Bundesgerichtshof:
Urteil vom 23. Februar 2012
Aktenzeichen: I ZR 6/11

(BGH: Urteil v. 23.02.2012, Az.: I ZR 6/11)

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Kläger sind Kommunikationsdesigner. Sie entwickeln für Unternehmen die Darstellung des Unternehmens und seiner Produkte in Printmedien, im Internet und im audiovisuellen Bereich. Zu diesem Zweck haben sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - die c. GbR - gegründet, deren alleini- ge Gesellschafter sie sind. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das vor allem Sitzmöbel herstellt. 1 Die Kläger waren in der Zeit von 1999 bis 2005 mit ihrer Gesellschaft für die Beklagte als Kommunikationsdesigner tätig. Sie entwarfen beispielsweise Anzeigenkampagnen, waren für die Produkt- und Fachhändlerkommunikation verantwortlich und leisteten Öffentlichkeitsarbeit. Die c. GbR schloss mit der Beklagten hinsichtlich der unterschiedlichen Projekte jeweils gesonderte Verträge. Die Beklagte zahlte die vereinbarte Vergütung. Im Jahr 2005 kam es zum Zerwürfnis zwischen den Klägern und der Beklagten.

Die Kläger sind der Ansicht, die mit der Beklagten vereinbarte Vergütung sei nicht angemessen. Sie machen gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG die angemessene Vergütung geltend.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in Abänderung der mit ihnen in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2005 geschlossenen Verträge über Werkleistungen für [näher bezeichnete] Projekte dahin einzuwilligen, dass ihnen eine vom Gericht festzulegende angemessene Vergütung, mindestens aber eine [näher bezifferte] Vergütung gezahlt wird [Anträge 1, 3 und 4] sowiean sie zur Abgeltung einer [näher bezeichneten] Werbeleistung die übliche Vergütung, mindestens einen [näher bezifferten] Betrag zu zahlen [Antrag 2].

In der Summe der Anträge 1 bis 4 haben die Kläger Zahlung einer Mindestvergütung in Höhe von 5.858.714,87 € begehrt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kläger seien nicht berechtigt, die Beklagte nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG auf Vertragsänderung in Anspruch zu nehmen, weil sie nicht Vertragspartner der in Rede stehenden Verträge seien. Dazu hat es ausgeführt:

Unterstelle man den Vortrag der Kläger als richtig, dass hinsichtlich der in Rede stehenden Leistungen eine Miturheberschaft der Kläger vorliege, habe ihnen das Recht zur Verwertung der Werke kraft Gesetzes als Gesamthandsgemeinschaft zugestanden. Die Kläger hätten darüber hinaus durch die Vereinbarung, die gemeinsam zu schaffenden Werke unter der Bezeichnung c. GbR zu verwerten, eine Miturhebergesellschaft gegründet. Eine solche Miturhebergesellschaft besitze die Rechtsfähigkeit zur Verwertung von Nutzungsrechten. Die Kläger hätten der c. GbR ihre Verwertungs- rechte eingeräumt. Diese habe sodann mit der Beklagten die in Rede stehenden Verträge geschlossen und ihr die entsprechenden Nutzungsrechte übertragen. Damit seien nicht die Kläger als Gesamthänder, sondern die c. GbR Vertragspartner der Beklagten. Denn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts stelle gegenüber der Gesamthandsgemeinschaft eine andere Rechtsform dar.

Es bestehe auch keine Quasi-Identität zwischen den Klägern und der c. GbR. Die Kläger hätten nicht lediglich die von ihnen gemeinsam geschaffenen Werke als Miturheber vermarktet. Sie hätten darüber hinaus Nutzungsrechte an Werken eingeräumt, die neben den Klägern auch andere Urheber hätten und Leistungen erbracht, die nicht die Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken beträfen. Für eine Anwendung des § 32 UrhG könne auch nicht angeführt werden, diese Bestimmung wolle 7 den Urheber im geschäftlichen Rechtsverkehr vor wirtschaftlich stärkeren Vertragspartnern schützen. Miturheber hätten es selbst in der Hand, es bei der aufgrund der gemeinsamen Werkschöpfung kraft Gesetzes entstehenden Gesamthandsgemeinschaft zu belassen oder darüber hinaus eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu gründen. Entschlössen sie sich zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, könne davon ausgegangen werden, dass sie in dieser Rechtsform auf Augenhöhe mit Geschäftspartnern verhandelten, denen sie nicht mehr als schwache und schutzbedürftige Einzelpersonen gegenüberstünden. Zudem gebiete es der Schutz des Rechtsverkehrs, § 32 UrhG bei einer Einräumung von Nutzungsrechten durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht anzuwenden. Da im Laufe der Zeit weitere Gesellschafter zur Gesellschaft hinzukommen könnten, von denen der Vertragspartner keine Kenntnis habe, könne dieser sonst nicht einschätzen, wer noch Rechte nach § 32 UrhG gegen ihn geltend mache.

II. Die Revision der Kläger hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG nicht verneint werden.

1. Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in eine Abänderung der "mit den Klägern" in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2005 geschlossenen Verträge über Werkleistungen für näher bezeichnete Projekte dahin einzuwilligen, dass ihnen eine vom Gericht festzulegende angemessene Vergütung, mindestens aber eine näher bezifferte Vergütung gezahlt wird (Anträge 1, 3 und 4) sowie "an die Kläger" zur Abgeltung einer näher bezeichneten Werbeleistung die übliche Vergütung, mindestens einen näher bezifferten Betrag zu zahlen (Antrag 2).

Aus dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Klagevorbringen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Kläger die Beklagte auf Einwilligung in eine Abänderung der mit ihnen als Gesellschafter geschlossenen Verträge der c. GbR und dementsprechend auf Zahlung der Vergütung an die aus ihnen als Gesellschaftern bestehende c. GbR in Anspruch nehmen. Davon ist ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen. Nach dem Vorbringen der Kläger und den Feststellungen des Berufungsgerichts sind sämtliche in Rede stehenden Verträge zwischen der c. GbR und der Be- klagten geschlossen worden.

2. Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird, soweit die für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung vertraglich vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.

3. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die in ihrer geltenden Fassung am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Bestimmung des § 32 UrhG nach der Übergangsregelung des § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG auch auf die in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis 30. Juni 2002 geschlossenen Verträge anwendbar ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn von den mit diesen Verträgen eingeräumten Nutzungsrechten nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 15 f. - Talking to Addison). Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist daher davon auszugehen, dass entsprechende Nutzungshandlungen erfolgt sind und § 32 UrhG deshalb auf sämtliche in Rede stehenden Verträge anwendbar ist. 13 4. Der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG steht nur Urhebern zu. Urheber ist der Schöpfer des Werkes (§ 7 UrhG). Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, so sind sie Miturheber des Werkes (§ 8 Abs. 1 UrhG). Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei den in Rede stehenden Leistungen um urheberrechtlich geschützte Werke handelt und ob diese gegebenenfalls von den Klägern gemeinsam geschaffen worden sind. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist der entsprechende Vortrag der Kläger daher als richtig zu unterstellen.

5. Der Urheber kann einen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG - anders als einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 2 UrhG - grundsätzlich nur gegen seinen Vertragspartner und nicht gegen Dritte, denen sein Vertragspartner seinerseits das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt hat, geltend machen. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger die Beklagte danach nicht auf Vertragsanpassung in Anspruch nehmen können, weil die hier in Rede stehenden Verträge nicht zwischen den Klägern und der Beklagten, sondern zwischen der c. GbR und der Be- klagten geschlossen worden sind (dazu a). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, dass jedenfalls Urheber, die - wie die Kläger - ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG berechtigt sind, den Vertragspartner der Gesellschaft auf Anpassung des zwischen der Gesellschaft und dem Vertragspartner geschlossenen Vertrages in Anspruch zu nehmen (dazu b). 15 a) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Kläger die Beklagte nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG nicht auf Vertragsanpassung in Anspruch nehmen können, weil die Beklagte die hier in Rede stehenden Verträge nicht mit den Klägern als Gesamthandsgemeinschaft der Miturheber, sondern mit der c. GbR geschlossen hat.

aa) Miturhebern steht das Recht zur Verwertung des Werkes gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Fall 2 UrhG zur gesamten Hand zu. Sie bilden, soweit es um die Verwertung des Werkes geht, eine Gesamthandsgemeinschaft. Diese entsteht kraft Gesetzes durch den Realakt der gemeinsamen Schöpfung des Werkes und endet kraft Gesetzes mit dem Ablauf der Schutzfrist, die gemäß § 65 Abs. 1 UrhG nach dem Tode des längstlebenden Miturhebers berechnet wird (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 8 UrhG Rn. 12; Thum in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 8 UrhG Rn. 22). Aus der gesamthänderischen Bindung der Miturheber folgt, dass die Verwertung des Werkes die Einwilligung - also die vorherige Zustimmung (§ 183 Satz 1 BGB) - aller Miturheber erfordert (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 UrhG; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 8 UrhG Rn. 14; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 8 Rn. 12; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 191).

bb) Der Abschluss eines Vertrages, durch den sich die Beteiligten gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern (§ 705 BGB), lässt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen, wenn der Zusammenschluss keinen körperschaftlichen Charakter hat und die weiteren Voraussetzungen für eine andere Form der Personengesellschaft fehlen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 705 Rn. 1). Vereinbaren Miturheber eine gemeinsame Verwertung ihrer Werke, bilden sie daher - sofern sie keine andere Rechtsform wählen - eine Gesell-17 schaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 1998 - I ZR 250/95, GRUR 1998, 673, 675 - Popmusikproduzenten; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 8 UrhG Rn. 13; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 8 UrhG Rn. 30, vgl. zu Urhebern verbundener Werke BGH, Urteil vom 1. Dezember 1972 - I ZR 81/70 und I ZR 18/71, GRUR 1973, 328, 329 - Musikverleger II, mwN).

cc) Die kraft Gesetzes mit der gemeinsamen Werkschöpfung entstehende Miturhebergemeinschaft ist von der auf vertraglicher Vereinbarung beruhenden Miturhebergesellschaft zu unterscheiden (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 8 Rn. 13; Thum in Wandtke/Bullinger aaO § 8 Rn. 52; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rn. 323). Die Miturhebergesellschaft ist gegenüber der Miturhebergemeinschaft jedenfalls im Verhältnis zu Dritten rechtlich eigenständig. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt - anders als die Gesamthandsgemeinschaft der Miturheber - nach außen (beschränkte) Rechtssubjektivität. Sie kann durch Teilnahme am Rechtsverkehr als Außengesellschaft grundsätzlich eigene Rechte und Pflichten begründen (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 343 ff.). Eine Miturhebergesellschaft hat daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die Rechtsfähigkeit zum Abschluss von Verträgen mit Dritten über die Einräumung von Nutzungsrechten an Werken der Miturheber. Solche Verträge einer Miturhebergesellschaft sind auch dann nicht zugleich Verträge der Miturhebergemeinschaft, wenn die Miturheber die alleinigen Gesellschafter der Gesellschaft sind und damit eine personelle Identität besteht.

b) Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, können jedoch in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch 20 die der Gesellschaft die angemessene Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung gewährt wird, soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist (im Ergebnis ebenso das Landgericht im PKH-Verfahren LG Stuttgart, ZUM 2008, 163, 166; vgl. auch Czychowski in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 32 UrhG Rn. 142). Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift - das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage - sind bei solchen Fallgestaltungen erfüllt.

aa) Es besteht insoweit eine Regelungslücke, als Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren Gesellschafter sie sind, nach der Regelung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG keinen Anspruch auf Vertragsanpassung haben, wenn die für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung vertraglich vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist. Ein Anspruch der Urheber gegen die Vertragspartner der Gesellschaft kommt nicht in Betracht, weil diese - wie unter II 5 a ausgeführt - nicht zugleich Vertragspartner der Urheber sind. Ein Anspruch der Gesellschaft gegen ihre Vertragspartner ist ausgeschlossen, weil die Gesellschaft nicht Urheber der Werke ist. Es besteht aber auch kein Anspruch der Urheber gegen die Gesellschaft: Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren Gesellschafter sie sind, verpflichten sich zwar durch den Gesellschaftsvertrag regelmäßig, die Nutzungsrechte an von ihnen bereits geschaffenen oder noch zu schaffenden Werken in das Gesellschaftsvermögen zu überführen. Ein solcher Gesellschaftsvertrag ist jedoch nicht auf den Austausch von Leistungen (die Einräumung von Nutzungsrechten gegen Entgelt), sondern auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (die gemeinsame Verwertung der Werke) gerichtet. Gegen eine vertraglich vereinbarte Vergütung werden Nutzungsrechte erstmals durch die Verträge der Gesellschaft mit Dritten eingeräumt. Beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages fehlt es daher an 22 dem von § 32 UrhG vorausgesetzten Interessenkonflikt. Gesellschaftsverträge können daher nicht Gegenstand eines Anspruchs auf Vertragsänderung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG sein (vgl. Berger in Berger/Wündisch, Handbuch des Urhebervertragsrechts, § 2 Rn. 46; Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim aaO § 32 UrhG Rn. 5).

bb) Diese Regelungslücke ist planwidrig, weil sie den Zielen des Gesetzes widerspricht. Die Bestimmung des § 32 UrhG ist durch das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22. März 2002 (BGBl. I S. 1155) geschaffen worden. Ziel dieses Gesetzes ist es, die durch das wirtschaftliche Ungleichgewicht der Vertragsparteien gestörte Vertragsparität zwischen Urhebern und Verwertern herzustellen (vgl. BT-Drucks. 14/6433, S. 2 f.) bzw. - mit anderen Worten - die strukturell bedingte wirtschaftliche und organisatorische Unterlegenheit der Kreativen gegenüber den Primärverwertern ihrer Werke und Leistungen zu korrigieren (vgl. BT-Drucks. 14/6433, S. 9 f.). Dieser Zielsetzung widerspricht es, wenn die vertragliche Stellung von Urhebern, die ihre Werke gemeinsam verwerten, nicht grundsätzlich in gleicher Weise gestärkt wird, wie die vertragliche Stellung von Urhebern, die ihre Werke allein verwerten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bedeutung von Urhebergemeinschaften nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Kläger in der gesamten Kreativwirtschaft zunimmt und sich Urheber nicht nur im Bereich der neuen Medien und Technologien, sondern auch in Bereichen des klassischen Werkschaffens verstärkt zusammenschließen. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe diese Urheber vom Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG ausschließen wollen. 23 cc) Die Interessenlage von Urhebern, die ihre Werke gemeinsam verwerten, ist mit der Interessenlage von Urhebern, die ihre Werke allein verwerten, jedenfalls dann in einer Weise vergleichbar, die eine entsprechende Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG gebietet, wenn diese Urheber ihre Werkeüber eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind. An der strukturell bedingten wirtschaftlichen und organisatorischen Unterlegenheit der Urheber gegenüber den Verwertern ihrer Werke (vgl. oben Rn. 22) ändert sich nichts dadurch, dass die Urheber dem Verwerter aufgrund des Entschlusses, ihre Werke gemeinsam zu verwerten, nicht als Miturhebergemeinschaft, sondern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüberstehen. Die Annahme des Berufungsgerichts, Urheber, die ihren Geschäftspartnern in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüberträten, verhandelten mit ihnen auf Augenhöhe und stünden ihnen nicht mehr als schwache und schutzbedürftige Einzelpersonen gegenüber, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - lebensfremd.

Handelt es sich bei den Urhebern - wie hier zu unterstellen ist - um Miturheber, haben diese es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht selbst in der Hand, es bei der aufgrund der gemeinsamen Werkschöpfung kraft Gesetzes entstehenden Gesamthandsgemeinschaft zu belassen oder darüber hinaus eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu gründen. Miturheber können ihr Werk nach der gesetzlichen Regelung nur gemeinsam verwerten. Bereits der übereinstimmende Entschluss zur gemeinsamen Werkverwertung lässt - soweit die Miturheber keine andere Rechtsform wählen - kraft Gesetzes eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen, ohne dass es dazu eines formellen Gründungsaktes bedarf. 24 c) Die vom Berufungsgericht gegen eine (entsprechende) Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG gehegten Bedenken greifen nicht durch.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG scheide aus, weil die Kläger mit der c. GbR nicht nur die von ihnen gemeinsam geschaffenen Werke vermarktet hätten. Sie hätten darüber hinaus Nutzungsrechte an Werken eingeräumt, die neben den Klägern auch andere Urheber hätten, und Leistungen erbracht, die nicht die Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken beträfen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG nicht ausgeschlossen, wenn mit dem Vertrag, dessen Änderung begehrt wird, nicht ausschließlich Nutzungsrechte an eigenen Werken eingeräumt worden sind. Ein Anspruch des Urhebers oder der Urheber auf Änderung des Vertrages besteht dann allerdings nur hinsichtlich der Vergütung, die für die Einräumung von Nutzungsrechten an eigenen Werken vereinbart ist (vgl. Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim aaO § 32 Rn. 5). Die Kläger haben im Übrigen, wie die Revision zutreffend geltend macht, wiederholt klargestellt, dass sie für fremde Werke keine Nachvergütung beanspruchen.

bb) Das Berufungsgericht hat gemeint, der Schutz des Rechtsverkehrs gebiete es, § 32 UrhG bei einer Einräumung von Nutzungsrechten durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht anzuwenden. Da im Laufe der Zeit weitere Gesellschafter zur Gesellschaft hinzukommen könnten, von denen der Vertragspartner keine Kenntnis habe, könne dieser sonst nicht einschätzen, wer noch Rechte nach § 32 UrhG gegen ihn geltend mache.

Diese Befürchtung des Berufungsgerichts ist unbegründet. Wer mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Vertrag über die Einräumung von Nutzungsrechten schließt, muss lediglich damit rechnen, von Urhebern, die bei Abschluss des Vertrags bereits Gesellschafter waren, wegen der Einräumung von Nutzungsrechten an ihren Werken aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG in Anspruch genommen zu werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845, 2846). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.

Im Übrigen können die Urheber keine Änderung des Vertrags erreichen, wenn die Gesellschaft einer solchen Änderung - etwa infolge eines Wechsels ihrer Gesellschafter - nicht zustimmt. Die Urheber können allein den Vertragspartner und nicht auch die Gesellschaft auf Einwilligung in eine Änderung des zwischen der Gesellschaft und dem Vertragspartner geschlossenen Vertrags in Anspruch nehmen. Gegen den Willen der Gesellschaft können sie daher eine Vertragsänderung nicht durchsetzen.

cc) Das Berufungsgericht hat schließlich angenommen, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts würde gegenüber anderen Rechtsformen bevorzugt, wenn § 32 UrhG auf eine von Miturhebern zum Zwecke der Verwertung des Werkes gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar wäre. Für die Anwendbarkeit von § 32 UrhG könne es nicht darauf ankommen, für welche Gesellschaftsform sich die Urheber entschieden hätten.

Es bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung, ob § 32 UrhG auch dann anwendbar ist, wenn Urheber ihre Werke in einer anderen Gesellschaftsform als der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, der auch andere Gesellschafter angehören. Der Senat neigt allerdings zu der Annahme, dass eine entsprechende Anwendung des § 32 UrhG jedenfalls nur bei Personengesellschaften und nicht 31 etwa bei Kapitalgesellschaften in Betracht kommt. Die Bestimmung des § 32 UrhG dürfte entsprechend anwendbar sein, wenn Miturheber ihr Werk durch eine offene Handelsgesellschaft verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird von Gesetzes wegen (§ 105 Abs. 1 HGB) zur offenen Handelsgesellschaft, wenn sie ein Gewerbe betreibt und das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (BGHZ 146, 341, 346). Für die Anwendbarkeit des § 32 UrhG kommt es, anders als das Berufungsgericht meint, nicht darauf an, ob die Gesellschaft einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht.

III. Danach ist auf die Revision der Kläger das Berufungsurteil aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Bornkamm Pokrant Kirchhoff Koch Löffler Vorinstanzen:

LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2010 - 17 O 734/05 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.12.2010 - 4 U 45/10 - 34






BGH:
Urteil v. 23.02.2012
Az: I ZR 6/11


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