Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juni 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 175/01
(BPatG: Beschluss v. 17.06.2002, Az.: 30 W (pat) 175/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnungpowerbind, zunächst für die Waren
"Draht aus Metall, mit Ausnahme von Bindedraht; Drähte aus unedlen Metalllegierungen, mit Ausnahme von Bindedraht, soweit in Klasse 6 enthalten".
Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin schriftlich erkärt: "Gegenüber dem dem Beschluß zugrundeliegenden Warenverzeichnis ist nun eine Einschränkung vorgenommen worden". Das Warenverzeichnis ist nunmehr nur noch gerichtet auf
"Heftdraht".
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 11. September 2001 wegen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, "bind" stehe als Nomen ua für "Band, Bindfaden, Haltebogen, Bindebogen, Klammer", weshalb die angemeldete Bezeichnung für die angemeldeten Waren beschreibend sei; das vorangestellte Wort "power" sei allgemein üblich geworden, um eine besondere Leistungsfähigkeit zu definieren, weshalb auch der Gesamtbegriff glatt beschreibend sei. Da ein Freihaltebedürfnis auch Wortneuschöpfungen erfasse, ändere der fehlende lexikalische Nachweis nichts an der Sachlage.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, die angemeldete Bezeichnung sei nicht beschreibend, da eine Beschreibung von Heftdraht mit dem Anmeldezeichen insgesamt oder dessen Bestandteilen gänzlich unüblich sei. Im übrigen stünden sowohl eine US-Anmeldung als auch eine EU-Eintragung derselben Bezeichnung an, bei denen sich keine Beanstandungen ergeben hätten und es gebe eine Vielzahl von Eintragungen mit dem Bestandteil "power", so dass ein Versagungsgrund nicht erkennbar sei. Soweit in der Beschwerdeschrift erwähnt sei, das Warenverzeichnis sei "nunmehr nur noch gerichtet auf >>Heftdraht<<" habe es sich um einen Formulierungsvorschlag für ein mögliches neues Warenverzeichnis gehandelt, der nicht als abschließende Einschränkung und Verzicht auf alle übrigen Waren aufzufassen sei.
Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 6 vom 11. September 2001 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten und die der Anmelderin übermittelten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Dabei braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, in wieweit das Warenverzeichnis durch die abgegebene Erklärung vom 4.10.2001 wirksam verändert worden ist, da das Zeichen sowohl für das ursprüngliche wie auch für das zuletzt eingereichte Warenverzeichnis schutzunfähig ist.
Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, dass die angemeldete Bezeichnung eine freihaltungsbedürftige Sach- beziehungsweise Bestimmungsangabe ist (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Es ist zwar nicht selbst die eingeführte Bezeichnung für Heftklammern, gibt aber eine für diese Ware maßgebende Eigenschaft wieder.
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den Wortelementen "power" und "bind" zusammen.
Der Zeichenbestandteil "power", der als allgemeiner Verstärkungshinweis (vgl BPatG 24 W (pat) 6/99 - POWER Clean, PAVIS PROMA, Kliems) in die deutsche Umgangssprache übernommen wurde (vgl DUDEN, Fremdwörterbuch, 5. Aufl, S 625), steht in zusammengesetzten Substantiven in der deutschen Sprache für eine besondere Kraftfülle oder Leistungsfähigkeit, etwa bei "Powerplay", "Powerslide" oder "Powerfrau". Im Deutschen nicht unüblich ist aber nicht nur eine Wortbildung aus "power" mit einem weiteren Substantiv, sondern auch mit einem Verb, so zB bei "powerwalken". "Bind" wiederum steht im Englischen als Substantiv unter anderem für "Band, Halte-" beziehungsweise "Bindebogen" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Englisch-Deutsch, S 82), aber auch für "Klammer" (vgl Der Kleine Muret-Sanders, Englisch-Deutsch, 5. Aufl 1991), als Verb unter anderem für "binden, verbinden, ein Buch (ein)binden" (vgl Langenscheidt aaO), aber auch für "befestigen" (vgl DUDEN-OXFORD Großwörterbuch Englisch, 2. Aufl 1999, S 958). Aufgrund des gemeinsamen indogermanischen Wortstamms mit dem deutschen Wort "binden" (vgl DUDEN Herkunftswörterbuch, S 67) ist die Gesamtbezeichnung als "kraftvolle" oder "leistungsfähige Verbindung" auch im Inland breitesten Verkehrskreisen ohne weiteres verständlich.
Sowohl die Verbindung von "power" mit einem nachgestellten weiteren Substantiv als auch mit einem nachgestellten Verb zu einem Gesamtbegriff ist auch sprachüblich, wie die bereits angeführten Beispiele zeigen.
In Bezug auf die beanspruchten Waren ergibt sich daher der ohne weiteres verständliche und glatt beschreibende Hinweis auf ein besonders leistungsfähiges Material zur Verbindung einzelner Schriftstücke mittels einer Heftung, also einer Verbindung (vgl DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl 1999, Bd 4, S 1711, Stichworte "heften" und "Heftklammer").
Auch die Tatsache, dass die angemeldete Bezeichnung lexikalisch nicht nachweisbar ist, vermag eine Schutzfähigkeit nicht zu begründen. Steht wie im vorliegenden Fall der Sinngehalt einer bestimmten Bezeichnung fest, bedarf es zur Begründung eines Eintragungsverbotes gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG keiner Feststellung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese Bezeichnung bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl BGH GRUR 1996, 779 - MEGA, Althammer/Ströbele, MarkenG 6. Aufl, § 8 Rdnr 74). Insbesondere bei zusammengesetzten Begriffen ist eine lexikalische Aufnahme im Regelfall auch nicht zu erwarten, da diese - abgesehen von speziellen Ausnahmen - im Regelfall an die Grundwörter anknüpft.
Der angemeldeten Bezeichnung fehlt auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Wegen ihres beschreibenden Inhalts wird der Verkehr hierin eine Sachangabe, nicht aber einen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb sehen (vgl hierzu BGH MarkenR 2001, 306 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER - mit weiteren Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung).
Die von der Anmelderin vorgetragene, vorgesehene Registrierung des Zeichens in den Vereinigten Staaten von Amerika beziehungsweise beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt hat zwar grundsätzlich Indizwirkung. Dies hat aber keine Bindungswirkung, da es sich bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit um eine Rechts-, nicht um eine Ermessensfrage handelt (vgl Althammer/Ströbele, aaO § 8 Rdnr 86). So hat auch das EuG wiederholt unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung ausgeführt, dass die Entscheidungspraxis der nationalen Markenämter und die Anerkennung der Unterscheidungskraft eines ähnlichen Zeichens durch die Entscheidung nationaler Gerichte der Mitgliedstaaten nur Umstände darstellen, die für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke berücksichtigt werden können, ohne jedoch entscheidend zu sein (vgl EuG T-337/99 - Tabs - unter Ziff 58; vgl auch Althammer/Ströbele aaO, § 8 Rdnr 22). Entscheidend ist dabei aber vor allem zu berücksichtigen, dass dem Engländer mit Wortzusammensetzungen nicht in ähnlicher Weise wie der Deutsche vertraut sein könnte. Für den hier maßgebenden Verkehr ist es dagegen sprachlich unproblematisch, allen möglichen Wörtern power voranzustellen, um damit eine Verstärkung auszudrükken. Demgemäß finden sich in den Zeitungen nahezu täglich mit power zusammengesetzte Begriffe, die als solche nicht immer dem englischen Sprachschatz zugeordnet werden können, die aber gleichwohl im Deutschen verwendet werden.
Dr. Buchetmann Winter Voit Hu
BPatG:
Beschluss v. 17.06.2002
Az: 30 W (pat) 175/01
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