Verwaltungsgericht München:
Urteil vom 31. Januar 2008
Aktenzeichen: M 10 K 07.1533

(VG München: Urteil v. 31.01.2008, Az.: M 10 K 07.1533)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Durch Bescheid vom ... Dezember 2005 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Herstellungsbeitrag in Höhe von Euro 13.573,93 heran. Veranlagt wurde eine Geschossfläche von 1.204,43 m².

Hiergegen legten die Bevollmächtigten der Klägerin Widerspruch ein. Mit weiterem Schreiben wurde um einen Lageplan gebeten, in dem die veranlagten Flächen unter Bezugnahme auf die Geschossflächenberechnung des Bescheids gekennzeichnet sind. Dem kam der Beklagte nach.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2006 beantragten die Bevollmächtigten der Klägerin, den angefochtenen Bescheid vom ... Dezember 2005 um Euro 4.666,46 zu ermäßigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich auf dem veranlagten Grundstück beitragsfreie selbstständige Gebäudeteile mit einer Gesamtfläche von 414,06 m² befänden.

Diesem Antrag entsprechend ermäßigte der Beklagte den angefochtenen Herstellungsbeitrag durch Bescheid vom ... Dezember 2006 um Euro 4.666,46.

Daraufhin führten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Januar 2007 aus, dass dem eingelegten Widerspruch abgeholfen worden sei. Das Widerspruchsverfahren sei damit erledigt. Kostenfestsetzung werde beantragt. Eine Geschäftsgebühr sowie eine Erledigungsgebühr jeweils aus dem Wert von Euro 4.666,46 wurden in Rechnung gestellt.

Durch Bescheid vom ... Januar 2007 übernahm der Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens und erklärte die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig. Die der Klägerin zu erstattenden Aufwendungen wurden auf Euro 477,11 festgesetzt. Die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr seien nicht gegeben, weil der Beklagte den angefochtenen Beitragsbescheid nach Eingang der Widerspruchsbegründung ohne weitere anwaltliche Mitwirkung im beantragten Umfang aufgehoben habe. Die anwaltliche Mitwirkung bedürfe einer über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehenden zusätzliche und besonderen Tätigkeit. Hieran fehle es. Die Erledigungsgebühr sei keine reine Erfolgsgebühr sondern eine besondere Tätigkeitsgebühr.

Hiergegen legten die Bevollmächtigten der Klägerin fristgerecht Widerspruch ein.

Diesen wies das Landratsamt ... durch Widerspruchsbescheid vom ... März 2007 zurück. Merkmal der Erledigungsgebühr sei die ohne streitige Entscheidung erzielte Erledigung auf sonstige Weise. Die Gebühr entstehe nicht, wenn die Rechtssache streitig durch einen Widerspruchs- oder Abhilfebescheid beigelegt worden sei. Die Gebühr entfalle damit bereits mangels Erledigung. Außerdem liege die erforderliche Mitwirkung an der Erledigung nicht vor. Der Rechtsanwalt müsse in einer Weise tätig werden, die über die allgemeine Wahrnehmung verfahrensmäßiger bzw. rechtlicher Interessen hinaus gehe, so dass die Entstehung einer Erledigungsgebühr neben der Geschäftsgebühr gerechtfertigt sei. Durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz habe sich keine grundlegende Änderung zu § 24 BRAGO ergeben. Die zum früheren Recht ergangene Rechtsprechung gelte fort.

Dieser Bescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 10. April 2007 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 20. April 2007, eingegangen bei Gericht am 23. April 2007, erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem zuletzt gestellten Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2007 in Ziffer 2 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... März 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten Aufwendungen von insgesamt Euro 1.085,-- festzusetzen.

Weiter wurde beantragt,

die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Rechtslage seit in Kraft Treten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes am 1. Juli 2004 geändert habe. Nach neuem Recht genüge eine kausale Mitwirkung des Anwalts an der Erledigung der Streitsache. Lediglich eine rein formale Widerspruchseinlegung wäre nicht ausreichend. Demgegenüber sei ausreichend, wenn der Rechtsanwalt den Widerspruch nicht nur zur Fristwahrung einlege, sondern sachlich zutreffend begründe und die Behörde daraufhin dem Widerspruchsantrag stattgebe. Im zu entscheidenden Fall sei die Begründung des Widerspruchs kausal für den Aufhebungsbescheid gewesen.

Für den Beklagten wurde beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Erledigungsgebühr sei keine reine Erfolgsgebühr, sondern eine zusätzliche Gebühr für ein besonderes Bemühen des Anwalts, das über die üblichen Verfahrenshandlungen hinausgehe. Eine solche Tätigkeit sei nicht zu erkennen. Die nachgereichte Begründung des Widerspruchs reiche hierfür nicht aus. Diese sei mit der Geschäftsgebühr abgegolten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2007 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom ... März 2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Der Beklagte lehnte die Festsetzung einer Erledigungsgebühr zu Recht ab.

Nach der hier einschlägigen Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt.

Nach der jetzigen Rechtslage ist ebenso wie nach dem früheren § 24 BRAGO Voraussetzung der Erledigungsgebühr, dass sich der eingelegte Rechtsbehelf durch Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Verwaltungsaktes oder durch ganz oder teilweisen Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes durch unstreitige Entscheidung erledigt. Dies war für das frühere Recht durch die Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG vom 21.8.1981, Az.: 4 C 60/79; BayVGH vom 14.2.1996, Az.: 26 B 91.1092). Hieran hat sich durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts geändert (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken u. a. RVG Nr. 1002 VV Rdn. 9).

Erledigt sich der Rechtsbehelf nicht auf sonstige Weise, sondern ergeht eine Sachentscheidung, entfällt die Erledigungsgebühr. Eine Abhilfeentscheidung der Ausgangsbehörde nach § 72 VwGO, wie sie im zu entscheidenden Fall vom Beklagten getroffen wurde, stellt keine unstreitige Erledigung im Sinne der Nr. 1002 VV RVG dar. Auch dies ist in der Rechtsprechung geklärt (BVerwG, a.a.O.; BayVGH, a.a.O.).

Aus diesen Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 523,74 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).






VG München:
Urteil v. 31.01.2008
Az: M 10 K 07.1533


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/75c99fcd9cea/VG-Muenchen_Urteil_vom_31-Januar-2008_Az_M-10-K-071533




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share