Bundesgerichtshof:
Urteil vom 21. Februar 2008
Aktenzeichen: I ZR 142/05
(BGH: Urteil v. 21.02.2008, Az.: I ZR 142/05)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Juli 2005 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus vom 20. Juli 2004 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Beklagte, die keine Angehörige der steuerberatenden Berufe ist und daher nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten darf, ist seit dem 1. September 1998 im Gewerberegister der Stadt C. mit dem Gewerbe "Buchführungsbüro" eingetragen. Im Branchentelefonbuch für den Bereich C. war sie für die Jahre 2001/2002 und 2002/2003 unter der Rubrik "Buch- führung" verzeichnet.
Die klagende Steuerberaterkammer B. sieht hierin ein unter den Gesichtspunkten des Rechtsbruchs und der Irreführung wettbewerbswidriges Verhalten. Sie hat daher gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dieser untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Hilfeleistungen in Steuersachen anzubieten und zu erbringen, die den Angehörigen der steuerberatenden Berufe vorbehalten sind, solange ihr die dazu notwendigen berufsrechtlichen Voraussetzungen fehlen, entsprechend zu werben und ihr Gewerbe unter der Bezeichnung "Buchführungsbüro" zu führen.
Im vorliegenden Hauptsacheverfahren hat die Klägerin in Anlehnung an die vom Berufungsgericht beschränkt aufrechterhaltene einstweilige Verfügung beantragt, der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Buchführung anzubieten und zu erbringen sowie damit zu werben, und insbesondere das Gewerbe unter "Buchführungsbüro" zu führen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich insbesondere auf ihre im Verfahren der einstweiligen Verfügung abgegebene Unterlassungserklärung bezogen und diese ergänzt. Zuletzt hat sie unter Anbieten einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 € erklärt, sie verpflichte sich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit "Buchführung" und/oder "Buchführungsbüro" zu werben und/oder werben zu lassen und/oder derartige Arbeiten zu erbringen, es sei denn, im gleichen Zusammenhang werde angegeben, dass mit diesen Begriffen nur das "Buchen laufender Geschäftsvorfälle", die "laufende Lohnabrechnung" und das "Fertigen der Lohnsteueranmeldungen" gemeint sei. Die Klägerin hat auch diese Erklärung nicht als streiterledigend angenommen.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Brandenburg GRUR-RR 2006, 167).
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Klägerin sei als Kammer der freien Berufe der Steuerberater nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei sowohl nach altem Recht (§§ 1, 3 UWG a.F.) als auch nach neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 11, §§ 5, 8 Abs. 1 UWG) begründet. Die Bestimmungen im Steuerberatungsgesetz, die die zulässige Hilfeleistung in Steuersachen festlegten, bezweckten den Schutz der Unabhängigkeit des Steuerberaters und stellten Marktverhaltensregelungen zum Schutze der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer dar. Die Werbung und das Leistungsangebot der Beklagten im Branchentelefonbuch seien nach dem Sprachsinn auf die umfassende Übernahme von Buchführungsaufgaben im handelsrechtlichen wie auch steuerrechtlichen Sinn gerichtet. Deren Erfüllung sei den in den §§ 3 und 4 StBerG bezeichneten Personen vorbehalten, zu denen die Beklagte nicht gehöre. Diese täusche damit über den zulässigen Inhalt ihres Leistungsangebots und werbe selbst dann, wenn sie die für die Vornahme der in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Tätigkeiten erforderliche Qualifikation besitzen sollte, hinsichtlich der darüber hinausgehenden Tätigkeiten unberechtigt. Personen, die zu Dienstleistungen nach § 6 Nr. 4 StBerG befugt seien, dürften nicht mit dem Begriff "Buchführung" werben und sich nur dann als Buchhalter bezeichnen, wenn sie dabei die von ihnen angebotenen Tätigkeiten nach § 6 Nr. 4 StBerG im Einzelnen aufführten.
Die Eintragung der Beklagten im Gewerberegister unter der Unternehmensbezeichnung "Buchführungsbüro" stelle ebenso wie die Eintragung im Branchentelefonbuch unter der Rubrik "Buchführung" eine unlautere Wettbewerbshandlung dar. Der Umstand, dass der Gewerbetreibende mit seiner Anmeldung in erster Linie eine öffentlichrechtliche Pflicht erfülle, ändere nichts daran, dass die Eintragung auch zu Zwecken des Wettbewerbs erfolge. Die Eintragung im Gewerberegister sei geeignet, sich auf den Wettbewerb nicht unerheblich auszuwirken.
Die hinsichtlich der unzulässigen Werbung wegen des insoweit bereits begangenen Wettbewerbsverstoßes bestehende Wiederholungsgefahr und die dadurch im Hinblick auf das Anbieten und das Erbringen solcher Leistungen begründete Erstbegehungsgefahr seien durch die von der Beklagten angebotenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen nicht entfallen. Diese Erklärungen seien ungenügend, weil die Beklagte den Begriff "Buchführung" auch mit Zusätzen im Geschäftsverkehr nicht verwenden dürfe.
Der Klageanspruch sei auch nicht verjährt.
II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung des Streitfalls hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Begehungsgefahr, die für den von der Klägerin geltend gemachten, auf die Gesichtspunkte der Irreführung (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V. mit §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG, § 3 Satz 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) und des Rechtsbruchs (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., jeweils i.V. mit § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Nr. 4, § 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG) gestützten Unterlassungsanspruch erforderlich ist, ist zumindest durch die von der Beklagten zuletzt abgegebene Unterlassungserklärung weggefallen. Dies gilt sowohl im Blick auf die Wiederholungsgefahr, die durch ein möglicherweise als wettbewerbswidrige Werbung zu beurteilendes Verhalten der Beklagten begründet worden war (nachstehend 1.), als auch im Blick auf die Erstbegehungsgefahr, die durch das Verhalten der Beklagten gegebenenfalls hinsichtlich des Anbietens und Erbringens der beworbenen Leistungen entstanden sein konnte (nachstehend 2.).
1. Die Beklagte hat durch ihre im Rechtsstreit zuletzt abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung die durch ein mögliches wettbewerbswidriges Werbeverhalten begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Verstöße ausgeräumt.
a) Eine Unterlassungserklärung muss, um die durch eine Verletzungshandlung begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 82/99, GRUR 2002, 180 f. = WRP 2001, 1179 - Weit-Vor-Winter-Schluss-Verkauf, m.w.N.). Beschränkungen der Unterlassungserklärung, die lediglich einer Begrenzung des Unterlassungsanspruchs des Gläubigers nach materiellem Recht entsprechen, sind jedoch unbedenklich. Dem Wegfall der Wiederholungsgefahr steht nicht entgegen, dass der Schuldner es ablehnt, seine Unterlassungserklärung auf ein Verhalten zu erstrecken, das ihm nicht verboten werden kann (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 Rdn. 1.126).
b) Die von der Beklagten zuletzt abgegebene Unterlassungserklärung entspricht diesen Erfordernissen.
aa) Im Verlauf des Rechtsstreits ist es zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass die Beklagte die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllt. Sie ist damit berechtigt, die in dieser Bestimmung aufgeführten Tätigkeiten auszuführen, und darf deshalb auch gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG auf ihre insoweit gegebene Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinweisen.
bb) Die Beklagte überschreitet mit der Verhaltensweise, die sie sich in ihrer zuletzt abgegebenen Unterlassungserklärung vorbehalten hat, die Grenzen dieser Befugnis nicht. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die in dem in § 6 Nr. 4 StBerG bestimmten Umfang zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen keinen abgeschlossenen Ausbildungsgang mit genau definiertem Berufsabschluss aufzuweisen brauchen (v. Borstel in Gehre/ v. Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., § 8 Rdn. 22). Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, sich als Buchhalter zu bezeichnen (§ 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG). Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 StBerG dürfen auch andere Berufsbezeichnungen angegeben werden, darunter solche mit einem hohen Irreführungspotential; denn bei einem "geprüften Bilanzbuchhalter" liegt für den Verkehr die Annahme nicht fern, dieser dürfe auch bei der Bilanzerstellung mitwirken (vgl. Willerscheid in Kuhls/Meurers/ Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Aufl., § 8 Rdn. 22). Einer aus der Bezeichnung folgenden möglichen Irreführungsgefahr wird jedoch dadurch entgegengewirkt, dass nach § 8 Abs. 4 Satz 3 StBerG "dabei" die erlaubten Tätigkeiten im Einzelnen angegeben werden müssen. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass durch die Regelung des § 8 Abs. 4 StBerG erreicht wird, dass eine entsprechende Werbung "nicht irreführend i.S. von § 1 UWG" ist (BT-Drucks. 14/2667, S. 28).
cc) Soweit die Beklagte sich in ihrer Unterlassungserklärung verpflichtet hat, mit den Begriffen "Buchführung" und/oder "Buchführungsbüro" nur "im gleichen Zusammenhang" mit der Angabe der in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Tätigkeiten zu werben, entspricht dies dem Erfordernis des § 8 Abs. 4 Satz 3 StBerG, diese Tätigkeiten "dabei" anzugeben. Mit der Formulierung "im gleichen Zusammenhang" sind die Umstände, unter denen der Hinweis auf die von der Beklagten zulässigerweise erbrachten Leistungen noch in einem so engen Zusammenhang mit ihrer Werbung steht, dass eine Irreführung des Verkehrs ausgeschlossen ist, hinreichend deutlich und bestimmt umschrieben. Damit wird eine unmittelbare räumliche Nähe bezeichnet, wie sich durch Auslegung der Unterlassungserklärung der Beklagten ergibt, die unter Berücksichtigung der konkreten Verletzungshandlungen zu erfolgen hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1996 - I ZR 184/94, WRP 1997, 434, 435 - Versierter Ansprechpartner; vgl. ferner BGH, Teil-Versäumnis- und Endurt. v. 4.10.2007 - I ZR 22/05 Tz. 17 - Umsatzsteuerhinweis).
dd) Bedenken gegen die Höhe der versprochenen Vertragsstrafe bestehen nicht und sind auch von der Klägerin nicht geäußert worden. Die Einschränkung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" ist insoweit ebenfalls unbedenklich (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rdn. 1.109 und 1.111 m.w.N.).
2. Die vom Berufungsgericht in Bezug auf die unbefugte Erbringung von Leistungen angenommene Erstbegehungsgefahr ist zumindest dadurch weggefallen, dass sich die Beklagte in ihrer zuletzt abgegebenen Unterlassungserklärung auch insoweit strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat.
Soweit das Berufungsgericht ferner in Bezug auf ein unbefugtes Anbieten von Leistungen von einer Erstbegehungsgefahr ausgegangen ist, ist diese jedenfalls dadurch weggefallen, dass die Beklagte durch die Abgabe der auf das Werben und Erbringen entsprechender Leistungen gerichtete Unterlassungserklärung auch in Bezug auf deren Anbieten in ernstlicher und unmissverständlicher Weise zu erkennen gegeben hat, dass sie keine entsprechenden unzulässigen Leistungsangebote machen wird (vgl. Bornkamm in Hefermehl/ Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.26 m.w.N.).
III. Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist deshalb aufzuheben und die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Bergmann Pokrant Schaffert Kirchhoff Koch Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 20.07.2004 - 11 O 86/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 12.07.2005 - 6 U 108/04 -
BGH:
Urteil v. 21.02.2008
Az: I ZR 142/05
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