Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2005
Aktenzeichen: 21 W (pat) 23/03
(BPatG: Beschluss v. 12.07.2005, Az.: 21 W (pat) 23/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 197 40 214.3 wurde am 12. September 1997 unter der Bezeichnung "Computertomograph" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 1. April 1999.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat die Anmeldung mit Beschluss vom 18. März 2003 nach Ablauf der Frist auf den letzten Prüfungsbescheid aus den Gründen des Bescheids vom 18. Juli 2002 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Anmelderin verfolgt ihr Patentbegehren mit den am 12. August 1998 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 7 weiter.
Der Patentanspruch 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt) lautet (nach Berichtigung eines offensichtlichen Schreibfehlers):
M1 1. Computertomograph mit M2 einem Meßsystem (1,3) zur Spiralabtastung eines Meßvolumens (V), M3 Mitteln (11) zur vorzugsweise digitalen Aufzeichnung des EKG-Signals eines zu untersuchenden Patienten während der Spiralabtastung, M4 zur Herstellung einer zeitlichen Korrelation zwischen der Spiralabtastung und dem EKG-Signal, und M5 zur Ermittlung solcher bei der Spiralabtastung gewonnener Datensätze auf Basis des aufgezeichneten EKG-Signals, die die Rekonstruktion eines Bildes gestatten und M6 zwischen zwei aufeinanderfolgenden R-Zacken des EKG gewonnen wurden, und M7 einem Rechner (8), M8 die auf Basis der die Rekonstruktion eines Bildes gestattenden und zwischen zwei aufeinanderfolgenden R-Zacken des EKG-Signals gewonnenen Datensätze jeweils ein Bild rekonstruieren.
Dem Anmeldungsgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, einen Computertomographen mit Spiralabtastung so auszubilden, dass eine scharfe Abbildung des Herzens erfolgt, siehe Beschreibungsseite 1 a vom 12. August 1998 im 1. Absatz.
Im Verfahren sind folgende Druckschriften:
D1 US 5 383 231 D2 US 4 182 311 D3 DE 196 27 166 A1.
Die Anmelderin hat keine schriftliche Beschwerdebegründung eingereicht und ist, wie schriftlich angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
Die Anmelderin beantragt gemäß Beschwerdeschriftsatz vom 17. April 2003, den Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben.
Sinngemäß liegt damit der Antrag vor, das Patent mit den dem Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle zugrundeliegenden Unterlagen zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Denn der Patentanspruch 1 enthält Änderungen, die - mangels Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen - den Gegenstand der Anmeldung erweitern, so dass diese infolge unzulässiger Erweiterung zurückzuweisen ist, §§ 38 Satz 1, 48 PatG.
Als zuständiger Fachmann ist hier ein Dipl.-Ing. der Fachrichtung Physik oder Elektrotechnik anzusehen mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Computertomographen.
Gemäß der Merkmalsgruppe M3 wird im Patentanspruch 1 ein Computertomograph mit Mitteln "zur vorzugsweise digitalen Aufzeichnung" eines EKG-Signals beansprucht.
In der ursprünglichen Beschreibung ist zur Aufzeichnung des EKG-Signals lediglich folgendes offenbart:
"Voraussetzung für die EKG-Triggerung ist, dass die EKG-Kurve in einem Rechner, vorzugsweise dem Host-Rechner 11 des Computertomographen, aufgenommen und digital gespeichert ist." (siehe Offenlegungsschrift, Sp 1, Z 65 bis 68)
"2. EKG-Aufzeichnung im Rechner und Markierung des Spiralanfangs auf der Zeitachse des EKG." (siehe Offenlegungsschrift, Sp 3, Z 24 und 25)
"3. Computertomograph nach Anspruch 1 oder 2, bei dem das EKG in einem Rechner (11) gespeichert und der Spiralanfang auf der Zeitachse des EKG's markiert wird." (siehe Offenlegungsschrift, Patentanspruch 3)
Demnach ist in den ursprünglichen Unterlagen die Aufzeichnung und die Speicherung oder digitale Speicherung des EKG-Signals in einem Rechner bekannt. Gemäß der Offenlegungsschrift, Spalte 1, Zeilen 67 wird nur die Aufnahme auf einem Rechner, vorzugsweise auf einem Host-Rechner, aber nicht die vorzugsweise digitale Aufzeichnung erwähnt.
Eine lediglich "vorzugsweise digitale Aufzeichnung des EKG-Signals" ist für den Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen somit nicht entnehmbar.
Damit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 unzulässig erweitert. Da über die Patentansprüche nur als Ganzes entschieden werden kann (vgl zur stRspr BGH GRUR 2002, 143, 146 - Suche fehlerhafter Zeichenketten), fallen mit dem Patentanspruch 1 auch die hierauf direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7.
Die unzulässige Erweiterung im Patentanspruch 1 ist zwar im Prüfungsverfahren nicht erörtert worden. Wer aber zu einer mündlichen Verhandlung freiwillig nicht erscheint, muss damit rechnen, dass mündlich auch Sachverhalte erörtert werden, die bisher schriftlich nicht dargelegt wurden. Er muss somit auch mit einer Änderung der Entscheidungsgrundlage rechnen. Dies liegt im Sinn einer mündlichen Verhandlung. Wer freiwillig nicht erscheint, der verzichtet damit auf die Wahrnehmung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör in mündlicher Form (siehe Schulte, PatG, 7. Aufl, Einleitung, Rdn 233-234 und BPatGE 46, 86 - Zahnrad-Getriebe).
Eine Prüfung des Senats hat aber auch ergeben, dass nach einem Entfernen nicht offenbarter Merkmale im Patentanspruch 1 eine Patentfähigkeit seines Gegenstandes im Hinblick auf die D1 nicht gegeben ist.
Dr. Winterfeldt Engels Dr. Häußler Dr. Morawek Be
BPatG:
Beschluss v. 12.07.2005
Az: 21 W (pat) 23/03
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