Landgericht Köln:
vom 30. August 2006
Aktenzeichen: 91 O 26/05
(LG Köln: v. 30.08.2006, Az.: 91 O 26/05)
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen,
a)
in welchem Umfang sie in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 29.10.2003 anderen Anbietern von Auskunftsdienstleistungen Fakturierungs- und Inkassoleistungen gegenüber angeboten und/oder diesen gegenüber erbracht hat, die über den von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Beschluss vom 21.02.2000 - Aktenzeichen 3 a - 99/032 - festgelegten Umfang, also über die Rechnungsstellung, den Einzelverbindungsnachweis, die Anweisung der Rechnungssumme, die Aufforderung zur Zahlung, sowie die Weiterleitung eingegangener Zahlungen, hinausgehen,
namentlich insbesondere die Leistungen der außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Forderungsverfolgung (Mahnwesen) und/oder der Bearbeitung von Beschwerden, von Anfragen und/oder Auskünften von Kunden,
insbesondere die Leistung des Mahnwesens bezüglich der Entgelte für Leistungen der ......5 Deutsch Bahn Auskunft und der Auskunft ...... Frag G2 Deutscher Telefonbuchverlag,
ohne diese Leistungen gleichzeitig der telegate AG gegenüber ebenfalls zu für die telegate AG zumindest ebenso günstigen Konditionen anzubieten und/oder zu erbringen;
b)
in welchem Umfang sie in der Zeit vom 01.12.1996 bis zum 29.10.2003 im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Entgelte für Leistungen anderer Auskunftsdienste, insbesondere für Leistungen der ......5 Deutsche Bahn Auskunft und der Auskunft Frag G2 Deutscher Telefonbuchverlag, in ihren Rechnungen gegenüber den Kunden als Entgelte für eigene Leistungen ausgewiesen und unter der Rubrik " Verbindungen U3 " aufgeführt hat;
und zwar jeweils unter Angabe und Vorlage von Belegen (in ggf. gut leserlichen Kopien) insbesondere:
Namen und Anschriften von Unternehmen, denen gegenüber die vorgenannten Leistungen angeboten und/oder erbracht wurden,
Abschlüsse und Dauer und wesentliche Konditionen von Verträgen, die die vorgenannten Leistungen zum Gegenstand haben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 Euro.
Tatbestand
Die Beklagte ist im Bereich der Telekommunikation Nachfolgerin des früheren staatlichen Unternehmens "Deutsche Bundespost". Sie bietet unter der Nummer ......2 die größte nationale Telefonauskunft mit einem Marktanteil von ca. 66 % an. Die Klägerin ist ein Telekommunikationsunternehmen und betreibt seit Dezember 1996 zunächst unter der Nummer ......3 und seit Oktober 1997 unter der Nummer ......4 eine nationale Telefonauskunft mit einem Marktanteil von ca. 30 %.
Die Beklagte verfügt als ehemalige Monopolistin auf dem Telekommunikationsmarkt über ein bundesweites Netz von ca. 50 Millionen Telefonkanälen bzw. -anschlüssen. Diese ermöglichen den Zugang zu den am Markt angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen. Nach der Liberalisierung des Telefonmarktes bieten neben der Beklagten inzwischen auch andere Anbieter Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere Auskunftsdienstleistungen an. Die anderen Anbieter verfügen regelmäßig nicht selbst über Teilnehmeranschlüsse. Sie sind zur Erbringung ihrer Leistungen auf Vorleistungen oder Nebenleistungen der Beklagten angewiesen.
Zu diesen Leistungen gehört, dass die Beklagte gegen Vergütung die Fakturierung von Telekommunikationsleistungen der anderen Anbieter gegenüber den Endkunden auf ihren Rechnungen vornimmt. Die Endkunden erhalten so nur eine einzige Rechnung. Die betreffenden Rechnungsbeträge sind in den Rechnungen der Beklagten unter "Beträge anderer Anbieter" aufgeführt. Grundlage hierfür sind die einschlägigen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) sowie die darauf ergehenden Entscheidungen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP). Danach war die Beklagte zunächst verpflichtet, über die beschriebene Fakturierung von Telekommunikationsdienstleistungen hinaus auch die Endkundenzahlungen hierfür entgegenzunehmen, diese an die anderen Anbieter weiterzuleiten, Kundenanfragen und Reklamationen zu bearbeiten, das kaufmännische und gerichtliche Mahnverfahren durchzuführen und erforderlichenfalls die Forderungen beizutreiben (Erweiterte Fakturierungs- und Inkassoleistungen).
Aufgrund eines Beschlusses der RegTP vom 14.03.2000 entfiel mit Wirkung ab Mitte 2001 die Pflicht der Beklagten zur Bearbeitung von Kundenanfragen und Reklamationen, zur Durchführung des kaufmännischen und gerichtlichen Mahnverfahrens und zur Forderungsbeitreibung. Die Pflichtleistungen der Beklagte gegenüber anderen Anbietern beschränken sich seitdem auf die Fakturierung der Telekommunikationsdienstleistungen sowie die Entgegennahme und Weiterleitung von Endkundenzahlungen (Eingeschränkte Fakturierungs- und Inkassoleistungen).
Unter Berufung auf den Beschluss der RegTP erbrachte die Beklagte gegenüber der Klägerin seit dem 01.07.2001 nur noch Eingeschränkte Fakturierungs- und Inkassoleistungen. Diese beschränkten sich darauf, Leistungen der Klägerin in den Rechnungen gegenüber den Endkunden als Leistungen der Klägerin auszuweisen und entsprechende Zahlungen der Endkunden an die Klägerin weiterzuleiten (sog. Offline-Billing). Mit der H, einer Wettbewerberin der Klägerin im Bereich der Auskunftsdienste, vereinbarte die Beklagte mit Vertrag vom 23.08.2002, dass die Beklagte deren Leistungen insgesamt als Vorleistung einkaufte und dann als eigene Leistungen in Rechnung stellte. Diese Leistungen fakturierte die Beklagte unter der Rechnungsrubrik "Verbindungen U3". Weiterhin erbrachte die Beklagte für Forderungen aus diesen Leistungen Erweiterte Fakturierungs- und Inkassoleistungen, namentlich, das Mahnwesen und die Forderungsbeitreibung (sog. Online-Billing).
Eine erste Aufforderung der Klägerin an die Beklagte zur Abgabe eines Angebots über die Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen mit Schreiben vom 11.10.2002 wurde von dieser mit Hinweis auf das Verbot der Diskriminierung abgelehnt. Als die Klägerin von dem Umstand Kenntnis erlangte, dass die Beklagte über den 01.07.2001 hinaus die Umsätze der E-GmbH in ihr Mahnverfahren mit einschloss, forderte sie diese mit Schreiben vom 10.04.2003 erneut zur Abgabe eines Angebots über die Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen auf. Die Beklagte lehnte dies wiederum ab, und zwar mit dem Hinweis, dass das Vertragsverhältnis mit der E-GmbH aus Gründen der Gleichbehandlung inzwischen gekündigt worden wäre und somit in Kürze ausliefe.
Als die Klägerin im September 2003 von dem Umstand Kenntnis erlangte, dass die Beklagte die Umsätze der E-GmbH weiterhin in ihr Mahnverfahren einschloss und diese Umsätze zudem unter der Rechnungsrubrik "Verbindungen U3" fakturierte, mahnte sie die Beklagte mit Schreiben vom 22.10.2003 unter Berufung auf das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot und auf das wettbewerbsrechtliche Verbot der irreführenden Angaben ab.
Daraufhin gab die Beklagte unter dem 29.10.2003 folgende Verpflichtungserklärung ab:
1) Die U3 AG erkennt die Verpflichtung an, es zu unterlassen,
a) anderen Anbietern von Auskunftsdiensten Fakturierungs- und Inkassoleistungen anzubieten und/oder diesen gegenüber zu erbringen,
die über den von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Beschluss vom 21.02.2000 - Az. 3a - 99/032 - festgelegten Umfang, also über die Rechnungsstellung, den Einzelverbindungsnachweis, die Anweisung der Rechnungssumme, die Aufforderung zur Zahlung sowie die Weiterleitung eingegangener Zahlungen, hinausgehen,
namentlich insbesondere die Leistungen der außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Forderungsverfolgung (Mahnwesen) und/oder der Bearbeitung von Beschwerden, von Anfragen und/oder Auskünften von Kunden,
insbesondere die Leistung des Mahnwesens bezüglich der Entgelte für Leistungen der ......5 Deutsche Bahn Auskunft,
ohne diese Leistungen gleichzeitig der U2 AG gegenüber ebenfalls zu für die U2 AG zumindest ebenso günstigen Konditionen anzubieten und/oder zu erbringen;
b) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Entgelte für Leistungen anderer Auskunftsdienste in der Rechnung gegenüber dem Kunden als Entgelte für eigenen Leistungen auszuweisen,
insbesondere Entgelte für Leistungen der ......5 Deutsche Bahn Auskunft in der Rechnung unter der Rubrik "Verbindungen Deutsch Telekom" aufzuführen.
Diese Erklärung gilt für alle ab dem 1. November 2003 gewählten Verbindungen.
2) Die U3 AG erkennt die Verpflichtung an, für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung gegen vorstehend unter 1) definierte Verletzungshandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen, die von der U2 AG der Höhe nach festzusetzen ist und auf Verlangen der U2 AG im Streitfall von einem Gericht überprüft werden kann.
3) Die U3 AG erkennt die Verpflichtung an, Auskunft zu geben, in welchem Umfang die unter 1. genannten Handlungen begangen wurden, und zwar unter Angabe und Vorlage von Belegen (in ggf. gut leserlichen Kopien) insbesondere:
a) Namen und Anschriften von Unternehmen, denen gegenüber die unter 1. genannten Leistungen angeboten und/oder erbracht wurden,
b) Abschlüsse und Dauer und wesentliche Konditionen von Verträgen, die die unter 1. genannten Leistungen zum Gegenstand haben.
4) Die U3 AG erkennt die Verpflichtung an, der Firma U2 AG allen Schaden zu ersetzen, der durch die unter 1) bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird, insbesondere die Kosten der Inanspruchnahme der Sozietät X, Frankfurt am Main, sowie ferner zusätzlich die der Firma U2 AG entstandenen Kosten im Hinblick auf die Ermittlung, Aufdeckung und Beweisführung bei etwaigen zukünftigen Verstößen, insbesondere auch die Kosten eines zu solchen Zwecken durchgeführten zukünftigen Testkaufes.
Die von der Klägerin vorformulierte Verpflichtungserklärung wurde von den zuständigen Mitarbeiterinnen der Beklagten am 29.10.2003 unterzeichnet und an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt. Mit Schreiben vom 04.11.2003 bestätigte die Klägerin der Beklagten den Eingang der Verpflichtungserklärung vom 29.10.2003 und forderte die Beklagte auf, ihre aus der Verpflichtungserklärung resultierenden Ansprüche auf Erstattung der Abmahnkosten und auf Auskunftserteilung zu erfüllen.
Nach Abschluss der Verpflichtungserklärung schloss die Beklagte die E-GmbH nicht mehr in ihr Mahnwesen ein und stellte deren Leistungen gegenüber Endkunden auch nicht mehr als eigene Leistungen in Rechnung.
Mitte November 2003 erlangte die Klägerin von dem Umstand Kenntnis, dass die Beklagte die Umsätze einer weiteren Wettbewerberin im Bereich der Telefonauskünfte, der "G2 ...... Services GmbH & Co. KG" (G2 KG), weiterhin in das Mahnverfahren der Beklagten einschloss und diese Umsätze zudem unter der Rechnungsrubrik "Verbindungen U3" fakturierte. Grundlage für diese Praxis war ein Vertrag vom 14.11.2000, nach dem die Beklagte die Leistungen der G2 KG insgesamt als Vorleistung einkaufte und dann als eigene Leistung in Rechnung stellte (sog. Online-Billing). Daraufhin erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 28.11.2003 - 12 OHG 552/03 -, mit der der Beklagten insbesondere untersagt wurde, Entgelte für Leistungen der G2 KG in den Rechnungen gegenüber Endkunden unter der Rubrik "Verbindungen U3" aufzuführen und das Mahnwesen bezüglich der Entgelte für Leistungen der G2 KG zu erbringen, ohne es gleichzeitig der Klägerin gegenüber zu ebenso günstigen Konditionen zu erbringen. Zum Zeitpunkt der Verpflichtungserklärung hatten die zuständigen Mitarbeiterinnen der Beklagten keine Kenntnis von dem Vertrag zur G2 KG. Nach Bekanntwerden des Vertrages mit der G2 KG am 11.11.2003 schloss die Beklagte mit dieser am 13.11.2003 einen Aufhebungsvertrag. Das Vertragsverhältnis zur G2 KG wurde daraufhin neu begründet nach Maßgabe des Offline-Billing mit Eingeschränkten Fakturierungsleistungen.
Mit Schriftsatz vom 03.05.2004 legte die Beklagte Kopien der Verträge der Beklagten mit der E-GmbH und der G2 KG vom 23.08.2002 und vom 14.11.2000 vor. Der Vertrag mit der E-GmbH ist in Teilen, insbesondere den Tarifen geschwärzt. Der Vertrag mit der G2 KG enthält keine Tarife für den Zeitraum ab dem 01.07.2001 und auch keine Angabe der Volumina.
Die Klägerin behauptet, die Verpflichtungserklärung sei der Beklagten mit dem Abmahnungsschreiben vom 22.10.2003 als Anlage übermittelt worden. Sie ist der Ansicht, der Anspruch auf Auskunftserteilung folge bereits unmittelbar aus Ziffer 3) der Verpflichtungserklärung vom 29.10.2003; diese sei vor dem Hintergrund der geltenden gemachten kartell- und wettbewerbsrechtlichen Verletzungshandlungen auszulegen; danach begründe Ziffer 3) eine vergangenheitsbezogene Pflicht zur umfassenden Auskunftserteilung für den Zeitraum bis zum 31.10.2003; diese Pflicht sei durch die Vorlage der mit Schriftsatz vom 03.05.2004 eingereichten Kopien der Verträge der Beklagten mit der E-GmbH und der G2 KG auch noch nicht erfüllt worden.
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass es zur Begründung ihres Klagebegehrens eines Rückgriffs auf den allgemeinen, gesetzlichen kartell- und wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruch nicht bedürfe. Lediglich hilfsweise behauptet sie daher, dass die Beklagte auch auf dem Markt für Erweiterte Fakturierungs- und Inkassoleistungen marktbeherrschend sei. Ebenso behauptet sie lediglich hilfsweise, dass ihr durch das Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden sei; dieser umfasse Mehrkosten für Fakturierungs- und Inkassoleistungen, Forderungsausfälle und den Entgang von Kundenanrufen; die Mehrkosten für Fakturierungs- und Inkassoleistungen ergäben sich aus der Differenz zwischen dem Betrag, den die Klägerin für den Einkauf Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen seit dem 01.07.2001 bei Dritten, namentlich der Firma O GmbH bezahlen musste und dem Betrag, den die E-GmbH oder die G2 KG für die diese Leistungen bei der Beklagten aufwenden mussten; die Beklagte habe für diese erweiterten Leistungen jährlich mehrere Millionen Euro gezahlt; bei der Beklagten dürften diese Leistungen erheblich günstiger gewesen sein; die Forderungsausfälle ergäben sich insbesondere aus dem Umstand, dass bei der Beklagten gemahnte Entgelte die Besonderheit hätten, dass sie mit der Drohung der Sperrung des Deutsche-Telekom-AG-Telefonanschlusses verbunden werden könnten; da der Einzug und die Mahnung von Entgelten anderer Anbieter nicht mit einer solchen Sanktion verbunden werden könnten, führte dies zu einer schlechteren Zahlungsmoral bei den Kunden der Klägerin; weiterhin glaubten Kunden, mit dem von der Beklagten angemahnten Betrag die Rechnung vollständig zu begleichen; der Entgang von Kundenanrufen ließe sich darauf zurückführen, dass die Beklagte Leistungen der E-GmbH und der G2 KG unter der Rubrik "Verbindungen U3" fakturierte.
Die Klägerin hat Klage mit den Anträgen erhoben,
1.) die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Vertragsstrafe in Höhe von € 1.200.000,00 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.) die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen,
a) in welchem Umfang sie bis zum 29.10.2003 anderen Anbietern von Auskunftsdienstleistungen Fakturierungs- und Inkassoleistungen gegenüber angeboten und/oder diesen gegenüber erbracht hat, die über den von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Beschluss vom 21.02.2000 - Aktenzeichen 3 a - 99/032 - festgelegten Umfang, also über die Rechnungsstellung, den Einzelverbindungsnachweis, die Anweisung der Rechnungssumme, die Aufforderung zur Zahlung, sowie die Weiterleitung eingegangener Zahlungen, hinausgehen,
namentlich insbesondere die Leistungen der außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Forderungsverfolgung (Mahnwesen) und/oder der Bearbeitung von Beschwerden, von Anfragen und/oder Auskünften von Kunden,
insbesondere die Leistung des Mahnwesens bezüglich der Entgelte für Leistungen der ......5 Deutsch Bahn Auskunft und der Auskunft ...... Frag G2 Deutscher Telefonbuchverlag,
ohne diese Leistungen gleichzeitig der U2 AG gegenüber ebenfalls zu für die U2 AG zumindest ebenso günstigen Konditionen anzubieten und/oder zu erbringen;
b) in welchem Umfang sie bis zum 29.10.2003 im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Entgelte für Leistungen anderer Auskunftsdienste, insbesondere für Leistungen der ......5 Deutsche Bahn Auskunft und der Auskunft Frag G2 Deutscher Telefonbuchverlag, in ihren Rechnungen gegenüber den Kunden als Entgelte für eigene Leistungen ausgewiesen und unter der Rubrik "Verbindungen U3" aufgeführt hat;
und zwar jeweils unter Angabe und Vorlage von Belegen (in ggf. gut leserlichen Kopien) insbesondere:
a) Namen und Anschriften von Unternehmen, denen gegenüber die unter 2. genannten Leistungen angeboten und/oder erbracht wurden,
b) Abschlüsse und Dauer und wesentliche Konditionen von Verträgen, die die unter 2. genannten Leistungen zum Gegenstand haben.
3.) nach Erledigung von 2.), die Beklagte zu verurteilen, erforderlichen Falls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides Statt zu versichern,
4.) nach Erledigung von 2.) und erforderlichen Falls von 3.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Mit Teilurteil vom 22.02.2005 hat das Landgericht Bonn die Beklagte unter Abweisung des Klageantrags zu 1.) im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 50.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2004 zu zahlen. Dagegen haben sowohl die Beklagte als auch die Klägerin Berufung eingelegt. Daraufhin hat das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 25.11.2005 das Teilurteil des Landgerichts Bonn teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt dahingehend neu gefasst, dass es die Beklagte unter Abweisung des Klageantrags zu 1.) im Übrigen und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin und der Beklagten verurteilt hat, an die Klägerin 100.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2004 zu zahlen.
In der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2006 hat die Klägerin nunmehr den Antrag zu 2.) gestellt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des Hauptvorbringens ist sie der Ansicht, dass aus der Verpflichtungserklärung vom 29.10.2003 ein Auskunftsanspruch allenfalls für den Zeitraum ab dem 01.11.2003 hergeleitet werden könne; die Pflicht zur Auskunftserteilung nach der Ziffer 3) des Verpflichtungsvertrages gelte lediglich zukunftsbezogen für alle ab dem 01.11.2003 gewählten Verbindungen; dementsprechende Auskünfte habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.05.2004 bereits erteilt.
Hinsichtlich des Hilfsvorbringens ist die Beklagte der Ansicht, sie sei aufgrund von bis Ende 2005 geltenden Zuteilungsregelungen bei Rufnummern verpflichtet gewesen, das Online-Billing-Verfahren teilweise noch über Mitte 2001 hinaus weiter zu praktizieren; weiterhin sei sie aufgrund des zum damaligen Zeitpunkt noch bestehenden Vertrages mit der G2 KG zu den Erweiterten Fakturierungs- und Inkassoleistungen verpflichtet gewesen. Sie behauptet dazu, sie habe kein Wettbewerbsinteresse daran, für andere Anbieter Erweiterte Fakturierungs- und Inkassoleistungen im Online-Billing-Verfahren zu erbringen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Der Rechtsstreit ist hinsichtlich des Klageantrags zu 2.) entscheidungsreif.
1.) Die Auslegung des Klageantrags zu 2.)a) ergibt, dass der maßgebliche Zeitraum für die beantragte Auskunftserteilung die Zeit vom 01.07.2001 bis zum 29.10.2003 umfasst. Zwar enthält der Klageantrag zu 2.)a) nach seinem Wortlaut keinen ausdrücklichen Anfangstermin. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen wie dem Klageantrag ist jedoch ebenso wenig, wie bei materiellrechtlichen Erklärungen an dem buchstäblichen Wortlaut der Erklärung zu haften (§ 133 BGB; BGH Urt. v. 1.12.1997 = MDR 1998 556 (556); Greger in: Zöller, ZPO Komm., 23. Aufl., Vor § 128, Rn. 25). Entscheidend ist vielmehr der objektive, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinn (BGH Urt. v. 08.07.1981 = BGH NJW 1981, 2816 (2816); Greger in: Zöller, ZPO Komm., 23. Aufl., Vor § 128, Rn. 25). Der erklärte Wille kann auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen (BGH Urt. v. 1.12.1997 = MDR 1998 556 (556)). Daher ist für die Auslegung eines Klageantrags nicht nur eine Gesamtbetrachtung ggf. mehrerer gleichzeitig erhobener oder angekündigter Klageanträge vorzunehmen, sondern auch die Antragsbegründung heranzuziehen (BGH Urt. v. 1.12.1997 = MDR 1998 556 (556), BGH Urt. v. 29.06.1995 = NJW 1995 3187 (3188); Hartmann in: Baumbach/Lauterbach, ZPO Komm., 62. Aufl., § 308 Rn. 4). Aus dem Zusammenhang von Antrag und Begründung ergibt sich zwingend die Beachtlichkeit des vom Kläger dargestellten Sachverhalts, auf den er seinen Klageantrag stützt, auch für die inhaltliche Konkretisierung seines Klagebegehrens (Musielak in: Musielak, ZPO Komm., 4. Aufl. § 308, Rn. 961). Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Prozessrecht das materielle Recht verwirklichen und nicht dessen Durchsetzung vermeidbar verhindern soll; infolgedessen müssen Klageanträge im Zweifel so ausgelegt werden, wie es dem Inhalt des mit der Klage verfolgten materiellen Anspruchs entspricht (BGH Urt. v. 1.12.1997 = MDR 1998 556 (556). Vorliegend dient der mit dem Antrag zu 2.)a) geltend gemachte Auskunftsanspruch nach dem für den Beklagten erkennbaren Sinn und Zweck der Bezifferung des mit dem Klageantrag zu 3.) geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Grundlage für diesen Schadensersatzanspruch dürfte in erster Linie die Ziffer 4) der Verpflichtungserklärung vom 29.10.2003 sein. Ziffer 4) der Verpflichtungserklärung verpflichtet die Beklagte zum Ersatz der Schäden, die der Klägerin durch die unter Ziffer 1)a) der Verpflichtungserklärung bezeichneten Handlungen entstanden sind. Bei den unter Ziffer 1)a) bezeichneten Handlungen handelt es sich um die Fortsetzung der Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen nach dem Beschluss der RegTP vom 21.02.2000 gegenüber anderen Anbietern von Auskunftsdiensten bei gleichzeitiger Verweigerung dieser Leistungen gegenüber der Klägerin. Gegenüber der Klägerin hat die Beklagte die Erweiterten Fakturierungs- und Inkassoleistungen nach dem insoweit unstreitigen Sachverhalt ab dem 01.07.2001 eingestellt. Erst ab diesem Zeitpunkt können daher nach Ziffer 1)a) der Verpflichtungserklärung inkriminierte und somit für den mit dem Klageantrag zu 2.)a) geltend gemachten Auskunftsanspruch relevante Handlungen begangen worden sein. Demnach ergibt eine Auslegung des Klageantrags zu 2.)a) als beantragten Anfangstermin den 01.07.2001.
Auf der Grundlage der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze ergibt die Auslegung des Klageantrags zu 2.)b), dass der maßgebliche Zeitraum für die beantragte Auskunftserteilung die Zeit vom 01.12.1996 bis zum 29.10.2003 umfasst. Zwar enthält auch der Klageantrag zu 2.)b) nach seinem Wortlaut keinen ausdrücklichen Anfangstermin. Doch dient auch der mit dem Antrag zu 2.)b) geltend gemachte Auskunftsanspruch nach dem für den Beklagten erkennbaren Sinn und Zweck der Bezifferung des mit dem Klageantrag zu 3.) geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Grundlage für diesen Schadensersatzanspruch dürfte wiederum in erster Linie die Ziffer 4) der Verpflichtungserklärung vom 29.10.2003 sein. Ziffer 4) der Verpflichtungserklärung verpflichtet die Beklagte auch zum Ersatz der Schäden, die der Klägerin durch die unter Ziffer 1)b) der Verpflichtungserklärung bezeichneten Handlungen entstanden sind. Bei den unter Ziffer 1)b) bezeichneten Handlungen handelt es sich um die Ausweisung der Entgelte für Leistungen anderer Auskunftsdienste in der Endkundenabrechnung als Entgelte für eigene Leistungen der Beklagten, wodurch sich die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Wettbewerbsvorteil verschafft haben soll. Die nach Ziffer 1)b) der Verpflichtungserklärung inkriminierten und somit für den mit dem Klageantrag zu 2.)b) geltend gemachten Auskunftsanspruch relevanten Handlungen können somit erst seit dem Zeitpunkt begangen worden sein, seit dem die Klägerin mit der Beklagten im Wettbewerb steht. Dies ist seit der Aufnahme des Betriebs eines bundesweiten Auskunftsdienstes durch die Klägerin Anfang Dezember 1996 der Fall. Demnach ergibt eine Auslegung des Klageantrags zu 2.)b) als beantragten Anfangstermin den 01.12.1996.
2.) Der Klageantrag zu 2.) ist bereits nach dem Hauptvorbringen vollumfänglich begründet. Auf das Hilfsvorbringen des Klägers kommt es nicht an.
a) Unter Zugrundelegung des Hauptvorbringens steht der Klägerin ein Anspruch auf Auskunftserteilung mit dem im Klageantrag zu 2.) geltend gemachten Umfang aus Ziffer 3) der Verpflichtungserklärung zu. Denn die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin mit wirksamem Vertrag zur entsprechenden Auskunftserteilung verpflichtet. Der Anspruch auf Auskunftserteilung erfasst auch den Zeitraum vor dem 01.11.2003. Dieser Anspruch ist nicht durch Vorlage der mit Schriftsatz vom 03.05.2004 eingereichten Kopien der Verträge der Beklagten mit der E-GmbH und der G2 KG erloschen.
aa) Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin mit wirksamem Vertrag zur Auskunftserteilung verpflichtet. Der Verpflichtungsvertrag ist nicht schon am 29.10.2003 mit Zugang der Verpflichtungserklärung der Beklagten vom selbigen Tage bei der Klägerin zustande gekommen. Die Verpflichtungserklärung müsste dazu die Annahme eines vorangegangenen Angebotes der Klägerin darstellen. Das käme in Frage, wenn die Klägerin ihrer Abmahnung den Entwurf einer Verpflichtungserklärung beigefügt hätte, der inhaltlich mit der späteren Unterlassungserklärung übereinstimmte. Das kann jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Die als Anlage K 18 (Bl. 155 ff. d. Anlagen) vorgelegte Abmahnung der Klägerin vom 22.10.2003 erwähnt zwar auf Seite 3 unten eine "beigefügte Verpflichtungserklärung". Diese ist jedoch nicht mit vorgelegt worden. Dasselbe gilt für das im Briefkopf der Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 29.10.1003 aufgeführte Schreiben der Klägerin vom 28.10.2003, das sich ebenfalls nicht in der Akte befindet. Die Verpflichtungserklärung der Beklagten kann daher nicht als Annahme, sondern nur als Angebot zum Vertragsschluss angesehen werden.
Der Vertrag ist auch nicht am Tage des Zugangs der Verpflichtungserklärung bei der Klägerin gemäß § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen. Auch unter den Voraussetzungen des § 151 BGB ist für den Vertragsschluss eine nach außen hervortretende eindeutige Betätigung des Annahmewillens erforderlich (vgl. BGHZ 74, 352, 356). Die Bestimmung erklärt demgegenüber lediglich den Zugang der Annahmeerklärung für entbehrlich. Ein damals auch nur konkludent zum Ausdruck gebrachter Wille der Klägerin, die Erklärung der Beklagten anzunehmen, ist ihrem Vortrag indes nicht zu entnehmen. Zudem hat der BGH in der Entscheidung GRUR 02, 824 ff. - "Teilunterwerfung" seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach die Übersendung einer Unterwerfungserklärung nur dann den Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung beinhaltet, wenn die Unterwerfungserklärung nicht oder zumindest nicht in einem wesentlichen Punkt von demjenigen abweicht, was der Anspruchsteller insoweit verlangt hat (a.a.O., S. 825; vgl. auch Fezer-Büscher, § 8 Rz. 129; Harte/Henning/Beckedorf, § 8 Rz. 34 m.w.N.). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, könnte ohne Kenntnis des Wortlauts der mit der Abmahnung geforderten Verpflichtungserklärung nicht festgestellt werden. Allein der Umstand, dass die Verpflichtungserklärung - wie die Parteien unstreitig stellen - von der Klägerin vorformuliert wurde, reicht jedenfalls nicht hin.
Die Klägerin hat aber durch ihre Empfangsbestätigung vom 04.11.2003 das Vertragsangebot angenommen. Das belegt schon die Formulierung "wir bestätigen hiermit den Eingang der von Ihnen unterzeichneten Verpflichtungserklärung…". Denn die Klägerin hat anschließend nicht etwa die Erklärung als inhaltlich unzureichend beanstandet, sondern "auf der Basis der darin eingegangenen Verpflichtung" Ansprüche auf Auskunft und Kostenübernahme geltend gemacht. Zudem liegt in dieser Geltendmachung der sich aus der Verpflichtungserklärung ergebenen Ansprüche eine eindeutige konkludente Annahmeerklärung, weil die Ansprüche ohne ein Zustandekommen des Vertrages und damit ohne eine Annahme der Verpflichtungserklärung durch die Klägerin nicht bestünden.
Diese Annahmeerklärung ist auch rechtzeitig erfolgt. Es kann offen bleiben, ob Angebote zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages regelmäßig unbefristet erfolgen (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 Rz. 1115), weil die etwaige Annahmefrist gemäß § 147 Abs. 2 BGB jedenfalls nicht überschritten ist. Die Klägerin hat durch ihren Bevollmächtigten nach einer Woche auf die Unterwerfungserklärung reagiert. Angesichts der Komplexität der Ansprüche und der Notwendigkeit der Abstimmung des Bevollmächtigten mit der Klägerin konnte die Beklagte erwarten, dass die Klägerin eine Woche zur Überprüfung benötigen würde. Diese Sicht wird durch den Umstand bestätigt, dass die Beklagte selbst noch etwa drei Wochen nach Abgabe der Verpflichtungserklärung, nämlich unter dem 20.11.2003, angefragt hat, ob die Klägerin die Verpflichtungserklärung annehme, und sich nicht etwa auf den Standpunkt gestellt hat, die Annahmefrist sei verstrichen.
bb) Der Anspruch auf Auskunftserteilung erfasst auch den Zeitraum vor dem 01.11.2003. Er ist vergangenheitsbezogen. Dies folgt aus einer Auslegung der Verpflichtungserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsitte (§§ 133, 157, 242 BGB).
Es trifft zwar zu, dass die Ziffer 3) der Verpflichtungserklärung mit der Formulierung, "die U3 AG erkennt die Verpflichtung an, Auskunft zu geben, in welchem Umfang die unter 1. genannten Handlungen begangen wurden" auf die Ziffer 1) der Verpflichtungserklärung Bezug nimmt. Für sich genommen könnte die Klausel in Ziffer 3) durchaus so verstanden werden, als ob sie auch die in Ziffer 1) am Ende enthaltene Einschränkung, "diese Erklärung gilt für alle ab dem 1. November 2003 gewählten Verbindungen" in die Bezugnahme mit einschließt und somit allein einen zukunftsbezogenen Auskunftsanspruch begründet. Dass dem Wortlaut der Ziffer 3) für sich genommen ein solcher Sinn beigemessen werden kann, belegt jedoch lediglich, dass diese Klausel nach dem buchstäblichen Sinn ihres Ausdrucks keinen eindeutigen Inhalt hat und damit auslegungsbedürftig ist. Denn die Bezugnahme in Ziffer 3) der Verpflichtungserklärung auf die Ziffer 1) kann allein nach ihrem wörtlichen Inhalt auch so verstanden werden, dass mit den "unter 1. genannten Handlungen" die Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen nach Ziffer 1)a) sowie die Ausweisung fremder Leistungen als eigene nach Ziffer 1)b) für alle Verbindungen gemeint sind, die im Fall der Ziffer 1)a) in der Zeit zwischen dem 01.07.2001 - dem Zeitpunkt der aufgrund der der Inkassoentscheidungen der RegTP vom 21.02.2000/14.03.2000 erfolgten Einstellung der Erweiterten Fakturierungs- und Inkassoleistungen gegenüber der Klägerin - und dem 01.11.2003 - dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Unterlassungsverpflichtung -, bzw. im Fall der Ziffer 1b) zwischen dem 01.12.1996 - dem Zeitpunkt der Aufnahme eines bundesweiten Auskunftsdienstes durch die Klägerin - und dem 01.11.2003 - dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Unterlassungsverpflichtung - gewählt worden sind. Danach ist die unter Ziffer 1) am Ende enthaltene Einschränkung gerade nicht von der Bezugnahme umfasst. Die Auskunftspflicht besteht nach diesem Verständnis vergangenheitsbezogen, und zwar für die unter Ziffer 1)a) genannten Handlungen für den Zeitraum vom 01.07.2001 bis zum 01.11.2003 und für die unter Ziffer 1)b) genannten Handlungen für den Zeitraum vom 01.12.1996 bis zum 01.11.2003.
Für das letztere, vergangenheitsbezogene Verständnis spricht jedoch nicht nur der Wortlaut, sondern darüber hinaus, auch der Gesamtzusammenhang der Verpflichtungserklärung, ihre Systematik, ihre Begleitumstände und schließlich die nach Maßgabe von Treu und Glauben zu berücksichtigende Interessenlage der Parteien. Bei der daran zu messenden Auslegung ist als maßgebender Zeitpunkt auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Abgabe oder dem entsprechenden Zugang der Erklärungen abzustellen; eine spätere Änderung des Willens oder der für die Auslegung maßgebenden Umstände ist nicht zu berücksichtigen (BGH NJW 1988, 2878, 1998, 3268). Hier ging das Angebot der Verpflichtungserklärung von der Beklagten mit Schreiben vom 29./30.10.2003 aus, wobei die Erklärung von der Klägerin vorformuliert worden war. Die Annahme erfolgte durch die Klägerin mit Schreiben vom 04.11.2003. Entscheidend für die Auslegung der empfangsbedürftigen Erklärungen ist dabei nicht der subjektive Wille der Parteien. Vielmehr kommt es darauf an, wie ein verständiger, mit den Begleitumständen des Vertragsschlusses vertrauter Dritter, in der Position der jeweiligen Partei die Erklärungen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste (sog. verobjektivierter Empfängerhorizont), (Heinrichs in: Palandt, Kommentar zum BGB, 64. Auflage 2004, § 133 Rn. 9).
Bei einer an diesen Maßstäben gemessenen Auslegung legt bereits der Wortlaut eine vergangenheitsbezogene Auskunftspflicht nahe. Dies gilt umso mehr, als die Formulierungen hierbei in den Gesamtzusammenhang des Textes zu stellen sind (Heinrichs in: Palandt, Kommentar zum BGB, 64. Auflage 2005, § 133, Rn.14). So wird in Ziffer 3) der Erklärung ausdrücklich die Zeitform der Vergangenheit verwendet ("in welchem Umfang die unter 1. genannten Handlungen begangen wurden"). Diese Zeitform wurde für die Beklagte erkennbar auch bewusst gewählt. So wurde in der Unterlassungsverpflichtung der Ziffer 1) ausdrücklich ein Zukunftsbezug aufgenommen ("Diese Erklärung gilt für alle ab dem 1. November 2003 gewählten Verbindungen."). Gleiches gilt für das Vertragsstrafenversprechen der Ziffer 2) durch die darin enthaltene schlichte Bezugnahme auf die Ziffer 1). Dies liegt auch mit Blick auf die zukunftsgerichtete Präventionsfunktion des Vertragsstrafeversprechens besonders nahe. In der Auskunftsverpflichtung der Ziffer 3) wurde dann ausdrücklich die bereits genannte Vergangenheitsform gewählt. Für das Anerkenntnis der Schadensersatzpflicht der Ziffer 4) schließlich wird ausdrücklich differenziert zwischen dem Schaden, der "durch die unter 1) bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder entstehen wird,…". Wenn also derart differenziert mit den Zeitformen umgegangen wurde, dann musste ein verobjektivierter Empfänger den Vergangenheitsbezug für die Auskunftspflicht in Ziffer 3) auch als solchen verstehen. Daran muss sich Beklagte festhalten lassen.
Auch eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Verpflichtungserklärung spricht für den Vergangenheitsbezug der Auskunftspflicht. Dass eine Unterlassungserklärung wie die unter Ziffer 1) der Verpflichtungserklärung vereinbarte an einen in der Zukunft liegenden Anfangstermin gebunden ist, liegt in der Natur der Sache und entspricht der Verkehrssitte. Gleiches gilt mit Rücksicht auf die bereits angesprochene Präventionsfunktion für ein zur Absicherung einer Unterlassungsverpflichtung vereinbartes Vertragsstrafeversprechen, wie unter Ziffer 2) vereinbart. Daher spricht Ziffer 2) auch ausdrücklich von einer "unter 1) definierte(n) Verletzungshandlung". Denn eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung setzt eine Vornahme der unter Ziffer 1)a) und 1)b) inkriminierten Handlungen nach Beginn des Anfangstermins der Unterlassungsverpflichtung voraus. Dafür, dass die Auskunftspflicht unter Ziffer 3) hingegen ausschließlich für noch in Zukunft zu begehende Verletzungshandlungen geltend soll, zu deren Unterlassen sich die Beklagte gerade verpflichtet hat, fehlen nach dem Gesamtzusammenhang der Verpflichtungserklärung jedwede Anhaltspunkte. Schließlich besteht auch keine Verkehrssitte, nach der Auskunftsansprüche regelmäßig für zukünftig noch zu begehende Verletzungshandlungen vereinbart werden würden.
Entscheidend dafür, dass mit den "unter 1. genannten Handlungen" die Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen nach Ziffer 1)a) sowie die Ausweisung fremder Leistungen als eigene nach Ziffer 1)b) für alle Verbindungen gemeint sind, die in der Zeit zwischen dem 01.07.2001 und dem 01.11.2003 bzw. dem 01.12.1996 und dem 01.11.2003 gewählt worden sind, sprechen schließlich die Begleitumstände, insbesondere die Entstehungsgeschichte des Vertragsschlusses und die darin zum Ausdruck kommende Interessenlage der Parteien: Obschon die Beklagte gegenüber der Klägerin aufgrund des Inkassobeschlusses der RegTP seit dem 01.07.2001 nur noch Eingeschränkte Fakturierungs- und Inkassoleistungen im Offline-Billing-Verfahren erbrachte, vereinbarte sie mit einer Wettbewerberin der Klägerin, der E-GmbH, mit Vertrag vom 23.08.2002 Erweiterte Fakturierungs- und Inkassoleistungen im Online-Billing-Verfahren und fakturierte die Leistungen der E-GmbH unter der Rubrik "Verbindungen U3". Eine erste Aufforderung der Klägerin an die Beklagte zur Abgabe eines Angebots über die Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen mit Schreiben vom 11.10.2002 wurde von dieser mit Hinweis auf das Diskriminierungsverbot abgelehnt. Als die Klägerin von dem Umstand Kenntnis erlangte, dass die Beklagte über den 01.07.2001 hinaus die Umsätze der E-GmbH in das Mahnverfahren der Beklagten mit einschloss, forderte sie die Beklagte erneut zur Abgabe eines Angebots über die Erbringung Erweiterter Fakturierungs- und Inkassoleistungen mit Schreiben vom 03.04.2003 auf. Die Beklagte lehnte dies wiederum ab, und zwar mit dem Hinweis, dass das Vertragsverhältnis mit der E-GmbH aus Gründen der Gleichbehandlung inzwischen gekündigt worden wäre und somit in Kürze ausliefe. Als die Klägerin im September 2003 von dem Umstand Kenntnis erlangte, dass die Beklagte die Umsätze der E-GmbH weiterhin in das Mahnverfahren der Beklagten einschloss und diese Umsätze zudem unter der Rechnungsrubrik "Verbindungen U3" fakturierte, mahnte sie die Beklagte mit Schreiben vom 22.10.2003 unter ausdrücklicher Berufung auf das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot und auf das wettbewerbsrechtliche Verbot der irreführenden Angaben ab. Schon in diesem Schreiben machte die Klägerin gegenüber der Beklagten kartell- und wettbewerbsrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts-, und Schadensersatzansprüche für bereits entstandenen Schaden geltend. Weiterhin gab die Klägerin gegenüber der Beklagten zu verstehen, dass der Abschluss der auf Seite 3 unten benannten Verpflichtungserklärung eine Gelegenheit darstellen sollte, die Angelegenheit außergerichtlich zu regeln und dass nach Ablauf der Frist zur Abgabe der Verpflichtungserklärung gerichtlich vorgegangen werden würde. Der für die Beklagte erkennbare Hintergrund der von der Klägerin vorformulierten Verpflichtungserklärung waren also insbesondere die von der Klägerin mit Schreiben vom 22.10.2003 geltend gemachten kartell- und wettbewerbsrechtlichen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum vom 01.07.2001 bis zum 01.11.2003 bzw. vom 01.12.1996 bis zum 01.11.2003. Wie von der Beklagten ausdrücklich zugestanden, gab sie diese Verpflichtungserklärung allein deshalb ab, um einen Rechtsstreit über gerade die mit dem Schreiben vom 22.10.2003 geltend gemachten Ansprüche zu vermeiden. Redlicherweise musste die Beklagte aber davon ausgehen, dass sich ein Rechtsstreit über die von der Klägerin geltend gemachten, in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlungen nur dadurch vermeiden ließe, dass die Beklagte mit der streitigen Verpflichtungserklärung Auskunfts- und darauf aufbauende Schadensersatzansprüche gerade für diese in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlungen und nicht für noch künftig zu begehende Verletzungshandlungen anerkannte. An der Anerkennung einer Auskunfts- und Schadensersatzpflicht allein für zukünftige Handlungen hatte die Klägerin - für die Beklagte erkennbar - auch gar kein Interesse. Denn die Beklagte hatte sich mit Wirkung ab dem 01.11.2003 zur Unterlassung der inkriminierten Handlungen unter Androhung einer Vertragsstrafe verpflichtet. Vielmehr ging es der Klägerin mit den Auskunftsansprüchen erkennbar darum, die mit der Ziffer 4) der Verpflichtungserklärung von der Beklagten anerkannten Schadensersatzansprüche für Verletzungshandlungen vom 01.07.2001 bis zum 01.11.2003 bzw. vom 01.12.1996 bis zum 01.11.2003 vorzubereiten. Diesen Zweck konnten aber allein vergangenheitsbezogene Auskunftsansprüche erfüllen.
Abschließend spricht auch das im Grundsatz von Treu und Glauben verankerte Gebot der widerspruchsfreien Auslegung für eine vergangenheitsbezogene Auskunftspflicht. Denn die Beklagte sähe sich dem Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt, wenn sie sich mit ein- und derselben Erklärung vom 29/30.10.2003 dazu verpflichtete, einerseits in Zukunft bestimmte inkriminierte Handlungen zu unterlassen und andererseits Auskunft zu geben, in welchem Umfang genau diese inkriminierten Handlungen begangen worden sein werden.
cc) Der Auskunftsanspruch ist nicht aufgrund Vorlage der mit Schriftsatz vom 03.05.2004 eingereichten Kopien der Verträge der Beklagten mit der E-GmbH und der G2 KG durch Erfüllung erloschen. Gemäß Ziffer 3) der Verpflichtungserklärung hat sich die Beklagte verpflichtet,
"Auskunft zu geben, in welchem Umfang die unter Ziffer 1. genannten Handlungen begangen wurden, und zwar unter Angabe und Vorlage von Belegen (in ggf. gut leserlichen Kopien) insbesondere:
a) Namen und Anschriften von Unternehmen, denen gegenüber die unter 1. genannten Leistungen angeboten und/oder erbracht wurden,
b) Abschlüsse und Dauer und wesentliche Konditionen von Verträgen, die die unter 1. genannten Leistungen zum Gegenstand haben."
Der Umfang der Auskunftspflicht ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Einer weitergehenden Auslegung bedarf es hier nicht. Die Beklagte ist ihrer Auskunftspflicht bislang noch nicht in dem geschuldeten Umfang nachgekommen. Zwar legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.05.2004 Kopien der Verträge der Beklagten mit der E-GmbH und der G2 KG vom 23.08.2002 und vom 14.11.2000 vor. Der Vertrag mit der E-GmbH ist jedoch in Teilen, insbesondere den Tarifen geschwärzt. Der Vertrag mit der G2 KG enthält keine Tarife für den Zeitraum ab dem 01.07.2001 und auch keine Angabe der Volumina. Auch hat die Beklagte noch keine Auskunft - sei es auch nur eine negative - darüber erteilt, ob für den relevanten Zeitraum Verträge mit weiteren Anbietern von Auskunftsdiensten im Online-Billing-Verfahren bestanden.
b) Ob das Hilfsvorbringen zutrifft, kann dahinstehen, da die Klage bereits unter Zugrundelegung des Hauptvorbringens in vollem Umfang Erfolg hat.
3.) Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 03.08.2006 und der Klägerin vom 11.08.2006 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
4.) Eine Kostenentscheidung ist derzeit nicht möglich, da sie einheitlich zu erfolgen hat.
5.) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
Streitwert für den Klageantrag zu 2.): 150.000,00 Euro
LG Köln:
v. 30.08.2006
Az: 91 O 26/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/757815133b36/LG-Koeln__vom_30-August-2006_Az_91-O-26-05