Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. November 2009
Aktenzeichen: 2 U 79/09
(OLG Köln: Beschluss v. 09.11.2009, Az.: 2 U 79/09)
Tenor
1.
Der Senat beabsichtigt, die Entscheidungsformel des am 14. Mai 2009 verkündeten Urteils der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln, 15 O 586/08, von Amts wegen dahin zu berichtigen, dass das Versäumnisurteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. November 2008, 21 O 206/08, aufrecht erhalten wird, soweit der Beklagte zur Zahlung von 19.391,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Januar 2009 verurteilt worden ist. Im Übrigen bleibt es bei der Aufhebung des Versäumnisurteils und der Abweisung der Klage.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu bis zum 30. November 2009 Stellung zu nehmen.
2.
Der Senat beabsichtigt ferner, die Berufung des Beklagten vom 8. Juni 2009 gegen das am 14. Mai 2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln, 15 O 586/08, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Beklagte erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 30. November 2009 Stellung zu nehmen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass mit einer Verlängerung der Frist zur Stellungnahme nicht gerechnet werden kann.
3.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
1.
Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat zu Recht das Versäumnisurteil in Höhe des ausgeurteilten Umfangs aufrecht erhalten. Die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen des Landgerichts sind für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend. Konkrete, an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen Zweifel begründeten Anhaltspunkte werden mit der Berufung weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Der Kläger steht gegen den Beklagten bereits gemäß § 2218 Abs. 1 i.V.m. § 667 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der von ihm einbehaltenen Testamentsvollstreckervergütung zu. Insoweit hält der Beklagte in seiner Stellung als früherer Testamentsvollstrecker über den Nachlass der im Jahre 2002 verstorbenen Erblasserin zu Unrecht das von ihm im Rahmen der früheren Testamentsvollstreckung verwaltete Nachlassvermögen zurück. Dieser Anspruch ist auch nicht verjährt, da nach der von dem Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 2007, 2174) die gegen den Testamentsvollstrecker gerichteten Ansprüche, die ihren Ursprung im Erbrecht haben, der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterliegen. Daher kann es dahinstehen, ob die Klägerin ihren Anspruch nicht auch auf § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB bzw. § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB stützen kann.
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, ihm stehe in Höhe des einbehaltenen Betrages ein Anspruch auf Testamentsvollstreckervergütung zu. Zutreffend hat das Landgericht einen entsprechenden Anspruch verneint. Die hiergegen mit der Berufungsbegründungsschrift geltend gemachten Gesichtspunkte, die im Wesentlichen bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Vortrages waren, hat die Einzelrichterin bei ihrer Entscheidung bereits umfänglich berücksichtigt und mit zutreffenden Erwägungen nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die von ihm geteilte ausführliche Begründung in der angefochtenen Entscheidung Bezug.
Entgegen dem Vorwurf der Berufung hat das Landgericht nicht die Besonderheiten des Einzelfalles verkannt. Vielmehr ist die Einzelrichterin gerade unter Berücksichtigung der Eigenheiten des konkreten Sachverhalts, insbesondere auch dem im Testament zum Ausdruck gekommenen Wunsch der Erblasserin, der Nachlass solle der Alterssicherung des Klägers dienen, zu dem Ergebnis gelangt, dass die aufgrund der "Vorschläge und Empfehlungen" des Beklagten in der letztwilligen Verfügung angeordnete Testamentsvollstreckervergütung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist. Insoweit hat das Landgericht einen - im Sinne der von der Berufung herangezogenen Kommentarstelle "Palandt/Ellenberger, Randnummer 49 zu § 138" - besonders schwerwiegenden Ausnahmefall gesehen, der hier eine Anwendung des § 138 BGB rechtfertigt. Soweit der Beklagte geltend macht, der Grund der Honorierung liege in dem Wunsch, dass der Beklagte weiterhin versuchen sollte, im Sinne der Erblasserin auf den Kläger einzuwirken, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Für eine solche Intention der Erblasserin finden sich bereits in dem Testament keine Anhaltspunkte. So hat die Erblasserin nicht etwa angeordnet, dass der Beklagte nach ihrem Tode auf den Kläger "persönlich einwirken und diesen wenigstens zu einem legalen Lebenswandel bewegen sollte." Eine solche Aufgabe ist auch üblicherweise nicht mit dem Amt eines Testamentsvollstreckers verbunden. Zudem darf nicht außer Acht bleiben, dass der Beklagten neben der jährlichen Vergütung als Testamentsvollstrecker zusätzlich für jede Geschäftstätigkeit noch eine 10/10 Gebühr nach der BRAGO nebst Auslagen und Steuern erhalten sollte. Dieser Umstand verbietet hier auch die Zubilligung der von dem Beklagen mit der Berufung zumindest geforderte angemessenen "Mindestvergütung als Testamentsvollstrecker". So macht auch der Beklagte nicht geltend, er habe überhaupt Tätigkeiten als Testamentsvollstrecker entfaltet, die er nicht gesondert mit einer 10/10 Gebühr abgerechnet hat.
Der Vorwurf der Berufung, das Landgericht habe gegen den Anspruch auf "rechtliches Gehör gemäß Art. 102 Abs. 1 GG [gemeint ist Art. 103 Abs. 1 GG] verstoßen" geht fehl. Ob tatsächlich das Landgericht verpflichtet war, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, kann vorliegend dahinstehen. Auf jeden Fall hat der Beklagte weder im erstinstanzlichen Verfahren noch mit der Berufung die Voraussetzungen eines Wegfalls der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB schlüssig dargelegt. Zudem kann sich der Beklagte bei einem auf § 812 BGB gestützten Anspruch wegen der hier einschlägigen Regelung in § 819 BGB nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.
2.
Die Annahme der Berufung des Beklagten ist trotz fehlender Erfolgsaussicht ebenfalls nicht aus den Gründen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO veranlasst. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Zudem beruht die Beurteilung des Streitfalles auf einer Würdigung des Vorbringens zu den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles.
3.
Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gibt der Senat dem Beklagten Gelegenheit, zu der beabsichtigten Zurückweisung des Rechtsmittels innerhalb der in der Beschlussformel bezeichneten Frist Stellung zu nehmen.
4.
Die beabsichtigte Berichtigung des erstinstanzlichen Urteils beruht auf § 319 ZPO. Die Entscheidungsformel des Urteils des Landgerichts enthält eine offensichtliche Unrichtigkeit, da im Tenor nicht aufgenommen worden ist, dass das Versäumnisurteil auch hinsichtlich der Zinsen des ausgeurteilten Betrages aufrecht erhalten bleibt. Ausweislich der Entscheidungsgründe des Urteils sollte das Versäumnisurteil nur in Höhe eines Betrages von 4.775,22 € aufgehoben werden. Entsprechend wird dann in den Entscheidungsgründen auch die Berechtigung des Zinsanspruchs ausdrücklich erörtert und bejaht. Für eine Berichtigung der Entscheidung der Vorinstanz ist vorliegend das Berufungsgericht zuständig, so lange der Rechtsstreit bei ihm anhängig ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage 2009, § 319 Rn. 22 m.w.N.). Der Senat gibt den Parteien deshalb hiermit Gelegenheit, auch zu diesem Punkt in der in der Beschlussformel bezeichneten Frist Stellung zu nehmen.
3.
Der Senat lehnt das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers ab, weil er nicht hinreichend dargetan hat, dass er die Kosten der Rechtsverteidigung im Berufungsverfahren sowie der mit der Anschlussberufung beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen könnte, § 114 ZPO. Nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO ist dem Prozesskostenhilfegesuch eine unter Verwendung des amtlichen Vordrucks erstellte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses beizufügen. Diese ist, worauf der Vorsitzende des Senats bereits mit Verfügung vom 26. Juni 2009 hingewiesen hat, vollständig auszufüllen; zudem sind die entsprechenden Belege beizufügen. Der Kläger hat zwar am 2. Juli 2009 bei dem Oberlandesgericht eine Erklärung seines Betreuers vom 1. Juli 2009 über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, dabei indes den Erklärungsvordruck nur unvollständig ausgefüllt. Die dort gestellten Fragen nach dem Vorhandensein vonBank-, Giro-, Sparkonten und dgl. sowie eines Fahrzeuges hat der Kläger weder bejaht noch verneint, sondern unbeantwortet gelassen. Auf der Grundlage einer unvollständigen Erklärung kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden; vielmehr ist das Gesuch abzulehnen. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die in den Erklärung gemachten Angaben nur teilweise durch entsprechende Unterlagen belegt werden. Dies gilt beispielsweise hinsichtlich des Wertes des Einfamilienhauses sowie für das im dem Gesuch aufgeführte Konto. Das vorgelegte Verzeichnis über das Vermögen des Klägers stammt vom 3. August 2007 und kann naturgemäß nicht die aktuelle Situation widerspiegeln, zumal der Kläger ausweislich der vorgelegten Unterlagen seit Januar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II erhält.
OLG Köln:
Beschluss v. 09.11.2009
Az: 2 U 79/09
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