Landgericht Kiel:
Urteil vom 30. April 2015
Aktenzeichen: 16 O 42/14

(LG Kiel: Urteil v. 30.04.2015, Az.: 16 O 42/14)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Pfandrechten geltend.

Die Klägerin ist eine lettische Bank, die sich in Insolvenz befindet. Die Beklagte ist die Alleingesellschafterin der xx.

Bis zum Dezember 2011 war auch die xx Gesellschafterin der XX. Sie war zunächst bis zum Jahr 2008 Alleingesellschafterin.

Im Jahr 2009 wurde die Beklagte Mehrheitsgesellschafterin. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30. Juni 2009 wurde das Stammkapital der XX von damals 2.556.500,00 € um 25.000.000,00 € auf 27.556.500,00 € erhöht. Die im Zuge der Kapitalerhöhung geschaffenen neuen Anteile übernahm zunächst die Beklagte. Vor der Kapitalerhöhung stand der xx der Geschäftsanteil Nr. 3 in Höhe von 2.403.110,00 € zu. Im Rahmen der Kapitalerhöhung wurde ihr die Option eingeräumt, den Geschäftsanteil Nr. 6 in Höhe von 2.954.800,00 € käuflich von der Beklagten zu erwerben. Diese Option übte die xx aus. Danach hielt sie 19,4433 % des Stammkapitals und die Beklagte 80,5567 %.

Den Kaufpreis für den Geschäftsanteil Nr. 6 finanzierte die XX mit einem Darlehen der Klägerin. Dafür verpfändete die XX der Klägerin die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6. Die Gesellschafterversammlung der XX genehmigte die Verpfändung mit Beschluss vom 4. Februar 2010.

Am 16. Dezember 2011 beschloss die Gesellschafterversammlung der XX mit den Stimmen der Beklagten ohne die Stimmen der nicht vertretenen XX zum Ausgleich von Bilanzverlusten eine Kapitalherabsetzung auf Null und zugleich eine Kapitalerhöhung um 100.000,00 €. Im Zuge der Kapitalerhöhung wurden zwei neue Geschäftsanteile gebildet der Anteil Nr. 7 in Höhe von 80.557,00 € und der Anteil Nr. 8 in Höhe von 19.443,00 €. Ursprünglich war von der Beklagten geplant, dass sie den Geschäftsanteil Nr. 7 übernehmen sollte und die XX den Geschäftsanteil Nr. 8. Die XX erklärte sich vor der Gesellschafterversammlung vom 16. Dezember 2011 auf Aufforderung jedoch nicht bereit, den Geschäftsanteil Nr. 8 zu übernehmen. Deshalb wurde durch den Gesellschafterbeschluss vom 16. Dezember 2011 allein die Beklagte zur Übernahme der neuen Geschäftsanteile zugelassen, allerdings mit der Maßgabe, den Geschäftsanteil Nr. 8 zunächst nur treuhänderisch für Rechnung der XX zu übernehmen und ihn der XX unverzüglich bis zum 16. Januar 2012 zum Kauf anzubieten. Die Beklagte übernahm beide Geschäftsanteile und bot der XX den Anteil Nr. 8 zum Kauf an. Die XX nahm dieses Angebot jedoch nicht an.

Die Gesellschafterversammlung der XX beschloss am 16. Dezember 2011 ferner eine weitere Kapitalerhöhung um bis zu 6.206.785,00 € auf bis zu 6.306.785,00 €. Im Zuge dieser Kapitalerhöhung wurden drei neue Geschäftsanteile gebildet - der Geschäftsanteil Nr. 9 in Höhe von 4.027.850,00 €, der Geschäftsanteil Nr. 10 in Höhe von 972.150,00 € (19,443 % von 5.000.000,00 €) und der Geschäftsanteil Nr. 11 in Höhe von 1.206.785,00 € (19,443 % von 6.206.785,00 €). Die Beklagte wurde zur Übernahme der Geschäftsanteile Nr. 9 und 10 zugelassen und die XX zur Übernahme des Geschäftsanteils Nr. 11. Die Zulassungen zur Übernahme waren bis zum 20. Dezember 2011 befristet. Dabei erfolgte die Zulassung der Beklagten zur Übernahme des Geschäftsanteils Nr. 10 mit der Maßgabe, dass sie der XX diesen Anteil bis zum 16. Januar 2012 zum Kauf anzubieten hatte, wenn die XX den für sie zur Übernahme vorgesehenen Geschäftsanteil Nr. 11 nicht übernehmen würde. Die Beklagte übernahm die Geschäftsanteile Nr. 9 und 10. Die XX übernahm keinen Geschäftsanteil.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17. März 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der XX eröffnet.

Die Klägerin trägt vor:

Die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 der XX seien zwar infolge der am 16. Dezember 2011 beschlossenen Kapitalherabsetzung auf Null untergegangen. Ihre Pfandrechte hätten sich jedoch entsprechend § 1287 BGB an den Geschäftsanteilen Nr. 8 und 10 fortgesetzt, weil sie als Surrogat für die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 anzusehen seien. Außerdem habe sie Pfandrechte an den Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 erworben, weil sie mit der XX vereinbart habe, dass sich das Pfandrecht auch auf Anteile erstrecken sollte, die die XX zukünftig erwerben würde. Die Beklagte habe die Anteile Nr. 8 und 10 treuhänderisch für die XX erworben. Als Treugeberin sei die XX im Verhältnis zur Beklagten wirtschaftlich Inhaberin der Geschäftsanteile gewesen. Sie habe mit der XX zudem - unstreitig - Nutzungspfandrechte vereinbart und sei daher berechtigt, die Nutzungen der verpfändeten Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 zu ziehen. Ihr Nutzungspfandrecht umfasse - unstreitig - alle gegenwärtigen und zukünftigen Rechte aus den Unternehmensanteilen. Dazu gehörten die Geschäftsanteile Nr. 8 und 10, weil sie - unstreitig - geschaffen worden seien, um dem Bezugsrecht der XX Rechnung zu tragen. Die Beklagte sei ihr - der Klägerin - jedenfalls zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihre Pfandrechte an den Geschäftsanteilen Nr. 3 und 6 schuldhaft vernichtet habe. Die Beklagte hätte nicht beschließen dürfen, dass die Geschäftsanteile im Zuge der Kapitalherabsetzung auf Null untergehen sollten. Sie hätte vielmehr beschließen müssen, dass die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 im Rahmen der gleichzeitig erfolgten Kapitalerhöhung wieder aufgestockt werden sollten. Dann wären ihre - der Klägerin - Pfandrechte bestehen geblieben. Dafür hätte die Beklagte Sorge tragen müssen.

Sie - die Klägerin - sei entsprechend § 268 BGB zumindest berechtigt, die Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 zum Nennwert zu übernehmen. Die XX habe das Bezugsrecht an den Geschäftsanteilen Nr. 8 und 10 gemäß § 1.2 des Share Pledge Agreement vom 17. Februar 2010 (Anlage K 8 € im Anlagenband) an sie abgetreten.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass sie - die Klägerin - berechtigt ist, sich aus ihrem Pfandrecht an den Geschäftsanteilen an der XX GmbH (Amtsgericht Kiel xx) mit der laufenden Nummer 8 im Nennwert von 19.443,00 € sowie mit der laufenden Nummer 10 im Nennwert von 972.150,00 € durch Verwertung zu befriedigen;

2. hilfsweise zu Ziffer 1., die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 991.593,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (29. April 2014) zu zahlen:

3. hilfsweise zu Ziffer 2. festzustellen, dass sie - die Klägerin - berechtigt ist, die Geschäftsanteile an der XX GmbH (Amtsgericht Kiel xx) mit der laufenden Nummer 8 im Nennwert von 19.443,00 € sowie mit der laufenden Nummer 10 im Nennwert von 972.150,00 € Zug um Zug gegen Zahlung von 991.593,00 € von der Beklagten zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der Klägerin stünden weder Pfandrechte an den Geschäftsanteilen Nr. 8 und 10 zu noch sei sie berechtigt, diese Geschäftsanteile zu übernehmen. Sie - die Beklagte - habe die Pfandrechte der Klägerin nicht rechtswidrig und schuldhaft vernichtet. Deshalb sei sie der Klägerin auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 17. März 2015 hat vorgelegen. Er ist berücksichtigt worden.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache weder mit dem Hauptantrag noch mit den Hilfsanträgen Erfolg.

Die Klägerin ist nach dem von ihr als Anlage 19 vorgelegten Rechtsgutachten (Bl. 138 ff d.A.) zwar ungeachtet ihrer Insolvenz befugt, die streitgegenständlichen Ansprüche - wie geschehen - im eigenen Namen, vertreten durch ihren Insolvenzverwalter, geltend zu machen. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit des Rechtsgutachtens zu zweifeln.

Die Klägerin hat jedoch insbesondere keinen Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu 1. beanspruchte Verwertung der Geschäftsanteile Nr. 8 und 10, weil sie keine Pfandrechte an diesen Geschäftsanteilen erworben hat.

25Ein Pfandrechtserwerb entsprechend § 1287 BGB scheidet aus, weil die Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 nicht als Surrogate an die Stelle der Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 getreten sind. Die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 sind vielmehr im Zuge der am 6. Dezember 2011 beschlossenen Kapitalherabsetzung untergegangen, ohne dass an ihre Stelle ein Ersatz oder Ersatzanspruch getreten ist.

Die XX hat als Ersatz für die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 insbesondere nicht das Recht erlangt, einen Teil der Geschäftsanteile zu erwerben, die im Rahmen der am 16. Dezember 2011 beschlossenen Kapitalerhöhungen neu gebildet worden sind (Bezugsrecht). Das Bezugsrecht ist vielmehr unabhängig davon, ob die Geschäftsanteile Nr. 3 und 6 untergegangen sind oder nicht, allein deshalb entstanden, weil der Gesellschafter einer GmbH im Falle einer Kapitalerhöhung eine Anspruch darauf hat, dass ihm ein Anteil der neuen Geschäftsanteile zugeteilt wird, der seinem Anteil an dem bisherigen Stammkapital entspricht (Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage, § 55 Rn. 20 m.w.N.).

Diese neuen Geschäftsanteile erwirbt der Gesellschafter auch nicht €automatisch€ mit der Kapitalerhöhung. Er muss sein Bezugsrecht vielmehr ausdrücklich ausüben, neue Geschäftsanteile übernehmen und die darauf entfallenden Einlagen leisten.

Das Bezugsrecht ist daher nicht vergleichbar mit einem Anspruch auf Ersatz des Wertes des Geschäftsanteils (Abfindung), den ein Gesellschafter im Falle seines Ausscheidens aus einer GmbH €automatisch€ als Ausgleich für den Verlust seines Geschäftsanteils erlangt, oder mit einem Anspruch auf das anteilige Liquidationsguthaben, der einem Gesellschafter im Falle der Liquidation der GmbH €automatisch€ als Erlös für seinen Geschäftsanteil zusteht.

Eine €automatische€ Teilnahme an einer Kapitalerhöhung findet zwar dann statt, wenn eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfolgt (vgl. Münchener Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 186 Rn. 13). In einem solchen Fall mag es auch gerechtfertigt sein, § 1287 BGB entsprechend anzuwenden, weil die Gesellschaftsmittel eigentlich schon jedem Gesellschafter wirtschaftlich anteilig €gehören€ bzw. seinem Geschäftsanteil anteilig zuzuordnen sind. Wenn entsprechende Mittel eingesetzt werden, um das Stammkapital der GmbH zu erhöhen, stellen die im Rahmen der Kapitalerhöhung neu gebildeten Geschäftsanteile daher praktisch das Surrogat für die ursprünglich den alten Geschäftsanteilen anteilig zuzuordnenden Gesellschaftsmittel dar.

Im Falle der Kapitalerhöhung mit gesellschaftsfremden Mitteln ist eine vergleichbare Situation aber nicht gegeben. Deshalb besteht hier auch keine Veranlassung für eine Anwendung des § 1287 BGB.

Eine entsprechende Anwendung des § 1287 BGB wird zwar auch für die Ansprüche auf Rückzahlung von Einlagen bei Kapitalherabsetzungen diskutiert. Auch diese Fälle sind jedoch nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, weil bei ihnen die Ansprüche auf Einlagenrückzahlung praktisch das Surrogat für die verlorenen Geschäftsanteile darstellen.

Die Klägerin hat auch nicht etwa deshalb Pfandrechte an den Geschäftsanteilen Nr. 8 und 10 erworben, weil die XX und die Klägerin vereinbart haben, dass sich das Pfandrecht der Klägerin auch auf künftige Geschäftsanteile der XX erstrecken sollte. Dabei kann offen bleiben, ob eine solche Vereinbarung wirksam getroffen wurde. Es fehlt jedenfalls an einem Erwerb der Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 durch die XX.

Es ist unstreitig, dass die XX diese Geschäftsanteile nicht selbst erworben hat.

Die XX ist im Verhältnis zur Beklagten auch nicht als Treugeberin wirtschaftliche Inhaberin der Geschäftsanteile geworden. Es fehlt vielmehr an dem dafür erforderlichen Treuhandverhältnis zwischen der XX und der Beklagten. Ein solches Treuhandverhältnis ist mit dem Vertrag über die Übernahme der Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 allenfalls zwischen der XX und der Beklagten zustande gekommen. Die XX ist durch diesen Vertrag allenfalls als Dritte begünstigt worden (§ 328 BGB). Der begünstigte Dritte kann aus einem Vertrag zugunsten Dritter jedoch nur schuldrechtliche Ansprüche geltend machen. Eine Verfügung zugunsten Dritter ist unwirksam (Palandt, BGB, 74. Auflage, § 328 Rn. 9). Deshalb konnte die XX durch einen Treuhandvertrag zu ihren Gunsten allein weder Inhaberin der Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 noch als Treugeberin deren wirtschaftliche Inhaberin werden. Die XX hat allenfalls einen befristeten schuldrechtlichen Anspruch auf einen Kauf und eine Abtretung dieser Geschäftsanteile gegen die Beklagte erlangt, den sie aber nicht fristgerecht geltend gemacht hat. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob die XX und die Beklagte überhaupt einen Treuhandvertrag geschlossen haben.

35Die Klägerin hat auch nicht etwa deshalb ein Pfandrecht an den Geschäftsanteilen Nr. 8 und 10 erlangt, weil sie mit der XX ein Nutzungspfandrecht vereinbart hätte, das auch die Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 umfasste, weil sie geschaffen worden sind, um dem Bezugsrecht der XX Rechnung zu tragen. Ein Nutzungspfandrecht umfasst zwar gemäß § 1213 Abs. 1 BGB die Berechtigung zur Ziehung der Nutzungen (§ 1213 BGB). Nutzungen sind gemäß § 100 BGB jedoch nur Früchte und Gebrauchsvorteile. Dazu gehört das Bezugsrecht grundsätzlich nicht. Es ist vielmehr die als Ausfluss der Mitgliedschaft dem Gesellschafter selbst vorbehaltene Befugnis, die eigene vermögens- und personenrechtliche Stellung in der Gesellschaft ihrer Substanz nach zu erhalten oder zu verstärken (BGHZ 58, 316; Münchener Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 186 Rn. 22).

Ein konkreter Bezugsanspruch ist zwar grundsätzlich verpfändbar. Die Bezugsansprüche der XX, die konkret im Hinblick auf die am 16. Dezember 2011 beschlossenen Kapitalerhöhungen entstanden sind, bestehen jedoch zumindest nicht mehr, weil sie nicht rechtzeitig ausgeübt worden sind. Nur deshalb hat die XX die Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 auch nicht erworben. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob das Pfandrecht der Klägerin die besagten konkreten Bezugsansprüche der XX überhaupt umfasste.

Aus entsprechenden Gründen kann ferner offen bleiben, ob die XX die konkreten Bezugsansprüche an die Beklagte abgetreten hat.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf den mit dem 1. Hilfsantrag begehrten Schadensersatz gegen die Beklagte.

39Es fehlt insbesondere an der dafür erforderlichen schuldhaften Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin. Die Gesellschafter einer GmbH haben bei ihrer Entscheidung, ob nach einer Kapitalherabsetzung auf Null eine Kapitalerhöhung durch Aufstockung der zunächst bestehenden Geschäftsanteile oder durch die Schaffung neuer Geschäftsanteile erfolgen soll, lediglich die Interessen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter angemessen zu berücksichtigen und nicht die Interessen etwaiger Pfandgläubiger (vgl. RGZ 139; 224). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin zitierten Kommentaren (Münchener Kommentar zum GmbHG, § 58a Rn. 98; Scholz, GmbHG, 11. Auflage, § 58a Rn. 31). Danach soll der Gesellschafter im Falle der Belastung seiner Geschäftsanteile mit dem Recht eines Dritten dem Dritten gegenüber verpflichtet sein, eine Wiederaufstockung zu betreiben, und die Gesellschaftermehrheit soll bei ihrer Entscheidung die Verpflichtung des betroffenen Gesellschafters gegenüber dem Dritten berücksichtigen, den bestehenden Anteil aufzustocken (sofern keine vorrangigen Interessen an der Schaffung neuer Geschäftsanteile bestehen). Hier ist also nur von den Verpflichtungen die Rede, die den Mitgesellschaftern gegenüber dem Gesellschafter obliegen, dessen Geschäftsanteile mit dem Recht eines Dritten belastet sind, und von den Verpflichtungen, die dem Gesellschafter mit dem belasteten Geschäftsanteil gegenüber dem Dritten obliegen, nicht aber von Verpflichtungen, die den Mitgesellschaftern gegenüber dem Dritten obliegen. Wenn den Mitgesellschaftern demnach aber bei einer Kapitalerhöhung keine Pflichten gegenüber einem Pfandgläubiger obliegen, dann können für den Pfandgläubiger insoweit auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Mitgesellschafter entstehen.

Das mit dem 2. Hilfsantrag geltend gemachte Recht, die Geschäftsanteile Nr. 8 und 10 gegen Zahlung des Nennwerts zu übernehmen, steht der Klägerin ebenfalls nicht zu.

Dabei kann unterstellt werden, dass das Recht zur Übernahme dieser Geschäftsanteile vom Pfandrecht der Klägerin umfasst war oder dass dieses Recht an sie abgetreten worden ist. Denn das Bezugsrecht besteht aus den bereits genannten Gründen zumindest nicht mehr.

Ein Übernahmerecht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 268 BGB. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der ein Recht an einem dem Schuldner gehörenden Gegenstand hat, berechtigt, einen Gläubiger zu befriedigen, der wegen einer Forderung gegen den Schuldner in den Gegenstand vollstreckt, wenn er Gefahr läuft, sein Recht an dem Gegenstand durch die Zwangsvollstreckung zu verlieren. Eine vergleichbare Interessenlage ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Der Klägerin geht es nicht darum, den Verlust ihres Pfandrechts an den Geschäftsanteilen Nr. 3 und 6 zu verhindern, sondern sie möchte als Ersatz für ihre bereits mit den Geschäftsanteilen erloschenen Pfandrechte neue Geschäftsanteile (Gegenstände) übernehmen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.






LG Kiel:
Urteil v. 30.04.2015
Az: 16 O 42/14


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/778a11654920/LG-Kiel_Urteil_vom_30-April-2015_Az_16-O-42-14




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share