Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Oktober 2004
Aktenzeichen: 14 W (pat) 354/03

(BPatG: Beschluss v. 29.10.2004, Az.: 14 W (pat) 354/03)

Tenor

Das Patent 44 36 973 wird widerrufen.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 44 36 973 mit der Bezeichnung

"Gummituch mit variierendem Profil und Verfahren zu seiner Herstellung"

ist am 26. Juni 2003 veröffentlicht worden.

Gegen dieses Patent ist am 25. September 2003 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem durch die Entgegenhaltungen

(1) DE 31 14 580 A1 und

(2) CH 35 57 86 belegten Stand der Technik nicht mehr neu bzw beruhe zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. In der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende eine weitere Druckschrift

(1) DE-AS 1 291 341 in das Verfahren eingeführt.

Sie macht geltend, das dem Streitpatent zu Grunde liegende Problem, nämlich die schlechte Registerhaltigkeit bei Druckwerken, sei seit Jahrzehnten bekannt. Dem bekannten Problem begegne der erfahrene Drucker seit langem mit den aus dem Stand der Technik bekannten Methoden der Zurichtung, indem er zB Unterlagen für das Gummituch vorhalte, welche in Abhängigkeit vom Druckmotiv an geeigneter Stelle angebracht würden, um der Faltenbildung entgegenzuwirken. Als gleichwirkend sei auch das Spannen des Gummituches mittels einer Spannvorrichtung anzusehen, das wie in (1) beschrieben zu einer Verformung des Gummituches führe. Dieses weise ein konvexes Profil mit am Rand stärker gespannten Bereichen auf. Die alternative Einflussnahme auf den Anpressdruck von den Seitenrändern her offenbare darüber hinaus die Druckschrift (3). Dort sei mit dem Ziel, eine Wulstbildung zu verhindern, ausdrücklich auf die Möglichkeit der stärkeren Spannung des Gummituches in der Mitte hingewiesen worden. Ein konkaves Profil der Gummituchoberfläche sei damit durch (3) bereits vorweggenommen.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten auf der Grundlage des Patentanspruchs 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2004, der Patentansprüche 2 bis 10 gemäß Patentschrift sowie Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Änderungen.

Sie ist der Ansicht, das nunmehr beanspruchte Gummituch mit einem mehrschichtigen Aufbau und mit in axialer Richtung in Bezug auf die Zylinderachse variierendem Materialeigenschaftsprofil gewährleiste ein Ende der aufwändigen Manipulationen und langen Rüstzeiten bei der Zurichtung, die durch den Wechsel der Unterlagen unter dem Gummituch entstanden seien. Es ersetze auch die aus (1) bekannte Spannspindel, die ohnehin nur Variationen im Umfang eines konvexen Profils der Gummituchoberfläche erlaube. Reichten diese zur Verhinderung der Faltenbildung nicht aus, müsse eine andere Spannspindel, wie zB aus (3) bekannt, eingebaut werden. Im Ergebnis lege der Stand der Technik (1) bis (3) weder einzeln noch in Kombination ein elastisch verformbares Gummituch mit mehrschichtigem Aufbau und mit in axialer Richtung variierenden Materialeigenschaften, die ein dem Gummituch innewohnendes konkaves oder konvexes Profil ergäben, nahe.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Gummituch (18, 20) für den farbübertragenden Gummituchzylinder einer Offsetdruckmaschine, wobei das farbübertragende Gummituch (18, 20) einen mehrschichtigen Aufbau (A, B, C, D) mit einer Schicht (B) aus einem elastischem, verformbaren Material und einer Schicht (D), die eine Druckfläche ist, aufweist, wobei das farbübertragende Gummituch (18, 20) axial in Bezug auf den farbübertragenden Gummituchzylinder in seiner Materialeigenschaft derart variiert, dass sich ein dem farbübertragenden Gummituch innewohnendes konkaves oder konvexes Materialeigenschaftsprofil ergibt."

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 10, wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II 1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er ist somit zulässig und führt zum Widerruf des Patents.

3. Die Zulässigkeit des geltenden Patentanspruchs 1 ist unbestritten. Sie bedarf keiner näheren Erörterung, da dieser Anspruch ohnehin an mangelnder Patentfähigkeit scheitert.

4. Der Gegenstand nach Anspruch 1 ist neu, da keine der Entgegenhaltungen alle Merkmale des Gummituches, wie die nachfolgende Erörterung zur erfinderischen Tätigkeit zeigt, gleichzeitig aufweist.

5. Das farbübertragende Gummituch für den Gummituchzylinder einer Offsetdruckmaschine nach Anspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aufgabe des verteidigten Patentbegehrens ist es, einen Mechanismus vorzusehen, womit innerhalb des Offset-Druckwerks Falten in der Bahn am farbübertragenden Gummituchzylinder geglättet werden können und welcher in jedem Druckwerk anwendbar ist, um so eine genaue Rasterhaltigkeit der Bilder von Offset-Druckwerk zu Offset-Druckwerk zu gewährleisten (Beschreibungsergänzung).

Gelöst werden soll diese Aufgabe durch ein Gummituch mit folgenden Merkmalen:

a. Das farbübertragende Gummituch für den Gummituchzylinder einer Offsetdruckmaschine weist einen mehrschichtigen Aufbau (A, B, C, D) auf;

b. eine Schicht B ist aus elastischem, verformbaren Material;

c. eine Schicht D ist eine Druckfläche;

d. das farbübertragende Gummituch variiert axial in Bezug auf den Gummituchzylinder in seiner Materialeigenschaft so, e. dass sich ein dem farbübertragenden Gummituch innewohnendes konkaves oder konvexes Materialeigenschaftsprofil ergibt.

Dem nächst kommenden Stand der Technik (3) liegt eine vergleichbare Aufgabe zu Grunde (Sp 1 Z 25 bis 27). Zur Lösung wird dort eine Vorrichtung zum Befestigen des Gummituches auf dem Gummizylinder von Offset-Rotationsdruckmaschinen vorgeschlagen, womit innerhalb des Offset-Druckwerks Falten in der Bahn am farbübertragenden Gummituchzylinder geglättet werden können (Sp 1 Z 27 bis 31 und 34 bis 39). Durch das Spannen einer Spindel variiert das farbübertragende Gummituch axial in Bezug auf den Gummituchzylinder in seiner Materialeigenschaft gemäß Merkmal d., hier in der Dicke des Gummituches (Sp 2 Z 28 bis 34). Dabei ergibt sich ein konkaves Profil gemäß Merkmal e., wenn die Einstellung der Spannspindel eine stärkere Spannung des Gummituches mit geringerer Materialdicke in der Mitte erzeugt (Sp 2 Z 15 bis 17 und 28 bis 34). Umgekehrt führt eine stärkere Spannung an den Enden des Gummituches zu einem konvexen Profil, wobei die Materialdicke in der Mitte größer ist gegenüber der an den stärker gespannten Enden.

Letztere Variante der axialen Verformung des farbübertragenden Gummituches ist auch in (1) ausführlich beschrieben (handschr S 4 Z 4 bis 11).

Im Unterschied dazu entsteht gemäß den Merkmalen d. und e. des Gummituches nach geltendem Anspruch 1 die Variation im axialen Materialeigenschaftsprofil des farbübertragenden Gummituches bei (3) nicht durch das Spannen, sondern durch ein dem Tuch innenwohnendes Materialeigenschaftsprofil.

Dieser Unterschied kann die erfinderische Tätigkeit des farbübertragenden Gummituches nach Anspruch 1 jedoch nicht begründen.

Der Fachmann, hier ein erfahrener Drucktechniker, kann die entscheidende Anregung aus (3), nämlich durch Variation der Materialeigenschaft "Dicke" in axialer Richtung das Gummituch so zu verformen, dass ein konkaves oder konvexes Profil entsteht, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen in den Aufbau des farbübertragenden Gummituchs selbst verlegen. Es liegt für ihn auf der Hand, dass eine Variation in der Dicke des Gummituches nicht nur wie beim Stand der Technik gemäß (1) und (3) durch Spannen, sondern beispielsweise auch durch einen ungleichmäßigen Abtrag der Oberfläche erzielt werden kann. Dies gilt umso mehr, als aus dem benachbarten Arbeitsgebiet des Tiefdrucks, ausweislich der Entgegenhaltung (2), bereits Gummiwalzen bekannt sind, deren Gummischicht in Achsrichtung gesehen unterschiedliche Materialstärken aufweisen (Fig 7 iVm S 2 Z 29 bis 34).

Auch die Einwände der Patentinhaberin, der Stand der Technik gemäß (1) und (3) beschreibe überdies weder ein mehrschichtiges Gummituch gemäß Merkmal a. noch werde ein elastisch verformbares Material nach Merkmal b. erwähnt und schon deshalb könne dieser das farbübertragende Gummituch nach Anspruch 1 nicht nahe legen, überzeugen nicht. Denn dies sind Eigenschaften eines Standardgummituches. Die Patentinhaberin selbst führt dies bereits in Spalte 4, Zeilen 21 bis 24 und Absatz 0029 der Patentschrift aus, indem sie auf den Inhalt der dort aufgeführten Patentdokumente Bezug nimmt. Insofern steht der Vorhalt der Einsprechenden, wonach es sich bei dem in Figur 5 der Streitpatentschrift wiedergegebenen Gummituch um ein seit langer Zeit gebräuchliches Standardgummituch für den Gummituchzylinder einer Offsetdruckmaschine handelt, nicht im Widerspruch zum Inhalt des Streitpatents (vgl die in Sp 4 Z 51 der geltenden Unterlagen genannte US 3 700 541 Fig iVm Sp 4 Z 46 bis 65).

In diesem von der Patentinhaberin als bekannt vorausgesetztem Stand der Technik ist schließlich auch bereits das Merkmal c. des Gummituches nach geltendem Anspruch 1 beschrieben, wonach die Schicht D des Gummituches eine Druckfläche ist (vgl US 3 700 541 Fig iVm Sp 4 Z 63 bis 65).

Somit können auch die Merkmale a. bis c. nichts zur Stützung der Patentfähigkeit des farbübertragenden Gummituches nach geltendem Anspruch 1 beitragen.

6. Nach alledem beruht der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch keinen Bestand hat.

Die Patentansprüche 2 bis 10 teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1 (BGH "Elektrisches Speicherheizgerät", GRUR 1997, 120).

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Beschluss v. 29.10.2004
Az: 14 W (pat) 354/03


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