Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 190/00
(BPatG: Beschluss v. 03.12.2001, Az.: 30 W (pat) 190/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. Mai 2000 aufgehoben.
Gründe
:
I.
Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet die Bezeichnung Campodimele, zuletzt, nach einer Beschränkung des Warenverzeichnisses im Beschwerdeverfahren noch für
"zur äußerlichen Anwendung bestimmte Mittel zur Schönheitspflege, ausgenommen solche, denen auch Einfluss auf die Gesundheit zukommt".
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 29. Mai 2000 auf der Grundlage eines seinerzeit noch zahlreiche Waren der Klassen 3, 5, 29, 30, 31, 32 und 33 umfassenden Warenverzeichnisses wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung ist angeführt, die angemeldete Bezeichnung weise auf einen südlich von Rom gelegenen Ort mit ca. 850 Einwohnern hin, dessen Einwohner aufgrund nicht näher bekannter Faktoren, vermutlich aber aufgrund der Ernährungsgewohnheiten und sonstiger Lebensumstände, ein überdurchschnittliches Lebensalter erreichten und nur in unterdurchschnittlichem Maße ernsthaft erkrankten. Neben der angeblich gesundheitsfördernden Lebensweise soll auch der Anbau und Verzehr naturbelassener und nicht überzüchteter Nutzpflanzen Grund für die überdurchschnittliche Lebenserwartung sein. Daher bestehe ein Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung der angemeldeten Bezeichnung, da es im Ergebnis ausreiche, dass die Verbraucher eine sonstige Beziehung zwischen den fraglichen Waren und dem betreffenden Ort herstellen, mit dem sie positive Vorstellungen verbinden.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben. Sie ist im wesentlichen der Meinung, die Markenstelle habe sich bei ihrer Entscheidung nur auf Veröffentlichungen in der Boulevardpresse gestützt und habe die Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH zum Freihaltebedürfnis bei geographischen Ortsangaben nicht beachtet. Zudem seien zur Verbindung zwischen der Ortsangabe und dem Merkmal der Steigerung der Lebenserwartung weitere Gedankenschritte notwendig, so dass nicht von einer unmittelbar beschreibenden Angabe auszugehen sei.
Im Verlaufe der mündlichen Verhandlung beschränkte die Anmelderin das Warenverzeichnis auf die oben wiedergegebene Fassung.
Die Anmelderin beantragt, den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. Mai 2000 aufzuheben.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unter Bezugnahme auf die zuletzt erfolgte Einschränkung des Warenverzeichnisses begründet. Für die nunmehr noch beanspruchten Waren "zur äußerlichen Anwendung bestimmte Mittel zur Schönheitspflege, ausgenommen solche, denen auch Einfluss auf die Gesundheit zukommt", ist die angemeldete Bezeichnung weder nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 noch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Unter Bezugnahme auf die jetzt noch beanspruchten Waren besteht kein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; es ist nicht ersichtlich, dass die angemeldete Bezeichnung als konkrete unmittelbare Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Benennung angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste.
Auch wenn nämlich die Entscheidung der Markenstelle auf der Grundlage des seinerzeitigen Warenverzeichnisses keinen Bedenken begegnet, da nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 1999, 723 - Chiemsee) ein Allgemeininteresse an solchen Angaben, die der geographischen Herkunftsbezeichnung dienen können, besteht, wenn diese die Vorlieben der Verbraucher dergestalt beeinflussen, dass sie nicht nur auf die Qualität und andere Eigenschaften der betroffenen Waren hinweisen, sondern zu einer positiv besetzten Verbindung der Verbrauchererwartung mit einem bestimmten Ort führen können, ist eine derartige Eignung aufgrund der nunmehr erfolgten Einschränkung des Warenverzeichnisses nicht mehr zu erkennen.
Bei den der rein dekorativen Kosmetik zuzuordnenden Waren kann nicht festgestellt werden, dass auch hier auf die Gesundheit Einfluss nehmende Aspekte (für die diese Waren nicht (mit-)bestimmt sein dürfen) in beschreibender Weise durch das Zeichenwort hingewiesen werden kann. Insoweit ist eine unmittelbar zur Beschreibung dienende Wirkung nicht erkennbar.
Der angemeldeten Bezeichnung kann im Ergebnis auch die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber denjenigen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr., vgl. BGH MarkenR 2001, 34 - Zahnpastastrang). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, dieses Schutzhindernis zu überwinden.
Zwar kann die Unterscheidungskraft entfallen, wenn die Wortmarke einen für die fraglichen Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat. So verhält es sich hier aber nicht; dass die angemeldete Marke "Campodimele" im Zusammenhang mit dem beanspruchten Warenverzeichnis keine konkrete Sachangabe enthält, wurde bereits bei der Prüfung des Freihaltebedürfnisses festgestellt. Zwar unterliegen die Eintragungshindernisse des Freihaltebedürfnisses und der Unterscheidungskraft unterschiedlichen Voraussetzungen und sind, schon wegen des unterschiedlichen Adressatenkreises, regelmäßig streng zu unterscheiden (vgl. Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdnr. 26). Wenn aber feststeht, dass eine in ihrem Aussagegehalt ohne weiteres verständliche Marke für die konkreten Waren als Sachangabe keinem Freihaltebedürfnis unterliegt, wird die Unterscheidungskraft, jedenfalls soweit das Vorliegen eines im Vordergrund stehenden Begriffsinhalts geprüft wird, regelmäßig zu bejahen sein. So verhält es sich hier. Unter diesem Gesichtspunkt kann der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft daher nicht abgesprochen werden. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die gegen die Eignung der angemeldeten Marke als betrieblichen Herkunftsnachweis sprechen. Die Frage, ob das Zeichenwort als Herstellungsort aufgefasst wird, braucht im Eintragungsverfahren nicht geprüft zu werden, da dies nur dann eine Zurückweisung rechtfertigen würde, wenn eine nicht täuschende Zeichenverwendung ausgeschlossen wäre (vgl BPatG BlPMZ 1998, 318 - PGI). Vorliegend ist jedoch zum einen möglich, dass die Waren in Campodimele hergestellt werden zum anderen auch, dass im wettbewerbsrechtlichen Verfahren das nunmehr maßgebende Verbraucherleitbild (EuGH GRUR Int. 1999, 345, 348 - Sektkellerei Kessler) eine Täuschung ausschließen läßt.
Dr. Buchetmann Schramm Voit Ko
BPatG:
Beschluss v. 03.12.2001
Az: 30 W (pat) 190/00
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