln der Silbentrennung) nicht als selbständiges Wortelement abgetrennt werden kann. Zudem entspricht das Wort "Eichator" in der Art seiner Bildung nicht den Wörtern der Widerspruchsmarken, die durch Anhängen der gegenständlichen Begriffe "-baum" und "-krone" an den Bestandteil "Eich-" ihrerseits wiederum einen realen Begriff ergeben. Auch der Bestandteil "Ureich" der Widerspruchsmarke 394 07 555 ist weder einer Serie noch der jüngeren Marke entsprechend gebildet. Im übrigen weisen die Widerspruchsmarken 1 098 565 und 394 07 555 in ihrer Gesamtheit jeweils die Darstellung eines Baumes auf, was die bildliche Assoziation zu einer Eiche bestärkt, während dies bei der jüngeren Marke nicht der Fall ist. Zudem hat die Widersprechende nach den von ihr vorgelegten Etiketten die Angewohnheit, die Bezeichnung ihrer verschiedenen Biersorten nicht als Serienabwandlung mit einem Stammbestandteil zu bilden, sondern regelmäßig die Bezeichnung "Eichbaum" vor oder über die Benennung der Biersorte zu stellen. Auch lautet die Firmenbezeichnung der Widersprechenden nicht Eich, sondern Eichbaum, so daß auch von daher die Buchstabenfolge "Eich-" nicht als möglicher Stammbestandteil einer Serie gewertet werden kann. Dies spricht ebenfalls gegen das Vorliegen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr. Im übrigen ist (auch) hinsichtlich des Widerspruchs aus der Marke 394 07 555 die Einrede mangelnder Benutzung erhoben worden. Da die Widersprechende zum Nachweis der Art der Benutzung insoweit lediglich ein nicht datiertes Benutzungsetikett vorgelegt hat, hat sie die Benutzung dieser Marke nicht glaubhaft gemacht, deshalb jener Widerspruch auch aus diesem Grund scheitern mußte.

Besondere Gründe, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich. Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat. Das bloße Unterliegen im markenrechtlichen Verfahren begründet keine Kostentragungspflicht. Dies gilt um so mehr, als der vorliegende Fall ausreichenden Anlaß für rechtliche Erwägungen bot und es deshalb nicht als Verstoß gegen prozessuale Pflichten erscheint, die Entscheidung der Vorinstanz zur Überprüfung zu stellen. Im übrigen hat auch die Markeninhaberin selbst keine Ausführungen zu ihrem Antrag auf Kostenauferlegung gemacht.

Albert Reker Eder Ju






BPatG:
Beschluss v. 16.06.2004
Az: 26 W (pat) 118/02


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