Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 25. März 2011
Aktenzeichen: I-22 U 162/10

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 25.03.2011, Az.: I-22 U 162/10)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.8.2010 verkündete Urteil der

2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.155 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2009 zu zahlen;

die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Kosten in Höhe von 631,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/3, die Beklagte trägt sie zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag hinsichtlich einer aktienrechtlichen Sonderprüfung.

Am 03.08.2009 wurde auf der ordentlichen und ordnungsgemäß einberufenen Hauptversammlung der beklagten Aktiengesellschaft die Klägerin auf Antrag der Minderheitenaktionärin G. S. zum Sonderprüfer gemäß § 142 1 AktG gewählt. Für den Gegenstand des Prüfungsauftrages wird auf die Beschlussfassung der Hauptversammlung (Top 3, Anlage K 3) Bezug genommen.

Am 05.08.2009 stellte der Mehrheitsaktionär der Beklagten beim zuständigen Landgericht in Düsseldorf Antrag auf Ersetzung des von der Hauptversammlung bestellten Sonderprüfers gemäß § 142 IV AktG. In diesem Verfahren erging jedoch keine Entscheidung.

Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten, Herr H. P., schloss am 06.08.2009 den Prüfungsvertrag mit der Klägerin (Anlage K 6). Er forderte die Klägerin auf, ihre Tätigkeit erst aufzunehmen, nachdem über den Antrag des Hauptaktionärs, Herrn W. S., auf Ersetzung des bestellten Sonderprüfers beim zuständigen Gericht entschieden sein würde. Zudem behielt sich die Beklagte die sofortige Kündigung des Auftrags der Klägerin für den Fall vor, dass dem Antrag des Hauptaktionärs durch gerichtliche Entscheidung stattgegeben werde.

Auf Anfrage der Minderheitsaktionärin vom 06.08.2009 teilte die Klägerin dieser den Inhalt der Beauftragung des Herrn P. mit. Aufgrund dieses Sachverhaltes erteilte die Aktionärin Frau G. S. für die Gesellschaft durch die E-Mail vom 07.08.2009 (Anlage K 8) der Klägerin vorsorglich denselben Prüfungsauftrag ohne Einschränkungen und erklärte ihr Einverständnis mit dem ihr zuvor übermittelten Auftragsinhalt. Am 10.08.2009 beschloss die außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten gegen die Stimmen der Minderheitsaktionärin Frau G. S. die Übertragung ihrer 50 000 Stückaktien gegen eine Gewährung einer Abfindung von 4,70 Euro pro Aktie auf den Mehrheitsaktionär W. S. gemäß § 327 a AktG. Dieser Beschluss wurde am 19.10.2009 in das Handelsregister der Gesellschaft eingetragen.

Am 14.08.2009 beantragte die Klägerin beim Amtsgericht -Registergericht - Duisburg die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Vorstandsmitglieder der Beklagten, da diese die Durchführung der Sonderprüfung behindern würden. Am 21.08.2009 wurde dem Vorstand der Beklagten eine Verfügung des Amtsgericht -Registergerichts - Duisburg zugestellt, wonach gegen den Vorstand ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 5 000 Euro für den Fall angedroht wurde, dass er dem bestellten Sonderprüfer keinen Zugang zu den Geschäftsräumen der Beklagten gewähren und die angeforderten Unterlagen nicht zur Verfügung stellen sollte. Am 27.08.2009 erhoben die Vorstandsmitglieder der Beklagten W. S. und J. D. E. Einspruch beim Amtsgericht -Registergericht - Duisburg gegen die Verfügung des Amtsgerichts -Registergerichts - Duisburg. Über den Einspruch wurde jedoch nicht mehr entschieden, da die Klägerin den Antrag auf Verhängung von Zwangsgeld zurückgenommen hatte.

Am 19.08.2009 erschien der Wirtschaftsprüfer Heller von der Klägerin unangemeldet in den Räumlichkeiten der Beklagten in Oberhausen und verlangte den Vorstand der Klägerin zu sprechen. Diese Gespräche kamen jedoch nicht zu Stande.

Am 10.09.2009 fand ein erstes einvernehmlich vereinbartes Gespräch über die Sonderprüfung in den Räumen der Beklagten statt. An diesem Gespräch nahmen das Vorstandsmitglied Ernst der Beklagten, Herr M. R. als Prokurist und Leiter des Bereichs Finanzwesen/Rechnungswesen sowie Rechtsbeistand Herr Rechtsanwalt W. W. teil. Eine Einigung über die Vorgehensweise der Sonderprüfung wurde nicht erzielt.

Die Klägerin stellte daraufhin weitere Bemühungen hinsichtlich der Ausführung des Auftrags ein. Mit Rechnung vom 18.09.2009 (Anlage K 13) stellte sie der Beklagten einen Betrag von 12 528,32 Euro brutto für den Zeitraum vom 01.08.2009 bis zum 30.09.2009 in Rechnung. Hierauf antwortete die Beklagte durch ihren Prokuristen, Herrn M. R., mit dem Schreiben vom 08.10.2009, dass sie die von der Klägerin gestellte Rechnung und den dazugehörigen Stundennachweis (vergl. Anlage K 15) in der vorliegenden Form nicht akzeptieren könne.

Die Hauptversammlung der Beklagten beschloss am 22.10.2009 die Aufhebung des Beschlusses über die Durchführung einer Sonderprüfung vom 03.08.2009 sowie den Widerruf der Bestellung des Sonderprüfers (Bl. 33 GA). Anschließen erfolgte durch den Mehrheitsaktionär die Rücknahme des Antrags auf Ersetzung des Sonderprüfers.

Die Klägerin hat behauptet, alle von ihr kontaktierten Auskunftspersonen hätten die zur Klärung des Sachverhaltes nötigen Auskünfte verweigert bzw. nicht erteilt. Sie ist der Ansicht gewesen, der erstellte Prüfbericht (Anlage K 12) stelle unter diesen Umständen die geschuldete Leistung dar.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 12 528,32 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2009 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere, nicht erstattungsfähige außergerichtliche Kosten in Höhe von 703,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, sie habe die Klägerin im Anschluss an die Auftragserteilung mehrmals aufgefordert, eine Anforderungsliste über die geforderten Unterlagen zu übermitteln und ihr die notwendige Zeit einzuräumen, die Unterlagen zusammenzustellen und sicherzustellen, dass diese vollständig sind.

Die Klägerin habe sich weder über den Ablauf noch über die Termine mit der Beklagten abgestimmt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Klägerin habe keine Prüfungstätigkeit erbracht und könne bereits deshalb keine Vergütung beanspruchen. Sie habe die Prüfung abgebrochen und ihr zur Verfügung stehende Zwangsmittel nicht genutzt. Der Bericht sei inhaltlich und materiell mangelhaft. Darüber hinaus seien die zur Abrechnung gebrachten Stunden der Höhe nach unangemessen. Die Klägerin habe Sorgfalts- und Prüfungspflichten verletzt; insbesondere sei sie befangen gewesen. Die Beklagte hat hilfsweise die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus der Verletzung von Sorgfalts- und Nebenpflichten gegenüber der Klageforderung erklärt.

Mit seinem am 13.8.2010 verkündeten Urteil, auf das wegen der weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 93 ff. GA), hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der 12 528,32 Euro aus §§ 675 Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB. Die Parteien hätten einen auf eine Werkleistung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 631 BGB zur Durchführung einer Sonderprüfung und der Erstellung eines Sonderprüfungsberichtes geschlossen. Vorliegend habe die Klägerin jedoch nicht das versprochene Werk hergestellt; laut dem von der Klägerin erstellten Prüfungsbericht sei keine der vertraglich vereinbarten Sonderprüfungen durchgeführt worden. Ebenso lasse sich der Rechnung der Klägerin nicht entnehmen, welche Prüfungstätigkeiten die Klägerin bei der Beklagten durchgeführt haben könnte. Zudem habe die Klägerin die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht vollständig ausgenutzt. Mit Hilfe des Beugemittels des Zwangsgeldes wäre die Klägerin in der Lage gewesen, ihre Rechte gegenüber dem Vorstand der Beklagten nach § 145 AktG durchzusetzen. Die Klägerin habe die gerichtliche Entscheidung über den von ihr gestellten Antrag nicht abgewartet, sondern vorzeitig zurückgenommen. Vor der Ausschöpfung dieses Zwangsmittels sei die Sonderprüfung nicht abgeschlossen gewesen. Die Klägerin könne von der Beklagten daher nicht die vertraglich vereinbarte Vergütung für ihre Tätigkeit verlangen.

Gegen dieses der Klägerin am 24.8.10 zugestellte Urteil hat sie mit einem beim Oberlandesgericht Düsseldorf am 20.09.10 eingegangenen Schriftsatz die Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.11.10 mit einem am 18.11.10 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung verfolgt sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag vollumfänglich weiter.

Sie meint, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der werkvertragliche Erfolg nur dann vorliegen könne, wenn die von der Hauptversammlung vorgegebenen Inhalte inhaltlich beantwortet würden. Der Auftrag des Sonderprüfers könnte unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch in einem früheren zeitlichen Stadium beendet sein. Solche Umstände seien vorliegend gegeben. Besonders zu berücksichtigen sei dabei, dass der Vorstand sich hinsichtlich der Erteilung von Informationen gesperrt habe. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, das Zwangsmittelverfahren fortzuführen. Es liege im Ermessen des Sonderprüfers, wann er von einer Berichtsreife ausgehe.

Der Leistungs- und Stundennachweis sei geeignet; die in Ansatz gebrachten Stunden stünden im Zusammenhang mit der beauftragten Tätigkeit. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe den Großteil der geltend gemachten Stunden anerkannt, da sie mit ihrem Schreiben vom 8.10.2009 nur wenige Beanstandungen vorgebracht habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Duisburg vom 25.6.2010 die Beklagte zu verurteilen, an sie 12 528,32 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2009 zu zahlen, sowie die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere, nicht erstattungsfähige außergerichtliche Kosten in Höhe von 703,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags verteidigt sie die landgerichtliche Entscheidung als zutreffend. Sie ist der Ansicht, ein Vergütungsanspruch der Klägerin bestehe nicht, da sie die Prüfung nicht durchgeführt, sondern vorzeitig abgebrochen habe. Sie habe die Prüfung nicht vereitelt, vielmehr habe die Klägerin ihre Pflichten als Sonderprüfer verletzt. Die in Ansatz gebrachten Stunden seien nicht plausibel und unangemessen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 18.11.2010 (Bl. 129 ff. GA) sowie auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 20.1.2011 (Bl. 164 ff. GA) Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

I. Der Klägerin steht aus §§ 675 Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB ein Vergütungsanspruch in Höhe von netto 8.155 € zu.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der erstellte Prüfungsbericht (Anlage K 12) nicht den Werkerfolg darstellt.

Es handelt sich bei der Tätigkeit der Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG um eine Geschäftsbesorgung, die auf die Erbringung einer Werkleistung gerichtet ist (Hüffer, 9. A., § 142 AktG Rn. 12). Grundsätzlich ist daher ein Erfolg der Prüfungstätigkeit geschuldet. Dieser Erfolg ist nur dann herbeigeführt, wenn der Prüfungsauftrag erfüllt wird.

Der Prüfungsauftrag ergibt sich vorliegend aus der Beauftragung der Klägerin entsprechend ihrem Angebot vom 5. August 2009 (Anlage K 4). Danach war eine Vielzahl von Einzelfragen zu prüfen und zu beantworten. Der Prüfungsbericht vom 10.9.2009 beantwortet keine der Fragen. Er führt selbst aus, dass die Prüfer nicht in der Lage sind, "ein Prüfungsurteil abzugeben" (S. 8 oben, S. 9 unten des Prüfungsberichts). Der Vergleich zwischen Auftrag und Bericht zeigt, dass der vereinbarte Leistungserfolg nicht erreicht wurde.

Der Prüfungsbericht stellt letztlich nur fest, dass eine Prüfung nicht möglich war. Die (behauptete) Darlegung der Unmöglichkeit der Leistungserbringung steht aber dem zu erstellenden Werk nicht gleich.

2. Der Klägerin stehen Vergütungsansprüche auch nicht aus § 643 BGB i. V. mit Ziff. 13 ihrer AGB (Anlage K 11) zu. Ausdrücklich gekündigt hat sie ohnehin nicht. Allerdings hat sie durch die Einstellung der Tätigkeit in Verbindung mit der Übersendung der Schlussrechnung deutlich gemacht, zu einer weiteren Tätigkeit nicht bereit zu sein. Letztlich kann aber dahinstehen, ob darin eine Kündigung des Vertrags zu sehen ist. Soweit Ziff. 13 der AGB bei der Verletzung der Mitwirkungspflichten das Recht zur fristlosen Kündigung ohne weitere Formalitäten vorsieht, ist die Regelung mit § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB - der auch auf Verträge mit Unternehmern anwendbar ist, vergl. § 310 Abs. 1 BGB - nicht vereinbar. Die Kündigung eines Vertrags hat weitreichende Folgen. Dementsprechend sieht § 643 BGB vor, dass vor der Kündigung wegen unterlassener Mitwirkung eine Fristsetzung erfolgt. Das ist gerade im Bereich von Mitwirkungshandlungen, bei denen häufig eine Unklarheit besteht, was verlangt wird, von besonderer Bedeutung. Auch kommt dem Umstand, dass nach § 309 Nr. 4 BGB im Verbraucherbereich eine Freistellung von der Mahnung grundsätzlich nicht in Betracht kommt, zumindest indizielle Bedeutung für die Unwirksamkeit der gewählten Klausel bei (vergl. BGH NJW 2007, 3774). Die Klägerin war vorliegend zu einer Kündigung daher nur unter entsprechender Fristsetzung berechtigt.

Diese war insbesondere auch nicht im Hinblick auf die vorgetragene fehlende Bereitschaft der Organe zur Mitwirkung entbehrlich. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass hier ein Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse der Auftraggeberin (wenn auch die Auftragsvergabe durch die Minderheitenaktionärin erzwungen war) und den Organen der Beklagten bestand. Es war daher in besonderem Maße erforderlich, sowohl den Organen als auch den Aktionären deutlich zu machen, dass der Auftrag nicht weiter ausgeführt wird. Zudem war auch erforderlich, im Einzelnen zu spezifizieren, welche Mitwirkungshandlungen gefordert werden, auch wenn grundsätzlich eine umfassende Auskunftserteilungspflicht besteht. Weiter ist zu berücksichtigen, dass auch bei zunächst fehlender Mitwirkung gesetzliche Möglichkeiten bestanden, eine solche durch die Einleitung von Zwangsgeldanträgen zu fördern. Das hat die Klägerin selbst so gesehen, umso überraschender war die Einstellung der Tätigkeit ohne Durchführung der bereits eingeleiteten Zwangsmaßnahme. Auch unter diesem Gesichtspunkt war die vorherige Fristsetzung vor einer Auftragskündigung erforderlich.

3. Eine solche Fristsetzung ist daher im Falle der Lösung vom Vertrag wegen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten auch für sonstige in Betracht kommenden Rechte der Klägerin aus § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage), § 314 BGB sowie den Rechten aus §§ 323 ff. BGB erforderlich (vergl. Palandt-Sprau, 70. A., § 643 BGB Rn. 1).

4. Vergütungsansprüche der Klägerin ergeben sich jedoch im Hinblick auf die Beschlussfassung der Beklagten vom 22.10.2009, mit der die Aufhebung der Sonderprüfung beschlossen wurde, nach § 649 BGB.

a) Dabei führt eine entsprechende Beschlussfassung nicht zwangsläufig zur Beendigung eines Auftragsverhältnisses (vergl. Müko-Schröer, 2. A., § 142 AktG Rn. 90). Nach dem Sachvortrag der Beklagten ist neben der Beschlussfassung auch der Widerruf der Bestellung des Sonderprüfers erfolgt. Ansprüche auf Auslagenersatz und Vergütung werden durch den Widerruf der Bestellung grundsätzlich nicht berührt (Hüffer, Aktiengesetz, 9. A., § 142 AktG Rn. 34).

b) Auf ein Recht zur außerordentlichen Vertragsbeendigung hat sich die Beklagte nicht ausdrücklich berufen. Allerdings macht sie Pflichtverletzungen der Klägerin geltend. Zur Vertragsbeendigung berechtigende Gründe liegen nicht vor, so dass weder ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bestand noch Gegenansprüche der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch aus § 280 BGB (culpa in contrahendo) bestehen, mit denen sie aufrechnen könnte.

aa) Insbesondere hat die Klägerin keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geboten (vergl. auch § 142 Abs. 4 S. 1 AktG). Sie hat unwidersprochen vorgetragen, vor der Beauftragung weder die Minderheitenaktionärin noch deren Prozessbevollmächtigen gekannt zu haben (Bl. 64 GA). Auch hat die Beklagte, vertreten durch ihren stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden, den Auftrag erteilt, ohne Einwände zu erheben (vergl. Anlage K 6). Ein vom Mehrheitsaktionär am 5.8.2009 eingeleitetes Ersetzungsverfahren gem. § 142 Abs. 4 AktG wurde nicht zu Ende geführt, so dass sich auch insoweit keine Gründe ergeben haben, die einen Ablehnungsgrund ergeben.

Auch im Fortgang des Verfahrens haben sich keine Gründe für eine Parteilichkeit der Klägerin ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin aus ihrem Auftrag verpflichtet war, die Sonderprüfung durchzuführen, auch wenn diese Maßnahme vom Mehrheitsaktionär als nicht sachdienlich angesehen wurde. Die Klägerin war insbesondere nicht gehalten, vor der Aufnahme der Tätigkeit eine Entscheidung des Ersetzungsverfahrens abzuwarten. Die gesetzlichen Vorschriften enthalten keine Bestimmung über eine aufschiebende Wirkung eines solchen Antrags. Diese ist auch nicht aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen geboten. Vielmehr zeigt bereits die kurze Antragsfrist des § 142 Abs. 4 S. 2 AktG, dass eine Sonderprüfung möglichst zügig durchgeführt werden soll. Es ist letztlich das Risiko des Sonderprüfers, wenn er seine Tätigkeit aufnimmt, obwohl Gründe für eine Befangenheit vorliegen. Das kann im Wege der Schadensersatzforderung seinen Vergütungsanspruch schmälern oder beseitigen. Allein die Aufnahme einer vertraglich geschuldeten Tätigkeit begründet keine Besorgnis der Befangenheit, sondern ist gerade geschuldet.

Eine Pflichtverletzung der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sie entsprechend ihrer email vom 10.8.2009 ohne Eingrenzung des Besprechungsgegenstandes eine Terminabsprache begehrt hat und in der Folgezeit versucht hat, durch ein unangemeldetes Aufsuchen der Geschäftsräume der Beklagten Auskünfte zu erlangen.

Der Sonderprüfer hat gem. § 145 AktG umfassende Prüfungsbefugnisse. Er kann Auskunft verlangen umfassend in die Bücher der Gesellschaft Einblick nehmen. Dabei muss die Auskunft - anders als die Einsichtnahme - zwar nur hinsichtlich solcher Vorgänge erteilt werden, die für die sorgfältige Prüfung notwendig sind. Dazu ist allerdings eine umfassende Auskunft erforderlich; die Auskunftsperson kann nicht verlangen, nur auf gezielte Fragen Auskunft zu geben (Hüffer, 9. A., § 145 AktG Rn. 4). Dementsprechend kann der Auskunftspflichtige nicht verlangen, dass ihm ein entsprechender Fragenkatalog bzw. eine Liste der begehrten Unterlagen vorgelegt wird. Es ist grundsätzlich in das Ermessen des Prüfers gestellt, wie er die Prüfung vornimmt. Weder aus der Anfrage, einen Termin zur Besprechung der Sonderprüfung zu vereinbaren noch aus den nachfolgenden Terminvereinbarungsverlangen ergibt sich daher eine Pflichtverletzung.

Da der Sonderprüfer umfassend Einsicht in die Gesellschaftsunterlagen verlangen kann, ist das persönliche Erscheinen im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Terminvereinbarung - ungeachtet der Frage der Vergütungspflicht dieses Vorgangs - jedenfalls nicht geeignet, den Rückschluss auf eine Befangenheit zuzulassen.

Gleiches gilt für den Zwangsgeldantrag vom 14.8.2009 gegen die Vorstandmitglieder der Beklagten. Ohnehin begründet die Beantragung eines rechtlich vorgesehenen Zwangsmittels im allgemeinen keine Pflichtverletzung, selbst wenn die Maßnahme im Verlauf einer gerichtlichen Prüfung keinen Bestand hat. Die Beantragung war jedenfalls nicht willkürlich, weil die Beklagte mit Schreiben vom 12.8.2009 (Anlage B 4) deutlich gemacht hat, dass sie vorerst zu einer Auskunftserteilung nicht bereit war.

Auch wenn sich aus der Sicht des Mehrheitsaktionärs die Sonderprüfung als nicht vom Aktionärsinteresse getragen darstellte, lag ein wirksamer Bestellungsbeschluss und eine entsprechende Beauftragung vor. Es war nicht die Aufgabe der Klägerin, dem von der Beklagten vorgetragenen Hintergrund der Auseinandersetzung der Aktionäre Rechnung zu tragen, sondern sie hätte den erteilten Auftrag zügig auszuführen.

Auch der Umstand, dass die Klägerin ausweislich des anwaltlichen Schreibens des Bevollmächtigten der Minderheitenaktionärin vom 17.8.2009 (Anlage B 5) diesen über die Einwände der Beklagten informiert hatte, stellt keine Pflichtverletzung dar. Zwar sieht § 145 Abs. 6 AktG nur die schriftliche Unterrichtung über das Ergebnis der Prüfung vor. Über inhaltliche Ergebnisse hat (und konnte) die Klägerin jedoch nicht berichtet, sondern lediglich über ihrer Auffassung nach bestehende Prüfungserschwernisse.

6. Der Klägerin steht damit dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch zu. Dieser ist allerdings nicht im geltend gemachten Umfang begründet.

Gerade im Hinblick auf die bei und nach Auftragserteilung erkennbaren Schwierigkeiten war die Klägerin gehalten, diese bei den von ihr vorgenommenen Maßnahmen zu berücksichtigen. Tätigkeiten, die vergleichbar § 670 BGB als erforderlich anzusehen sind, konnte sie jedoch entfalten. Die Beklagte bestreitet dabei nicht (mehr), dass grundsätzlich die Beklagte Tätigkeiten entfaltet hat (vergl. Bl. 174 Ziff. 3 Abs. 3 GA), sieht diese allerdings als nicht abrechenbar an.

Hinsichtlich der von der Beklagten angegriffenen Stunden gilt folgendes:

a) Die Klägerin war berechtigt, eine Prüfungsstrategie zu entwerfen und zu beraten. Auch wenn die Beklagte das Verhalten der Klägerin als "unkoordiniert" (Bl. 41 GA) ansieht, ist evident, dass eine solche Prüfungsmaßnahme, die unter der Einbeziehung weiterer Personen durchgeführt wird, der Besprechung bedarf.

Zutreffend ist allerdings der Einwand der Beklagten, dass nicht ersichtlich ist, weshalb die Erstellung der Prüfungsstrategie für die Mitarbeiter mit unterschiedlichen Stundenzahlen abgerechnet wurde. Die Klägerin hat auf die entsprechende Rüge der Beklagten (Bl. 43 oben GA) hin nicht weiter vorgetragen. Der pauschale Beweisantritt zur "Richtigkeit und Ordnungsgemäßheit" der abgerechneten Stunden (Bl. 65, 137 GA) ersetzt ein substantiiertes Vorbringen dazu, weshalb unterschiedliche Zeiten abgerechnet wurden, nicht. Es kann daher nur die Mindeststundenzahl von 2 Stunden abgerechnet werden.

Es sind folgende Stunden in Abzug zu bringen:

- H.: 1 h

- K.: 0,5 h

- S.: 0,5 h

b) Die Klägerin kann 7 Stunden für die Informationsbeschaffung abrechnen. Ohne ein Umfeldwissen ist regelmäßig eine Beurteilung der Gesellschaft nicht möglich. Der Sonderprüfer ist daher im allgemeinen berechtigt, Umfeldwissen zu recherchieren (vergl. Hüffer, 9. A., § 145 AktG Rn. 2 a. E.). Dabei sind Informationen wie z.B. die über die Beteiligungsverhältnisse, Solvabilität, die für die Gesellschaft tätigen Aufsichtratsmitglieder und die Tagesordnung vorgesehener Hauptversammlungen durchaus geeignet, auch hinsichtlich der hier anstehenden Fragen zur Prüfung und Beurteilung beizutragen. Insbesondere aber kommt es insoweit auch nicht auf das Ergebnis der Recherche an, sondern darauf, ob der Sonderprüfer in allgemein zugänglichen Quellen in der Erwartung von benötigtem Umfeldwissen recherchieren darf. Das ist regelmäßig - und so auch hier - zulässig und zweckmäßig, um sich ein unabhängiges Bild von den Verhältnissen der Gesellschaft zu machen. Dabei kann für die Angemessenheit der Untersuchung nicht nur auf die Anzahl der vorgelegten Dokumente abgestellt werden, sondern es ist auch zu berücksichtigen, dass die Recherche selbst und die Sichtung der Dokumente Zeit benötigt. Im Hinblick auf den umfänglichen Fragenkatalog der Beauftragung sind die angesetzten 7 Stunden angemessen.

c) Aus den gleichen Erwägungen war die Befassung mit dem Protokoll der Hauptversammlung vom 10.9.2009 zunächst grundsätzlich sachgerecht. Darüber hinaus war die darin enthaltene Information über ein Squeezeout der Minderheitenaktionärin auch zur Erfassung des Hintergrunds des Prüfungsauftrags ein sachdienliches Hintergrundwissen. Die angesetzte Stundenzahl ist angemessen, weil zu der Suche des Dokuments und dem Lesen auch die Bewertung der darin enthaltenen Informationen erfolgen muss.

d) Die Klägerin kann den Aufwand für den Besuch in den Geschäftsräumen der Beklagten vom 19.5.2009 nicht abrechnen. Eine Terminvereinbarung bestand nicht. Die Klägerin konnte im Hinblick auf die von ihr selbst vorgetragene fehlende Bereitschaft der Beklagten an einer Mitwirkung nicht davon ausgehen, Auskünfte zu erhalten oder Prüfungen vornehmen zu dürfen. Für sie war, wie sich auch aus dem Antrag auf Zwangsgeld vom 14.8.2009 ergibt, offensichtlich, dass keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit, insbesondere nicht ohne vorherige Absprache, bestand. Sie war daher zur Vermeidung unnötiger Kosten gehalten, diese Kosten nicht anfallen zu lassen. Sie waren für die Ausführung des Auftrags erkennbar nicht erforderlich (vergl. § 670 BGB). Insbesondere hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, dass das Amtsgericht den Erlass eines Zwangsgeldbeschlusses von einem vorherigen persönlichen Besuch abhängig macht.

Es sind daher folgende Stunden in Abzug zu bringen:

- H.: 2,5 h

- L.: 2,5 h

- Reisekosten 163 € (Anlage K 13).

e) In Abzug zu bringen sind weiter die Kosten für die Erstellung des Prüfberichts vom 8.9.2009. Die Klägerin hat selbst angegeben, dass sie erst auf der Grundlage des Treffens vom 10.9.2009 die Weiterbearbeitung des Auftrags als unmöglich angesehen hat. Es ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass bereits am 8.9.2009 Anlass zur Vorbereitung des Berichts bestand. Die Klägerin hat auf die Rüge der Beklagten nicht ergänzend vorgetragen. Der pauschale Beweisantritt zur "Richtigkeit und Ordnungsgemäßheit" der abgerechneten Stunden (Bl. 65, 137 GA) ersetzt ein substantiiertes Vorbringen nicht.

Die für den Mitarbeiter Heller angesetzten 5,5 h sind daher in Abzug zu bringen.

f) Weitere Angriffe gegen die Stundenaufstellung (Anlage K 15) sind von der Beklagten nicht vorgebracht worden (vergl. Bl. 41 - 43, 174 f. GA).

7. Für die einzelnen Mitarbeiter ergeben sich damit folgende Stundeabzüge:

H.: 9 h (1 h; 2,5 h, 5,5 h)

S.: 0,5 h

L.: 2,5 H

M.: kein Abzug.

K.: 0,5 h.

Weiter sind die Fahrkosten des Besuchs vom 19.5.2009 in Abzug zu bringen. Auf der Grundlage der klägerischen Abrechnung (Anlage K 13) ergibt sich dann ein Vergütungsanspruch in Höhe von netto 8.155 €.

8. Da die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag vorsteuerabzugsberechtigt ist (Bl. 9 GA), kann sie die Mehrwertsteuer auf die Nettobeträge nicht verlangen.

II. Der Zinsanspruch für die Hauptforderung ist aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB begründet. Die Beklagte ist aufgrund des Mahnschreibens der Klägerin vom 9.10.2009 (Anlage K 18) mit Fristsetzung bis zum 19.10. 2009 seit dem 20.10.2009 in Verzug.

Hinsichtlich der vorprozessualen Kosten ist der Anspruch ausgehend von einem Streitwert in Höhe der zugesprochenen Forderung in Höhe von 631,80 € begründet. Die Klägerin hat insoweit keine Mehrwehrsteuer verlangt (Bl. 9 GA). Der Zinsanspruch ist aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB im Hinblick auf das Mahnschreiben vom 2.11.2009 (Anlage K 21) mit Fristsetzung bis zum 5.11.2010 ab dem 6.11.2010 begründet.

Die Klägerin macht insoweit allerdings nunmehr der Höhe nach den Zinsanspruch aus § 288 Abs. 2 BGB geltend, während sie erstinstanzlich nur 5 % entsprechend § 288 Abs. 1 BGB verlangt hat. Das stellt eine Klageerweiterung dar, die allerdings i.S. des § 533 ZPO sachdienlich ist und nicht auf neue Tatsachen gestützt ist. Der Sachvortrag war daher zuzulassen.

III. Auf die erstinstanzlich (Bl. 44 GA) erklärte Hilfsaufrechnung hat sich die Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr berufen. Die Klägerin hat Sorgfalts- oder Nebenpflichten, die einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB begründen könnten, nicht verletzt, so dass ein solcher Anspruch auch materiell nicht gegeben ist.

IV. Die Kostentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es liegen keine Gründe nach § 543 Abs. 2 ZPO vor, die Revision zuzulassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 12.528,32 €.

R. S.-L. F.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 25.03.2011
Az: I-22 U 162/10


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