Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 180/04

(BPatG: Beschluss v. 05.07.2006, Az.: 32 W (pat) 180/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 10. Oktober 2003 angemeldete Wortmarkemittendrin im alterist für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 36 und 41 bestimmt:

Druckereierzeugnisse; Vermittlung von Finanzanlagen und Versicherungsverträgen, finanzielle Beratung; Ausbildung; Durchführung von Seminaren und Kursen sowie sonstigen Veranstaltungen zur Aufklärung und Information über finanzielle Belange.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 20. Juli 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Wortzusammenstellung "mittendrin im alter" werde der Verkehr dahingehend verstehen, dass es sich um eine sloganartige Anpreisung von Waren und Dienstleistungen handele, die sich an ältere Menschen richteten und speziell für diese geeignet seien. Die Marke beschreibe ohne weiteres das Thema bzw. die angesprochenen Adressaten der Waren/Dienstleistungen. Im Übrigen seien vergleichbare Anmeldungen wie "Das Alter selbstbestimmt leben, Alter kennt keine Jahre, ZUHAUSE IM ALTER und Zukunft Alter" ebenfalls nicht eingetragen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Ansicht, die Unterscheidungskraft von "mittendrin im alter" ergebe sich daraus, dass die angemeldete Wortfolge lexikalisch nicht nachweisbar und eine phantasievolle Abwandlung des gebräuchlichen Ausdrucks "mittendrin im Leben" sei. Zur Begründung der Unterscheidungskraft stützt sich der Anmelder daneben auf drei von ihm eingereichte Anlagen, die eine entsprechende sloganmäßige Verwendung der Wortfolge "mittendrin im alter" belegen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, jedoch in der Sache - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - nicht begründet, weil der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Wortmarke (die aus einem oder mehreren Wörtern besteht) ein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt dieses jeglicher Unterscheidungseignung und damit jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Waren bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWA-RE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. BGH GRUR 2000, 321 - Radio von hier).

Handelt es sich bei den beanspruchten Erzeugnissen und Angeboten um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Waren oder Dienstleistungen auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, so ist - unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG (vgl. zu den insoweit geringeren Anforderungen Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 118 m. w. Nachw.) - die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2001, 1043, 1045 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070, 1072 - Bar jeder Vernunft; GRUR 2003, 342 - Winnetou).

Die Wortfolge "Mittendrin im Alter" wirkt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich wie eine allgemeine Werbeaussage, nämlich dass man durch die Inanspruchnahme der Dienstleistungen für das Alter vorsorgt bzw. in den Druckereierzeugnissen entsprechende Informationen nachlesen kann. Dabei richten sich die Waren und Dienstleistungen nicht etwa nur an alte Menschen, wie die Markenstelle in ihrem Beschluss meint. Gerade in der heutigen Zeit werden auch jüngere Menschen regelmäßig mit dem Problem der Altersvorsorge konfrontiert, so dass auch diese als Empfänger der beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Betracht kommen.

An dem aufgezeigten Verständnis des Verkehrs ändert sich nichts dadurch, dass es sich bei der beanspruchten Marke um eine Abwandlung der geläufigen Redewendung "mittendrin im Leben" handelt. Der Verkehr wird die Wortfolge gleichwohl in dem genannten Sinn verstehen und hierin keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb sehen. Das belegen insbesondere auch die vom Anmelder selbst mit der Beschwerdebegründung eingereichten Verwendungsbeispiele.

Ob die angemeldete Marke außerdem auch als Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann und deshalb von Monopolrechten freizuhalten ist, kann - da nicht entscheidungserheblich - dahingestellt bleiben.






BPatG:
Beschluss v. 05.07.2006
Az: 32 W (pat) 180/04


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