Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. April 2008
Aktenzeichen: 20 W (pat) 34/04
(BPatG: Beschluss v. 02.04.2008, Az.: 20 W (pat) 34/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Auf die am 22. Januar 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung wurde ein Patent mit der Bezeichnung "Halterung für eine Ultraschall-Prüfvorrichtung zur Prüfung von metallischen Blechen und Bändern" erteilt. Die Erteilung wurde am 21. September 2000 veröffentlicht. Das Patent umfasst sieben Patentansprüche.
Der einzige unabhängige Patentanspruch 1 hat unter Hinzufügung einer Merkmalsgliederung folgenden Wortlaut:
M1 Halterung für eine Ultraschall-Prüfvorrichtung von in Vorschubrichtung bewegten metallischen Blechen und Bändern mit Fließwasserspaltankopplung bestehend aus M2 einem Tragrahmen und M3 einem darin schwenkbar angeordneten Halter, der mit M3a einem daran befestigten Sender-Empfänger-Prüfkopf und M3b mindestens einem Koppelwasser zuführenden Anschluss und M3c einem Koppelwasser ableitenden Anschluss versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 der zuführende wie auch der ableitende Fließwasserspalt M4a mit einer Dicke im Bereich von 0,2 bis 0,4 mm M4b als ein senkrecht zur Vorschubrichtung liegender Schlitz (8, 9) ausgebildet ist M5 und der Halter (2) exzentrisch zur Mitte (4) des Tragrahmens (1) aufgehängt ist.
Die Ansprüche 2 bis 7 sind auf den Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogen. Bezüglich deren Wortlauts wird auf die Patentschrift verwiesen.
Gegen das Patent wurde zunächst am 9. Dezember 2000 von einem am Beschwerdeverfahren nicht beteiligten Einsprechenden I Einspruch erhoben, mit dem der Widerruf des Patents wegen fehlender Patentfähigkeit begehrt wurde.
Der Einsprechende I berief sich dabei pauschal auf die Druckschrift DE 34 44 481 C1.
Im Übrigen sei von der S... AG eine Randzonenprüfan- lage für Grobbleche mit der patentgemäßen Ultraschall-Prüfkopfhalterung bereits vor 1990 an Mannesmann geliefert worden.
Am 21. Dezember 2000 hat die Einsprechende II und nunmehrige Beschwerdeführerin Einspruch gegen das Patent erhoben und damit ebenfalls den Widerruf des Patents begehrt.
Die Einsprechende II berief sich im Einspruchsschriftsatz auf die Dokumente D1 DE 34 44 481 A1 D2 AT 307 088 B D3 DE 76 25 312 U1 D4 JP 60-29663 A Pat. Abstr. of JP, P-367, June 26 1985, Vol 9/-No. 151 D5 Angebot der Pipetronix GmbH vom 20. Januar 1998 an die Mannesmannröhren Service GmbH D6 Prospekt "Inspection of Heavy Plates" der Pipetronix GmbH (Druckvermerk "Subject to technical modifications 12/98")
D7 Zeichnung Nr. 120210312 der Salzgitter Industriebau GmbH aus dem Jahre 1987 D8 Foto eines Posters mit der Abbildung einer Prüfvorrichtung mit der Bezeichnung "Oscillating beam with probe holders, Ultrasonic plate body testing equipment", der Angabe der Namen "Berner" und "Westkämper" und der Jahreszahl "1978"
und machte geltend, dass der Patentgegenstand in Hinblick auf die Druckschriften D1 bis D4 in Verbindung mit durch die Dokumente D5 bis D8 belegbaren offenkundigen Vorbenutzungshandlungen nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Einsprechende II ging in ihrem Einspruchsschriftsatz davon aus, dass aus der Druckschrift D1 eine Prüfkopfhalterung der gattungsgemäßen Art bekannt sei, die neben den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 auch die Merkmale M4 und M4b aufweise.
Die Ausbildung der Dicke des Fließwasserspaltes im Bereich von 0,2 bis 0,4 mm (Merkmal M4a) sei dem Fachmann durch das ohne Geheimhaltungsvorbehalt erfolgte Angebot D5 zumindest nahegelegt, ergebe sich für ihn auch aus physikalischen Gründen und sei ansonsten willkürlich gewählt.
Darüber hinaus sei dem Fachmann durch die Druckschrift D2 bekannt, den Halter exzentrisch zur Mitte des Tragrahmens aufzuhängen (Merkmal M5). Hierzu verweist die Einsprechende II darauf, dass der aus einem Ankopplungskasten (11), einem diesen aufnehmenden Rahmen (12) und einem den Rahmen und den Kasten haltenden Träger (13) gebildete Prüfkopfhalter exzentrisch zur Mitte eines diesen Prüfkopfhalter aufnehmenden Grundrahmens (16) aufgehängt sei. Die exzentrische Aufhängung würde bewirken, dass der in Bandlaufrichtung vorn liegende Teil des Ankopplungskastens mit bezogen auf den hinteren Teil des Kastens größerer Vorspannung gegen das Band anliege. Auch wenn bei der Druckschrift D2 offensichtlich keine Fließwasserspaltankopplung vorgesehen sei, wäre der Fachmann nicht gehindert, die aus der Druckschrift D2 bekannte Maßnahme in vorteilhafter Weise auch bei einem gattungsgemäßen Prüfkopfhalter vorzusehen, der mit einer Fließwasserspaltdicke von 0,2 bis 0,4 mm arbeitet.
Der Patentgegenstand beruhe deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit, zumal auch keine besondere kombinatorische Wirkung der Merkmale des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1 erkennbar sei.
Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der beiden Einsprechenden entgegengetreten und hat insbesondere geltend gemacht, der Einspruch des Einsprechenden I sei nicht hinreichend substantiiert und deshalb unzulässig.
Zum Einspruch der Einsprechenden II vertrat die Patentinhaberin die Auffassung, dass weder alle oberbegrifflichen Merkmale des Patentanspruchs 1 noch das Merkmal M4a zweifelsfrei aus der Druckschrift D1 zu entnehmen seien.
Die in dem Dokument D5 angegebene Wasserspalteinstellung sei allenfalls als Zielvorgabe, jedenfalls nicht als echtes Merkmal eines Prüfkopfes anzusehen, zumal das Angebot seinerzeit auch nicht angenommen worden sei.
Zwar stimme die Wirkungsweise der aus der Druckschrift D2 bekannte Lagerung des Koppelkastens mit der exzentrischen Aufhängung gemäß Merkmal M5 überein, die technischen Mittel, die diese Wirkung erzielen, seien jedoch grundverschieden.
Somit würde in jedem Fall ein erfinderischer Überschuss verbleiben.
Durch Beschluss vom 15. März 2004 hat die Patentabteilung 52 des Deutschen Patent- und Markenamts den Einspruch des Einsprechenden I als unzulässig verworfen und das Patent auf den Einspruch der Einsprechenden II in vollem Umfang aufrechterhalten.
Die Patentabteilung hielt den Patentgegenstand für patentierbar. Insbesondere könnten der von der Einsprechenden II angezogene Stand der Technik und die geltend gemachten Vorbenutzungshandlungen, selbst wenn man deren Offenkundigkeit unterstellen würde, das Beruhen des Patentgegenstandes auf erfinderischer Tätigkeit nicht in Frage stellen.
Die Patentabteilung ging dabei von der Druckschrift D1 als nächstkommenden Stand der Technik aus. Der Fachmann könne der Druckschrift D1 die Anregung entnehmen, dass eine Verringerung der bei der Ultraschallprüfung verbrauchten Menge an Koppelmittel und eine Verbesserung der Prüfempfindlichkeit durch Minimierung der Fließwasserspalte erzielbar seien. Der Druckschrift D1 sei jedoch nicht zu entnehmen, die zu- und abführenden Fließwasserspalte als Schlitze mit definierter Dicke zu gestalten, um damit eine verbesserte Führung des Koppelmittels zu erzielen. Hierzu gäben auch die anderen im Verfahren berücksichtigten Druckschriften keine Anregungen. Die Druckschrift D1 enthalte darüber hinaus keine Anregung, die exzentrische Aufhängung des Halters in dem Tragrahmen vorzusehen und die damit verbundenen Vorteile zu erreichen. Die Patentabteilung vertrat sinngemäß die Auffassung, dass der Fachmann dazu Anregung auch nicht aus der Druckschrift D2 angeregt werden konnte, da die pendelnde Aufhängung des Prüfkopfes in dem Grundrahmen (16) gemäß der Druckschrift D2 technisch nicht mit der exzentrisch zur Mitte des Tragrahmens vorgesehenen Aufhängung des Halters bei Patentgegenstand vergleichbar sei.
Hiergegen wendet sich die Einsprechende II mit ihrer Beschwerde und trägt vor, dass die Patentabteilung zu Unrecht die Offenbarung der Anspruchsmerkmale M4, M4b und M5 durch die Druckschriften D1 und D2 bestreite. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Einspruch.
Die Beschwerdeführerin erläutert, dass die Druckschrift D1 entgegen der Auffassung der Patentabteilung in den Figuren 2 und 4 für die Wasserzuführung und Wasserabführung Fließwasserspalte bzw. Fließwasserschlitze offenbare, die senkrecht zur Vorschubrichtung ausgebildet seien.
Darüber hinaus sei der aus der Druckschrift D2 bekannte Prüfkopfhalter über zwei, symmetrisch zur Mitte des Prüfkopfhalters am Prüfkopfhalter angebrachte Gelenkhebelverbindungen an einem Tragrahmen (16) aufgehängt, wobei sich in Vorschubrichtung infolge unterschiedlicher Hebelübersetzungen eine ungleichmäßige Flächenpressung zwischen Prüfkopfhalter und Prüfobjekt ergebe. Insoweit sei der aus der Druckschrift D2 bekannte Prüfkopfhalter exzentrisch zur Mitte des Halterahmens am Halterahmen aufgehängt.
Zuletzt weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass für die Funktion der Aufhängung des Halters nicht von Bedeutung sei, dass diese exzentrisch zur Mitte des Tragrahmens erfolge; entscheidend sei vielmehr, dass der Halter exzentrisch zu sich selbst aufgehängt sei. Nur so könne die asymmetrische Gewichtsverteilung erreicht werden, die das ansonsten auftretende Kippen der Prüfvorrichtung vermeide.
Im Übrigen sei die Wahl der Dicke sowohl des zuführenden als auch des ableitenden Fließwasserspalts, worunter die Beschwerdeführerin die Höhe des sich an die Fließwasserschlitze anschließenden, die Dicke des Koppelwasserfilms bestimmenden Strömungsdurchgangs zwischen Prüfkopfhalter und Prüfobjekt versteht, im Bereich von 0,2 bis 0,4 mm am Anmeldetag aus dem Stand der Technik bekannt gewesen. Zur näheren Begründung verweist die Beschwerdeführerin auf ihren Einspruchsschriftsatz. Insbesondere sei der Fachmann aber auch zur Minimierung von Überkoppelechos bemüht, möglichst geringe Spaltdicken zu wählen, so dass er auch Dicken im Bereich von 0,2 bis 0,4 mm in Betracht ziehe.
Die Beschwerdeführerin trägt in ihrem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 13. Juli 2005 (Bl. 20, 21 d. A) erstmals vor, dass eine gattungsgemäße Ultraschallprüfvorrichtung von Fließwasserspaltankopplung, wobei die Fließwasserspaltstärke zwischen 0,2 und 0,4 mm liegt, auch aus einer offenkundigen Vorbenutzung bei der D... seit dem Jahre 1980 bekannt sei. Hierzu legt sie auszugsweise (Blatt 1-3) das Dokument D9 Qualitätssicherung - Zusammenstellen von Informationen über prüfrelevante Daten - Automatische Ultraschallprüfanlage SEGBP, 1. Februar 1995 vor.
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des Patentamts vom 15. März 2004 aufzuheben, soweit dort das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten wurde, und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, dass der Patentgegenstand neu sei, auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und gewerblich anwendbar sei.
Die Beschwerdegegnerin geht von der ihrer Auffassung nach gattungsbildenden Druckschrift D1 aus und meint, dass sich der Patentgegenstand von dieser Lehre durch sämtliche Merkmale des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1 unterscheide (Merkmale M4, M4a, M4b und M5).
Keine der Entgegenhaltungen würde die spezielle Anordnung und Ausbildung der Fließwasserspalte, insbesondere eine solche mit einer Dicke im Bereich von 0,2 bis 0,4 mm, nahelegen (Merkmale M4, M4a und M4b). Im übrigen seien der Begriff "Fließwasser" von dem Begriff "Koppelwasser" und insoweit auch der Begriff "Fließwasserspalt" von dem Begriff "Koppelwasserspalt" zu unterscheiden. Koppelwasser sei nur jene Wassermenge, die unmittelbar unterhalb des Sender-Empfänger-Prüfkopfes dessen Kopplung an das Prüfobjekt ermögliche, wohingegen das Fließwasser die gesamte Wassermenge sei, die vom zuführenden Spalt zum abführenden Spalt fließt und dabei auch den Sender-Empfänger-Prüfkopf umspüle.
Die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Fließwasserspaltdicke behaupteten Benutzungshandlungen hält die Beschwerdegegnerin für unbeachtlich, weil deren Offenkundigkeit nicht hinreichend substantiiert sei.
Ebenso wenig gehe aus der Druckschrift D2 das Merkmal der exzentrischen Aufhängung des Halters (Merkmal M5) hervor. Die diesbezügliche Angabe in der Patentschrift (Spalte 1, Zeile 27-30) sei falsch.
Die anderen im Verfahren befindlichen Dokumente gäben hinsichtlich der Merkmale des Kennzeichens des Patentanspruchs 1 ebenfalls keine Anregungen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist. Die Patentabteilung hat das Patent im Ergebnis zu Recht vollständig aufrechterhalten.
2. Der für die Beurteilung der Lehre der Erfindung und des Standes der Technik zuständige Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, der über mehrjährige Berufserfahrungen bei der Entwicklung und Fertigung von Ultraschall-Prüfvorrichtungen und beim Einsatz solcher Prüfvorrichtungen zur Qualitätskontrolle von metallischen Blechen und Bändern verfügt.
3. Das Patent betrifft eine Halterung für eine Ultraschall-Prüfvorrichtung zur Prüfung von metallischen Blechen und Bändern. Solche Prüfvorrichtungen werden insbesondere in der metallurgische Produktion (Walzwerke etc.) im Rahmen der Qualitätskontrolle eingesetzt, um Materialunregelmäßigkeiten wie Verunreinigungen oder Lufteinschlüsse etc. zu erkennen. Der Ultraschallkopf der Prüfvorrichtung wird normalerweise ober- oder unterhalb des zu prüfenden Material gehalten. Zur wirksamen Einkopplung der Ultraschallwellen in das Metall ist zwischen dem Ultraschallkopf und dem Metall eine Wasserschicht vorgesehen (Fließwasserspaltankopplung), wobei sowohl die Zuführung als auch die Ableitung des Wassers in die Prüfkopfhalterung integriert ist.
Aufgabe der Erfindung ist es, bekannte Halterungen so zu verbessern, dass die auf dem Blech oder Band verbleibende Wassermenge verringert und somit der Wasserverbrauch minimiert wird. Eine weitergehende Aufgabe besteht darin, die Prüfempfindlichkeit zu verbessern (Patentschrift, Spalte 1, Zeile 39-45).
Gelöst wird die Aufgabe durch eine Halterung für eine Ultraschall-Prüfvorrichtung mit den oben angegebenen Merkmalen M1 bis M5.
Der Senat geht davon aus, dass die Begriffe "Koppelwasser" und "Fließwasser" in der Patentschrift weitgehend synonym verwendet werden und eine Unterscheidung, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, in der Patentschrift keine Stütze findet. Dies ergibt sich beispielsweise aus der Angabe zu der Breite der Schlitze, über die das Wasser zu- bzw. abgeführt wird. In der Erfindungsbeschreibung ist in diesem Zusammenhang von Koppelwasser die Rede (Spalte 1, Zeile 61-66), in den Ansprüchen hingegen von Fließwasser (Anspruch 3), ohne dass ersichtlich etwas anderes damit ausgedrückt werden soll.
Der Senat legt den Anspruch 1 auch dahingehend aus, dass unter der "Dicke" des Fließwasserspaltes die Höhe der Wasserschicht zwischen Prüfkopf und Prüfobjekt, mithin der Abstand zwischen beiden, zu verstehen ist.
Im Übrigen versteht der Senat unter dem Begriff "Mitte des Tragrahmens" einerseits die geometrische Mitte, d. h. die Hälfte der Länge, des Tragrahmens, anderseits aber auch den Masseschwerpunkt bzw. eine Achse durch den Masseschwerpunkt. Da der Fachmann aus rein praktischen Erwägungen den Tragrahmen nicht größer vorsehen wird als nötig und der Tragrahmen dadurch in Vorschubrichtung beidseitig einen zumindest annähernd gleichen Abstand von dem Halter aufweist, kann die Angabe "Mitte des Tragrahmens" auch als "Mitte des Halters" verstanden werden.
4. Der Einspruch wurde von der Patentabteilung zu Recht als zulässig angesehen.
Die Einsprechende II hatte - neben der Einhaltung der sonstigen förmlichen Voraussetzungen - in dem Einspruchsschriftsatz die maßgeblichen Gründe für den Widerruf des Patent dargelegt und die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen angegeben. Insbesondere hat die Einsprechende II unter Bezugnahme auf konkrete Textstellen aus den Druckschriften D1 bis D4, unter Angabe der Einzelheiten und Umstände der in den Dokumenten D5 bis D8 dokumentierten Benutzungshandlungen und unter Beweisangebot für die Offenkundigkeit der geltend gemachten Benutzungshandlungen ausführlich dargelegt, welche Merkmale der Erfindung sie für bekannt bzw. nahegelegt ansieht. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit des Einspruchs gemäß § 59 Abs. 1 PatG.
Die Beschwerdegegnerin hat erstmals in ihrer Beschwerdeerwiderung vorgetragen, dass die von der Einsprechenden II behaupteten Vorbenutzungshandlungen nicht derart substantiiert seien, dass diese im Einspruchsverfahren hätten berücksichtigt werden können, und damit sinngemäß die Zulässigkeit des Einspruchs in Frage gestellt.
Möglicherweise bestehende Detaillücken im Tatsachenvortrag machen jedoch den Einspruch nicht zwangsläufig als Ganzes unzulässig. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Patentinhaber und insbesondere das Patentamt durch den Tatsachenvortrag in die Lage versetzt werden, daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen zu können (BGH, Beschluss vom 26. Mai 1988 - X ZB 10/87, BlPMZ 1988, 289 - Messdatenregistrierung, m. w. N.). Dies ist ausgehend von dem Einspruchsschriftsatz der Fall.
5. Dass der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei, kann nicht festgestellt werden, weil keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften D1 bis D9, deren Zugehörigkeit zum Stand der Technik zugunsten der Einsprechenden unterstellt, eine Prüfkopfhalterung mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 entnommen werden kann. Damit gilt der Gegenstand als neu.
6. Der Patentgegenstand beruht aber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus der Druckschrift D1 ist eine Prüfkopfhalterung für die Ultraschallprüfung bekannt, die in Übereinstimmung mit dem Merkmal M1 als Halterung für eine Ultraschall-Prüfvorrichtung von in Vorschubrichtung bewegten metallischen Blechen und Bändern mit Fließwasserspaltankopplung ausgebildet ist (Seite 4, Zeile 1-4).
Die Halterung besteht aus einem Tragrahmen 2 und einer darin in zwei Lagerpunkten 6 schwenkbar aufgehängten Prüfkopfhalterung 3 (Seite 9, Zeile 10-21). Dies steht - abgesehen von der anderen Bezeichnung ("Prüfkopfhalterung" statt "Halter") - in Übereinstimmung mit den Merkmalen M2 und M3.
Die Prüfkopfhalterung hält - wie die Bezeichnung schon zum Ausdruck bringt - den Prüfkopf 10, der an ihr mittels Spannbuchsen 11 befestigt ist (Seite 10, Zeile 9-13; Figur 3). Der Prüfkopf ist wie üblich als Sender-Empfänger-Prüfkopf ausgebildet (Seite 4, Zeile 12-14). Außerdem verfügt die Prüfkopfhalterung über zwei Koppelwasseranschlüsse 4 für die Koppelwasserzuführung und einen Koppelwasseranschluss 5 für die Koppelwasserabführung (Seite 10, Zeile 1-3, 9-13; Figur 2, 3). Insoweit besteht Übereinstimmung mit den Merkmalen M3a, M3b und M3c.
Aus der Zusammenschau der Figuren 2 und 4 ist darüber hinaus ersichtlich, dass die Koppelwasseranschlüsse 4 für die Koppelwasserzuführung jeweils in Schlitzen münden, die senkrecht zur Vorschubrichtung 9 des Prüfobjektes ausgerichtet sind. Dasselbe gilt für den Koppelwasseranschluss 5 für die Koppelwasserabführung. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Merkmal M4/M4b. Dabei ist der Schlitz für die Koppelwasserabführung ersichtlich in beiden Abmessungen (Länge, Breite) wesentlich breiter als der Schlitz für die Koppelwasserzuführung.
Zur Dicke der Fließwasserspalten macht die Druckschrift D1 keine Angaben.
Ohne dass die Lagerung 6 der Prüfkopfhalterung 3 in der Druckschrift D1 genauer spezifiziert wäre, legen die Figuren 1 und 3 den Schluss nahe, dass diese symmetrisch zur Mitte des Tragrahmens 2 ausgebildet ist.
Der Patentgegenstand unterscheidet sich vom Gegenstand der Druckschrift D1 dadurch, dass M4a (der zuführende wie auch der ableitende Fließwasserspalt) mit einer Dicke im Bereich von 0,2 bis 0,4 mm (ausgebildet ist)
M5 und der Halter (2) exzentrisch zur Mitte (4) des Tragrahmens (1) aufgehängt ist.
Keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften, deren Zugehörigkeit zum Stand der Technik zugunsten der Einsprechenden unterstellt, kann die Anregung entnommen werden, den Halter exzentrisch zur Mitte (4) des Tragrahmens (1) aufzuhängen (Merkmal M5).
Insbesondere ergibt sich das Merkmal auch nicht aus der Druckschrift D2, aus der eine Vorrichtung zur kontinuierlichen Bandprüfung, an der das zu prüfende Band vorbeiläuft, bekannt ist. Die Prüfung erfolgt hierbei mittels zweier Schallschwinger 21, 22, die in einem flüssigkeitsgefüllten Ankoppelkasten 11 angeordnet sind (Seite 2, Zeile 55-56). Der in einem Rahmen 12 angeordnete Ankoppelkasten 11 ist in einem Träger 13 unterhalb des zu prüfenden Bandes vorgesehen und pendelnd um eine sich in Vorschubrichtung erstreckende Achse symmetrisch aufgehängt (Seite 2, Zeile 48-49).
Zusätzlich ist der Träger 13 in einem Grundrahmen 16 pendelnd um eine sich quer zur Vorschubrichtung erstreckende Achse gelagert.
Die Aufhängung des Rahmens in dem Träger und die Lagerung des Trägers in dem Grundrahmen bilden eine kardanische Lagerung für den Ankoppelkasten, der sich dadurch dem Oberflächenverlauf des Prüfobjekts entsprechend bewegen kann (Seite 2, Zeile 48-54). Der Fachmann erkennt jedoch ohne weiteres, dass die beiden Aufhängungen, obwohl sie gemeinsam zu der angesprochenen kardanischen Aufhängung beitragen, auch getrennt betrachtet werden können und ihnen insoweit auch getrennte Wirkungen zukommen.
Eine der Aufhängungen ist dadurch gekennzeichnet, dass der Träger 13 samt Rahmen 12 und Koppelkasten 11, die insoweit eine Einheit bilden, in dem Grundrahmen 16 über einen Hebel 17 und Gelenkhebel 18, 19 aufgehängt ist. Dies bewirkt, dass der Träger um eine sich quer zur Vorschubrichtung erstreckende Achse pendeln kann. Wo sich diese Achse in Bezug auf den Träger oder den Grundrahmen befindet, kann der Druckschrift nicht ohne weiteres entnommen werden. Insbesondere ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass die Aufhängung exzentrisch zur Mitte des Grundrahmens wäre. Der Figur 1 kann augenscheinlich lediglich entnommen werden, dass die Anlenkpunkte zwischen Hebel 17 bzw. Gelenkhebel 18, 19 einerseits und Träger 13 andererseits außermittig in Bezug auf den Grundrahmen angeordnet sind. Dies sagt jedoch noch nichts über die Lage der Pendelachse und damit zu der Frage, ob der Träger 13 samt Rahmen 12 und Koppelkasten 11 exzentrisch zur Mitte des Grundrahmens 16 aufgehängt ist. Ebenso wenig kann die Lage der Pendelachse aus der auf den ersten Blick asymmetrischen Anordnung des Trägers 13 im Grundrahmen 16 hergeleitet werden. Einerseits geben die Zeichnung die tatsächlichen Verhältnisse nur schematisch wieder, so dass ihr konkrete Größenverhältnisse ohnehin nicht entnommen werden können (Schulte, PatG, 7. Aufl. § 34 Rdn. 321). Dies gilt in gleichem Maße für die Masseverteilung der einzelnen Baugruppen, aus denen möglicherweise ein relevanter Masseschwerpunkt ermittelt werden könnte. Andererseits liefern weder die Zeichnung noch die dazugehörige Beschreibung Anhaltspunkte dafür, Erwägungen bezüglich einer irgendwie gearteten Symmetrie oder Exzentrizität der Aufhängung anzustellen und deren besondere Wirkungen bei einer Prüfvorrichtung mit Fließwasserspaltankopplung zu erkennen. Der Fachmann wird von solchen Überlegungen auch deshalb abgehalten, weil die Hebelkonstruktion der Druckschrift D2 ausweislich der Angabe auf Seite 2, Zeile 48-54, lediglich zu einer kardanischen Lagerung führt, die aber auch schon mit der Lehre gemäß der Druckschrift D1 mit wesentlich einfacheren Mitteln erzielt wird (D1: Seite 9, Zeile 10-17).
Selbst wenn der in der Druckschrift D2 offenbarten Hebelkonstruktion unter besonderen Umständen (Seite 2, Zeile 18: "bei geeigneter Hebelkonstruktion") die selbe oder eine ähnliche Wirkung zugeschrieben wird, wie sie bei der erfindungsgemäßen exzentrischen Aufhängung auftritt, dass nämlich der in Bandlaufrichtung vorn liegende Teil des Ankoppelkasten beim Anstellen voreilt und im angestellten Zustand bezogen auf den hinteren Teil des Kastens mit größerer Vorspannung gegen das Band anliegt (Seite 2, Zeile 18-22), so unterscheiden sich die technischen Mittel, mit denen diese Wirkung erzielt werden, doch grundlegend. Eine aufwändige Hebelkonstruktion ist nicht vergleichbar mit einer einfachen exzentrischen Aufhängung.
Kann der Fachmann der Druckschrift D2 das Merkmal M5 schon nicht entnehmen, kann er es auch nicht mit den aus der Druckschrift D1 bekannten Merkmalen kombinieren, so dass ein Naheliegen des Merkmals nicht festgestellt werden kann.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg darauf, dass die Patentinhaberin ganz im Sinne des Merkmals M5 in der Streitpatentschrift selbst angibt, dass aus der Druckschrift D2 eine Vorrichtung zur kontinuierlichen Bandprüfung bekannt sei, bei der eine exzentrisch zur Mitte des Tragrahmens aufgehängte Halterung für die Sonde vorgesehen sei (Spalte 1, Zeile 27-30). Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Patents ist es nämlich unschädlich, wenn die Patentschrift irrtümlich ein Merkmal als vorbekannt bezeichnet. Maßgebend ist insoweit allein die tatsächliche Sach- und Rechtslage, insbesondere der nach der objektiven Sachlage zu beurteilende Stand der Technik (BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - X ZR 102/91, GRUR 1994, 357 - Muffelofen). Wie oben dargelegt, ist die exzentrische Aufhängung gemäß Merkmal M5 aus der Druckschrift D2 tatsächlich nicht zu entnehmen.
Die als Dokument D8 vorgelegte Wiedergabe einer Posters zeigt Details einer weiteren Aufhängung eines Prüfkopfhalters mit einer Prüfkopfhalterung, die an einer Trägerplatte mittels zweier paralleler Hebelarme angelenkt ist. Eine exzentrisch zur Mitte eines Tragrahmens erfolgende Aufhängung des Halters kann hierin jedoch nicht erkannt werden. Die abgebildete Aufhängung hat weder denselben Aufbau noch dieselbe Wirkung wie eine exzentrische Aufhängung im Sinne des Streitpatents, da die Anlenkung mittels zweier paralleler Hebel offensichtlich lediglich dazu führt, dass die Unterseite des Prüfkopfes stets in derselben horizontalen Ausrichtung verbleibt und insoweit auch nicht dem durch den Vorschub des Prüfobjektes bewirkten Kippmoment entgegenwirkt. Etwas anderes konnte auch die Beschwerdeführerin nicht überzeugend vortragen.
Damit liefert auch das Dokument D8, selbst wenn man die von der Beschwerdegegnerin in Zweifel gezogene offenkundige Vorveröffentlichung des Inhalts desselben zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, keine Anhaltspunkte in Richtung auf das Merkmal M5. Die Druckschrift D8 liefert insbesondere keine Anregung, die aus der Druckschrift D1 bekannte Vorrichtung im Sinne des Merkmals M5 zu gestalten.
In den sonstigen im Verfahren befindlichen Druckschriften D3 bis D7 und D9 ist die Aufhängung des Prüfkopfhalters in einem Tragrahmen überhaupt nicht angesprochen, so dass sich bezüglich des Merkmals M5 deren weitere Erörterung erübrigt.
Fehlen dem Fachmann jedoch im Stand der Technik somit jegliche Hinweise und Anregungen, die gattungsgemäße Halterung für eine Ultraschall-Prüfvorrichtung mit dem exzentrisch zur Mitte des Tragrahmens aufgehängten Halter zu versehen, so wurde auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 als Ganzes - unabhängig von einem möglichen Naheliegen des Merkmals M4/M4a - nicht durch den Stand der Technik nahelegt.
Darauf, ob es ausgehend von der Druckschrift D1 für den Fachmann aus irgendeinem Grund nahelag, die Dicke des Fließwasserspalts mit 0,2 bis 0,4 mm zu bemessen (Merkmal M4a), kommt es deshalb nicht mehr an. Eines Eingehens auf die diesbezüglich von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Angriffsmittel einschließlich der angebotenen Zeugenbeweise bedarf es folglich nicht. Damit kann auch dahinstehen, ob die behaupteten Vorbenutzungshandlung überhaupt hinreichend substantiiert sind.
Soweit die Beschwerdeführerin noch meint, für die Funktion der Aufhängung des Halters sei nicht von Bedeutung, dass diese exzentrisch zur Mitte des Tragrahmens erfolge, sondern vielmehr entscheidend, dass der Halter exzentrisch zu seiner eigenen Mitte aufgehängt sei, kann sie auch damit nicht durchdringen. Der Senat berücksichtigt nämlich insoweit sein ohnehin breites Verständnis des Begriffs "Mitte des Tragrahmens" (vgl. unter II.3). Eine Klarstellung des Anspruchs, insbesondere im Sinne eines eingeengten Verständnisses des Begriffs "Mitte des Tragrahmens", scheidet aus rechtlichen Gründen aus (BGH, Urteil vom 23. Februar 1988 - X ZR 93/85, GRUR 1988, 757 - Düngerstreuer).
7. Unter diesen Umständen erweist sich der Patentanspruch 1 als rechtsbeständig. Gleiches gilt für die den Hauptanspruch weiterbildenden Unteransprüche 2 bis 7.
Die Patentabteilung 52 hat mit dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 15. März 2004 das Patent im Ergebnis zutreffend in vollem Umfang aufrechterhalten.
Da sich die Beschwerde insoweit als unbegründet erweist, war sie zurückzuweisen.
Dr. Bastian Martens Höppler Kleinschmidt Pr
BPatG:
Beschluss v. 02.04.2008
Az: 20 W (pat) 34/04
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