Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 96/08
(BPatG: Beschluss v. 01.12.2009, Az.: 28 W (pat) 96/08)
Tenor
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der seit dem 13. September 2005 für die nachfolgend wiedergegebenen Waren Klasse 29: Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; Fleischkonserven; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate; Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalteneingetragenen Wort-/Bildmarke 305 29 196 Die Antragstellerin hat die Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG beantragt und dies damit begründet, bei der angegriffenen Bezeichnung handele es sich um einen Begriff der russischen Sprache, der im Deutschen mit "die Russische ..." bzw. " ... die aus Russland" wiedergegeben werde und der die beanspruchten Waren ausschließlich beschreibe bzw. ihre geografische Herkunft bezeichne. Das daraus resultierende Freihaltungsbedürfnis bestehe ungeachtet der Schreibweise in kyrillischen Buchstaben, denn die so gekennzeichneten Waren richteten sich vornehmlich an Verbraucher, die aus Russland stammten und der russischen Schriftsprache mächtig seien.
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen.
Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 13. März 2008 die Löschung der Marke angeordnet, da sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei und das Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung fortbestehe. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um die weibliche Substantivierung eines russischen Adjektivs in kyrillischen Buchstaben, die übersetzt "(die) Russische" bedeute und somit eine unmittelbare Herkunftsoder Beschaffenheitsangabe darstelle, mit der darauf hingewiesen werde, dass die betreffenden Waren aus Russland stammten oder nach russischen Rezepten hergestellt würden. Der Bezug der Waren zu Russland komme auch dann zum Ausdruck, wenn man der Markeninhaberin folgend die Übersetzung "(die) Russländische" zugrunde lege. Markenrechtlich relevant sei lediglich, ob die Bedeutung des fremdsprachigen Wortes von den maßgeblichen Verkehrkreisen verstanden werde, was zumindest wegen der am zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligten inländischen Verkehrskreise zu bejahen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie führt aus, das Markenwort beschreibe weder mittelbar noch unmittelbar die geschützten Waren. Um ein Erzeugnis mit Bezug auf Russland zu benennen, würde man den Begriff "die Russische" wählen, für die nach Ansicht der Markeninhaberin zutreffende Wiedergabe mit "die Russländische" bestehe kein Freihaltungsbedürfnis. Da es sich bei der Bezeichnung auch nicht um einen russischen GOST-Standard im Sinne einer Gattungsbezeichnung handele, stelle sie weder eine Herkunftsnoch eine Rezepturangabe dar.
Die Markeninhaberin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschluss den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angeordnete Löschung der Marke als fremdsprachige beschreibende Angabe für zutreffend, da sie lediglich beschreibe, dass die Waren aus Russland stammten oder nach russischen Rezepten hergestellt seien.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Beschluss stellt sich die angegriffene Marke im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Waren auch für den Senat als bloße sachbezogen Warenangabe dar, die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen und nach § 50 Abs. 1 MarkenG wegen Nichtigkeit zu löschen ist.
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht der Eintragung von Marken entgegen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung wesentlicher Merkmale der beanspruchten Waren dienen können, wie etwa ihrer Art, Beschaffenheit oder geografischer Herkunft. Das Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendung solcher Merkmale gilt grundsätzlich auch für Marken, die aus fremdsprachigen Wörtern bestehen, wobei auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen ist. Zutreffend hat die Markenabteilung die Bedeutung des in kyrillischen Buchstaben wiedergegebenen Wortes der russischen Sprache ermittelt. Dass es sich bei der angegriffenen Marke im Zeitpunkt der Eintragung um eine unmittelbar die Herkunft der Waren beschreibende Angabe handelt, belegt der in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörterte und dem Protokoll beigefügte Auszug aus dem Wörterbuch Russisch-Deutsch (Seite 621 auf der Basis von PONS Kompaktwörterbuch Russisch, 2005). Bezogen auf die beanspruchten Waren beschreibt die Bezeichnung diese daher als in Russland oder nach russischem Rezept hergestellt. Da für das allgemeine Verkehrsverständnis neben den inländischen Verbrauchern auch der Handel mit den einschlägigen Waren maßgeblich mit zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rn. 24 -Matratzen Concord), der im Rahmen des globalisierten Wirtschaftskreislaufes über hinreichende Sprachkenntnisse verfügt, muss davon ausgegangen werden, dass der Sinngehalt der in kyrillischen Buchstaben eingetragenen Marke auch im Deutschen mit "die Russische" ohne Weiteres erkannt und verstanden wird und damit der beschreibende Kontext zu den beanspruchten Waren auf der Hand liegt. Der Annahme eines Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht entgegen der Ansicht der Markeninhaberin auch nicht entgegen, dass es -wie sie meint keinen relevanten Warenverkehr aus Russland in die Bundesrepublik etwa im Bereich der Fleischund Wurstwaren gebe und somit die russische Sprache auf diesem Gebiet keine zu berücksichtigende Welthandelssprache darstelle. Abgesehen davon, dass diese Behauptung im Gegensatz beispielsweise zu den Feststellungen des 26. Senats in seiner Entscheidung "Shiguljowskoje" (vom 28. Februar 2007, 26 W (pat) 210/01, veröffentlicht bei PAVIS PROMA) steht, spricht bereits das unstreitige Vorhandensein zahlreicher russischer (Lebensmittel)Geschäfte gegen diese Annahme. Wie die Markenabteilung festgestellt und im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, zählen zu den Kunden dieser Läden nicht nur die im Inland relevante Endverbrauchergruppe der Aussiedler oder Einwanderer aus dem Gebiet der früheren Sowjetunion, die dort Waren sowohl in russischer Originalaufmachung als auch nach russischen Rezepten im Inland hergestellte Produkte erwerben können. Nach dem von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren überreichten Auszug aus dem Internetlexikon WIKIPEDIA soll es darüber hinaus in Deutschland etwa sechs Millionen Menschen geben, die die russische Sprache beherrschen. Damit steht fest, dass neben der gewerblichen Wirtschaft als zu berücksichtigender Verkehrskreis auch ein relevanter Teil der Endverbraucher den Sinngehalt einer kyrillischen Warenbezeichnung versteht. Im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EuGH unterfallen daher fremdsprachige Angaben, die sich als warenbeschreibende Angaben darstellen, selbst dann einem Freihaltebedürfnis, wenn sie nicht zu den fünf Welthandelssprachen gehören. Ohnehin dürfte im Zuge der Globalisierung und des Ausbaus der weltweiten Handelsbeziehungen gerade auch mit den Staaten des ehemaligen Ostblocks, die von entsprechenden weltweiten Abkommen mit dem Ziel des Abbaus von Handelsbeschränkungen begleitet werden, eine Erstreckung der markenrechtlich relevanten Sprachen etwa auf die Sprachen der Mitgliedsländer der WTO zu bedenken sein, um so -wie der EuGH immer wieder hervorhebt -einer ungerechtfertigten Monopolisierung von beim Imund Export benötigter Sachangaben entgegenzuwirken.
Ob die lexikalisch nachweisbare Bezeichnung bereits im Eintragungszeitpunkt für diese Waren tatsächlich beschreibend verwendet wurde, kann dagegen dahinstehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 Nr. 32. "Doublemint"). Vielmehr genügt es in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (ebenso Art. 3 Abs. 1c MarkenRichtl; Art. 7 Abs. 1c GMV), dass sie zu diesem Zweck verwendet werden könnte. Eine begriffliche Unschärfe, die die Markeninhaberin mit der Wiedergabe als "die Russländische" geltend macht, steht einem Eintragungshindernis im Übrigen selbst dann nicht entgegen, wenn die Marke zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bezeichnet (EuGH a. a. O.), wie dies hier der Fall ist. Vor diesem Hintergrund ist auch der Einwand der Markeninhaberin unbehelflich, wonach die Markeneintragung nicht im Widerspruch zum russischen GOST-Standard stehe, der die -naturgemäß russische -Verkehrsauffassung, insbesondere was Geschmackseigenschaften eines Produkts sowie Form und Farbe, festlegt. Im Ergebnis ist daher von einem Eintragungshindernis für die angegriffene Marke im Kontext der Waren bereits im Eintragungszeitpunkt auszugehen. Für eine hiervon abweichende Verkehrsauffassung bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt (§ 50 Abs. 2 MarkenG) gibt es keine Anhaltspunkte.
Für eine Entscheidung, die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen einer der Beteiligten aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG), besteht ebenfalls kein Anlass.
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BPatG:
Beschluss v. 01.12.2009
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