Bundesgerichtshof:
Urteil vom 4. Februar 2014
Aktenzeichen: X ZR 137/10

(BGH: Urteil v. 04.02.2014, Az.: X ZR 137/10)

Tenor

Die Berufung gegen das am 29. Juni 2010 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 917 965 (Streitpatents), das am 11. November 1998 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 24. November 1997 angemeldet wurde. Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2 und 15 des Streitpatents lauten wie folgt:

1. Sammelhefter für Falzbogen mit einer Heftstation (22; 76), wenigstens einem Falzbogenanleger (12, 14, 16, 18; 64, 66, 68, 70, 72, 74), einer Sammelkette (20; 82) und einem Antrieb, dadurch gekennzeichnet, dass der Antrieb aus mehreren Einzelantriebseinheiten (86, 88, 90; 142, 146, 148) besteht, von denen jeweils eine der Heftstation (22; 76), jedem Falzbogenanleger (12, 14, 16, 18; 64, 66, 68, 70, 72, 74) und der Sammelkette (20; 82) zugeordnet ist, jede Einzelantriebseinheit (86, 88, 90; 142, 146, 148) wenigstens einen Elektromotor (30, 34, 36, 38, 40; 104, 118, 130; 162, 164, 166) und eine diesem zugeordnete Steuereinheit (32, 42, 44, 46, 48; 87, 89, 91; 143, 147, 149) aufweist und eine Verbindung (50; 92, 94; 160) zum Austausch von Daten- und/oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten (32, 42, 44, 46, 48; 87, 89, 91; 143, 147, 149) vorgesehen ist.

2. Sammelhefter für Falzbogen mit einer Heftstation (22; 76), wenigstens einem Falzbogenanleger (12, 14, 16, 18; 64, 66, 68, 70, 72, 74), einer Sammelkette (20; 82) und einem Antrieb, dadurch gekennzeichnet, dass der Antrieb aus mehreren Einzelantriebseinheiten (86, 88, 90; 142, 146, 148) besteht, von denen eine gemeinsam der Heftstation (22; 76) und der Sammelkette (20; 82) zugeordnet ist und die übrigen Einzelantriebseinheiten je einem Falzbogenanleger (12, 14, 16, 18; 64, 66, 68, 70, 72, 74) zugeordnet sind, jede Einzelantriebseinheit (86, 88, 90; 142, 146, 148) wenigstens einen Elektromotor (30, 34, 36, 38, 40; 104, 118, 130; 162, 164, 166) und eine diesem zugeordnete Steuereinheit (32, 42, 44, 46, 48; 87, 89, 91; 143, 147, 149) aufweist und eine Verbindung (50; 92, 94; 160) zum Austausch von Daten- und/oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten (32, 42, 44, 46, 48; 87, 89, 91; 143, 147, 149) vorgesehen ist.

15. Verfahren zur Antriebssteuerung eines Sammelhefters nach einem der Ansprüche 4 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass in einem Einrichtbetrieb vorbestimmte Drehpositionsversatzsollwerte zwischen dem Motor (104; 162) der Haupteinheit (86; 142) und jedem Motor (118, 130; 164, 166) der Nebeneinheiten (88, 90; 146, 148) eingestellt werden und während des Produktionsbetriebs die aktuellen Drehpositionen des Motors (104; 162) der Haupteinheit (86; 142) und jedes Motors (118, 130; 164, 166) der Nebeneinheiten (88, 90; 146, 148) erfasst und die erfassten Istwerte der Drehpositionen des Motors (104, 162) der Haupteinheit (86; 142) und der Motoren (118, 130; 164, 166) der Nebeneinheiten (88, 90; 146, 148) auf den jeweiligen vorbestimmten Drehpositionsversatzsollwert geregelt werden.

Die übrigen Patentansprüche sind auf einen oder mehrere dieser Ansprüche zurückbezogen.

Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts hat das Streitpatent aufrechterhalten (Anl. NK5); die Beschwerde ist erfolglos geblieben (Beschluss vom 1. Dezember 2005 - T 0037/04 - 3.2.05, Anl. NK6).

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.

Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent zuletzt in einer Fassung verteidigt, in der die Patentansprüche 1 und 2 nach den Wörtern "diesem zugeordnete Steuereinheit ... aufweist" wie folgt lauten:

"... und eine als Bus ausgebildete Verbindung (50; 92, 94; 160) zum Austausch von Daten- und/oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten (32, 42, 44, 46, 48; 87, 89, 91; 143, 147, 149) vorgesehen ist, wodurch die Erweiterung des Sammelhefters um einzelne Falzbogenanleger oder andere Komponenten durch einfaches Anschließen der Steuereinheiten an den Bus erfolgt und wobei im Einrichtbetrieb eingestellte Drehpositionsversatzsollwerte im Produktionsbetrieb entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit korrigiert werden können.", sich die weiteren Patentansprüche auf diese Fassung der Patentansprüche 1 und 2 rückbeziehen und Patentanspruch 15 am Ende angefügt wird:

"... und dass die im Einrichtbetrieb eingestellten Drehpositionsversatzsollwerte im Produktionsbetrieb entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit korrigiert werden können."

Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. P. , Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur L. , ein schriftliches Gutach- ten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Gründe

I. Das Streitpatent betrifft einen Sammelhefter für Falzbogen und ein Verfahren zu dessen Antriebssteuerung.

1. Sammelhefter sind nach den Ausführungen der Streitpatentschrift papierverarbeitende Maschinen, mit denen ein Endprodukt aus mehreren Falzbogen zusammengestellt und geheftet wird. Bedruckte Falzbogen werden den Falzbogenanlegern zugeführt, dort vereinzelt, geöffnet und auf die durchgehende Sammelkette aufgelegt. Die zu heftende Anzahl von Falzbogen wird auf der Sammelkette durch Mitnehmer gesammelt und ausgerichtet und sodann von der Sammelkette zur Heftstation transportiert, wo die gesammelten Falzbogen geheftet werden.

Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift erfolgte der Antrieb eines Sammelhefters nach dem Stand der Technik über einen zentralen Elektromotor, wobei die Heftstation, die Sammelkette, die Falzbogenanleger und gegebenenfalls weitere Komponenten über ein Getriebe und eine durchgehende Königswelle angetrieben wurden. Da die einzelnen Falzbogen von den Falzbogenanlegern zeitlich abgestimmt auf die Sammelkette abgeworfen werden müssen, damit von den Mitnehmern der Sammelkette jeweils ein vollständiger Stapel unterschiedlicher Falzbogen erfasst wird, muss der Abwurfzeitpunkt des Falzbogens der Geschwindigkeit der Sammelkette entsprechend eingestellt werden, wozu bei den herkömmlichen Einrichtungen im Stillstand der Drehpositionsversatz der einzelnen Falzbogenanleger zu dem zentralen Antrieb eingestellt wird.

Die bekannten Sammelhefter weisen nach der Streitpatentschrift verschiedene Nachteile auf: Die Anzahl der Anleger richtet sich nach der maximalen Anzahl der zu verarbeitenden Falzbogen, aus denen die Endprodukte bestehen sollten, ist aber durch die Leistung des zentralen Elektromotors und die mechanische Stabilität der Königswelle beschränkt. Der Antrieb über eine Königswelle bedingt einen großen Aufwand beim Austausch von Falzbogenanlegern; zudem führt ein taktweises Abschalten einzelner Anleger zu Schwierigkeiten. Eine Veränderung des Abwurfzeitpunkts des Falzbogens während des Betriebs ist entweder überhaupt nicht oder nur mit großem Aufwand möglich. Schließlich sind solche Sammelhefter hinsichtlich der räumlichen Anordnung der einzelnen Komponenten unflexibel.

2. Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, einen flexiblen Einsatz und Betrieb eines Sammelhefters zu ermöglichen.

3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in Patentansprüchen 1 und 2 einen Sammelhefter und in Anspruch 15 ein Verfahren zu dessen Antriebssteuerung vor.

a) Die Merkmale der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 in seiner zuletzt verteidigten Fassung lassen sich wie folgt gliedern (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern):

1. Es handelt sich um einen Sammelhefter für Falzbogen mit 1.1 wenigstens einem Falzbogenanleger [2], 1.2 einer Sammelkette [3], 1.3 einer Heftstation [1] und 1.4 einem Antrieb [4].

2. Der Antrieb besteht aus mehreren Einzelantriebseinheiten [5], 2.1 die jeweils mindestens aufweisen [6]

2.1.1 einen Elektromotor [6.1] und 2.1.2 eine diesem zugeordnete Steuereinheit [6.2]

2.2 und von denen jeweils eine zugeordnet ist:

2.2.1 jedem Falzbogenanleger [5.2], 2.2.2 der Sammelkette [5.1] und 2.2.3 der Heftstation [5.1].

3. Es ist eine Verbindung zum Austausch von Daten- oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten vorgesehen [7], die 3.1 als Bus ausgebildet ist und 3.2 die Erweiterung des Sammelhefters um einzelne Falzbogenanleger oder andere Komponenten durch einfaches Anschließen der Steuereinheiten an den Bus ermöglicht.

4. Der Sammelhefter ist so ausgebildet, dass Drehpositionsversatzsollwerte 4.1 im Einrichtbetrieb eingestellt und 4.2 im Produktionsbetrieb entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit korrigiert werden können.

b) Der in Patentanspruch 2 vorgeschlagene Sammelhefter unterscheidet sich von dem Sammelhefter nach Patentanspruch 1 lediglich dadurch, dass der Sammelkette und der Heftstation anders als in Merkmalen 2.2.2 und 2.2.3 vorgesehen eine gemeinsame Einzelantriebseinheit zugeordnet ist.

c) Die Merkmale des in Patentanspruch 15 vorgeschlagenen Verfahrens lassen sich nach der zuletzt verteidigten Fassung dieses Anspruchs wie folgt gliedern (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern):

1. Es handelt sich um ein Verfahren zur Antriebssteuerung eines Sammelhefters mit 1.1 wenigstens einem Falzbogenanleger [2], 1.2 einer Sammelkette [3], 1.3 einer Heftstation [1] und 1.4 einem Antrieb [4].

2. Der Antrieb besteht aus mehreren Einzelantriebseinheiten [5], 2.1 die jeweils mindestens aufweisen [6]

2.1.1 einen Elektromotor [6.1], 2.1.2 eine diesem zugeordnete Steuereinheit [6.2] und 2.1.3 Mittel zur Erfassung der Drehposition des Motors (Patentanspruch 5)

2.2 und von denen jeweils eine zugeordnet ist:

2.2.1 jedem Falzbogenanleger [5.2], 2.2.2 der Sammelkette [5.1] und 2.2.3 der Heftstation [5.1].

3. Es ist eine Verbindung zum Austausch von Daten- oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten vorgesehen [7], die 3.1 als Bus ausgebildet ist und 3.2 die Erweiterung des Sammelhefters um einzelne Falzbogenanleger oder andere Komponenten durch einfaches Anschließen der Steuereinheiten an den Bus ermöglicht.

4. In einem Einrichtbetrieb werden vorbestimmte Drehpositionsversatzsollwerte zwischen dem Motor einer Haupteinheit und jedem Motor der übrigen Einzelantriebseinheiten (Nebeneinheiten) eingestellt [15.1].

5. Während des Produktionsbetriebs werden 5.1 die aktuellen Drehpositionen des Motors der Haupteinheit und jedes Motors der Nebeneinheiten erfasst [15.2], 5.2 die erfassten Istwerte der Drehpositionen des Motors der Haupteinheit und der Motoren der Nebeneinheiten auf den jeweiligen vorbestimmten Drehpositionsversatzsollwert geregelt [15.3] und 5.3 die Drehpositionsversatzsollwerte gegebenenfalls entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit korrigiert.

d) Patentanspruch 15 stellt sich damit in seiner Rückbeziehung auf die Patentansprüche 1 und 5 im Wesentlichen als verfahrensmäßige Einkleidung des Gegenstands dieser Sachansprüche dar. Denn die Merkmale 4.1 und 4.2 des Patentanspruchs 1 entsprechen in der Sache den Merkmalen 4 und 5.3 des Patentanspruchs 15. Die Merkmale 2.1.3, 5.1 und 5.2 dieses Anspruchs sind zwar in Patentanspruch 1 nicht wörtlich aufgeführt. Die Einstellung von Drehpositionsversatzsollwerten im Einrichtbetrieb und die Möglichkeit ihrer Korrektur im Produktionsbetrieb ergeben technisch jedoch nur dann einen Sinn, wenn auch Mittel zur Erfassung der Drehposition des jeweiligen Motors vorhanden sind und der erfasste Istwert der Drehposition des Motors auf den jeweiligen (vorbestimmten oder korrigierten) Drehpositionsversatzsollwert geregelt wird. Entsprechendes gilt für die Rückbeziehung auf die Patentansprüche 2 und 4. Die nachfolgenden Ausführungen zum Gegenstand der Patentansprüche 1 und 2 gelten daher für Patentanspruch 15 entsprechend.

4. Zum Verständnis der Merkmalsgruppe 3 sind folgende Bemerkungen veranlasst:

a) Das Patentgericht hat Merkmal 3 dahin erläutert, dass die Leitung zum Austausch von Daten- oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten geeignet sein müsse, was eine beschränkende Wirkungsangabe beinhalte, die so zu verstehen sei, dass durch den Austausch der Daten- oder Steuersignale der synchrone Betrieb der Einzelkomponenten des Sammelhefters gewährleistet sein müsse. Der Begriff des Austausches setze dabei einen Datenfluss in beide Richtungen voraus, wobei aber eine Abfrage bzw. die Übermittlung eines Betriebszustandes ausreiche. Hierbei genüge ein Datenaustausch über eine übergeordnete (zentrale) Steuereinheit. In welcher Weise der Datenaustausch erfolge, lasse das Streitpatent ebenso offen wie die Frage, welche Daten- oder Steuersignale auszutauschen seien.

b) Dies hält den Angriffen der Berufung stand.

Merkmal 3 in der erteilten Fassung des Streitpatents trifft keine nähere Aussage über die Beschaffenheit der Verbindung. Erforderlich ist lediglich, dass diese geeignet ist, einen Austausch von Daten- oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten zu ermöglichen. Die Angabe, dass die Verbindung "zum Austausch" vorgesehen ist, ist mit dem Patentgericht als Wirkungsangabe zu verstehen. Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben können bei einem Sachanspruch, dessen räumlichkörperlich definierter Gegenstand grundsätzlich unabhängig davon geschützt ist, zu welchem Zweck, mit welcher Wirkung oder in welcher Funktion er verwendet wird, an der Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand zu bestimmen und zu begrenzen, indem sie die Sache oder eines ihrer Elemente als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen oder für den angegebenen Zweck verwendet werden kann (s. nur BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 40/05, GRUR 2009, 837 Rn. 15 - Bauschalungsstütze). So verhält es sich auch hier. Nach dem auch vom Patentgericht herangezogenen Absatz 9 der Beschreibung des Streitpatents soll der Austausch von Daten- oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten den synchronen Betrieb der Einzelkomponenten des Sammelhefters gewährleisten, der bei den im Stand der Technik bekannten Sammelheftern durch den zentralen Antrieb erreicht wurde. Die patentgemäße Lehre erfordert daher (nur) eine Verbindung der Steuereinheiten, die so ausgebildet ist, dass ein Austausch von Daten- oder Steuersignalen erfolgen kann, der den synchronen Betrieb der Einzelkomponenten sicherstellt. Wann welche Signale ausgetauscht werden, lässt Merkmal 3 hingegen offen.

Lediglich die vom Patentgericht ebenfalls zutreffend als nicht näher bestimmt angesehene Art der Verbindung ist nunmehr dahin konkretisiert, dass sie als Bus ausgebildet ist (Merkmal 3.1). Merkmal 3.2 bezeichnet lediglich die Folge dieser Ausbildung, dass die Erweiterung des Sammelhefters durch Anschließen weiterer Steuereinheiten weiterer Komponenten an den Bus erfolgen kann.

Schließlich kann, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, Merkmal 3 - entgegen der Auffassung der Technischen Beschwerdekammer - nicht entnommen werden, dass die Verbindung einen nicht über eine Hauptsteuerung laufenden Austausch von Daten- oder Steuersignalen zwischen den einzelnen Steuereinheiten ermöglichen muss. Auch insoweit wird das vom Patentgericht entwickelte Verständnis durch die Unteransprüche 3 und 4 bestätigt. Nach Patentanspruch 3 weist eine Einzelantriebseinheit eine zentrale Steuerung auf, nach Patentanspruch 4 ist eine der Einzelantriebseinheiten als Haupteinheit zur Arbeitstaktvorgabe und sind alle weiteren Einzelantriebseinheiten als diesem Arbeitstakt folgende Nebeneinheiten ausgebildet.

Daran hat auch die Einfügung der Merkmalsgruppe 4 nichts geändert. Denn sie verlangt nur, dass der Sammelhefter so eingerichtet ist, dass Drehpositionsversatzsollwerte der einzelnen Elektromotoren in einem Einrichtbetrieb eingestellt und im Produktionsbetrieb entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit korrigiert werden können. Der entsprechende Steuerungsbefehl kann von der Hauptsteuerung gegeben werden.

II. Das Patentgericht hat den Gegenstand des Streitpatents für nahegelegt erachtet und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die veröffentlichte europäische Patentanmeldung 681 923 (NK14) offenbare einen der Merkmalsgruppe 1 entsprechenden Sammelhefter. Da die Druckschrift den Antrieb nicht näher beschreibe, gehe der Fachmann - ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der über mehrjährige Erfahrung in der Planung und Konstruktion von Sammelheftern verfüge und bei der Auslegung des Antriebs mit einem Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik zusammenarbeite - von einem herkömmlichen Antrieb mittels einer mechanischen Königswelle, d.h. einer zentralen Antriebswelle, aus, die durch den gesamten Sammelhefter hindurchgehe und von der die verschiedenen Komponenten des Sammelhefters durch mehrere Abtriebe angetrieben würden. Bei diesem Konzept seien alle Bewegungen und Komponenten fest mit dem Hauptantrieb gekoppelt.

Wie sich aus dem Aufsatz von Lackhove, etz 22/1996, S. 12 (NK10), ergebe, sei es indes am Prioritätstag in vielen Zweigen der Technik, wie etwa bei Papierbeschichtungs- und Flaschenabfüllanlagen, verbreitet gewesen, die aufwendigen mechanischen Königswellen durch elektrische Wellen, die allerdings eine abgestimmte Steuerung der Einzelantriebe erforderten, zu ersetzen, wodurch die Mechanik vereinfacht und Kosten reduziert würden. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bereits in der Anwendung dieses Fachwissens, wie es NK10 wiedergebe, erschöpfe. Jedenfalls ergebe sich aus der US-Patentschrift 5 499 803 (NK13.1), dass auch bei der Weiterverarbeitung von Druckerzeugnissen vor dem Prioritätstag des Streitpatents der Übergang von der mechanischen Königswelle zur elektrischen Welle bereits vollzogen gewesen sei.

Die Schrift NK13.1 beschreibe eine Zusammentragmaschine ohne Hauptantriebswelle, in der bedruckte Bogen oder Blätter zusammengetragen würden. Sie weise auf die sich in Verbindung mit einer langen Hauptantriebswelle, also auch einer Königswelle, ergebenden Probleme wie geringe Flexibilität, Probleme der Ansteuerung der Zuführeinrichtungen und Verschleißanfälligkeit der mechanischen Komponenten hin. Zur Beseitigung dieser Probleme schlage die Schrift vor, jede Zuführeinrichtung mit einem eigenen Motor anzutreiben, diesen mit einer eigenen Steuerung zu versehen und die einzelnen Steuerungen mit einer Hauptantriebssteuerung zu verbinden, die die Betriebsgeschwindigkeit steuere und den Zeittakt des Betriebs der Antriebsmotoren koordiniere. Zumindest Letzteres bedinge, dass die Hauptantriebssteuerung Kenntnis von den Daten der Motorendrehzahl und des Motorstellungsencoders erlange, da sonst der Zeittakt des Betriebs der Motoren nicht aufeinander abgestimmt werden könne. Daher entnehme der Fachmann der NK13.1 eine Steuerung mit einem bidirektionalen Datenaustausch. Soweit die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts in der NK13.1 lediglich eine unidirektionale Verbindung verwirklicht gesehen habe, sei der Offenbarungsgehalt der Schrift nicht ausgeschöpft worden. Auch wisse der Fachmann, dass eine unidirektionale Verbindung nicht geeignet sei, eine Maschine, wie sie NK13.1 beschreibe, hinreichend genau zu steuern, da mangels Rückmeldung der Empfang von Daten sowie insbesondere deren Fehlerfreiheit nicht überprüfbar seien. Über den Antrieb des Sammelförderers treffe die NK13.1 zwar keine Aussage. Da eine Synchronisation der Zuführeinrichtungen mit dem - selbstverständlich angetriebenen - Sammelförderer notwendig sei, unterstelle der Fachmann aber, dass der Sammelförderer über einen eigenen Antrieb verfüge, der von der Hauptantriebssteuerung gesteuert werde. Damit sei in NK13.1 ein mit den Merkmalen 2 und 3 übereinstimmendes Antriebskonzept verwirklicht.

Die Übertragung der der NK13.1 zu entnehmenden Abkehr von der mechanischen Antriebswelle hin zu einzelnen elektrischen Antrieben auf einen der Merkmalsgruppe 1 entsprechenden Sammelhefter sei danach eine naheliegende Maßnahme. Die Probleme mit der langen Antriebswelle seien bei beiden Maschinen sehr ähnlich, so dass der Fachmann die in NK13.1 offenbarte Lösung ohne weiteres auch bei einem Sammelhefter mit Falzbogenanlegern und Heftstation verwirklichen werde.

Die in Patentanspruch 2 vorgesehene gemeinsame Zuordnung von Heftstation und Sammelkette zu einer Einzelantriebseinheit gehe über eine einfache handwerkliche Maßnahme nicht hinaus. Dem Fachmann sei bekannt gewesen, dass in einem Sammelhefter die Heftstation und die Geschwindigkeit der Sammelkette die Leistung bestimmten. Es habe daher nahegelegen, diese beiden Geräte mit einem gemeinsamen Motor anzutreiben; im Übrigen lehre auch die NK13.1 alternativ, mehrere Einzelaggregate (dort Zuführeinrichtungen) durch einen Motor gemeinsam anzutreiben.

Schließlich erschöpfe sich auch die Einstellung von Drehpositionsversatzsollwerten der einzelnen Elektromotoren in einem Einrichtbetrieb, die Erfassung der aktuellen Drehpositionen im Produktionsbetrieb und die Regelung auf den jeweiligen vorbestimmten Drehpositionsversatzsollwert in einer einfachen Anpassung des bekannten Einrichtbetriebs eines Sammelhefters mit mechanischer Antriebswelle auf einen Sammelhefter mit elektrischen Einzelantrieben.

III. Diese Beurteilung hält auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erfolgten Beschränkung des Gegenstands der Patentansprüche 1, 2 und 15 den Angriffen der Berufung stand.

1. Gegen die Ausführungen des Patentgerichts zum Fachmann und zur Bekanntheit eines Sammelhefters mit den Merkmalen der Merkmalsgruppe 1 ist ebenso wenig etwas zu erinnern wie gegen seine weitere Annahme, dass den Fachmann schon die Veröffentlichung NK10 mit dem programmatischen Titel "ÇElektrische WelleÈ löst mechanische ÇKönigswellenÈ ab" auf die Möglichkeit aufmerksam machen musste, den Antrieb der Komponenten des Sammelhefters über eine mechanische Welle durch elektronisch gesteuerte Einzelantriebseinheiten zu ersetzen. In der Zusammenfassung der NK10 heißt es hierzu anschaulich: "Die vollständige Digitalisierung des Antriebsreglers sowohl in der Sollwertübertragung durch die Leitfrequenzvorgabe als auch im Istwertkreis mit Resolver- oder Inkrementalgeberrückführung ermöglicht die Integration von bisher teuren externen Gleichlaufregelungen. Hierdurch lassen sich ohne zusätzliche Baugruppen Winkelgleich-, Drehzahl- oder Drehzahlverhältnisgleichlauf realisieren. Die Mechanik wird vereinfacht, der Maschinenbau reduziert Kosten."

2. Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Annahme des Patentgerichts, dass der an der Nutzung entsprechender Möglichkeiten für einen Sammelhefter interessierte Fachmann der NK13.1 entnehmen konnte, dass die Ausgestaltung des Antriebs als Mehrheit von Einzelantriebseinheiten für eine ähnliche Vorrichtung bereits vorgeschlagen worden war.

Die Druckschrift NK13.1 betrifft eine Zusammentragvorrichtung (collator) mit einer Vielzahl von Falzbogenanlegern (signature feeders). Derartige Vorrichtungen dienen dem Zusammenführen einer Vielzahl von Falzbogen zu Falzbogengesamtheiten wie Büchern oder Zeitschriften (NK13.1, Sp. 1 Z. 11-13). Eine Vorrichtung umfasst eine Sammelfördereinrichtung und mehrere entlang der Fördereinrichtung angeordnete Zuführabschnitte, die jeweils mindestens einen Falzbogenstapelbehälter zum Vorhalten der der Fördereinrichtung zuzuführenden Falzbogen und einen Falzbogenanleger zur Zufuhr eines Bogens aus dem Stapelbehälter zur Fördereinrichtung umfassen (NK13.1, Zusammenfassung). Sie unterscheidet sich von einem Sammelhefter (nur) dadurch, dass die auf der Sammelkette bzw. der Sammelfördereinrichtung gesammelten Falzbogen nicht geheftet werden. Auch entspricht die in der NK13.1 als Stand der Technik beschriebene Vorrichtung hinsichtlich ihrer Konstruktion im Wesentlichen derjenigen eines konventionellen Sammelhefters: Die Zusammentrageinrichtung weist eine einzige Hauptantriebswelle auf, welche eine Sammelfördereinrichtung und die Anleger antreibt, die der Sammelfördereinrichtung Falzbogen zuführen und in Abständen entlang der Sammelfördereinrichtung angeordnet sind (NK13.1, Sp. 1 Z. 13-15).

Dementsprechend beschreibt NK13.1 ein ähnliches Problem wie das Streitpatent. So schildert NK13.1, dass die Verwendung einer einzigen Antriebswelle einen erheblichen Aufwand bei Änderung der räumlichen Anbindung der Anleger an die Sammelfördereinrichtung oder des Abwurftaktes der Anleger zur Folge habe (NK13.1, Sp. 1 Z. 27-30, 43-46). Auch wenn der Fokus der NK13.1 darauf liegt, die Anlegerpositionen relativ zum Förderband an verschiedene Bogenformate anpassen zu können, konnte der Fachmann der Schrift entnehmen, dass die dort vorgeschlagene Ausgestaltung auch dazu beitrug, die Flexibilität des Betriebs der Anleger gegenüber dem Förderer zu erhöhen.

3. Zutreffend hat das Patentgericht diesem Befund den Anlass für den Fachmann entnommen, den Antrieb eines Sammelhefters nach der Merkmalsgruppe 2 auszugestalten.

a) Die Entgegenhaltung NK13.1 schlägt eine Vorrichtung vor, bei der jeder Zuführabschnitt (der mindestens einen Falzbogenstapelbehälter umfasst) über einen eigenen Motor zum Antrieb des zugehörigen Anlegers verfügt und jeder Motor eine eigene Steuerung aufweist, um die Zufuhr von Falzbogen zu steuern. Dabei sind die Motorantriebe über eine Hauptsteuerung miteinander verbunden, die die Betriebsgeschwindigkeit steuert und die zeitliche Abstimmung der Motorantriebe koordiniert (NK13.1, Zusammenfassung). Der Fachmann konnte der NK13.1 damit unmittelbar die Anregung entnehmen, jeden Falzbogenanleger mit einer Einzelantriebseinheit zu versehen (Merkmal 2.1.1), die einen Elektromotor und eine diesem zugeordnete Steuereinheit aufweist (Merkmal 2.1.2).

b) Darüber hinaus führte die Druckschrift den Fachmann zu weiteren - ebenfalls entsprechend Merkmal 2.1 ausgestatteten - Einzelantriebseinheiten für die Sammelkette und die Heftstation (Merkmale 2.1.2 und 2.1.3). Die NK13.1 trifft in ihren Erläuterungen zwar keine Aussage über die Ausgestaltung des Antriebs des Sammelförderers und verhält sich nicht zu der - dort nicht vorhandene - Heftstation. Der Fachmann konnte der Schrift aber den allgemeinen Vorschlag entnehmen, zur Erhöhung der Flexibilität die einzige Hauptantriebswelle durch Einzelantriebseinheiten zu ersetzen. Die nächstliegende Lösung für den Antrieb von Kette und Heftstation war auch insoweit mindestens eine weitere (Einzel-)Antriebseinheit.

Ob der Fachmann überhaupt, wie die Berufung meint, in Erwägung gezogen hätte, den Sammelförderer über eine mechanische Welle von einem der Antriebe der Zuführabschnitte antreiben zu lassen, erscheint fraglich. Zumindest bot sich ein eigener Antrieb gleichermaßen an: NK13.1 schlägt in Figur 1 und den entsprechenden Erläuterungen (Sp. 2 Z. 43 - Sp. 3 Z. 56) eine Ausführungsform vor, bei der die Zusammentrageinrichtung mehrere Zuführabschnitte und jeder Zuführabschnitt mehrere Falzbogenstapelbehälter umfasst, von denen jeder über einen Anlegemechanismus verfügt. Jedem dieser Abschnitte sind eine Motorantriebssteuerung und ein hiermit verbundener Motor zugeordnet, der über eine Kupplung mit einer Abschnittsantriebswelle verbunden ist. Die jeweilige Abschnittsantriebswelle treibt damit alle Anlegemechanismen im entsprechenden Abschnitt an, die jeweilige Steuerung steuert die Geschwindigkeit, Beschleunigung und zeitliche Abstimmung im entsprechenden Abschnitt. Demgegenüber schlagen Figur 2 und die entsprechenden Erläuterungen (Sp. 3. Z. 63 bis Sp. 4 Z. 29) eine Ausgestaltung vor, bei der jeder Anlegemechanismus jeweils über einen eigenen Motor und eine eigene Motorsteuerung verfügt, die den Motor und die Zufuhr von Falzbogen vom zugeordneten Falzbogenstapelbehälter zur Sammelfördereinrichtung steuert. NK13.1 sieht die Ausgestaltung nach Figur 2 als vorteilhaft an, da hierdurch eine besondere Flexibilität des Einsatzes jedes Anlegers erreicht wird, der räumlich im Verhältnis zum Sammelförderer und den übrigen Anlegern verstellbar ist (NK13.1, Sp. 4 Z. 41-49).

Die fehlende mechanische Verbindung zwischen Anleger und Förderer wird mithin gerade als vorteilhaft angesehen. Für den Fachmann war daher offensichtlich, dass ein gemeinsamer Antrieb der Sammelkette und eines der Anleger die erstrebte Flexibilität des Betriebes einschränken würde.

c) Ebenfalls ohne Erfolg rügt die Berufung, dass das Patentgericht Einzelantriebe für Sammelkette und Heftstation (Patentanspruch 1) und einen gemeinsamen Antrieb von Sammelkette und Heftstation (Patentanspruch 2) für austauschbar erachtet hat.

Wenn es hierzu überhaupt einer weiteren Veranlassung bedurfte, wurde der Fachmann durch die vorstehend zu b angeführte Beschreibung der Ausführungsbeispiele der NK13.1 angeregt, denjenigen Einzelkomponenten einen Einzelantrieb zuzuordnen, die eine flexible Steuerung erforderten, jedoch andere Einzelkomponenten, bei denen dieses Erfordernis nicht bestand, mit einer gemeinsamen Steuerung zu versehen was gegebenenfalls einen geringeren Aufwand und damit eine Kostenersparnis ermöglichte. Die Nachteile der Sammelhefter nach dem Stand der Technik, mit denen sich der Fachmann nach der Streitpatentschrift (Rn. 5) konfrontiert sah, ergaben sich aus der fehlenden Flexibilität des Einsatzes der Falzbogenanleger untereinander sowie gegenüber der Antriebswelle. Dem Fachmann war demgegenüber bekannt, dass bei Einsatz eines Sammelhefters der Betrieb der Heftstation und der Sammelkette jedenfalls nicht notwendig einer voneinander unabhängigen Steuerung bedurfte. Er hatte damit Anlass, die ihm in NK13.1 vorgeschlagenen Gestaltungsmöglichkeiten (auch) dergestalt umzusetzen, dass er Heftstation und Sammelkette mit einer gemeinsamen Einzelantriebseinheit versah.

4. Die Ersetzung der mechanischen Antriebswelle durch eine Mehrzahl von Einzelantriebseinheiten veranlasste schließlich eine als Bus ausgestaltete Verbindung zum Austausch von Daten oder Steuersignalen zwischen den Steuereinheiten (Merkmalsgruppe 3).

a) NK13.1 schlägt vor, die Einzelsteuerungen, die die Zufuhr von Falzbogen vom zugeordneten Anleger zur Fördereinrichtung steuern, mittels einer Hauptsteuerung zu verbinden, die - wie ausgeführt - eine Verbindung der Einzelsteuerungen im Sinne von Merkmal 3 darstellt. In diese Verbindung mit der Hauptsteuerung die Steuereinheiten der Sammelkette und der Heftstation einzubeziehen, war nahezu zwingend.

Die Verbindung der Einzelsteuerungen mittels Hauptsteuerung dient nach der NK13.1 dazu, die Betriebsgeschwindigkeit zu steuern und die zeitliche Abstimmung zu koordinieren (NK13.1, Zusammenfassung, Sp. 2 Z. 7 f.). Für den Fachmann war ersichtlich, dass eine solche zeitliche Abstimmung des Betriebs der Anleger auch mit dem Betrieb der Sammelkette und der Heftstation erforderlich war. Entsprechend hat auch der Sachverständige angegeben, dass der Fachmann hinsichtlich NK13.1 unterstelle, dass die Hauptsteuerung "irgendwie" die Bandgeschwindigkeit als Systemeingangsgröße kenne. Zwar wäre es, wie der Sachverständige ausgeführt hat, denkbar, die erforderliche Koordination zwischen dem Betrieb der Sammelkette und den Falzbogenanlegern dadurch zu erreichen, dass der Hauptsteuerung eine konstante Bandgeschwindigkeit fest vorgegeben wird. Eine solche Ausgestaltung wäre jedoch sehr unflexibel und reduzierte die Steuerung der Betriebsgeschwindigkeit auf die Anpassung der Arbeitstakte der Anleger auf die Bandgeschwindigkeit. Ein größeres Maß an Flexibilität konnte der Fachmann demgegenüber erkennbar dadurch erzielen, dass er die von der NK13.1 für die Koordination des Betriebs der Falzbogenanleger vorgeschlagene Lösung auf den Einsatz der weiteren Einzelkomponenten Sammelkette und Heftstation übertrug.

Dass der Fachmann hierzu keine Veranlassung gesehen habe, lässt sich auch nicht aus dem Umstand ableiten, dass die NK13.1 selbst derartiges für den dortigen Förderer nicht ausdrücklich vorschlägt; dies erklärt sich aus dem Schwerpunkt der NK13.1, der - wie ausgeführt - auf der Anpassung der Anlegerpositionen relativ zum Förderband an verschiedene Bogenformate liegt.

b) Für den Fachmann ergab sich aus dem Stand der Technik auch die Anregung, die Verbindung zwischen den Einzelsteuerungen aller Einzelkomponenten und der Hauptsteuerung als Bus auszugestalten, der einen Austausch von Daten oder Steuersignalen ermöglicht.

Schon die in NK13.1 vorgesehenen Verbindungen zwischen den Steuerungen (die nach Figur 1 mit dem jeweiligen Zuführabschnitt und nach Figur 2 mit dem jeweiligen Falzbogenanleger verbunden sind) über die Hauptsteuerung ermöglichen den Austausch von Daten- oder Steuersignalen. Die Verbindungen, die in den Figuren 1 und 2 der NK13.1 mit dem Bezugszeichen 13 bzw. 13a versehen sind, sind in der Beschreibung als elektrische Leitungen ("electrical lines") bezeichnet (NK13.1, Sp. 3 Z. 30-32; Sp. 4 Z. 15-17). Wie der Sachverständige ohne Widerspruch der Beklagten erläutert hat, ist eine solche Verbindung aus fachmännischer Sicht als serielle Kommunikationsbeziehung im Sinne einer Anbindung mittels RS-232-Schnittstelle zu interpretieren, mithin als Verbindung, die eine bidirektionale Kommunikation ermöglicht. Dies kommt - worauf bereits das Patentgericht zutreffend hingewiesen hat - auch darin zum Ausdruck, dass die Leitung in den Figuren 1 und 2 mit einem Doppelpfeil versehen ist. Da nach Merkmal 3 die Verbindung lediglich so ausgestaltet sein muss, dass sie eine bidirektionale Kommunikation ermöglicht, kommt es nicht darauf an, inwieweit die Steuereinheiten in der in NK13.1 vorgeschlagenen Ausgestaltung tatsächlich bidirektional Daten übermitteln. Dies gilt auch in Ansehung der im Berufungsverfahren hinzugefügten Merkmalsgruppe 4, denn auch nach dieser Beschränkung besagen die Patentansprüche nichts darüber, wie die Drehpositionsversatzsollwerte zustande kommen; für deren Einstellung und Korrektur genügt, wie der Sachverständige bestätigt hat, ein "Master-Slaves"-Verbund, in dem die Hauptsteuerung die betreffenden Daten an die Steuerungen der Nebeneinheiten sendet. Die Anpassung des jeweiligen Istwerts an den Sollwert erfolgt sodann im Regelkreis der Einzelantriebseinheit.

Es kann dahinstehen, ob der Fachmann, wie die Klägerin meint, die Verbindung der Steuereinheiten in NK13.1 auch als Bussystem interpretieren kann. Jedenfalls erhielt der Fachmann durch die NK10 die Anregung zu einer solchen Ausgestaltung. Die Veröffentlichung erwähnt mehrere für die Realisierung einer "elektrischen Welle" geeignete Bussysteme. Das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen bestätigt, dass die Entwicklung der Bustechnologie Mitte der 1990er Jahre zu praktikablen, echtzeitfähigen Lösungen gekommen war. Der Fachmann hatte daher Anlass, eine geeignete Bus-Lösung bei der Verbindung der Steuereinheiten nach dem Vorbild der NK13.1 einzusetzen. Die vom Sachverständigen hervorgehobene Komplexität des Gesamtsystems Sammelhefter und des erforderlichen Softwareentwurfs steht dem nicht entgegen, denn diese Probleme musste der Fachmann ohnedies bewältigen, und die Streitpatentschrift setzt voraus, dass er hierzu zur Ausführung der Erfindung in der Lage ist. Dass insoweit zu erwartende Schwierigkeiten den Fachmann nicht vom Übergang von der mechanischen zur "elektrischen Welle" abgehalten haben, wird durch die NK13.1 belegt.

5. Der Fachmann hatte schließlich auch Veranlassung, den Sammelhefter so auszubilden, dass Drehpositionsversatzsollwerte in einem Einrichtbetrieb eingestellt und im Produktionsbetrieb entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit korrigiert werden können.

a) Die Einstellung der Sollwerte in einem Einrichtbetrieb ist, wie das Patentgericht zutreffend und von der Berufung unangegriffen ausgeführt hat, lediglich die "handwerkliche" Umsetzung der "elektrischen Welle", bei der der im Stand der Technik mit mechanischen Mitteln erzwungene Gleichlauf der Komponenten des Sammelhefters durch eine Sollwertvorgabe und die Überwachung ihrer Einhaltung im jeweiligen Regelkreis ersetzt wird. So verfährt demgemäß auch die NK13.1.

b) Nicht vorbeschrieben ist allerdings die Korrektur der Drehpositionsversatzsollwerte entsprechend der Produktionsgeschwindigkeit im laufenden Produktionsbetrieb. Gleichwohl bot sich dem Fachmann auch diese Maßnahme an.

Die NK13.1 nennt - wie bereits mehrfach erwähnt - als einen der Vorteile der Einzelantriebseinheiten, dass jeder Anleger unabhängig von den anderen auf einfache Weise verstellbar ist, da keine mechanische Verbindung zu einer Hauptantriebswelle besteht. Jeder Anleger sei, so heißt es, höhenverstellbar, heran- oder wegbewegbar sowie seitlich verschiebbar. Diese Flexibilität ermögliche eine Phasenverstellung während des Betriebs (on the fly phasing) zwischen den Bogenzuführvorgängen (Sp. 4 Z. 40-49). Der Fachmann erhielt hierdurch den ausdrücklichen Hinweis, dass die mit der elektronischen Verbindung zwischen den Einzelantriebseinheiten gewonnene Flexibilität nicht nur im Einrichtbetrieb, sondern auch im laufenden Betrieb genutzt werden kann. Die - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien notwendige - Drehpositionsversatzsollwertkorrektur im Produktionsbetrieb zu vollziehen, ist lediglich eine weitere dem Fachmann damit eröffnete Nutzung der mechanisch voneinander unabhängigen Einzelantriebe.

IV. Für eine abweichende Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands der übrigen untergeordneten Patentansprüche ist von der Beklagten weder etwas geltend gemacht noch sonst aufgrund des festgestellten Sachverhalts erkennbar (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 Rn. 42 - Schussfädentransport; Urteil vom 29. September 2011 - X ZR 109/08, GRUR 2012, 149 Rn. 96 - Sensoranordnung).

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck Gröning Schuster Deichfuß Kober-Dehm Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.06.2010 - 1 Ni 4/09 -






BGH:
Urteil v. 04.02.2014
Az: X ZR 137/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/780bbd2dbf57/BGH_Urteil_vom_4-Februar-2014_Az_X-ZR-137-10




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