Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Oktober 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 153/00
(BPatG: Beschluss v. 23.10.2000, Az.: 30 W (pat) 153/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Mai 2000 aufgehoben.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Marke Abb. 1 am Endefür die Waren
"Elektrische und elektronische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und/oder Daten; Datenträger aller Art, insbes magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton, Bild und/oder Daten; CD-Rs (CD-Recordable Discs), CD-RW (CD-ReWritable) und DVD Discs".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß der Prüferin mit der Begründung zurückgewiesen, das Wort PrimeDisc stelle im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren eine beschreibende Angabe im Sinne eines besonders guten Datenträgers dar. Die graphische Ausgestaltung der Marke erschöpfe sich in der Verwendung einer von der Normalschrift abweichenden Schrifttype. Die Marke entbehre daher jeglicher Unterscheidungskraft und sei auch freihaltebedürftig und daher gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Die Markeninhaberin verweist zur Begründung der dagegen eingelegten Beschwerde auf ihren Vortrag vor der Markenstelle.
Sie beantragt, den angegriffenen Beschluß aufzuheben.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Die angemeldete Marke verfügt aufgrund ihrer graphischen Ausgestaltung über die nach § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. Ihrer Eintragung steht auch kein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel von Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 2000, 720-Unter Uns; LOGO). Grundsätzlich ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden.
Zur Beurteilung der Unterscheidungskraft mag hinsichtlich der vorliegenden Marke auf sich beruhen, ob dem Wort PRIMEDISC im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft zukommt oder nicht. Denn der angemeldeten Marke kann Unterscheidungskraft bereits aufgrund ihrer graphischen Ausgestaltung nicht jegliche abgesprochen werden. Denn die angemeldete Marke erschöpft sich nicht in der Wiedergabe des Wortes PRIMEDISC in einer eigentümlichen Schrift. Sie enthält darüber hinaus durch die häufige Verwendung von Halbkreisen und Kreissegmenten und zum Teil auch deren Anordnung zueinander die bildhafte Darstellung einer größeren Scheibe ("Disc") sowie bildhafte Anlehnungen an eine Reihe kleinerer Scheiben unterschiedlichen Durchmessers.
Zwar wird diese bildhafte Wirkung ausschließlich mit Hilfe solcher Linienführungen erzielt, die zugleich der schriftlichen Wiedergabe des Wortes PRIMEDISC dienen. Diese Linienführung ist doch gegenüber der ihr zugrunde liegenden Druckschrift derart abgewandelt, daß neben dem Wort auch bildhafte Inhalte vermittelt werden. Im einzelnen geschieht dies durch die bevorzugte Verwendung von Halbkreisen oder Kreissegmenten bei sieben der insgesamt neun Versalien, wobei kreissegmentförmige Rundungen ua auch dort verwendet werden, wo sie bei gewöhnlicher Druckschrift in der Regel nicht anzutreffen sind (s "M" und "E"). Die Halbkreise und Kreissegmente werden dabei gegenüber anderen Linien, wie insbesondere der Geraden, nicht nur größenmäßig hervorgehoben (wie beim "P", dem "R", insbes dem "D", aber auch dem unteren Bogen des "S"). Darüber hinaus werden die Halbkreise und Kreissegmente auch dadurch herausgehoben, daß andere für die Schrift nicht verzichtbare Strichführungen - also insbes die Gerade - dort, wo es möglich ist, deutlich verkürzt (so die untere senkrechte Gerade beim "P" und "R") oder ganz weggelassen wird (wie die Fortsetzung der senkrechten Geraden beim "P" und "R" im Bereich der "Bäuche" und vor allem die das "D" links begrenzende senkrechte Gerade). Durch die sich jeweils den Enden zu verjüngenden, der Mitte zu verstärkenden Linien der Halbkreise und Kreissegmente wird zusätzlich eine gewisse plastische Wirkung dergestalt erzielt, daß die dargestellten oder auch nur angedeuteten Scheiben eine entsprechende Stärke haben. Da die Scheiben nicht vollständig und insbesondere auch nicht naturgetreu dargestellt sind, sondern nur mehr oder weniger skizziert werden, liegt insoweit auch nicht eine rein bildhaft beschreibende Darstellung vor, so daß der Marke insgesamt die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.
Da die angemeldete Marke somit nicht nur aus einer beschreibenden Angabe bzw Darstellung besteht, liegt insoweit kein Freihaltebedürfnis vor, so daß insgesamt die Bestimmungen des § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG ihrer Eintragung nicht entgegenstehen, wobei sich der Schutz der Marke allerdings auch nur auf diese Besonderheiten bezieht.
Dr. Buchetmann Sommer Schwarz-Angelebr/Na Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/30W(pat)153-00.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 23.10.2000
Az: 30 W (pat) 153/00
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