Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 217/03
(BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az.: 28 W (pat) 217/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Anmelderinnen begehren die Eintragung des Wortes CorrectPlusin das Markenregister als Kennzeichnung für folgende Waren
"Maschinen und Werkzeuge für die Metallbe- und -verarbeitung, Bauholz-, Schnittholz-, Holzbe- und -verarbeitungs-, Furnier- und Sperrholzmaschinen und -geräte; Maschinen und Werkzeuge für die Kunststoffbe- und -verarbeitung; Maschinen und Werkzeuge für die Steinbe- und -verarbeitung;
Messapparate und -instrumente; Maschinen und Instrumente zur elektronischen Anwendung; Computerprogramme zur Verwendung in Messapparaten und -instrumenten; Computerprogramme zur Verwendung in Be- und Verarbeitungsmaschinen und -werkzeugen"
Die Markenstelle für Klasse 7 des DPMA hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, "CorrectPlus" werde nicht als Betriebskennzeichnung verstanden, sondern nur im Sinn einer beschreibenden Sachangabe dahingehend, dass die Waren entweder (Kl. 9) einer verbesserten, genaueren Messung, Überprüfung und Korrektur von maschinellen Arbeitsprozessen dienten oder (Kl. 7) noch genauer und korrekter - etwa mit Hilfe eines entsprechenden Korrekturinstruments/-programms - arbeiteten. In einem solchen werbenden Hinweis erblicke auch der angesprochene Fachverkehr keinen betrieblichen Herkunftshinweis.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderinnen, denn nach ihrer Ansicht fehlt es an dem für eine Zurückweisung notwendigen konkreten und eindeutigen Warenbezug. "Plus" in Alleinstellung könne zB im Sinn eines Zusatzes oder aber eines Denkanstoßes verstanden werden. Als Gesamtwort in der Übersetzung "korrigiere plus" sei die Marke ergänzungsbedürftig, wohingegen der Fachverkehr unzweideutige Funktionenbeschreibungen gewohnt sei. Angesichts der unscharfen Bedeutung bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis an der Wortkombination, zumal sie in den USA und dem Vereinigten Königreich als Marke eingetragen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderinnen (§ 165 Abs 4 MarkenG) ist nicht begründet, denn das als Marke beanspruchte Markenwort besteht lediglich aus zwei beschreibenden Begriffen, die auch in ihrer Kombination den Mitbewerbern zur freien Verfügung offen stehen muss (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Im Kontext der Waren enthält das englischsprachige Wort "correct", das als Verb ("korrigieren, berichtigen") und als - im Deutschen fast identischen - Adjektiv ("richtig, korrekt") existiert, die Sachaussage, dass die so gekennzeichneten Maschinen, Messapparate und Computerprogramme äußerst korrekt arbeiten oder auch der Fehlerbeseitigung/-vorbeugung dienen. Gerade im Bereich der Maschinen zur Bearbeitung von Holz, Metall, Kunststoff oder auch Stein kommt es auf eine korrekte Ausführung an, weil bereits kleine Fehler das Werkstück wertlos machen können. Dementsprechend benötigt der Verkehr auch Werkzeuge und Korrekturprogramme, die bereits im Vorfeld Fehler vermeiden, indem sie zum Beispiel falsch justierte Werkstücke erkennen und womöglich neu ausrichten; ebenso ist es möglich, dass die Waren zur Beseitigung von Fehlern eingesetzt werden, die bei der Bearbeitung aufgetreten sind. Letzteres haben die Anmelderinnen ausdrücklich eingeräumt (Bl. 11 der Gerichtsakte) und wird auch durch deren Auftritt im Internet belegt, wo es in Bezug auf die beanspruchten Waren unter anderem heißt (vgl. Anlage zum Protokoll S. 1): "Features: allows construction of a production system with improved accuracy and reduced ration of defected parts" und: "If the NC program is partially corrected prior to processing, there is no need to make a corection during processing". In der anschließenden Grafik mit Erläuterungen werden die Begriffe "corrected" und "correction" insgesamt siebenmal verwendet. Für den Senat ist damit offenkundig, dass für derartige Korrekturmaschinen und zugehörige Programme der zum Grundwortschatz gehörende englischsprachige Begriff "correct" für die Mitbewerber zur Beschreibung unentbehrlich ist. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das englische Verb ("korrigieren, verbessern") oder Adjektiv ("sauber, korrekt") gemeint ist. Denn in beiden Varianten enthält es eine lediglich beschreibende Sachangabe, die zu keiner echten Mehrdeutigkeit führt.
Das Freihaltungsbedürfnis an diesem Begriff entfällt auch nicht in der Kombination mit dem geläufigen Werbeschlagwort "Plus", das durch seinen großen Anfangsbuchstaben sofort in seinem Bedeutungsgehalt erkannt wird. Nach den von der Markenstelle und dem Gericht getroffenen Feststellungen - deren Ergebnis den Anmelderinnen zur Kenntnis gebracht wurden - wird das Wort "Plus" sowohl kennzeichnend wie beschreibend auf einer Vielzahl von Warengebieten verwendet, um auf eine zusätzliche, verbesserte Eigenschaft, auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Anders als die Anmelderinnen meinen, erfolgt der Gebrauch von "Plus" dabei weniger in adverbialer Form - also mit der Notwendigkeit, das jeweilige Plus zu konkretisieren -, sondern weit häufiger ist die Verwendung in substantivischer Form und ohne eine konkrete Aussage, welche genaue Wareneigenschaft nun verbessert ist oder einen Mehrwert darstellt. Dies erlaubt dem Verbraucher, in allen angebotenen Waren- und Dienstleistungseigenschaften ein "Mehr" gegenüber denen der Konkurrenz-Produkten zu erblicken (zB Canal plus, RTL plus, UHU plus, LTU plus, One Plus oder Postbank Giro Plus: "Postbank, das Plus für den Kunden", NWS: "Neckarwerke Stuttgart AG, unsere Energie, Ihr Plus", Sony: "Eine Microsystemanlage mit dem großen Plus", Eubos: "Das Plus für die Zukunft meiner Haut", Crowne Plaza: "Weekender Plus", usw). Die vorliegende Wortkombination wird sogar bereits im Zusammenhang mit Computerprogrammen, hier einem Rechtschreibprogramm, in eindeutig beschreibender Form eingesetzt und vom Verkehr auch so verstanden, wie aus einer Internet-Fundstelle hervorgeht (vgl. www.weinplus.de/weinforum/faq_visite.htm: "...möchte ich eine Software empfehlen, die ich seit einiger Zeit einsetze und die mich begeistert: Auto Correct Plus ....Diese Software korrigiert nicht nur Tippfehler in beliebigen Anwendungen automatisch.... Man kann auch problemlos kleine Makros nutzen die häufig genutzte Begriffe oder Sequenzen schnell und einfach abkürzen lassen. ...").
Derartige nahezu universell verwendbare Begriffe, wie sie vorliegend kombiniert sind, dürfen nicht nur für einen Anbieter monopolisiert werden (vgl. auch BGH, BlPMZ 1996, 498 - MEGA). Die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG sind im Lichte des Allgemeininteresses an einem unverfälschten Wettbewerb zu würdigen (vgl. EuGH MarkenR 2003, 227 - Libertel, EuGH Mitt 2004, 222 - Biomild). Alle sich aus einer Marke für den Inhaber ergebenden Rechte und Befugnisse sind anhand dieses Zieles zu prüfen, denn die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches und unbefristetes Recht zur Monopolisierung und damit einen Wettbewerbsvorteil. Dieser Vorteil ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Zeichen von den Mitbewerbern nicht zur Beschreibung von Produkt- oder Dienstleistungs-Merkmalen benötigt wird. Bei der bloßen Aneinanderreihung von beschreibenden Bestandteilen bleibt die Kombination - selbst als sprachliche Neuschöpfung - solange ebenfalls beschreibend, wie sie nicht durch ungewöhnliche Abweichungen syntaktischer oder semantischer Art von dem Eindruck abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung der Einzelbestandteile entsteht (EuGH aaO - Biomild); eine solche Abweichung liegt hier aber gerade nicht vor.
Dementsprechend hat die Rechtsprechung, wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, die Verbindung von "Plus" mit beschreibenden Zusätzen bzw. umgekehrt in den Fällen für markenschutzunfähig erklärt, in denen ohne weiteres die beschreibende Gesamtaussage erkennbar war (z.B. BPatG Az. 33 W (pat) 131/01 vom 5. November 2002 - FinanzPlus; 29 W (pat) 229/99 vom 10. Januar 2001 -Global Plus; 32 W (pat) 019/00 vom 28. Juni 2000 -Komfort Plus; 33 W (pat) 068/98 vom 5. März 1999 - OPTIK PLUS MARKETING RING; 29 W (pat) 351/99 vom 7. März 2001 - SelectPlus).
Dem Freihaltungsbedürfnis stehen vorliegend auch nicht die Voreintragungen in den USA und im Vereinigten Königreich entgegen. Zwar kommt diesen regelmäßig eine gewisse Indizwirkung gegen die Annahme eines Freihaltungsinteresses zu, doch lassen sie sich auch mit abweichenden Sprach- und Werbegewohnheiten erklären, die vorliegend besonders evident sind, da die beanspruchten Markenwörter für sich wie in der Kombination auch zum deutschen Sprachschatz gehören. Auch bei der Beurteilung von Gemeinschaftsmarken wird beispielsweise auf eventuelle nationale Voreintragungen keine entscheidungserhebliche Rücksicht genommen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 8 Rdn. 263 ff., 267 m.w.N.). So hat etwa das HABM vergleichbare Markenanmeldungen trotz Voreintragung in einem englischsprachigen Land für nicht schutzfähig erachtet (vgl. PA-VIS-Auszüge zu HABM R0008/99-3 vom 8. September 1999 -QUICK VIEW PLUS; R0416/99-1 vom 16. Mai 2000 - LIFE PLUS; R0066/98-1 vom 30. September 1998 - COMFORT PLUS; R0329/99-1 vom 15. Dezember 1999 - PLATINUM PLUS;).
Die Beschwerde der Anmelderinnen war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Pü
BPatG:
Beschluss v. 29.09.2004
Az: 28 W (pat) 217/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/75e8b36ed401/BPatG_Beschluss_vom_29-September-2004_Az_28-W-pat-217-03