Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. September 2008
Aktenzeichen: 30 W (pat) 65/07

(BPatG: Beschluss v. 15.09.2008, Az.: 30 W (pat) 65/07)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juli 2007 insoweit aufgehoben, als darin die Marke 304 61 780 hinsichtlich der Waren "Seifen, Parfümeriewaren, Haarwässer, Zahnputzmittel, Babykost, Verbandmaterial, Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" gelöscht wurde. Der Widerspruch aus der Marke 258 774 wird auch insoweit zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde der Widersprechenden 2) aus der Marke 187 213 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen seit dem 28. Februar 2005 unter der Nummer 304 61 780 - nach teilweiser Beschränkung im Widerspruchsverfahren - für die Waren Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial (zum Fettdruck s. u.)

ist die Wortmarke DOLORFEN.

Widerspruch wurde beschränkt - nämlich ausgenommen gegen Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel - erhoben aus der unter der Nummer 258 774 am 18. Januar 1921 für Arzneimittel, chemische Produkte für medizinische und hygienische Zwecke, pharmazeutische Drogen und Präparate, Pflaster, Verbandstoffe, Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel, Desinfektionsmittel, diätetische Nährmitteleingetragenen Wortmarke Dolormingestützt auf die Waren in Fettdruck.

Die Benutzung der Widerspruchsmarke ist bestritten - ausgenommen für Schmerzmittel.

Widerspruch wurde weiter erhoben aus der unter der Nummer 187 213 am 17. Januar 1914 für Pharmazeutische Präparateeingetragenen Wortmarke Dolorsan, deren Benutzung bestritten ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die angegriffene Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 258 774 "Dolormin" teilweise - für die eingangs genannten Waren zur Verdeutlichung in Fettdruck - wegen Verwechslungsgefahr gelöscht und im Übrigen diesen Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei sehr ähnlichen bis identischen Waren, gesteigerter Kennzeichnungskraft für Schmerzmittel - ansonsten normaler Kennzeichnungskraft - seien die dann zu fordernden überdurchschnittlichen Anforderungen an den Markenabstand nicht eingehalten. Die Vergleichsmarken Dolorfen und Dolormin stimmten bis auf die letzte Silbe überein und wiesen darin eine hohe klangliche Übereinstimmung auf. Der Bedeutungsanklang in der ersten Silbe "Dolor" an Schmerz sei für den medizinischen Laien nicht immer erkennbar. Angesichts weitgehender Übereinstimmungen würde der Verkehr die geringen Unterschiede in den Endsilben überhören und bei hoher Warenähnlichkeit beide Marken verwechseln. Darüber hinaus bestehe auch hohe schriftbildliche Ähnlichkeit insbesondere bei Wiedergabe in Großbuchstaben.

Die Markenstelle hat den weiteren Widerspruch aus der Marke 187 213 - Dolorsan" zurückgewiesen, da bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und teils enger ähnlichen, teils identischen Vergleichswaren die strengen Anforderungen an den Markenabstand eingehalten seien. Die Wortenden "fen" und "san" seien deutlich verschieden, "fen" klinge wesentlich weicher, auch die Vokale seien klangverschieden.

Hiergegen haben die Inhaberin der angegriffenen Marke und die Widersprechende 2) Beschwerde eingelegt.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Nichtbenutzungseinrede hinsichtlich der Widerspruchsmarke "Dolormin" erhoben und die Benutzung lediglich für Schmerzmittel anerkannt. Darüber hinaus führt sie aus, die Kennzeichnungskraft von "Dolormin" sei schwach, da der Bestandteil "Dolor" in Klasse 5 als Indikationshinweis beschreibend verwendet werde. Im Bereich der Schmerzmittel gebe es daher zahlreiche Drittmarken mit den Bestandteilen "Dolor" oder "Dolo"; auch die Endung "min" sei verbraucht und kennzeichnungsschwach, der Bestandteil "-fen" der angegriffenen Marke deute den enthaltenen Wirkstoff an. Für einen erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke bestünden keine Anhaltspunkte. Beide Vergleichsmarken seien endungsbetont, die Unterschiede in den Wortendungen "fen" und "min" seien ausreichend deutlich, auch schriftbildlich bestehe keine Ähnlichkeit.

Zur Widerspruchsmarke "Dolorsan" führt die Inhaberin der angegriffenen Marke aus, die im relevanten Zeitraum erfolgte Benutzung sei nicht ausreichend, im Übrigen sei der abweichende Bestandteil "san" allgemein verständlich und erleichtere die Unterscheidbarkeit der Vergleichsmarken.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juli 2007 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 258 774 Dolormin zurückzuweisen, sowie die Beschwerde der Widersprechenden 2) zurückzuweisenund regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde in beiden Verfahren an, insbesondere im Hinblick auf die behauptete gesteigerte Kennzeichnungskraft einerseits und die Drittzeichenlage andererseits.

Die Widersprechende 1) beantragt, die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzuweisen und regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an zu der Frage, inwieweit die Kennzeichnungsschwäche von Bestandteilen einheitlicher Wortmarken zu einem eingeschränkten Schutzbereich führen, insbesondere bei einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke.

Die Widersprechende 1) verweist auf die vorgelegten Benutzungsunterlagen und macht lediglich eine Benutzung für "Analgetika, Antirheumatika und Migränemittel" geltend, die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke "Dolormin" für Schmerzmittel anerkannt.

Die Widersprechende 1) führt aus, die Widerspruchsmarke "Dolormin" sei ein übliches sprechendes Zeichen, das trotz beschreibender Einzelbestandteile als solches ursprünglich normal kennzeichnungskräftig sei. Dolormin werde für Präparate zur Selbstmedikation umfangreich benutzt, hohe Umsatzzahlen, eine nachgewiesene Empfehlungshäufigkeit sowie eine auf Studien gestützte Markenbekanntheit belegten einen erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Am Markt befindliche Drittzeichen lägen jedenfalls nicht im Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke "Dolormin". Ein erheblicher Teil der Laien erkenne im Bestandteil "Dolo" keinen beschreibenden Hinweis und werde sich daher nicht an den verbleibenden Unterschieden der Vergleichsmarken orientieren, auch angesprochene Fachkreise seien nicht immer aufmerksam.

Die Widersprechende 2) beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juli 2007 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 187 213 zurückgewiesen wurde und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Widersprechende 2) führt aus, die Benutzung der Widerspruchsmarke sei nach jahrzehntelanger Benutzung und Auslaufen des damit gekennzeichneten Produkts neu wieder aufgenommen worden. Eine Schwächung der Widerspruchsmarke durch Drittmarken sei nicht gegeben, da deren Benutzungslage nicht dargelegt sei. Der Bestandteil "Dolor" präge den Gesamteindruck mit, es bestehe Übereinstimmung in sechs von acht Buchstaben, demgegenüber sei die Abweichung angesichts der Übereinstimmungen in den Endsilben nicht groß genug. So seien "f" und "s" beides weiche Konsonanten, die Vokale "e" und "a" jeweils helle Laute. Auch schriftbildlich kämen sich die beiden Vokale sehr nahe.

Hierauf hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede hinsichtlich der Widerspruchsmarke "Dolorsan" erhoben. Die Widersprechende 2) hat Benutzungsunterlagen eingereicht für die Zeiträume 2000 bis 2002 sowie 2006 bis 2007. Die Inhaberin der angegriffenen Marke bestreitet weiter die Benutzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke 304 61 780 - Dolorfen Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg, soweit die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Löschung der angegriffenen Marke auch bezüglich der Waren "Seifen, Parfümeriewaren, Haarwässer, Zahnputzmittel, Babykost, Verbandmaterial, Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" angeordnet hat. Hinsichtlich dieser Waren besteht zwischen der angegriffenen Marke Dolorfen und der Widerspruchsmarke Dolormin nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr. 2 Markengesetz, so dass der Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben war.

Dagegen erachtet der Senat für die sonstigen von der Löschungsanordnung durch die Markenstelle umfassten Waren der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr für gegeben, so dass die Beschwerde der Markeninhaberin im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Pflaster, Sanitärprodukte für medizinische Zwecke, ätherische Öle, Mittel zur Körper und Schönheitspflege" zurückzuweisen war.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2005, 513 - MEY/Ella May; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBO-LEX/NEURO-FIBRAFLEX).

1. Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die von der Widersprechenden 1) behauptete und - zuletzt mit der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 12. August 2008 des Herrn A... zur Benutzung für ein Analgetikum - glaubhaft gemachte Benutzung für Schmerzmittel anerkannt hat, ist von diesen Waren auszugehen, die sich unter die im Warenverzeichnis der Widersprechenden genannten Waren subsumieren lassen. Folgend der erweiterten Minimallösung, nach der der Markeninhaber nicht ungebührlich in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden soll (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 26 Rdn. 136), ist im Rahmen der Integrationsfrage nicht nur von dem konkreten Arzneimittel auszugehen, für welches die Marke benutzt worden ist, sondern es sind Arzneimittel der jeweiligen Hauptgruppe - hier HG 05, Analgetika/Antirheumatika - ganz allgemein, insbesondere ohne eine Beschränkung auf eine Rezeptpflicht oder einen bestimmten Wirkstoff, zu berücksichtigen und der Beurteilung der Ähnlichkeit der Vergleichswaren zugrundezulegen. Eine Berücksichtigung auch für Migränemittel, die unter eine andere Hauptgruppe fallen, ist dann nicht zulässig. Eine weitergehende Benutzung hat die Widersprechende 1) nicht geltend gemacht.

Danach sind für die Beurteilung der Warenähnlichkeit den von der angegriffenen Marke "Dolorfen" beanspruchten Waren die Widerspruchswaren "Analgetika/Antirheumatika" gegenüber zu stellen.

2. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer Nutzung, ihrer Eigenart als einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus demselben Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 600, 601 - dcfix/CD-FIX). Dabei reicht der Umstand, dass sich die Waren in irgendeiner Hinsicht ergänzen können, zur Feststellung der Ähnlichkeit noch nicht aus. Vielmehr ist eine gegenseitige Ergänzung in dem Sinne notwendig, dass dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener Ursprungsstätten nahegelegt wird und damit auch der Kontrolle und Qualitätsverantwortung desselben Unternehmens (vgl. BPatG GRUR 2002, 345, 347 - ASTRO BOY/Boy). Daher liegt eine Warenähnlichkeit dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betroffenen Waren aus demselben Unternehmen oder ggf. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Dabei ist für die Ähnlichkeit der Waren nicht die Feststellung gleicher Herkunftsstätten entscheidend, sondern die Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlichkeit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren (vgl. BGH GRUR 1999, 731 - Canon II).

Ausgehend von den als benutzt anzusehenden Waren "Analgetika/Antirheumatika" der Widerspruchsmarke Dolormin besteht für einen Teil der Waren teils Identität, teils enge Ähnlichkeit im Sinn von § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu den Waren der angegriffenen Marke. So werden "Analgetika/Antirheumatika" von dem weiten Warenoberbegriff "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse" der angegriffenen Marke mitumfasst. Die Ware "Pflaster" der angegriffenen Marke weist zwar grundsätzlich eine stoffliche Verschiedenheit zu den Widerspruchswaren auf, kann aber aufgrund auch gebräuchlicher Ausstattung ein Eindringen von Wirkstoffen über die Haut in den Körper bewirken, z. B. als Rheuma- oder Schmerzpflaster, so dass enge Ähnlichkeit anzunehmen ist.

"Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Sanitärprodukte für medizinische Zwecke" lassen sich im Rahmen einer Behandlung von schmerzhaften oder rheumatischen Erkrankungen als ergänzende Waren verwenden. Für diese Waren der angegriffenen Marke lassen sich jedenfalls nach den obengenannten Grundsätzen Gemeinsamkeiten bei Verwendung, Vertrieb und Verkaufsstätten feststellen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 11 re. Sp.), so dass ebenfalls enge Ähnlichkeit anzunehmen ist.

Für einen weiteren Teil ist teils mittlere, teils nur entfernte Ähnlichkeit anzunehmen. "Ätherische Öle, Mittel zur Körper und Schönheitspflege" können Übereinstimmungen in der stofflichen Beschaffenheit und Zusammensetzung zu den Widerspruchswaren aufweisen, da sie insbesondere im Zusammenhang mit der Behandlung rheumatischer Erkrankungen als beruhigend wirkende Einreibemittel Anwendung finden können, wobei die Schmerzbehandlung hierbei nicht im Vordergrund steht, so dass lediglich mittlere Ähnlichkeit anzunehmen ist (vgl. Richter/Stoppel a. a. O., S. 14 li. Sp.). Hinsichtlich der weiteren Waren "Seifen, Parfümeriewaren, Haarwässer, Zahnputzmittel, Babykost, Verbandmaterial, Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren" kann zwar grundsätzlich auch eine Verwendung unter medizinischen Gesichtspunkten in Betracht kommen und es können Berührungspunkte hinsichtlich Vertriebsorten und Vertriebswegen bestehen, deren Verwendungszweck unterscheidet sich jedoch wesentlich von der Indikation der Widerspruchswaren (vgl. Richter/Stoppel a. a. O., S. 14 li. Sp.).

Hinsichtlich der angegriffenen Waren "Fungizide, Herbizide" besteht keine Warenähnlichkeit.

Da auch die pharmazeutischen Erzeugnisse der angegriffenen Marke registermäßig keiner Rezeptpflicht unterliegen, sind hierfür wie für die übrigen Waren allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen. Dabei ist aber davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal).

3. Bei seiner Entscheidung hat der Senat - ausgehend von einer ursprünglich durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang - eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und einen erweiterten Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt.

Zwar lässt sich in dem in Drittmarken häufig verwendeten Markenbestandteil "Dolor" ein deutlich beschreibender Anklang an den Sinngehalt von "dolor" (lateinisch für Schmerz) erkennen, wodurch sich ein gewisser Hinweis auf das Anwendungsgebiet der Widerspruchswaren ergibt, und auch in dem weiteren ebenso stark verbrauchten und damit kennzeichnungsschwachen Bestandteil "-min" lässt sich ein beschreibender Anklang - sei es als Hinweis auf "Mineralien" oder in Anlehnung an "Vitamin" - entnehmen. Aus der jeweils bestehenden Kennzeichnungsschwäche der Einzelbestandteile kann jedoch nicht ohne weiteres auf die Kennzeichnungskraft der Gesamtbezeichnung geschlossen werden. Im Arzneimittelbereich sind häufig mehr oder weniger deutliche Sachhinweise in den Zeichen enthalten, die aber regelmäßig nicht zu einer Kennzeichnungsschwäche der Gesamtmarke führen, wenn diese insgesamt eine ausreichend eigenständige Abwandlung einer beschreibenden Angabe darstellt (vgl. BGH GRUR 1998, 815 - Nitrangin). Das ist vorliegend der Fall, da es sich bei der Widerspruchsmarke um eine sog. sprechende Marke handelt, die aber in ihrer Kombination der kennzeichnungsschwachen Bestandteile eine ausreichende schutzbegründende Eigenprägung aufweist.

Die ursprünglich normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nach Auffassung des Senats durch langjährige und intensive Benutzung für die als benutzt anzusehenden Waren deutlich gesteigert. Wie sich aus den von der Widersprechenden 1) mit Schriftsatz vom 8. September 2008 vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung erörterten Unterlagen ergibt, weist die Widerspruchsmarke auf dem Bereich Schmerzmittel im Zeitraum vor und zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke einen hohen Bekanntheitsgrad auf und liegt hinsichtlich Bekanntheit, Empfehlungshäufigkeit und Verwendung im vorderen Bereich vergleichbarer Schmerzmittel.

Dies ergibt sich einmal aus den in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn A... vom 12. April 2004 (Anlage W 5 des Schriftsatzes) angegebenen hohen und bis 2003 kontinuierlich steigenden Umsatzzahlen bis i. H. v. ... Euro sowie aus den vorgelegten sog. IMS-Tabellen für 2001/2002 (Anlagen W 6, 7 des Schriftsatzes), wonach die Widerspruchsmarke in der Rangfolge der meistverkauften, nichtverschreibungspflichtigen, pharmazeutischen Produkte an vierter Stelle steht. Die hohe Bekanntheit ergibt sich weiter aus den Umsatzberichten über steigende Umsatzzahlen (Anlagen W 8, 9 des Schriftsatzes) sowie aus Übersichten eines Werbeforschungsunternehmens zur Markenbekanntheit, wonach sich für den Zeitraum 2001 bis 2002 eine gestützte Markenbekanntheit von 80 %, eine ungestützte von 20 % bei Werbeaufwendungen von monatlich zwischen ... bis ... Euro feststellen lässt (Anlagen W 10, 11 des Schriftsatzes) und zuletzt aus einer Übersicht über die ungestützte Markenbekanntheit von insgesamt 16 namentlich benannten Schmerzmitteln im Zeitraum von 2001 bis 2002, wonach die Widerspruchsmarke an 4. Stelle im Vergleich zu sehr gut bekannten Marken steht sowie aus den Angaben des sog. OTC-Barometers 2005 für den Indikationsbereich Schmerzmittel (Anlage W 12 des Schriftsatzes).

Entgegen der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke war eine Zurückweisung des Vortrags der Widersprechenden 1) hierzu als verspätet nicht veranlasst. Die vorgelegten Unterlagen betreffen sämtlich Vorbringen der Widersprechenden 1) zum Nachweis der von der Markenstelle im angegriffenen Beschluss angenommenen erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Dolormin. Diese Wertung war von der Inhaberin der angegriffenen Marke in ihrer Beschwerde anhand rechtlicher Überlegungen zur Wertung des Bestandteils "Dolor" und der ursprünglichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke angegriffen worden, ohne jedoch substantiiert konkrete Tatsachen oder Umstände vorzutragen, die dem Vortrag der Widersprechenden 1) zur hohen Bekanntheit oder guten Benutzung entgegen stehen könnten. Auf das pauschale Bestreiten der Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Widersprechende 1) Unterlagen vorgelegt, um ihren Vortrag zur Benutzung und erhöhten Kennzeichnungskraft zu untermauern, so dass sich ihr weiteres Vorbringen im Rahmen des von ihr bereits vorgetragenen Tatsachenmaterials bewegt, zu dem die Inhaberin der angegriffenen Marke im Ergebnis bereits Stellung genommen hat.

Weiter ist auch nicht ersichtlich, dass die aufgrund langjähriger und intensiver Benutzung erheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft durch auf dem Markt befindliche und benutzte Drittmarken erheblich geschwächt wäre. Zwar lassen sich zahlreiche Marken feststellen, die unter Verwendung der Bestandteile "dolor" oder "dolo" gebildet sind, diese unterscheiden sich jedoch in der Mehrzahl hinsichtlich Aufbau und Ausgestaltung ausreichend von der Widerspruchsmarke. Allein aus der Verwendung des gemeinsamen Bestandteils "Dolor" kann eine Schwächung durch Drittmarken nicht begründet werden. Zwar hat die Inhaberin der angegriffenen Marke eine Reihe von eingetragenen "Dolo(r)-" Marken benannt, den erforderlichen Nachweis über den Umfang ihrer Benutzung hat sie aber nicht erbracht. Eine (auch nachträgliche) Schwächung der Kennzeichnungskraft einer Marke kann aber lediglich durch benutzte Drittmarken herbeigeführt werden, weil nur insoweit der Verkehr genötigt und gewöhnt sein kann, wegen des Nebeneinanderbestehens mehrerer ähnlicher Marken sorgfältiger auf etwaige Unterschiede zu achten, und deshalb weniger Verwechslungen unterliegt. Diese Benutzung muss aber "liquide", also unstreitig oder amtsbekannt oder zumindest glaubhaft gemacht sein (vgl. BGH GRUR 1967, 246, 248 - Vitapur; GRUR 2001, 1161, 1162 - CompuNet/ComNet; Ströbele/Hacker a. a. O., § 9 Rdn. 199, 200 m. w. N.). Zudem lassen sich allenfalls einzelne Drittmarken feststellen, die den Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke erreichen könnten. Aber selbst dann, wenn diese dem Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke nahekommenden Drittmarken auch einen ausreichenden Umfang der Benutzung erreichten, rechtfertigt die Existenz einiger weniger Drittmarken noch nicht die Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, allenfalls graduell, so dass weiterhin von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen ist.

4. Der unter diesen Umständen gebotene überaus deutliche Markenabstand wird von der angegriffenen Marke Dolorfen im Bereich identischer und eng ähnlicher Waren sowie im Bereich mittlerer Warenähnlichkeit nicht mehr eingehalten.

Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Dabei bleibt auch ein beschreibender Bestandteil bei der Feststellung des Gesamteindrucks nicht außer Betracht, sondern ist mit zu berücksichtigen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die sich gegenüberstehenden Marken in ihrem klanglichen Gesamteindruck verwechselbar ähnlich sind.

Soweit ausschließlich Fachleute wie Ärzte, Apotheker und deren Hilfspersonal mit den Marken in Berührung kommen, können Verwechslungen zwar eher ausgeschlossen sein, da dieser Personenkreis im Hinblick auf die verschiedenen Arzneimittel besondere Fachkenntnisse hat, die ein Auseinanderhalten der Kennzeichnungen eher erleichtern können.

Der Senat hat aber erhebliche Zweifel, dass auch dem Durchschnittsverbraucher trotz der unterstellten größeren Aufmerksamkeit ein sicheres Auseinanderhalten der Markenwörter möglich ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Verwechslungsgefahr grundsätzlich nach dem Gesamteindruck zu beurteilen ist, zu dem in erster Linie die Übereinstimmungen beitragen (vgl. BGH GRUR 2004, 783 - NEURO-FIBRAFLEX/NEURO-VIBOLEX).

So stimmen die Marken bei gleicher Silbenzahl sowie gleichem Sprech- und Betonungsrhythmus in den Anfangssilben "Dolor-" sowie dem Schlusskonsonanten "n" überein. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass die Übereinstimmung in dem Anfangsbestandteil "Dolor-" bei der Beurteilung des jeweiligen Gesamteindrucks und der Markenähnlichkeit weniger ins Gewicht fällt, als dies bei einem reinen Phantasiebestandteil der Fall wäre. Bei dem Wortelement "Dolor-" handelt es sich nämlich um einen - zumindest für den neben den allgemeinen Verkehrskreisen auch angesprochenen Fachverkehr - beschreibenden und damit kaum individualisierend und kennzeichnend wirkenden Hinweis auf das lateinische Wort "dolor" für "Schmerz", der in Marken für Schmerzmittel häufig verwendet wird. Derartige beschreibende und kennzeichnungsschwache Zeichenelemente sind jedoch bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berücksichtigen. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Fachverkehr wegen seiner Kenntnis des Sinngehalts des Bestandteils "Dolor" und der allgemeine Verkehr wegen der Betonung der Endsilben seine Aufmerksamkeit verstärkt auf die übrigen Markenteile "- fen" und "- min" richtet, reichen die dort vorhandenen Unterschiede nach Ansicht des Senats nicht mehr aus, um gegenüber den weitgehenden Übereinstimmungen eine ausreichende Unterscheidung im klanglichen Gesamteindruck zu gewährleisten und Verwechslungen mit der notwendigen Sicherheit auszuschließen. Die beiden hellen und langgezogenen Vokale "e" und "i" nach den beiden nicht wesentlich klangverschiedenen Anlauten "f" und "m" der Schlusssilben der Vergleichsmarken klingen vor dem identischen Schlusskonsonaten "n" sehr ähnlich. Ein Anklang eines Begriffsgehaltes, der zur Unterscheidbarkeit beitragen könnte, ist nicht erkennbar.

5. Hinsichtlich der übrigen Waren "Seifen, Parfümeriewaren, Haarwässer, Zahnputzmittel, Babykost, Verbandmaterial, Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" ist der erforderliche Abstand der Marken eingehalten. Es handelt sich zwar um Waren, die im weitesten Sinne auch zur Gesunderhaltung des Körpers eingesetzt werden können, aber nicht um solche, die speziell zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden oder als ergänzende Mittel bei der Verabreichung von Analgetika/Antirheumatika Verwendung finden. Damit besteht ein Warenabstand, der eine erhebliche Verringerung der Anforderungen an den Markenabstand rechtfertigt.

Insoweit ist die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke begründet und war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

6. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

7. Da der Senat eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke angenommen hat und es bei der vorliegenden Entscheidung nicht auf die Frage der Auswirkung tatsächlich benutzter Drittzeichen auf den gesteigerten Schutzumfang der Widerspruchsmarke ankam, schließlich der Senat die Auswirkung der Kennzeichnungsschwäche eines Bestandteils einer einheitlichen Gesamtmarke (hier: "DOLOR-") den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend beurteilt hat (s. oben Abschnitt A.3), war die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst.

B Beschwerde der Widersprechenden 2) aus der Widerspruchsmarke 187 213 - Dolorsan Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden 2) ist unbegründet.

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke Dolorsan besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr. 2 MarkenG.

1. Was die zu berücksichtigenden Waren anbelangt, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG zulässig erhoben.

Bei der Entscheidung über den Widerspruch können damit nur die Waren berücksichtigt werden, für die von der Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 MarkenG glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Die Widersprechende hatte demnach die Benutzung der Marke nach § 43 Abs. 1 S. 1 für den Zeitraum innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der Marke, gegen die sich der Widerspruch richtet, glaubhaft zu machen, nämlich für die Jahre ab Anfang 2000 bis Anfang 2005 sowie nach § 43 Absatz 1 Satz 2 MarkenG für die Zeit innerhalb der letzten fünf Jahre vor der vorliegenden Beschwerdeentscheidung, nämlich von Oktober 2003 bis Oktober 2008 (vgl. Ströbele/ Hacker, a. a. O., § 43 Rdn. 4, 7 ff.). Glaubhaft zu machen ist dabei die Verwendung der Marke für die maßgeblichen Waren nach Art, Zeit, Ort und Umfang. Aus den vorgelegten Unterlagen muss sich eindeutig ergeben, in welcher Form, in welchem Zeitraum, in welchem Gebiet und in welchem Umfang die Benutzung erfolgt ist. (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 43 Rdn. 30, 43 m. w. N.).

Für die Waren "Schmerzmittel, Rheumamittel" hat die Widersprechende 2) ausreichende Unterlagen für die maßgeblichen Benutzungszeiträume vorgelegt. Den von der Widersprechenden 2) vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen ist zu entnehmen, dass Arzneimittel der obengenannten Bereiche mit der Widerspruchsmarke "Dolorsan" kennzeichenmäßig versehen sind. Dies ergibt sich für beide Zeiträume gem. § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG aus der mit Schriftsatz vom 29. Mai 2008 und 3. Juni 2008 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Frau M... vom 20. Mai 2008 samt Umsatzzahlen für die Jahre 2000 bis 2002 und 2006 bis 2008 und den beigefügten Faltschachteln, Beipackzetteln, Werbematerialien und Rechnungen.

Die in der eidesstattlichen Versicherung genannten Umsatzzahlen von zwischen ... Euro (171 verkaufte Einheiten) bis ... Euro (6.707 verkaufte Einheiten) für den Zeitraum von 2000 bis 2008 belegen auch die Ernsthaftigkeit der Benutzung. Dabei geben die für die Jahre 2003 bis 2005 fehlenden und für 2002 geringen Umsatzzahlen keinen Anlass zu Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der Benutzung. Denn die Benutzungshandlungen müssen innerhalb der maßgeblichen Benutzungszeiträume erfolgen, sie müssen aber nicht den gesamten Zeitraum der fünf Jahre ausfüllen, sondern lediglich - ohne dass es auf eine absolute zeitliche Festlegung ankommt - in Wechselwirkung mit dem Umfang der Benutzung die Annahme einer wirtschaftlich sinnvollen und nicht nur aus Gründen des Rechtserhalts erfolgten Markenverwendung rechtfertigen (vgl. EuG GRUR Int. 2005, 47, 49 f. (Nr. 45) - VITAFRUIT; BGH GRUR 1999, 995, 996 - HONKA). Bei der Angabe von Umsatzzahlen muss daher weder der gesamte fünfjährige Benutzungszeitraum abgedeckt noch das letzte Jahr betroffen sein. Vielmehr genügt die Glaubhaftmachung einer ernsthaften Markenverwendung für eine begrenzte (u. U. auch zurückliegende) Zeit innerhalb des relevanten Benutzungszeitraums (vgl. Ströbele/ Hacker a. a. O., § 43 Rdn. 52).

Die mit der Widerspruchsmarke "Dolorsan" benutzten Schmerzmittel lassen sich unter den Begriff "pharmazeutische Präparate" ihres Warenverzeichnisses subsumieren. Folgend der erweiterten Minimallösung, nach der der Markeninhaber nicht ungebührlich in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden soll (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 26 Rdn. 136), ist im Rahmen der Integrationsfrage nicht nur von dem konkreten Arzneimittel auszugehen, für welches die Marke benutzt worden ist, sondern es sind Arzneimittel der jeweiligen Hauptgruppe - hier HG 05, Analgetika/Antirheumatika - ganz allgemein, insbesondere ohne eine Beschränkung auf eine Rezeptpflicht oder einen bestimmten Wirkstoff, zu berücksichtigen und der Beurteilung der Ähnlichkeit der Vergleichswaren zugrundezulegen.

Danach ist für die Beurteilung der Warenähnlichkeit den von der angegriffenen Marke "Dolorfen" beanspruchten Waren die Ware "Analgetika, Antirheumatika" der Widerspruchsmarke Dolorsan gegenüber zu stellen.

2. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist der Senat bei seiner Entscheidung von einem durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke ausgegangen.

3. Hinsichtlich der Vergleichswaren besteht teils Identität, teils Warenähnlichkeit, zum Teil erheblicher Warenabstand, so dass zumindest teilweise hohe Anforderungen an den Markenabstand zu erfüllen sind, die von der angegriffenen Marke (noch) eingehalten werden.

4. Bei Anwendung der unter A 3) genannten Grundsätze ergibt sich, dass die sich gegenüberstehenden Marken in ihrem Gesamteindruck ausreichende Unterschiede aufweisen.

So stimmen die Marken zwar bei gleicher Silbenzahl sowie gleichem Sprech- und Betonungsrhythmus in den Anfangssilben "Dolor-" sowie dem Schlusskonsonanten "n" überein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass - wie unter A) erläutert - die Übereinstimmung in dem Anfangsbestandteil "Dolor-" bei der Beurteilung des jeweiligen Gesamteindrucks und der Markenähnlichkeit weniger ins Gewicht fällt, als dies bei einem reinen Phantasiebestandteil der Fall wäre. Auch wenn derartige beschreibende und kennzeichnungsschwache Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berücksichtigen sind, so bewirken sie doch - wie unter A erläutert - eine Verlagerung der Aufmerksamkeit auf die übrigen Markenteile "- fen" und "- san", so dass die hier vorhandenen Unterschiede um so eher wahrgenommen werden.

Die Unterschiede in den betonten Endsilben sind trotz des gemeinsamen Schlusskonsonanten hinreichend deutlich. Der langgezogene helle Vokal "e" nach dem stimmhaften Anlaut "f" der Schlusssilbe der angegriffenen Marke unterscheidet sich hinreichend von dem dunklen Vokal "a" nach dem Anlaut "m" der Widerspruchsmarke. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, trägt zur Unterscheidbarkeit der Marken schließlich auch der Begriffsgehalt in dem Bestandteil "san" der Widerspruchsmarke bei im Sinne von "gesund", der auch für den allgemeinen Verkehr erkennbar ist und der in der angegriffenen Marke keine Entsprechung hat.

In schriftbildlicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen noch ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 954 - ACE-LAT/Acesal). Zudem steht beim schriftlichen Markenvergleich der Fachverkehr, der aufgrund seiner beruflichen Praxis und Erfahrung im Umgang mit Arzneimittelmarken über ein erhöhtes Unterscheidungsvermögen verfügt, im Vordergrund (vgl. BGH a. a. O. Indorektal/Indohexal). Unter diesen Voraussetzungen reichen auch bei einer schriftlichen Wiedergabe die Abweichungen zwischen den Buchstaben "(Dolor)- fe (n)" und "(Dolor)- sa (n)" aus, um eine Unterscheidbarkeit der Marken zu gewährleisten.

Anhaltspunkte dafür, dass aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Vogel von Falckenstein Paetzold Hartlieb Cl






BPatG:
Beschluss v. 15.09.2008
Az: 30 W (pat) 65/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/778871e900e5/BPatG_Beschluss_vom_15-September-2008_Az_30-W-pat-65-07




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