Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2011
Aktenzeichen: 24 W (pat) 506/11

(BPatG: Beschluss v. 01.03.2011, Az.: 24 W (pat) 506/11)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird festgestellt, dass in dem Verfahren über die Wiedereinsetzung der Markeninhaberin in die Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr für die Marke 399 30 329 bisher kein Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts ergangen ist und die Beschwerde deswegen gegenstandslos ist.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr in voller Höhe wird angeordnet.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin war als Inhaberin der Marke 399 30 329 in das Register eingetragen. Die Marke ist gemäß patentamtlicher Löschungsverfügung vom 29. Januar 2010 gemäß § 47 MarkenG wegen Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr gelöscht worden. Mit Schriftsatz vom 4. August 2010 hat die Markeninhaberin beim Deutschen Patentund Markenamt Wiedereinsetzung in die Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr beantragt. Daraufhin hat das Patentamt der Beschwerdeführerin einen auf den 30. September 2010 datierten "Beschluß" zugestellt, in dem es u.a. heißt, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsbühr nebst Verspätungszuschlag zurückgewiesen werde. Mit ihrer Beschwerde wollte die Markeninhaberin ihrem Wiedereinsetzungsantrag zum Erfolg verhelfen.

Der Senat hat die patentamtliche Akte beigezogen. Als Seite 24 enthält diese Akte die als Aktenexemplar gekennzeichnete Kopie eines an die Beschwerdeführerin gerichteten Übersendungsschreibens für einen Beschluß und als Seiten 25 bis 29 ein ebenfalls als Aktenexemplar gekennzeichneten Beschlußtext vom 30. September 2010, der als verantwortliche Stelle die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patentund Markenamts ausweist, keine Unterschrift trägt und endet mit den maschinendruckschriftlichen Angaben "Karzel", darunter: "Regierungsamtsfrau", darunter: "(Die Bearbeitung wurde vom Vorsitzenden gem. §§ 56 Abs. 3 Satz 3, 65 Abs. 1 Nr. 11 MarkenG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 13 WahrnV übertragen.)"

Auf Anfrage des Senats hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine Kopie des ihr zugestellten Beschlußtextes zu den Akten gereicht. Dieser Text ist inhaltlich mit dem bei der patentamtlichen Akte befindlichen Beschlußtext identisch, ist nicht als Ausfertigung gekennzeichnet und trägt keine Unterschrift.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig aber gegenstandslos.

1.1 Die Beschwerde ist zulässig, denn die Markenabteilung hat mit der Zustellung des vollständigen Textes eines Zurückweisungsbeschlusses bei der Beschwerdeführerin den Anschein erweckt, als sei unter dem 30. September 2010 ein wirksamer Beschluss ergangen, mit dem der Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen worden war. Schon dieser Anschein begründete für die Beschwerdeführerin eine formelle Beschwer, die sie nur im Wege der Beschwerde beseitigen konnte.

1.2 Die Beschwerde ist jedoch gegenstandslos, weil sie gegen einen unwirksamen Beschluß eingelegt worden ist. Denn weder der bei der patentamtlichen Akte befindliche Beschlußtext noch der gleichlautende Beschlußtext, der der Beschwerdeführerin zugestellt worden ist, ist ein beschwerdefähiger Beschluß i. S. v. § 66 Abs. 1 MarkenG, weil keiner dieser Texte die Unterschrift seiner Urheberin oder seines Urhebers trägt. Im schriftlichen Verfahren -wie hier -kommt ein Beschluß des Patentamts nur durch die Unterschrift derjenigen Person zustande, die die entsprechende Entscheidung getroffen hat (vgl. BPatGE 38, 16 f). Während verkündete Beschlüsse im Zeitpunkt der Verkündung existent und zugleich wirksam werden, wird im schriftlichen Verfahren der Beschluß erst existent, wenn er von seinem Urheber unterschrieben wird. Die Notwendigkeit einer solchen Unterschrift wird in § 20 Abs. 2 Satz 1 DPMAV vorausgesetzt, entspricht dem in § 126 Abs. 1 BGB enthaltenen allgemeinen Grundsatz und folgt im übrigen aus einer analogen Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften, denen zufolge Urteile und Beschlüsse unterzeichnet sein müssen, § 315 Abs. 1, § 329 Abs. 1 Satz2 i. V.m. §317 Abs. 2 Satz1 ZPO.

Auf die Frage, ob im patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren die Nachholung einer fehlenden Unterschrift unter einem von drei Mitgliedern der Markenabteilung zu unterzeichnenden Beschluß möglich ist (bejaht in dem Beschluß des Bundespatentgerichts vom 20. Mai 1992 -28 W (pat) 294/90)), kommt es hier nicht an; denn die hier in Rede stehenden Beschlußtexte tragen nicht etwa zu wenige, sondern überhaupt keine Unterschriften. Eine beschwerdefähige Beschlußfassung des Patentamts i. S. v. § 66 Abs. 1 MarkenG hat daher noch nicht stattgefunden, das patentamtliche erstinstanzliche Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag der Markeninhaberin ist noch nicht beendet.

2. Bei dieser Verfahrenslage ist es recht und billig, gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen. Mit der Zustellung eines Beschlusstextes, dem kein Beschluss zugrunde lag, hat das Patentamt den Anstoß zu einem Beschwerdeverfahren gegeben, das -entgegen der prozessualen Funktion des Beschwerdeverfahrens -nicht zu einer abschließenden Entscheidung in der Sache durch das Patentgericht führen konnte, sondern nur zu einer Fortsetzung des noch gar nicht abgeschlossenen, erstinstanzlichen patentamtlichen Verfahrens.

Zur klarstellenden Abgrenzung von dem Fall der Zahlung eines Betrages ohne Rechtsgrund, für dessen Erstattung in Teil A Nr. 301 500 Kostenverzeichnis zu § 2 Abs. 1 DPMA-Verwaltungskostenverordnung eine Gebühr von 10,-€ vorgesehen ist, wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall die Beschwerdegebühr mit Rechtsgrund gezahlt hat, weil die Beschwerdeerhebung als solche zulässig war. Das wurde bereits oben unter 1. festgestellt. Dass die Beschwerde wegen eines Verfahrensfehlers auf Seiten des Patentamts in der Sache gegenstandslos ist, lässt die Zulässigkeit der Beschwerde unberührt. Das Patentamt muss daher den Patentanmelderinnen die Beschwerdegebühr in voller Höhe erstatten.

Werner Viereck Paetzold Bb






BPatG:
Beschluss v. 01.03.2011
Az: 24 W (pat) 506/11


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