Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 10. Juni 2013
Aktenzeichen: 31 Wx 172/13
(OLG München: Beschluss v. 10.06.2013, Az.: 31 Wx 172/13)
Ist eine Gesellschaft rechtskräftig zur Anmeldung der Löschung ihrer Firma verurteilt, bildet der vom Gläubiger beim Registergericht elektronisch einzureichende Vollstreckungstitel die Grund-lage für die Löschung, ohne dass es eines satzungsändernden Beschlusses bedarf.
Tenor
I. Der Beschluss des Amtsgerichts München - Registergericht - vom 12. März 2013 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Anmeldung der Löschung der Firma an das Amtsgericht München - Registergericht - zurückverwiesen.
Gründe
I.
Im Handelsregister ist die X. Haus und Grund Immobilien-Treuhand GmbH eingetragen. Die Gesellschaft ist rechtskräftig unter anderem dazu verurteilt, die Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr und Immobilienwesen zu unterlassen und die Löschung ihrer Firma beim zuständigen Handelsregister zu beantragen.
Die Gläubigerin hat unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils beim Registergericht schriftsätzlich beantragt, die Firma im Handelsregister zu löschen. Sie hat vorgetragen, zur Durchsetzung eines kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach § 15 MarkenG stehe dem Verletzten auch ein unmittelbar auf Löschung der Firma gerichteter Beseitigungsanspruch zu. Eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung über die Änderung der Satzung bedürfe es nicht. Das rechtskräftige Urteil binde auch das Registergericht und führe zu einer Amtslöschung nach § 395 FamFG.
Das Registergericht hat den Antrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Soweit der Antrag als Anmeldung der Löschung zu verstehen sei, fehle es an dem erforderlichen Gesellschafterbeschluss, der die bisherige Firma beseitige bzw. durch einen anderen Firmennamen ersetze. Das rechtskräftige Urteil ersetze nur die Anmeldung des Geschäftsführers als Vertreter der GmbH. Eine Amtslöschung wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung einer Eintragung sei nicht veranlasst, denn ein Verstoß gegen markenrechtliche Vorschriften sei bei der Eintragung nicht zu prüfen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Gläubigerin.
II.
Die zulässige Beschwerde ist im Wesentlichen begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Registergericht. Die Voraussetzungen für eine Amtslöschung der Firma sind zwar nicht gegeben. Bei rechtskräftiger Verurteilung der Gesellschaft zur Unterlassung des Firmengebrauchs und zur Anmeldung der Löschung ist für die Eintragung aber kein Gesellschafterbeschluss über eine entsprechende Satzungsänderung erforderlich. Eine Entscheidung in der Sache kann noch nicht ergehen, weil bisher die Gesellschaft nicht am Verfahren beteiligt worden ist.
1. Zu Recht hat es das Registergericht abgelehnt, von Amts wegen tätig zu werden. Eine entsprechende Anwendung des § 43 Abs. 2 KWG kommt nicht in Betracht, denn die Vorschriften der §§ 39 ff. KWG dienen ausschließlich öffentlichen Interessen. Der Anwendungsbereich des § 395 FamFG ist ebenfalls nicht eröffnet. Das Registergericht hat bei der Eintragung nicht zu prüfen, ob eine Firma gegen namens-, marken- oder wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstößt. Eine Firma kann registerrechtlich zulässig, jedoch namens-, marken- oder wettbewerbsrechtlich unzulässig sein (vgl. Fezer, MarkenG, 4. Aufl. 2009, § 15 Rn. 172). Selbst der rechtskräftig festgestellte Verstoß der Firma gegen markenrechtliche Vorschriften führt also nicht dazu, dass die Eintragung dieser Firma im Handelsregister eine unzulässige Eintragung i.S. des § 395 FamFG darstellt. Die zivilrechtlichen Individualansprüche aufgrund der Vorschriften des Namens-, Marken- oder Wettbewerbsrechts sind im Wege der zivilrechtlichen Unterlassungsklage geltend zu machen und stellen grundsätzlich kein registerrechtliches Eintragungshindernis dar (OLG Hamm FGPrax 2007, 140/141; Baumbach/Hopt HGB 35. Aufl. 2012 § 17 Rn. 27; Lutter/Hommelhoff/Bayer GmbHG 18. Aufl. 2012 § 4 Rn. 39, 51; Roth/Altmeppen GmbHG 7. Aufl. 2012 § 4 Rn. 61). Auch das auf Unterlassungsklage ergangene rechtskräftige Urteil des Zivilgerichts kann deshalb keine von Amts wegen einzuleitenden Maßnahmen des Registerzwangs auslösen (a.A. Michalski GmbHG 2002 § 4 Rn. 95; offen gelassen OLG Hamm NJW-RR 2011, 767/769).
2. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass der Anspruch auf Unterlassung eines unzulässigen Firmengebrauchs auch die Löschung der unzulässigen Firma im Handelsregister umfasst. Der Löschungsanspruch aus markenrechtlichen Bestimmungen geht in der Regel dahin, dass die Gesellschaft die beanstandete Firma insgesamt nicht benutzen darf (vgl. BGH Urteil vom 14.10.1999 "comtes/ComTel" NJW-RR 2001, 118/121; BGH Urteil vom 31.7.2008 "Haus und Grund II" NZM 2008, 899 Rdn.34; BGH Urteil vom 29.9.1965 Az Ib ZR 88/63, "multicord" JURIS Rdn.56 ff <= BB 1965, 1202>; Lange, Marken- und Kennzeichenrecht 2. Aufl. 2012 Rn. 5781; Ingerl/Rohnke MarkenG 3. Aufl. Vorbem. zu §§ 14-19 Rn. 214, § 14 Rn. 164; Fezer aaO Rn. 413). Der Klageantrag kann unmittelbar auf Beseitigung der Rechtsverletzung, d. h. auf Abgabe der Löschungsanmeldung durch die beklagte Gesellschaft gerichtet werden. Mit Rechtskraft der Entscheidung gilt die Löschungsanmeldung gemäß § 894 ZPO als abgegeben; der Kläger kann dann zum Zweck der Löschung der unzulässigen Firma eine Urteilsausfertigung beim Registergericht vorlegen (vgl. RGZ 114, 318/321; RGZ 125, 159/164; Lange aaO Rn. 6064; Ensthaler/ Steitz HGB 7. Aufl. 2007 § 37 Rn. 14; Röhricht/Ammon/Ries HGB 3. Aufl. 2008 § 37 Rn. 34; Staub/Burgard HGB 5. Aufl. 2009 § 37 Anh. 1 Rn. 70; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hillmann HGB 2. Aufl. 2008 § 37 Rn. 29).
3. Die rechtskräftige Verurteilung der Gesellschaft zur Löschung ihrer Firma reicht somit für die Eintragung der Löschung im Handelsregister aus (vgl. Scholz/Emmerich GmbHG 11. Aufl. 2012 § 4 Rn. 67; Michalski aaO § 4 Rn. 95; Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG 4. Aufl. 2002 § 4 Rn. 65, 69). Der Einwand, damit werde ohne hinreichende Grundlage in die Entscheidung des Firmierenden eingegriffen, wie er den rechtswidrigen Zustand beseitigen wolle (so MünchKommHGB/Krebs 3. Aufl. 2010 § 37 Rn. 54), überzeugt nicht, denn dem Firmierenden steht es frei, es nicht auf die Zwangsvollstreckung ankommen zu lassen, sondern durch eine Änderung der Firma den titulierten Unterlassungsanspruch zu erfüllen (so auch Fezer aaO Rn. 413; Lange aaO Rn. 5781).
4. Das rechtskräftige Urteil ersetzt nach § 894 Satz 1 ZPO die Abgabe der Willenserklärung, hier also der Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister, wobei jede Form ersetzt und gewahrt wird. Nicht ersetzt wird jedoch der Zugang der Erklärung bei einem Dritten oder einer Behörde; die Übermittlung hat der Gläubiger zu bewirken (Thomas/Putzo/Seiler ZPO 34. Aufl. 3013 § 894 Rn. 9; MünchKommZPO/Gruber 4. Aufl. 2012 § 894 Rn. 17). Gegenüber dem Registergericht kann das nur in elektronischer Form erfolgen (§ 12 Abs. 2 HGB). Daran fehlt es bislang. Wenn das die Löschungsanmeldung ersetzende rechtskräftige Urteil in gehöriger Form dem Registergericht vorliegt, wird die Gesellschaft darüber zu unterrichten sein (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), gegebenenfalls durch öffentliche Bekanntmachung, nachdem der einzige Geschäftsführer unbekannten Aufenthalts ist.
OLG München:
Beschluss v. 10.06.2013
Az: 31 Wx 172/13
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