Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. Juli 2007
Aktenzeichen: VI-2 U (Kart) 13/05

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 18.07.2007, Az.: VI-2 U (Kart) 13/05)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des wei-tergehenden Rechtsmittels wird das am 30. September 2005 ver-kündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, 1.068.764,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2005 an die Klägerin zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)

A) Die Klägerin befasst sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Auskunftsverzeichnissen auf CD-Rom. Daneben unterhält sie einen Telefonauskunftsdienst.

Die Beklagte ist Deutschlands führendes Telefonkommunikationsunternehmen. Sie bot Sprachtelefondienste auf der Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze an und betrieb außerdem einen Telefonauskunftsdienst. Ende 2005 verfügte sie über mindestens 36 Millionen Teilnehmeranschlüsse. Die Tochtergesellschaft der Beklagten, die M… GmbH (M... GmbH), unterhielt einen eigenen telefonischen Auskunftsdienst unter einer 0190er-Nummer und gab in Zusammenarbeit mit regionalen Telefonbuchverlagen Telefonverzeichnisse in Print-Form (z.B. "Das Telefonbuch", ein deutschlandweit flächendeckendes und überregionales Telefonverzeichnis, bestehend aus 124 Bänden, die "Weißen Seiten", das regionale Branchenverzeichnis Gelbe Seiten, Das Örtliche, das den jeweiligen Regionalbereich abdeckt, ein Telefaxverzeichnis, etc.) heraus. Die Telefonbücher in Print-Form wurden kostenlos an die Endkunden abgegeben. Zudem vertrieb die M... GmbH Teilnehmerverzeichnisse auf CD-Rom, die im Wesentlichen die in den Printmedien veröffentlichten Daten in aufbereiteter Form enthielten.

Die Klägerin bezog ausweislich der Rechnungen vom 4. Oktober 2000 bis 27. Februar 2003 (Anlagenkonvolute K 3, K 4 und K 5) für die von ihr vertriebenen Datenträger (CD-ROM) und den von ihr betriebenen Telefonauskunftsdienst Informationen über Inhaber von Telefonanschlüssen (Teilnehmerdaten, das heißt z.B. Angaben über Namen, Anschriften und Telefonnummern) von der Beklagten. Mit der Klage erstrebt sie von der Beklagten unter anderem einen Bereicherungsausgleich wegen zu viel gezahlter Entgelte.

Die Beklagte errichtete und unterhielt Datenbanken. Die Kundendatenbank ANDI beinhaltete die Basisdaten, die die Beklagte im Rahmen der Vertragsschließung über einen Telefonanschluss von dem Kunden erlangte, also den Namen des Anschlussinhabers, die Anschrift, Wohnort und Postleitzahl sowie die zugeteilte Telefonnummer. Darüber hinaus enthielt sie zusätzliche Kundendaten wie die Teilnehmerart, Titel sowie Vertragsdaten (Geburtsdatum, Rechnungsadresse, Rückrufnummer, Abbuchungsangaben, wie z. B. Konto, Kontoinhaber, Bankleitzahl, Buchungskonto). Die Datenbank DaRed beruhte auf der Kundendatenbank der Beklagten ANDI. Sie diente der Beklagten dazu, Teilnehmerdaten für Verzeichnisse und Auskunftsdienste bereit zu stellen. Die Beklagte nutzte die Datenbank DaRed auch für ihren eigenen Telefonauskunftsdienst und stellte die Daten ihrer Tochtergesellschaft, der M... GmbH, unter anderem zum Zwecke des Betriebes des eigenen Auskunftsdienstes und der Herausgabe von Telefonbüchern zur Verfügung. Auf Antrag beziehen Telefonnetzbetreiber (Lizenznehmer) und Dritte die Teilnehmerdaten von der Beklagten. Die später in DaRed (Datenredaktion) umbenannte Datenbank BUDI war eine sogenannte Offline-Datenbank (die Daten wurden auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt, einschließlich der Möglichkeit, Daten im Internet online herunterzuladen). Die Datenbank enthielt sogenannte Grunddaten aber auch Zusatzdaten über die Teilnehmer. Die Grunddaten (5 Datenfelder) stellte die Beklagte nur gemeinsam mit den Zusatzdaten (70 Datenfeldern) zur Verfügung. Zusätzlich enthielt die Datenbank Exklusivdaten, die ausschließlich der Tochtergesellschaft der Beklagten zur Verfügung gestellt werden. Ferner wurden in die Datenbank DaRed von Mobilfunkdienstleistern und anderen Teilnehmernetzbetreibern der Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellte Daten eingestellt.

Gegenstand des Vertrags vom 8. September 2000 zwischen der Klägerin und der Beklagten war die Offline-Nutzung der Datenbank DaRed durch die Klägerin. Die Beklagte unterschied in § 4 des Vertrages zwei Nutzungskategorien, nämlich die telefonische Auskunftserteilung und die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen (Telefonbüchern). Die im DaRed-Vertrag verabredeten Entgelte waren abhängig von der Anzahl der vorkommenden Nutzungen, insbesondere bei der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen von der Höhe der Auflage und bei der Auskunftserteilung von der Anzahl der Zugriffe. Auf den Inhalt des Vertrages (Anlage K1) wird Bezug genommen.

Das Bundeskartellamt betrieb unter anderem wegen überhöhter Entgelte bei der Teilnehmerdatenüberlassung gegen die Beklagte ein Missbrauchsverfahren (Az. B 7 - 76/98; Abmahnung vom 2. 11.1998 = Anlage B 6 im Anlagenhefter S. 74 ff). Das Amt stellte das Verfahren durch Verfügung vom 13. Januar 1999 (Anlage B 7) ein, nachdem die Beklagte sich bei teilweiser Abänderung durch Schreiben vom 22. Dezember 1998 der Abmahnung vom 2. November 1998 unterworfen hatte. Auf den Inhalt der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998, wie sie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 2006, (Az. KZR 29/05, Umdruck S. 5 = WuW/E DE-R 1829, 1830) ergibt, wird Bezug genommen. Dies führte zu einer Ermäßigung der für das Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten (auch) von der Klägerin zu leistenden Entgelte. Bis zum Ende des Jahres 2002 legte die Beklagte auf Grund der Einstellungsverfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 1999 (Anlage B 7) in Verbindung mit der Unterwerfungserklärung vom 22. Dezember 1998 jährlich Kosten in Höhe von 176 Mio. DM (89,9 Mio. €) für die Überlassung von Standardteilnehmerdaten und ab dem 1. Januar 2003 auf Grund einer in einem weiteren Missbrauchsverfahren ergangenen Einstellungsverfügung vom 18. September 2003 (vgl. Anlage K 9) insgesamt 49,0 Mio. € im Jahr auf Datenabnehmer um.

Diese Summen beinhalteten die jährlichen Kosten für die DaRed-Datenbank einschließlich Abschreibungen, Zinsen, Betriebs- und Wartungskosten und Datenbankentwicklungskosten, abzüglich der Kosten für die Exklusivdaten, die allein den Tochterunternehmen der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden, die Pflegekosten für den Datenbestand in der DaRed-Datenbank, gekürzt um die Pflegekosten für die Exklusivdaten und die Überlassungskosten in Form von Kosten für die Auftragsabwicklung, die Datenbereitstellung und Fakturierung sowie die Kosten für das Management, die Kundenbetreuung und die Auftragsannahme.

Mit Beschluss vom 17. August 2005 verfügte die Bundesnetzagentur eine Absenkung der von der Beklagten gegenüber den Abnehmern von Teilnehmerdaten abrechenbaren jährlichen Überlassungskosten um ca. 98% von 49 Mio. € auf 770.000 €. Als anerkennungsfähige Gesamtkosten im Sinne des § 47 TKG n.F. sah die Bundesnetzagentur die Kosten der Auftragsabwicklung, Datenbereitstellung, das Management Datenredaktion, die Kundenbetreuung und Auftragssteuerung, die Fakturierung zzgl. eines Sicherheits- und Erheblichkeitszuschlags von jeweils 10 % an.

Durch Urteil vom 25. November 2004 entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Rs. C -109/03) unter anderem, dass nach Maßgabe des einschlägigen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs der Universaldienstanbieter für die Überlassung von Teilnehmerdaten (ONP-Richtlinie) nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten an Dritte in Rechnung gestellt werden können.

Da das Urteil des EuGH weiter geht als die Unterwerfungserklärung der Beklagten gegenüber dem Bundeskartellamt, ermittelt die Klägerin sich zu ihren Gunsten einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch für den Zeitraum von Oktober 2000 bis Februar 2003 in Höhe von 1.136.045,32 € inklusive Umsatzsteuer. Einen Betrag von 111.688,63 € aus dem Vertragsjahr 2002/2003 hat die Klägerin an einen Dritten abgetreten. Auf Grund der ihr übersandten Rechnungen vom 4. Oktober 2000 bis einschließlich 27. Februar 2003 zahlte die Klägerin für die Überlassung des Teilnehmerdatenbestandes auf CD-ROM aus der Datenbank DaRed und die Nutzung der Daten an die Beklagte folgende Beträge, wobei die Abtretung in der nachfolgenden Aufstellung berücksichtigt ist:

Rechnung Rechnungsbetrag ohne Ust. Rechnungsbetrag mit Ust. Rechnung vom 4.10.2000 800.349,83 DM (= 409.212,37 €) 928.405,80 DM (= 474.686,35 €, davon 65.473,98 € USt.) Gutschrift vom 13.03.2001 - 55.814,52 € - 64.744,84 € Rechnung vom 28.03.2001 855,51 € 992,39 € Gutschrift vom 24.04.2001 - 855,51€ - 992,39 € Rechnung vom 26.09.2001 381.423,62 € 442.451,40 € Gutschrift vom 20.2.2002 - 38.538,95 € - 44.705,18 € Rechnung vom 25.09.2002 375.539,04 € abzüglich abgetretener 96.283,30 € =279.255,74 € 435.625,29 € abzüglich abgetretener 111.688,63 € = 323.936,66 € Rechnung vom 27.02.2003 2.253,15 € 2.613,65 € Summe der geleisteten Zahlungen 1.054.869,31 € 1.134.238,04 € (nicht 1.136.045,32 €)

Mit der am 17. März 2005 zugestellten Klage hat die Klägerin - gestützt auf bereicherungsrechtliche und schadensersatzrechtliche Ansprüche - die Rückzahlung der von ihr an die Beklagte geleisteten Beträge begehrt. Sie ist der Ansicht gewesen, bei richtlinienkonformer Auslegung des in § 12 TKG a.F. enthaltenen Begriffes "angemessenes Entgelt" habe die Beklagte bei der Überlassung von Teilnehmerdaten nur die bloßen, für das Zurverfügungstellen der Daten entstehenden Kosten in Rechnung stellen dürfen. Insbesondere habe die Beklagte für die Nutzung der überlassenen Daten nichts, sondern nur ein Entgelt berechnen dürfen, das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung im Sinne von § 12 TKG a.F. orientiere. Anderslautende Entgeltabreden seien wegen Verstoßes gegen ein bei richtlinienkonformer Auslegung in § 12 TKG a.F. zu erkennendes gesetzliches Verbot nichtig.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.136.045,32 € nebst Zinsen in Höhe von in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist den Rechtsansichten der Klägerin entgegengetreten. Sie hat sich im Wesentlichen wie folgt verteidigt: Die Klägerin sei als Dritte im Sinne von § 12 Abs. 2 TKG a.F. anzusehen, der für die Überlassung von Teilnehmerdaten ein angemessenes und nicht nur ein an den Kosten orientiertes Entgelt habe in Rechnung gestellt werden dürfen. Abgesehen davon sei die Entgeltregelung, die im Verfahren vor dem Bundeskartellamt ermittelt worden sei, auch für die Klägerin verbindlich. Die von ihr umgelegten Kosten seien nicht überhöht, sondern untersetzt. Die tatsächlichen Kosten der effizienten Bereitstellung hätten in den Jahren 2002 bis 2004 ca. 92.268.819,00 € betragen. Die von der Klägerin vertretene Auslegung des § 12 TKG messe der Richtlinie 98/10/EG überdies eine Bedeutung zu, die auf eine unzulässige Richtliniengeltung zwischen Privaten hinauslaufe. Unabhängig davon würden dadurch ihre, der Beklagten, Urheberrechte an der Datenbank verletzt. Im Übrigen habe die Klägerin in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet. Die Beklagte hat gegenüber den Ansprüchen der Klägerin auch die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert, weil die Entgeltbestimmung wegen Verstoßes gegen § 12 TKG a.F. gemäß § 134 BGB nichtig sei. Die Beklagte verfüge als Teilnehmernetzbetreiberin über eine besonders starke Marktstellung auf dem Markt für Teilnehmerdaten, die durch das kostenlose Zurverfügungstellen der Daten der anderen Mobilfunknetz- und Festnetzbetreiber noch verstärkt werde. Die Beklagte sei lediglich berechtigt, die Kosten des tatsächlichen Zurverfügungstellens der Teilnehmerdaten in Rechnung zu stellen. § 12 TKG sei ungeachtet seines Wortlauts richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie ONP II 98/10/EG sei der Entgeltmaßstab insoweit vorgegeben, als nur die Kosten einer effizienten Bereitstellung berechnet werden dürften. Die Einrede der Verjährung sei unbegründet, denn die Frist sei erst durch das Urteil des EuGH in Gang gesetzt worden. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts wird Bezug genommen.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung.

Sie vertieft und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt die von ihr erhobenen Entgelte, die Maßstäbe und die in Ansatz gebrachten Bemessungsfaktoren. Kartellrechtliche Schadensersatzforderungen sind nach ihrer Meinung aus sachlichen Gründen nicht gegeben. Sie vertritt die Auffassung, der Klägerin stünden auch bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen sie, die Beklagte, nicht zu. Die Entgeltbestimmung entspreche den in Bestandskraft erwachsenen Vorgaben des Bundeskartellamts und der Bundesnetzagentur. Sie habe auf Grund dieser Vorgaben über keinen Entscheidungsspielraum bei der Entgeltbemessung verfügt. In das Entgelt müssten auch die Kosten für die Errichtung und Pflege der Datenbank sowie die Kosten der Beschaffung der Daten einfließen. Zudem spreche der Wortlaut des § 47 Abs. 4 TKG n.F. (2004) dafür, dass sie, die Beklagte, nicht nur einen Aufwendungsersatz für die Übergabekosten verlangen könne, sondern ein Entgelt als Gegenleistung für die Nutzungen berechnen dürfe, die der Datenabnehmer aus den Teilnehmerdaten ziehen könne. Dies sei auch die Auffassung des Bundeskartellamts und der Regulierungsbehörde zu § 12 TKG a.F. gewesen, weshalb ihr, der Beklagten, kein Verschulden zur Last falle. Sie habe im Übrigen darauf vertrauen dürfen, dass sie von Dritten ein angemessenes und marktübliches Entgelt verlangen dürfe. Dafür spreche bereits der Wortlaut des § 12 Abs. 2 TKG. Die Vorschrift könne nicht richtlinienkonform ausgelegt werden, denn diese Auslegung erfolge contra legem. Es handele sich um kein Verbotsgesetz. Unabhängig hiervon behauptet die Beklagte, die Klägerin habe angeblich überhöhte Überlassungsentgelte - insbesondere einen Schaden ausschließend - ihren Kunden weiterberechnet. Im Übrigen beruft sie sich auf einen Grundrechtsschutz.

Die Beklagte behauptet ferner, die Datenbank DaRed diene ausschließlich dem Zweck, die Daten Auskunftsdienstleistern und Verzeichnisherausgebern nach deren jeweiligen Aktualitätsbedürfnissen zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grunde handele es sich bei den auf die Auskunftsdienstleister und Verzeichnisherausgeber umgelegten Kosten der Datenbank DaRed nicht um "Sowiesokosten".

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie ergänzt unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Vortrags ihr Vorbringen im Wesentlichen wie folgt: Eine Herausgabe von Telefonverzeichnissen auf der Grundlage der Datenbank ANDI sei nicht möglich, da die Datenbank auch die Vertragsdaten der Telefonkunden enthalte, die mit einer Weitergabe nicht einverstanden seien. Zudem habe die Beklagte selbst vorgetragen, dass sie die in der Datenbank DaRed gespeicherten Exklusivdaten ausschließlich an ihre konzernangehörige Tochtergesellschaft, die M… GmbH, weitergebe. Daraus folge, dass es sich bei den Kosten der Datenbank DaRed um "Sowiesokosten" handele.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B) Die Berufung der Beklagten hat nur einen Teilerfolg.

I. Die Klage ist in der Hauptsache überwiegend begründet. Hinsichtlich der für das Jahr 2000 beanspruchten Rückzahlung der Umsatzsteuer in Höhe von 65.473,98 € (= 128.055,97 DM) und der mit der Klage begehrten Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz (anstatt 5 % Zinsen über dem Basiszins) ist sie unbegründet.

Die Beklagte hat der Klägerin unter den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und der Bereicherung 1.068.764,06 € an zuviel gezahlten Entgelten für die Überlassung von Teilnehmerdaten zu erstatten.

a) Die Beklagte hat der Klägerin für den Zeitraum von Oktober 2000 bis Ende Februar 2003 wegen missbräuchlicher Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung nach §§ 33 Satz 1, 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB in der Fassung der 6. GWB-Novelle Schadensersatz zu leisten.

Für den streitgegenständlichen Anspruchszeitraum vom 4. Oktober 2000 bis zum 27. Februar 2003 ist die Schadensersatzforderung auf die Tatsachenfeststellungen im Verwaltungsverfahren B7 - 76/98 des Bundeskartellamts zu stützen, die in der Abmahnung vom 2. November 1998 zusammengefasst worden sind, soweit sie für den Klagezeitraum noch relevant sind. Die Klägerin hat sich bereits in der Klageschrift ausdrücklich auf das Verfahren vor dem Bundeskartellamt berufen (vgl. Klageschrift Seite 7).

(1.) Die Beklagte war auf dem Markt für die Überlassung von Teilnehmerdaten im Jahre 1998 marktbeherrschend im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2 GWB. Das geht aus den Feststellungen des Bundeskartellamts hervor (Abmahnung S. 9, 38 ff., 42 f., 50). Beim sachlich relevanten Markt handelt es um den Markt für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten für Zwecke der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen und der Erbringung von Auskunftsdienstleistungen. Der Markt ist bundesweit abzugrenzen. Wie außer Streit steht, verfügte die Beklagte aufgrund dessen, dass sie Sprachtelefondienstleistungen an die Öffentlichkeit in einem seit langem bestehenden Festnetz (bis zum 31. Dezember 1999 gestützt auf ein gesetzliches Monopol) vertrieb, um die Jahreswende 1997/1998 über etwa 40 Mio. Teilnehmerdatensätze. Dies entsprach einem Marktanteil von deutlich mehr als 90 %. Die Beklagte hatte nach dem ausdrücklich nicht bestrittenen Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch in den Jahren 2000 bis 2003 noch einen sehr hohen Marktanteil von mindestens 90 %. Die Klägerin war beim Betrieb ihres Telefonauskunftdienstes und bei der Herausgabe von elektronischen Teilnehmerverzeichnissen infolgedessen auch in den Jahren 2000 bis 2003 noch davon abhängig, von der Beklagen mit Teilnehmerdaten beliefert zu werden. Auf dem Markt für die Überlassung von Teilnehmerdaten war die Beklagte keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt, mindestens aber nimmt sie eine überragende Markstellung ein. Andere Unternehmen (Netzbetreiber im Fest- und Mobilfunknetz) verfügten nicht über eine vergleichbare Zahl an Datensätzen (von über 40 Mio.) wie die Beklagte noch über Daten einer entsprechenden Aktualität. Da die Beklagte auf dem (nachgelagerten) Markt der Versorgung der Öffentlichkeit mit Sprachtelefoniedienstleistungen (Telekommunikationsmarkt) mit ca. 36 Mio. die meisten Teilnehmeranschlüsse stellt, der Marktanteil der Beklagten in den Jahren 2000 bis 2003 strukturbedingt noch deutlich über 90% lag (vgl. XIV. Hauptgutachten der Monopolkommission 2000/2001, S. 49 unter Ziffer 2. und XV. Hauptgutachten der Monopolkommission 2002/2003, S. 88 unter Nr. 53) und sie über das größte Festnetz verfügt, gewinnt sie damit die meisten Teilnehmerdaten.

Die Beklagte ist - ebenso wie ihre Tochtergesellschaft, die M... GmbH, deren Marktanteile die Beklagte sich in entsprechender Anwendung der §§ 36 GWB, 17, 18 AktG zurechnen lassen muss, - aber auch auf dem Markt für telefonische Auskunftsdienste tätig. Sie hat auch auf diesem Markt eine marktbeherrschende Stellung. Ihr Marktanteil bei den Auskunftsdiensten lag 1997 bei mehr als 90%, ohne dass die Beklagte auf eine bis zum Jahre 2003 eingetretene namhafte Änderung der tatsächlichen Verhältnisse insbesondere auf eine erhebliche Verschiebung der Marktanteile berufen hat.

Die zum Konzern der Beklagten gehörende Tochtergesellschaft M... GmbH ist darüber hinaus auf den sachlichen Märkten für die Herausgabe und den Verkauf von elektronisch lesbaren Teilnehmerverzeichnissen und der (kostenlosen) Verteilung von Printverzeichnissen tätig. Bei der Herausgabe von Telefonverzeichnissen auf CD-Rom steht die M... GmbH in einem aktuellen Wettbewerbsverhältnis zu der Klägerin. Der Vertrieb CD-ROM gestützter Teilnehmerverzeichnisse erfolgt bundesweit, da die Teilnehmerverzeichnisse die Daten aller in Deutschland ansässiger Teilnehmer beinhalten. Der sachlich einschlägige Markt ist damit bundesweit abzugrenzen. Nach den Feststellungen des Bundeskartellamts (Abmahnung S. 51) betrug in den Jahren 1998 und 1999 ausgehend von zwei sachlich getrennten Märkten für die Verteilung von Printmedien und den Vertrieb von elektronischen Verzeichnissen, der Marktanteil der Beklagten - vermittelt durch ihre Tochtergesellschaft M... GmbH - bei Printmedien über 90%, bei elektronischen Verzeichnissen über 50%. Auch insoweit fehlt es an einer substantiierten Darlegung der Beklagten, dass die Marktverhältnisse sich von 2000 bis 2003 entscheidend geändert haben. Vielmehr hat sie in der mündlichen Verhandlung erklärt, von Wettbewerbern würden mindestens 50 % der elektronisch lesbaren Telefonverzeichnisse auf CD-ROM auf dem Markt vertreiben. Damit entfaltet - nach dem eigenen Vortrag der Beklagten - die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB weiterhin eine indizielle Bedeutung für eine marktbeherrschende Stellung der Tochtergesellschaft der Beklagten auf dem Markt des Vertriebs von elektronisch lesbaren Teilnehmerverzeichnissen.

Auf den Märkten für die (kostenlose) Herausgabe von gedruckten Telefonverzeichnissen ist die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag in der Klageschrift nicht tätig, weshalb die Verhältnisse auf diesen Märkten im Streitfall nicht von Bedeutung sind. Es kann somit offen bleiben, ob - wie die Beklagte behauptet hat - die M... GmbH die sogenannten Objektgesellschaften, die sie zusammen mit regionalen Herausgeberverlagen zum Zwecke der Herausgabe von einzelnen Telefonbüchern in der Rechtsform von Gesellschaften bürgerlichen Rechts gebildet hat (vgl. BGH Urt.v.13.7.2004, KZR 17/03, Umdruck S. 2 - Sparberaterin), nicht (mehr) beherrscht. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, eine potentielle Wettbewerberin der Beklagten auf diesen Märkten gewesen zu sein, nämlich ernsthaft die Aufnahme des Vertriebs von Printmedien in den Jahren 2000 bis 2003 beabsichtigt zu haben.

(2.) Die Beklagte missbrauchte ihre marktbeherrschende Stellung auf dem bundesweit abzugrenzenden Markt der Teilnehmerdaten durch die Gestaltung des Entgeltes für die Herausgabe der Daten. Der notwendige Kausalzusammenhang zwischen Marktbeherrschung und missbräuchlichen Verhalten liegt vor. Auf Grund ihrer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für die Überlassung von Teilnehmerdaten für Zwecke der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen und der Erbringung von Auskunftsdienstleistungen unterlag die Beklagte keiner Verhaltenskontrolle bei der Gestaltung ihrer Preise durch den Wettbewerb. Dadurch wurden die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen - zu denen auch die Klägerin zu zählen ist - in einer für den Wettbewerb erheblichen Weise auf dem bundesweit abzugrenzenden nachgelagerten Markt für Auskunftsdienste ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt (§ 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB).

Die wettbewerbliche Beeinträchtigung erfolgte auf dem Markt der Bereitstellung von Teilnehmerdaten zum Zwecke von Telefonauskunftsdienstleistungen und der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen. Sie wirkte sich auf den nachgelagerten Märkten für die Erbringung solcher Auskunftsdienste und den Verkauf von elektronischen Datenverzeichnissen aus, auf dem die Beklagte und ihre Tochtergesellschaft, die M... GmbH, mit der Klägerin in einem aktuellen Wettbewerbsverhältnis stehen. Für die Beantwortung der Frage, ob der Wettbewerb im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB beeinträchtigt wird, kommt es nicht auf die individuelle Wettbewerbssituation desjenigen Marktteilnehmers an, der den Anspruch geltend macht. Sie ist nur insofern von Bedeutung, als sie die allgemeinen Wettbewerbsmöglichkeiten auf dem betreffenden Markt beeinflusst (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 - KZR 38/02, Umdruck S. 9, WuW/E DE-R 1210-1213 - Strom und Telefon II).

Die erhebliche wettbewerbliche Beeinträchtigung ist darin zu sehen, dass die Beklagte für die Überlassung der Teilnehmerdaten ein Entgelt erhoben hat, das sich nicht an den Kosten einer effizienten Bereitstellung der Teilnehmerdaten orientiert hat, sondern weit darüber hinaus gegangen ist. Die Offline-Bereitstellung der Daten war aufgrund der Preisvorgaben der Beklagten unwirtschaftlich und nicht durch § 12 TKG gerechtfertigt. Nach eigener Darstellung der Beklagten sind u.a. die Kosten der Errichtung, Unterhaltung und Pflege der Teilnehmerdatenbank zur Grundlage der Entgeltberechnung gemacht worden. Zudem war das Entgelt nutzungsfallabhängig. Von der Beklagten sind nach dem ersten Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamts bis zum Jahre 2002 jährliche Gesamtaufwendungen von 176 Mio. DM bzw. ab 1. Januar 2003 49 Mio. € für das Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten auf die Abnehmer umgelegt worden, wohingegen nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundeskartellamtes in den Jahren 1997/1998 Gesamtkosten von allenfalls 100 Mio. DM angefallen sind (vgl. Abmahnung S. 69 bis 80, 85). Die Beklagte berechnete der Klägerin für das Überlassen der Teilnehmerdaten (Grund- und Ergänzungsdaten ohne Exklusivdaten) auf der Grundlage des DaRed-Vertrages vom 31.10.2000 (Anlage K1) je Auskunftsersuchen (Nutzungsfall) 0,2818 DM (0,1441 €) zzgl. Umsatzsteuer. Nach den Vorgaben des Bundeskartellamtes für das Jahr 1999 sollten lediglich 0,2550 DM netto pro Auskunftsanfrage berechnet werden. Für die Überlassung der Teilnehmerdaten zur Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen berechnete die Beklagte pro Teilnehmerverzeichnis einer Auflage einen Preis von 0,4459 DM (0,2280 €) netto. Nach dem zweiten Missbrauchsverfahren legte die Beklagte ab dem 1. Januar 2003 jährlich 49 Mio. € um. Die Entgeltberechnung der Beklagten bildete für dritte Unternehmen eine ernstzunehmende Marktzutrittsschranke. Für die Klägerin wirkte die Entgeltgestaltung sich dahin aus, dass ein telefonischer Auskunftsdienst im Wettbewerb mit der Beklagten unter erschwerenden wirtschaftlichen Bedingungen aufgenommen und betrieben werden musste. Gleiches galt für die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen in CD-Rom-Form im Wettbewerb mit der Tochtergesellschaft der Beklagten, der M... GmbH. Die Klägerin wurde infolgedessen auf den nachgelagerten Märkten erheblich beeinträchtigt.

(3.) Die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung ihrer Preisbildung nicht mit Erfolg auf § 12 Abs. 1, 2 TKG a.F. (1996) berufen. Danach ist ein Lizenznehmer, der, wie die Beklagte, Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, verpflichtet, auf Anforderung anderen Lizenznehmern, die Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, oder Dritten u.a. zum Zweck der Aufnahme eines Auskunftsdienstes Teilnehmerdaten in kundengerechter Form zugänglich zu machen. Dafür kann nach dem Wortlaut der Norm von Sprachtelefondienstleistern ein Entgelt erhoben werden, das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert. Dritten kann ein angemessenes Entgelt in Rechnung gestellt werden. Die Norm soll sicherstellen, dass Lizenznehmern, die Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, und Dritten im Sinn der angestrebten Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes die Daten von Telefonanschlussinhabern von denjenigen Sprachtelefondienstleistern auf Ersuchen zugänglich gemacht werden (vgl. BT-Drs. 13/3609, S. 40).

§ 12 TKG a.F. bezweckt, auch soweit er sich über das Entgelt für die Überlassung von Teilnehmerdaten an Dritte verhält (zum Charakter der Vorschrift als Verbotsgesetz und der Nichtigkeit der Entgeltabrede vgl. Senat, Urt. v. 16.5.2007, VI-2U (Kart) 10/05, Umdruck S. 13 m.w.N.), eine Marktöffnung und die Entwicklung eines chancengleichen Wettbewerbs auf den betreffenden Märkten.

aa) § 12 Abs. 2 TKG ist - ebenso wie § 12 Abs. 1 TKG - richtlinienkonform auszulegen. Als angemessenes Entgelt sind nur die bloßen Aufwendungen für das Zurverfügungstellen der Daten anzusehen. Bei einer Offline-Überlassung sind davon lediglich die Kosten für den Datenträger, für das Markieren der Daten und deren Übertragung auf den Datenträger sowie die Kosten für das Übermitteln des Datenträgers (Versandkosten) erfasst.

Im Lichte des Art. 6 Abs. 3 TKG der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.2.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP), wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass die zum Betrieb eines Telefonauskunftsdienstes erforderlichen Informationen vom Pflichtigen zu kostenorientierten Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, ist § 12 Abs. 2 TKG einschränkend dahin auszulegen, dass sogar Dritten für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten nur die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens der Daten in Rechnung gestellt werden dürfen (s. dazu im einzelnen Urteil des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf vom 15.11.2006 -VI U (Kart) 1/06, UA 11 f., worauf Bezug genommen wird). Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie differenziert nicht danach, ob die Teilnehmerdaten einem Lizenznehmer oder einem Dritten zur Verfügung gestellt werden. Auch der EuGH hat eine solche Differenzierung in seiner Entscheidung vom 25. November 2004 (Rs. C-109/03) nicht vorgenommen. Soweit die Beklagte geltend macht, eine richtlinienkonforme Auslegung des § 12 Abs. 2 TKG erfolge gegen den Wortlaut der Norm (contra legem) und den Willen des Gesetzes, Dritte und Lizenznehmer ungleich zu behandeln, was zu einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie zwischen Privaten führe, ist dem nicht zuzustimmen. Es geht nicht um eine Auslegung contra legem, wie die Beklagte rügt, sondern ausschließlich um eine richtlinienkonforme Auslegung der durch den unbestimmten Rechtsbegriff des "angemessenen Entgelts" einen Auslegungsspielraum eröffnenden Vorschrift. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie schließt nach seinem Wortlaut und Zweck aus, dass Dritten im Unterschied zu Lizenznehmern für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten mehr als die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens berechnet werden dürfen. Jedoch begründet nicht die Richtlinienvorschrift eine entsprechende rechtliche Verpflichtung. Vielmehr folgt diese - nach richtlinienkonformer Auslegung - allein aus § 12 Abs. 2 TKG a.F.

Deshalb müssen die Kosten der Datenerhebung sowie der Errichtung und Unterhaltung der Teilnehmerdatenbank bei der Berechnung des Entgelts außer Ansatz bleiben. Dabei handelt es sich begrifflich nicht um Kosten für das Bereitstellen der Daten, sondern um "Ohnehinkosten", genauer gesagt um Kosten, die vom Verpflichteten, der, wie die Beklagte, Sprachtelefondienste anbietet, selbst zu tragen sind. Die genannten Aufwendungen sind dem Zurverfügungstellen der Daten nicht zurechenbar, denn sie werden dadurch nicht verursacht, sondern unmittelbar durch den eigenen Sprachtelefondienst der Beklagten. Sie sind nach der Rechtsprechung des EuGH in den Kosten des eigenen Sprachtelefondienstes enthalten. Die dadurch entstehenden Kosten werden daher von den beim Betrieb des Sprachtelefondienstes erwirtschafteten Erlösen - dies hat die Beklagte auch nicht in Abrede gestellt - abgedeckt. Eine Doppeltberechnung gegenüber dem um die Bereitstellung von Teilnehmerdaten Nachsuchenden scheidet aus. Erst recht können eine Kapitalverzinsung oder ein Gewinn nicht angesetzt werden. Genauso wenig ist zur Bemessung des Entgelts die Häufigkeit der Nutzung durch Suchanfragen oder die Höhe der Auflage heranzuziehen. Zu erstatten sind nur die Kosten der Bereitstellung, die dadurch anfallen, dass die Daten dem anfordernden Unternehmen zugänglich gemacht werden. Wie oft vom zugänglich gemachten Datenbestand durch Suchanfragen oder durch die Auflagenhöhe später Gebrauch gemacht wird, steht mit der Datenbereitstellung und dem dadurch veranlassten Aufwand in keinem Zusammenhang (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006 - VI U (Kart) 1/06, UA 17). Sähe man dies anders, so liefe dies im Ergebnis auf die Zuerkennung eines Lizenzanspruches hinaus, der nach der Zielsetzung der Richtlinie nicht gewollt war.

Zwar sind durch die Mißbrauchsverfahren des Bundeskartellamts die umzulegenden Kosten der Datenbank DaRed von der Beklagten ab 1999 auf 176 Mio. DM bzw. 49 Mio. € gesenkt worden, weshalb die Feststellungen des Bundeskartellamts zu den Verhältnissen in den Jahren 1998 und 1999 nicht ohne weiteres auf den Streitfall übertragen werden können. Im Streitfall ist aber entscheidend, dass die Senkung der umlagefähigen Kosten auch in der Zeit von Oktober 2000 bis Februar 2003 nicht zu einer dem Maßstab des § 12 TKG in seiner richtlinienkonformen Auslegung entsprechenden Entgeltanpassung für die Offline-Bereitstellung geführt hat und infolgedessen die Marktzutrittsschranken und die Wettbewerbsbeschränkung bestehen blieben.

Zu dem Mindestentgelt für die Beschaffung der DaRed-Daten (§ 4 Satz 3 des Vertrages; Anlage 1) und dem Entgelt für die Nutzung der DaRed-Daten pro Auskunftsfall in Höhe von 0,1441 € (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages; Anlage K1), traten noch die Kosten der Errichtung, des Unterhalts und der Pflege einer eigenen Datenbank, die für eine unabhängige Nutzung der DaRed-Daten erforderlich war, sowie die Kosten der (einmaligen) Anschaffung des Suchprogramms NDIS oder Lizenzierung hinzu, sofern die Klägerin ein Suchprogramm nicht selbst erstellte. Zu dem Entgelt pro Teilnehmerverzeichnis einer Auflage von 0,2280 € kam zudem noch ein Mindestentgelt in Höhe von 5% der an den Datenabnehmer gelieferten Anzahl von Teilnehmerdatensätzen hinzu (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 3 des Vertrages). Dieser Kostenaufwand - im Vergleich zu den Aufwendungen für das bloße Zurverfügungstellen der Daten - bildete auch in den Jahren 2000 bis 2003 eine wirtschaftliche Marktzutrittsschranke gegenüber potentiellen Wettbewerbern auf den nachgelagerten Märkten für Auskunftsdienstleistungen und für die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen. Dies gilt insbesondere für solche Wettbewerber, die als Anbieter von Sprachtelefondienstleistungen im Festnetz auftreten wollten und auf das Angebot einer telefonischen Auskunft unter Serviceaspekten dringend angewiesen waren. Diese wurden durch die aufgrund der überragenden Marktstellung der Betroffenen auf dem Markt für die Versorgung mit Teilnehmerdaten und der infolgedessen vom Wettbewerb nicht kontrollierten Preisgestaltung der Beklagten an einem vorstoßenden Wettbewerb auf den nachgelagerten Märkten gehindert.

Selbst wenn, wie die Beklagte einwendet, gegenüber einer richtlinienkonformen (einschränkenden) Auslegung des § 12 Abs. 2 TKG in Anbetracht des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte wegen der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) Bedenken bestehen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 16.8.2006, VIII ZR 200/05, Umdruck S. 9), so folgt die Verpflichtung der Beklagten, Dritten nur die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens beim Offline-Bezug zu berechnen, aus der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2006, KZR 29/05, WuW/E DE-R 1829, 1832 - Suchmaschine). Auf diese Erklärung hat die Klägerin sich ausdrücklich berufen.

Allerdings ist nicht feststellbar, dass die Beklagte als marktbeherrschendes Unternehmen der gesetzlichen Verpflichtung, Dritte (§ 12 Abs. 2 TKG a.F.) im Verhältnis zu Lizenznehmern im Sinne des § 12 Abs. 2 TKG a.F. gleich zu behandeln, zuwidergehandelt hat. Dass die Beklagte auf dem Markt der Auskunftsdaten zumindest eine überragende Marktstellung hat, ist bereits oben dargelegt worden. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin im Sinne der Norm könnte vorliegen, wenn die Beklagte als marktbeherrschendes Unternehmen der Klägerin höhere Kosten ohne rechtfertigenden Grund in Rechnung gestellt hätte als Lizenznehmern. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu Lizenznehmern ist im Streitfall aber nicht festzustellen (Abmahnung S. 96).

bb) Die im Vertrag vorgesehene Entgeltabrede ist wegen eines Verstoßes gegen § 12 TKG a.F. - aber auch gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB - gemäß § 134 BGB nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion der Entgeltabrede auf das rechtlich zulässige Maß kommt nicht in Betracht, denn anderenfalls würde die Beklagte dadurch belohnt, dass die vertragliche Preisbestimmung in dem nach § 12 TKG a.F. zulässigen Umfang aufrechterhalten bliebe (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2004, KZR 39/02, WuW/E DE-R 1305, 1306). Eine geltungserhaltende Reduktion ist im Streitfall auch deshalb nicht vorzunehmen, weil die Kosten der Datenübermittlung ohnehin nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind (vgl. ferner § 4 Satz 2 des Vertrags; Anlage 1). Der Verstoß gegen § 12 TKG qualifiziert gleichzeitig die von der Preisgestaltung der Beklagten ausgehende Beeinträchtigung als sachlich nicht gerechtfertigt im Sinne des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB. Daneben sind schutzwürdige Interessen der Beklagten an einer über einen Kostenausgleich hinausgehenden Entgeltberechnung nicht zu erkennen. Zwar ist auch von einem Marktbeherrscher (bzw. marktstarken Unternehmen) grundsätzlich nicht zu verlangen, dass er durch seine Preisgestaltung fremden Wettbewerb fördert (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2005, KVR 13/05, Umdruck S. 8 - Stadtwerke Dachau). Jedoch schreibt § 12 Abs. 2 TKG a.F. in richtlinienkonformer Auslegung nach Maßgabe des Urteils des EuGH vom 25. November 2005 (Rs. C-109/03) Anbietern von Sprachkommunikationsdienstleistungen eine fremden Wettbewerb begünstigende Entgeltgestaltung ausdrücklich vor. Dagegen setzt sich das Interesse der Beklagten deswegen nicht durch, da ihre Preisbildung die Wirkung einer Marktzugangssperre entfaltete und geeignet war, die Aufnahme eines Wettbewerbs schon im Ansatz zu verhindern.

cc) Dadurch wird nicht rechtswidrig in eine schutzwürdige Eigentumsposition der Beklagten eingegriffen (Art. 14 GG). § 12 Abs. 2 TKG a.F. stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Der Vorschrift kommt keine enteignende Wirkung zu. Die gesetzliche Verpflichtung, Teilnehmerdaten dritten Unternehmen zur Verfügung zu stellen, ist aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Denn die Regelung in § 12 Abs. 1 TKG a.F. hat zum Ziel, die weitgehend monopolistisch strukturierten Telekommunikationsmärkte aufzubrechen und diese für einen chancengleichen Wettbewerb zu öffnen. Dadurch wird die Beklagte als Marktbeherrscherin nicht unverhältnismäßig belastet. Sie hat Teilnehmerdaten nicht kostenlos zur Verfügung zu stellen, sondern kann dafür ein kostenorientiertes Entgelt berechnen, das einen angemessenen Ausgleich gewährt (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006, VI-U (Kart) 1/06, UA 16). Was die Beklagte mit der Verteidigung ihrer Entgeltstruktur angestrebt hat, ist in Wahrheit ein Mehrfachausgleich eigener Kosten bei der Vorhaltung von Teilnehmerdaten, der unter keinen Umständen zu rechtfertigen ist. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, sie werde in doppelter Hinsicht belastet, da sie für die Veröffentlichung der Daten der Telefonteilnehmer in öffentlichen Verzeichnissen nach § 21 TKG kein Entgelt verlangen dürfe. Dabei übersieht die Beklagte, dass sie aus Anlass von Sprachtelefondienstleistungen ohnehin an die Daten der Teilnehmer gelangt und die Veröffentlichungskosten durch die bei Sprachtelefonieleistungen erzielten Erlöse gedeckt werden.

Auch der von der Beklagten behauptete Verstoß gegen die Freiheit der Berufsausübung ist nicht gegeben (Art. 12 GG). Die unternehmerische Freiheit der Beklagten, die ihr verfügbaren Teilnehmerdaten nach eigenen Vorstellungen, und zwar auch hinsichtlich des Preises, zu verwerten, hat in § 12 Abs. 2 TKG a.F. eine gesetzliche Regelung gefunden, die durch Gründe des Gemeinwohls, nämlich die Öffnung des Teilnehmerdatenmarktes, gerechtfertigt ist (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006, VI-U (Kart) 1/06, UA 16 f).

Die Beklagte beruft sich bei der von ihr angelegten Datenbank DaRed - was auch auf die Vorläuferdatei BUDI auszudehnen ist - ebenfalls zu Unrecht auf einen Sonderrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Ungeachtet dessen, ob die Datenbank BUDI (und ihr nachfolgend die Datenbank DaRed) einem Urheberrechtsschutz nach § 87 b UrhG (eingefügt durch Gesetz vom 22.7.1997, BGBl. I 1870) unterliegt, ist die Beklagte jedenfalls daran gehindert, für das Bereitstellen der Daten im Rahmen des DaRed-Vertrages Zahlung einer über den in § 12 Abs. 1 TKG aF normierten Entgeltmaßstab hinausgehenden Lizenz zu verlangen. § 12 Abs. 1 TKG aF geht nach dem Willen des Gesetzgebers den urheberrechtlichen Bestimmungen vor. Anderenfalls könnte die Vorschrift die ihr zugedachte ordnungspolitische Funktion nicht erfüllen (ebenso: OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 19). Unabhängig davon ist es der Beklagten verwehrt, den Entgeltmaßstab in § 12 Abs. 1 TKG aF dadurch außer Kraft zu setzen, indem sie Teilnehmerdaten - über die Verpflichtung nach dem Gesetz hinaus - ausschließlich in der Form einer an sich urheberrechtlich geschützten Datenbank zugänglich macht (BGH, Urteil vom 11.7.2006 - KZR 29/05, UA 11).

Im Übrigen hat die Beklagte sich aber in der Unterwerfungserklärung vom 22. Dezember 1998 verpflichtet, Lizenznehmern und Dritten gleichermaßen die Teilnehmerdaten gegen ein kostenorientiertes Entgelt zu überlassen (vgl. BGH, Urt. v.11.7.2006 - KZR 29/05, UA 11).

dd) Die Klägerin ist an die Ergebnisse der Verwaltungsverfahren vor dem Bundeskartellamt nicht gebunden. Weder durch die Abmahnung vom 2. November 1998 noch durch die Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 ist die Höhe des Entgelts beim Bereitstellen von Teilnehmerdaten mit bindender Wirkung festgesetzt oder erst recht genehmigt worden. Das Amt hat in dem auf die Abmahnung vom 2. November 1998 folgenden Schreiben vom 13. Januar 1999 lediglich Höchstgrenzen festgestellt, bei deren Überschreiten ein Preismissbrauch anzunehmen ist. Dadurch wurde lediglich die Beklagte gebunden, nicht höhere Beträge als 176 Mio. DM auf Datenabnehmer umzulegen, wollte sie ein Wiederaufgreifen der Verfahren durch das Bundeskartellamt vermeiden. Die Beklagte wäre aber nicht gehindert gewesen, den ihr unter der Aufgreifschwelle verbliebenen Preisfestsetzungsspielraum in der Weise zu nutzen, dass sie einen unterhalb von 176 Mio. DM liegenden Betrag auf Datenabnehmer umlegte. Dagegen ist die Klägerin frei darin, geltend zu machen, die Beklagte sei aus kartellrechtlichen Gründen zu einer weitergehenden Herabsetzung der Entgelte verpflichtet (ebenso OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 9 f). Die Einstellungsverfügungen des Bundeskartellamts entfalten keine Tatbestandswirkung oder Bindungswirkung für die Zivilgerichte, denn sie erwuchsen nicht in Bestandskraft.

(4.) Die Beklagte hat mindestens fahrlässig gegen § 19 Abs.1, Abs. 4 Nr. 1 GWB verstoßen (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GWB). Auf einen Rechtsirrtum kann sie sich trotz damals höchstrichterlich ungeklärter und unübersichtlicher Rechtslage nicht mit Erfolg berufen. So ist eine fehlerhafte Beurteilung höchstrichterlich noch nicht entschiedener Rechtsfragen nicht bereits dann entschuldigt, wenn der fehlerhafte Rechtsstandpunkt ernsthaft vertreten werden kann. Ein Rechtsirrtum ist vielmehr nur entschuldigt, wenn der Verletzer bei Anwendung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH WuW/E BGH 2341, 2345 - Taxizentrale Essen). Dies kann die Beklagte für sich nicht in Anspruch nehmen. Stichhaltige Gründe, welche ihre Preisgestaltung zu entschuldigen geeignet und die zu widerlegen sind, waren in der Zeit von Januar 2001 bis Februar 2003 nicht gegeben. Sie sind von der Beklagten ebenso wenig vorgebracht worden. Bei alledem hat die Beklagte einseitig ihre Unternehmensinteressen verfolgt und die Durchsetzung des von ihr bestimmten Entgelts, das sich an Gewinnmaßstäben sowie an einem Mehrfachausgleich eigener Kosten orientierte, kraft ihrer wirtschaftlichen Machtstellung betrieben. Wer seine Interessen trotz erkennbar ungeklärter Rechtslage in dieser Weise wahrnimmt, hat grundsätzlich das Risiko einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung zu tragen. Er handelt, wenn sich seine Beurteilung als unrichtig erweist, im Zweifel fahrlässig und schuldhaft (vgl. BGH aaO).

b) Die Beklagte ist ferner nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 818 Abs. 2 BGB dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin im Zeitraum von Januar 2001 bis zum Februar 2003 berechnete und überzahlte Entgelte aus ungerechtfertigter Bereicherung zu erstatten. Die Beklagte hat den genannten Geldbetrag durch Leistung der Klägerin erlangt. Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund. Sie beruhte zwar auf einer entsprechenden Entgeltvereinbarung im von den Parteien abgeschlossen DaRed-Vertrag. Doch ist die Entgeltbestimmung wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Verbote des § 12 Abs. 2 TKG a.F. - und gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB - nichtig (§ 134 BGB). Auf die diesbezüglichen vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

c) Der Höhe nach steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch von 1.054.869,31 € (ohne Umsatzsteuer) für die Zeit von Oktober 2000 bis Februar 2003 zu.

(1) Gemäß § 249 Satz 1 BGB hat die Beklagte die Klägerin so zu stellen, wie sie ohne das schädigenden Ereignis gestanden hätte. Als Schaden hat die Beklagte ausgehend von der Differenzmethode den Unterschiedsbetrag zwischen dem für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten tatsächlich entrichteten Entgelt und demjenigen Entgelt zu erstatten, das in Übereinstimmung mit § 12 Abs. 2 TKG a. F. an den Kosten der Bereitstellung orientiert ist. Im letztgenannten Sinn will die Klägerin während der Abrechnung nach dem DaRed-Vertrag lediglich die gesondert ausgewiesenen und in Rechnung gestellten Übermittlungskosten gelten lassen. Der Klagevortrag ist der Schadensberechnung zugrunde zu legen, da die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin mit keiner alternativen Berechnung der Kosten der reinen Zurverfügungsstellungskosten, soweit sie über die von der Klägerin mit der Klage nicht zurückgeforderten Zahlungen in Höhe von 1.889,89 € hinausgehen sollten, entgegengetreten ist. Ein Hinweis auf die prozessuale Erforderlichkeit einer derartigen Gegendarstellung war unnötig. Die Beklagte konnte sich hierzu bereits durch die Klageschrift (S. 7 GA unter Ziff. 4 Satz 1) aufgerufen sehen.

Die Ansprüche scheitern nicht daran, dass - so die Beklagte- die Klägerin die überhöhten und daher zu Unrecht gezahlten Datenentgelte ohne finanzielle Einbuße an ihre Kunden weiterberechnet hat. Dadurch sind ihr, der Klägerin, keine Vorteile zugeflossen, die Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche mindern und im Ergebnis sogar ganz entfallen lassen. Der dahingehende Einwand der Beklagten ist nicht berechtigt. Ob die Klägerin erhöhte Entgelte in vollem Umfang an ihre Kunden weitergegeben hat, bedarf dabei keiner Aufklärung. Dies kann als wahr unterstellt werden.

Im Schadensersatzrecht sind Vorteile, die dem Geschädigten im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis zufließen, nur schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn sie durch das Schadensereignis adäquat kausal verursacht worden sind und darüber hinaus eine Anrechung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, m.a.W. der Geschädigte dadurch nicht unzumutbar belastet und der Schädiger nicht unbillig begünstigt wird. Einer Vorteilsanrechnung steht im vorliegenden Fall entgegen, dass es ausschließlich von den Absatzbemühungen, der Kalkulation und vom geschäftlichen Erfolg der Klägerin abhing, ob und zu welchem Grad der überteuerte Einkauf der Daten kompensiert werden konnte (vgl. Senatsurt. v. 16. 5. 2007, VI-2 U (Kart)10/05, Umdruck S. 27 f.). Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht nach § 33 GWB stehen ebenfalls einer Anrechnung entgegen. Die volle Wirksamkeit der kartellrechtlichen Mißbrauchstatbestände wäre beeinträchtigt, wenn nicht jedermann Ersatz des Schadens verlangen könnte, der ihm durch eine Vereinbarung, die den Wettbewerb beschränkt, entstanden ist (Senatsurt. v. 16.5.2007, aaO. S. 28).

Bei der Bemessung der Höhe des Schadens ist zu berücksichtigten, dass die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weshalb ihr kein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer in der Zeit vom Oktober 2000 bis Februar 2003 zusteht (vgl. BGH NJW 72, 1460).

(2) Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Erfüllung der schadensersatzrechtlichen Ansprüche der Klägerin unter Berufung auf einen Ablauf der Verjährung zu verweigern.

Gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. verjährt der im Kartellrecht angelegte Schadensersatzanspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem die Klägerin von dem Schaden Kenntnis erlangt (zur Anwendbarkeit von § 852 BGB: BGH NJW 1996, 3005, 3006). Die Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ist länger. Sie beginnt erst mit dem Schluss des Kalenderjahres, in welchem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit davon Kenntnis hätte erlangen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2007- XI ZR 44/06, UA unter II. 3b); Heß, NJW 2002, 253, 258; Gesell, NJW 2002, 1297, 1298). Darum ist auf die Verjährungsvorschrift des § 852 Abs. 1 BGB a.F. abzustellen (Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB).

Die Klägerin hat frühestens durch das Urteil des EuGH vom 25. November 2004 Kenntnis davon erlangt, dass aufgrund des DaRed-Vertrages die Offline -Bereitstellung von Teilnehmerdaten von der Beklagten überteuert abgerechnet wurde. Das Abmahnschreiben des Bundeskartellamts vom 2. November 1998 verhielt sich zwar über die Entgeltberechnung bei einer Offline-Nutzung auf Grund des DaRed-Vertrages. Die Klägerin mag infolge der Abmahnung des Bundeskartellamts vom 2. November 1998 und der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 zwar Kenntnis davon erhalten haben, dass die Beklagte bis zur vom Amt angenommenen Grenze unstatthafte Entgelte für das Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten berechnet haben konnte. Da das Verfahren vor dem Bundeskartellamt infolge der Unterwerfungserklärung der Beklagten faktisch durch einen Vergleich beendet worden war, blieb die Beurteilung der Rechtslage - was darüber hinausgehende Einwendungen gegen die Entgeltberechnung der Beklagten betraf - jedoch weiterhin schwierig und zweifelhaft. Rechtliche Klarheit erwuchs insoweit erst aus dem Urteil des EuGH vom 25. November 2004. Deswegen insoweit war der Klägerin eine Klageerhebung vor Ablauf des Jahres 2004 nicht zuzumuten.

Eine grob fahrlässige Unkenntnis ist der Klägerin nicht vorzuwerfen.

d) Aus Bereicherungsrecht steht der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 659.551,70 € (einschließlich Umsatzsteuer) für die Jahre 2001 bis Februar 2003 zu.

(1) Auf bereicherungsrechtliche Ansprüche findet die von der Beklagten angestrebte Vorteilsanrechnung bereits im Ansatz nicht statt (vgl. BGH NJW 2003, 582, 584).

(2) Die bereicherungsrechtlichen Ansprüche sind - mit Ausnahme des bereicherungsrechtlichen Anspruchs aus dem Jahre 2000 - nicht verjährt. Die Verjährung bereicherungsrechtlicher Ansprüche bemisst sich nach § 197 BGB a.F. (§ 201 BGB aF; vgl. BGH NJW 2000, 1637, 1638), die mit dem Schluss des jeweiligen Kalenderjahres beginnt (§ 201 BGB a.F.). Die Verjährungsfrist nach den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ist mit Rücksicht auf das Erfordernis der subjektiven Verjährungsvoraussetzungen länger als die Verjährungsfrist nach der früheren Gesetzesfassung (Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB). Deshalb bleiben für die Verjährung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche die §§ 197, 201 BGB a.F. maßgebend. Davon ausgehend unterliegt der bereicherungsrechtliche Anspruch wegen geleisteter Zahlung, soweit sie an die bis zum Ablauf des Jahres 2000 geleistete Entgeltzahlung anknüpft, der Verjährung. Die Verjährung war mit Ablauf des Jahres 2004 vollendet. Die erst am 5. März 2005 beim Landgericht eingereichte Klage unterbrach die schon am 31. Dezember 2004 abgelaufene Verjährung nicht mehr (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.). Der bereicherungsrechtliche Anspruch auf Rückzahlung der im Jahre 2000 geleisteten Beträge in Höhe von 800.349,83 DM zuzüglich der Umsatzsteuer in Höhe von 128.055,97 DM (409.212,37 € + 65.473,98 € = 474.686,35 €) ist also verjährt.

e) An die Stelle des bereicherungsrechtlichen Anspruchs in Höhe von 474.686,35 € für das Jahr 2000 tritt der kartellrechtliche Schadensersatzanspruch in Höhe von 409.212,37 € (netto) für das Jahr 2000. Aus den bereicherungsrechtlichen Ansprüchen für die Jahre 2001 bis Februar 2003 und dem schadensersatzrechtlichen Anspruch aus 2000 errechnet sich der der Klägerin mit dem Tenor zuerkannte Betrag in Höhe von insgesamt 1.068.764,10 €.

2. Der Zinsanspruch besteht gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nur in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage. Der Zinsanspruch aus § 288 Abs. 2 BGB, § 353 HGB bezieht sich nur auf Entgeltforderungen aus Rechts- und Handelsgeschäften, nicht jedoch auf Bereicherungsansprüche und Schadensersatzansprüche.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei ist das geringfügige Unterliegen der Klägerin beim Zinsanspruch und bei der Umsatzsteuer für das Jahr 2000 nicht berücksichtigt worden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren und

Wert der Beschwer der Beklagten: 1.136.045,32 €

Dicks Schüttpelz Dieck-Bogatzke






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 18.07.2007
Az: VI-2 U (Kart) 13/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/755012c57dc3/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_18-Juli-2007_Az_VI-2-U-Kart-13-05




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