Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Februar 2008
Aktenzeichen: 25 W (pat) 48/06

(BPatG: Beschluss v. 14.02.2008, Az.: 25 W (pat) 48/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 20. Februar 2003 angemeldete Wortmarke Dermowellist am 30. Mai 2003 für die Waren

"Arzneimittel für humanmedizinische und tierärztliche Zwecke; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Diagnostika für medizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien, soweit in Klasse 5 enthalten; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Eiweißen, soweit in Klasse 29 enthalten; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere"

unter der Nummer 303 08 637 in das Markenregister eingetragen worden.

Dagegen hat die Inhaberin der seit dem 28. Februar 1994 für die Waren

"Biologische und chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege, Arzneimittel und pharmazeutische Präparate"

unter der Nummer 2 058 157 eingetragenen Marke DERMARELL Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 22. Februar 2006 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Beide Marken könnten sich teilweise auf identischen und ansonsten ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen, so dass unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke insgesamt strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen seien, denen die angegriffene Marke nicht genüge.

Die klanglichen Wiedergabeformen "Dermowell" und "Dermarell" stimmten in der Laut- und Silbenzahl, der Betonung auf der ersten und dritten Silbe und in den vorderen und hinteren Wortteilen überein. Die Vokalfolgen "eoe" und "eae" unterschieden sich zwar im Vokal der Mittelsilbe, diese seien jedoch als dunklere Vokale klangverwandt. Auch die abweichenden Konsonanten jeweils am Beginn der dritten Sprechsilbe "w" und "r" seien als stimmhafte Dauerlaute ähnlich. Gegenüber diesen weitreichenden Annäherungen fielen die Abweichungen im unbetonten Wortinnern zu wenig auf, um einem verwechselbar ähnlichen Gesamteindruck hinreichend entgegenzuwirken. Auch wenn der gemeinsame Wortanfang wegen seines für jedermann erkennbaren Sinngehaltes "Haut" kennzeichnungsschwach sei, könnten Übereinstimmungen in solchen Angaben gleichwohl für den Gesamteindruck von Bedeutung sein und als zusätzliches Element für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken nach dem Gesamteindruck in Betracht kommen.

Bestehe somit bereits die Gefahr klanglicher Verwechslungen, komme es nicht mehr darauf an, ob die Zeichen zusätzlich auch noch dem Schriftbild nach verwechselbar seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke mit dem sinngemäßen Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Februar 2006 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen, wobei sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2008 ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt beschränkt hat:

"Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, ausgenommen homöopathische Arzneimittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, ausgenommen homöopathische Erzeugnisse; Diagnostika für medizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien, soweit in Klasse 5 enthalten; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Eiweißen, soweit in Klasse 29 enthalten; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere."

Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2007 hat sie ferner die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung mit Schriftsatz vom 18. Januar 2008 u. a. eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vom 7. März 2007, Rechnungskopien, Verpackungsmuster, Gebrauchsinformationen sowie Preislisten sowie mit Schriftsatz vom 8. Februar 2008 eine weitere eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vom 6. Februar 2008 sowie mehrere Rechnungskopien und Auszüge aus der "Roten Liste" der Jahre 2001 bis 2007 vorgelegt.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke vertritt dazu die Auffassung, dass angesichts der sich aus den Unterlagen ergebenden geringen Umsatzzahlen eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht sei. So sei für den Zeitraum 2003 bis 2008 ausweislich der vorgelegten Rechnungen lediglich ein Umsatz von insgesamt ... EUR glaubhaft gemacht worden, was aber für eine ernsthafte Benutzung nicht ausreiche. Die weitergehenden Angaben zur Anzahl verkaufter Packungen könnten insoweit angesichts fehlender Umsatzzahlen in den eidesstattlichen Versicherungen nicht berücksichtigt werden, da es sich insoweit auch um Musterpackungen oder eine Abgabe im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen gehandelt haben könnte, für die keine Rechnungen geschrieben worden seien.

In der Sache macht sie geltend, dass der Abstand zwischen beiden Marken ausreichend sei, um Verwechslungen auszuschließen. Denn angesichts der Kennzeichnungsschwäche des gemeinsamen Bestandteils "Derm" genügten dazu bereits geringfügige Unterschiede. Zur Unterscheidung trage vor allem auch bei, dass es sich bei dem Endbestandteil "RELL" der Widerspruchsmarke um eine reine Phantasiebezeichnung handele, welche die Widersprechende als Stammbestandteil einer Zeichenserie verwende, während der Endbestandteil "well" der angegriffenen Marke einen für jedermann erkennbaren Sinngehalt aufweise (gut, gesund). Die Bestandteil "RELL" und "well" seien daher nicht verwechselbar. Hinzu komme, das unter der Bezeichnung "DERMARELL" eine subcutan injizierbare Injektionslösung vertrieben werde, die nur von speziell geschulten und erfahrenen Ärzten verabreicht werden dürfe. Es sei aber unvorstellbar, dass derartige Ärzte ein solches homöopathisches Arzneimittel mit einem klassischen Arzneimittel "Dermowell" verwechseln könnten.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Allein die Unterschiede in der regelmäßig weniger beachteten Wortmitte sowie der Bedeutungsgehalt der Endung "well" wirkten angesichts der weitreichenden Gemeinsamkeiten beider Zeichen einer Verwechslungsgefahr nicht hinreichend entgegen. Darüber hinaus seien die beiden Marken schriftbildlich, insbesondere handschriftlich, in hohem Maße verwechselbar. Die Gefahr der Verwechslung der Marken durch Hörfehler und/oder undeutliche schriftliche Wiedergabe sei auch durch eine gesteigerte Aufmerksamkeit des Verkehrs in Bezug auf Arzneimittel nicht auszuschließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da der Senat mit der Markenstelle ebenfalls davon ausgeht, dass zwischen beiden Marken die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Auch wenn der Wortbestandteil "DERMA" wohl auf den Anwendungsbereich "Haut" hindeutet, weist die Widerspruchsmarke aufgrund ihrer Endsilbe "-RELL" einen hinreichend phantasievollen Charakter auf. Außerdem kann aus der Kennzeichnungsschwäche eines Markenbestandteils nicht ohne weiteres auf eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft der Gesamtbezeichnung geschlossen werden, wenngleich der Schutzumfang solcher Marken sich nach dem Maß der Eigenprägung gegenüber der beschreibenden Angabe bestimmt (vgl. BGH, MarkenR 2003, 388 - AntiVir/AntiVirus).

Die seitens der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässigerweise im Beschwerdeverfahren erhobene Einrede mangelnder Benutzung erstreckt sich auf beide Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 2 MarkenG, da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke bereits seit mehr als fünf Jahren eingetragen war.

Mit den von der Widersprechenden mit ihren Schriftsätzen vom 18. Januar 2008 und 8. Februar 2008 eingereichten Unterlagen, insbesondere den eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 7. März 2007 und 6. Februar 2008 ist eine nach Art, Dauer und Umfang ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke als Produktmarke für ein homöopathisches Arzneimittel in der Darreichungsform einer Injektionslösung für beide Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 MarkenG ausreichend belegt.

Zwar erscheinen die eidesstattlich versicherten Angaben zur Anzahl verkaufter Packungen in den 1998 bis 2007, wonach die Widersprechende über den gesamten Zeitraum hinweg jährlich zwischen ... (1998) und ... (2004) Packungen verkauft hat, absolut gesehen relativ gering. Angesichts der kontinuierlichen Benutzung der Marke im gesamten nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG relevanten Zeitraum für ein zudem relativ spezielles Produkt sowie den sich aus den Unterlagen ergebenden Vermarktungsbemühungen bestehen seitens des Senats jedoch keine durchgreifenden Zweifel an einer ernsthaften Benutzung der Marke. Die Benutzung einer Marke braucht nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden, da ein geringer Benutzungsumfang nicht zwangsläufig auf einen fehlenden Benutzungswillen hindeutet, sondern z. B. auch auf einem unzureichenden wirtschaftlichen Erfolg des entsprechenden Produkts beruhen kann (vgl. dazu EuGH, GRUR 2003, 425, 428 Rdn. 39 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2006, 152, 154 - GALLUP).

Zweifel an einer ernsthaften Benutzung ergeben sich auch nicht daraus, dass die Widersprechende keine Umsatzzahlen benannt hat und die beispielhaft vorgelegten Rechnungen nur Umsätze von insgesamt ... EUR ausweisen. Zur Glaub haftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung ist weder die Angabe von Umsatzzahlen noch der lückenlose Beleg der Umsätze durch Vorlage von Rechnungen erforderlich. Da der Geschäftsführer der Widersprechenden ausdrücklich einen Verkauf der in den eidesstattlichen Versicherungen genannten Produktmengen versichert hat und die Widersprechende ferner auch Preislisten zu dem Produkt vorgelegt hat, lassen sich daraus auch keine Anhaltspunkte für eine lediglich der rein formalen Aufrechterhaltung der Marke dienende Scheinbenutzung entnehmen. Hierbei ist auch zu bedenken, dass es für die Beurteilung einer rechtlich relevanten Benutzung einer Marke im geschäftlichen Verkehr in der Regel nicht darauf ankommt, ob z. B. die so gekennzeichnete Ware gegen Entgelt vertrieben wird. Eine davon abweichende Sicht käme nur dann in Betracht, wenn der unentgeltliche Vertrieb keinen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit aufwiese und sonach allenfalls "symbolischen" Charakter hätte (vgl. BGH GRUR 2006, 152, 154 - GALLUP). Dafür ergeben sich vorliegend jedoch keine Hinweise.

Die Benutzung geschah ausweislich der vorgelegten Verpackungsmuster, Gebrauchsinformationen etc. auch in einer den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke nicht verändernden Form i. S. von § 26 Abs. 3 MarkenG. Bei dem Zusatz "Haut-Bindegewebs-Spezifikum" handelt es sich um einen rein beschreibenden und somit nicht kennzeichnungskräftigen Zusatz.

Im Hinblick auf die Benutzungslage ist daher im Rahmen der Integrationsfrage aufgrund der nach ständiger Rechtsprechung anzuwendenden erweiterten Minimallösung von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für Homöopathika entsprechend der Hauptgruppe 87 der "Roten Liste" allgemein und mangels entgegenstehender Festschreibung im Warenverzeichnis ohne Beschränkung auf eine Rezeptpflicht und bestimmte Darreichungsformen auszugehen (vgl. BPatGE 41, 267, 270 - Taxanil/Taxilan; BPatG, GRUR 2001, 513 - CEFABRAUSE/CEFASEL; BPatG, MarkenR 2004, 361, 362 - CYNARETTEN/Circanetten).

Nachdem das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke keine Homöopathika mehr enthält, können sich beide Marken danach auch in Bezug auf die von der angegriffenen Marke nunmehr beanspruchten "Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, ausgenommen homöopathische Arzneimittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, ausgenommen homöopathische Erzeugnisse" nicht mehr auf identischen Waren begegnen. Es ist insoweit aber von einer engen Warenähnlichkeit auszugehen.

Zwar unterscheiden sich Homöopathika in der Art der Herstellung und in der Wirkungsweise in aller Regel erheblich von allopathischen Arzneimitteln und pharmazeutischen Erzeugnissen; jedoch können die Einsatzbereiche bezüglich der Krankheitsbilder Überschneidungen aufweisen. Dies ist auch vorliegend ohne weiteres möglich, da das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke keine Einschränkung hinsichtlich der Indikation enthält. Neben diesen Berührungspunkten hinsichtlich des Verwendungszweckes ist zu berücksichtigen, dass sich auch die Vertriebsorte- und -wege gleichen. So werden Homöopathika in gleicher Weise wie andere Arzneimittel über Apotheken vertrieben (BPatG GRUR 1995, 488 - APISOL/Aspisol).

Eine engere Ähnlichkeit besteht auch zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 5 "Diagnostika für medizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke", da sie ebenfalls der Behandlung der gleichen gesundheitlichen Störungen dienen können, sei es unterstützend oder in einer sich ergänzenden Weise Art und Weise. Neben diesen Überschneidungen bei der Zweckbestimmung bestehen ferner Berührungspunkte bei den Vertriebsstätten, den Abgabeformen und Aufmachungen der Produkte sowie ihrer stofflichen Beschaffenheit. Letzteres gilt auch in Bezug auf die weiteren in den Klassen 5 und 29 beanspruchten "Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien, soweit in Klasse 5 enthalten; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Eiweißen, soweit in Klasse 29 enthalten". Denn die bei Nahrungsergänzungsmittel verwendeten Stoffe (Vitamine, Spurenelemente, Mineralien, Eiweiße) können ebenso für gesundheitliche Zwecke eingesetzt werden, so dass auch insoweit jedenfalls von einer durchschnittlichen Ähnlichkeit ausgegangen werden kann.

Was die weiterhin von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen "medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere" betrifft, bestehen Berührungspunkte zu Homöopathika insbesondere bei der Entwicklung und Erprobung diverser Präparate, die in Kliniken oder Praxen angewendet werden. So ist ausweislich des mit Schriftsatz vom 18. Januar 2008 als Anlage V zur Akte gereichten Sonderdrucks der Fachzeitschrift "Erfahrungsheilkunde" (Heft 6/2001) speziell das unter der Widerspruchsmarke vertriebene Homöopathikum Bestandteil einer "Sanotrop-Therapie", welche "in der S... in Baiersbronn entwickelt wurde". Insoweit liegt dann aber nach Auffassung des Senats für den angesprochenen Verkehr der Gedanke nicht fern, dass solche Waren und Dienstleistungen einem gemeinsamen Verantwortungsbereich zuzuordnen sind, der die Ursprungsidentität der Produkte und Leistungen gewährleistet, so dass jedenfalls eine nicht nur ganz geringe Ähnlichkeit von Homöopathika zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen besteht. Da Homöopathika sowohl im human- als auch veterinärmedizinischen Bereich Anwendung finden, ist insoweit auch eine Differenzierung danach, ob die Dienstleistungen gegenüber Mensch oder Tier erbracht werden, nicht veranlasst.

Aber auch soweit danach in Bezug auf die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen geringere Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind als dies bei den in einem durchschnittlichen bzw. engen Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren der angegriffenen Marke der Fall ist, wird die angegriffene Marke diesen nicht gerecht.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 111). Mangels Festschreibung einer Rezeptpflicht sind dabei neben dem Fachverkehr auch allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen, wobei entsprechend dem Verbraucherleitbild des EuGH auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943 - SAT.2), dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 2006, 567 - Picasso), der jedoch allem, was mit der Gesundheit zu tun hat, aufmerksamer begegnet als vielen anderen Produkten des täglichen Lebens (vgl. BGH GRUR 1995, 50 - INDOREKTAL/INDOHEXAL).

Davon ausgehend sind nach Auffassung des Senats beide Marken bereits im klanglichen Gesamteindruck so stark angenähert, dass eine hinreichend sichere Unterscheidung nicht gewährleistet ist und somit die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.

Die Vergleichsmarken stimmen bei gleicher Silbenzahl, gleichem Sprechrhythmus und ähnlicher Vokalfolge im Wortanfangsbestandteil "DERM" überein. Auch wenn die Übereinstimmung wegen ihres beschreibenden Hinweises auf "Haut" allein noch nicht kollisionsbegründend wirkt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 150), ist dennoch zu berücksichtigen, dass auch kennzeichnungsschwache Elemente den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Markenwörter durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen können (vgl. BGH, GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Hinzu kommt, dass beide Markenwörter auch in den Endlauten "ELL" übereinstimmen. Diese Gemeinsamkeiten erzeugen nach Auffassung des Senats im Zusammenhang mit den identischen Anfangsbestandteilen einen verwechselbar ähnlichen (klanglichen) Gesamteindruck beider Marken. Demgegenüber treten die Abweichungen bei den klangverwandten Mittelkonsonanten "a/o" bzw. den Anlauten der Schlusssilbe "r/w" im regelmäßig weniger auffälligen Wortinneren nicht so deutlich hervor, um ein ausreichendes Gegengewicht gegenüber den weitreichenden Gemeinsamkeiten im Gesamtklangbild beider Marken zu bilden und einer Verwechslungsgefahr selbst bei Berücksichtigung eines erhöhten Aufmerksamkeitsgrads hinreichend sicher entgegenzuwirken. Dabei ist auch zu beachten, dass der Verkehr die Marken in aller Regel nicht zeitgleich oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge wahrnimmt und seine Auffassung daher erfahrungsgemäß von einem eher undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl. EuGH, MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints). Angesichts des weitgehenden Gleichklangs beider Marken kann auch der Bedeutungsgehalt von "WELL" einer Kollisionsgefahr nicht in nennenswertem Umfang entgegenwirken, da dieser gerade im Falle eines Verhörens bei mündlicher Wiedergabe bzw. Übermittlung nicht erfasst wird.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehen Bedenken, ob die Marken vor allem bei handschriftlicher und drucktechnischer Wiedergabe in Kleinbuchstaben einen hinreichenden Abstand aufweisen. Die angegriffene Marke ist der Widerspruchsmarke jedenfalls bei diesen Wiedergabeformen so stark angenähert, dass der figürliche Unterschied zwischen den abweichenden Buchstaben "a/o" bzw. "r/w" im Wortinneren die Unterscheidbarkeit der Wörter kaum gewährleisten dürfte, zumal die abweichenden Buchstaben auch keine die Unterscheidbarkeit erleichternden Ober- oder Unterlängen aufweisen. Bei der Widerspruchsmarke ist dabei nicht nur die Schreibweise in Versalien zu berücksichtigen, da auch eine Schreibweise wie "Dermarell" eine verkehrsübliche Wiedergabeform ist. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insoweit jedoch im Hinblick darauf, dass bereits die klangliche Verwechslungsgefahr zu bejahen ist, nicht.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Kliems Bayer Merzbach Bb






BPatG:
Beschluss v. 14.02.2008
Az: 25 W (pat) 48/06


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