Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 53/04
(BPatG: Beschluss v. 07.11.2005, Az.: 25 W (pat) 53/04)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Januar 2004 teilweise aufgehoben, nämlich soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Abbrucharbeiten an Gebäuden; Dichtungsarbeiten an Gebäuden; Reinigung von Gebäuden; Gerüstbau; Klempnerarbeiten; Malerarbeiten; Maurerarbeiten; Tapezierarbeiten; Hausmeister-, Butlerdienste" zurückgewiesen worden ist. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung Ostwesthausist im Jahre 2001 für die Dienstleistungen
"Bauwesen Abbrucharbeiten an Gebäuden Dichtungsarbeiten an Gebäuden Reinigung von Gebäuden Gerüstbau Klempnerarbeiten Malerarbeiten;
Maurerarbeiten Tapezierarbeiten Dienstleistungen eines Architekten Bauberatung Vermietung von Ferienhäusern Gartenarbeiten Gartenbauarbeiten Dienstleistungen eines Gartenbauarchitekten Dienstleistungen eines Grafikers Hausmeister-, Butlerdienste Ingenieurarbeiten Dienstleistungen eines Innenarchitekten Konstruktionsplanung Projektplanung, auch technische Stadtplanung"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 16. Januar 2004 durch eine Prüferin des höheren Dienstes die Anmeldung gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Angabe "Ostwesthaus" sei als rein beschreibende Angabe im Interesse der Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten. Für die beanspruchten Dienstleistungen rund ums Haus bzw rund um das Bauen eines solchen sage die angemeldete Wortmarke lediglich aus, dass es um ein Bauen nach natürlichen Prinzipien gehe. Dabei spiele keine Rolle, ob es sich hierbei um Bauprinzipien nach den Regeln des seit mehreren Jahren sehr modernen und damit weithin bekanten "Feng-Shui" handele. Der Aussagegehalt des Wortes sage nur, dass die so benannten Dienstleistungen den natürlichen Regeln und Prinzipien folgten. Diese seien bereits vor 5000 Jahren in der östlichen Hemisphäre (Asien) kultiviert worden und erfreuten sich nun auch im Westen großer Beliebtheit. Der Ausdruck besage somit lediglich, dass die angebotenen Dienstleistungen Ost- und Westgut und -Ideen miteinander verbänden. Den Mitbewerbern müsse es unbenommen bleiben, auf ihre Besonderheiten bzw Spezialisierung in schlagwortartiger und werbewirksamer Art hinzuweisen. Auf die Frage der mangelnden Unterscheidungskraft komme es nicht mehr an.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Es fehle der Marke, die sich an eine breite Schicht von Verbrauchern richte, nicht jegliche Unterscheidungskraft. Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher werde in der Marke ein Kunstwort sehen. Das Wort sei weder lexikalisch noch umgangssprachlich gebräuchlich. Die Wortkombination sei eher ein Hinweis auf Gesamtdeutschland als auf eine fernöstliche Ausrichtung. Die überwiegende Anzahl der angesprochenen Verkehrskreise hätte auch kein Interesse an Feng Shui. Der Begriff sei geeignet, auf ein Unternehmen hinzuweisen, das gesamtdeutsch tätig werden wolle, wobei eine genaue Beschreibung der Dienstleistungen nicht erfolge. Ein aktuelles tatsächliches Freihaltebedürfnis sei nicht nachgewiesen worden und bestehe nicht.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 wies der Senat unter Bezug auf eine dem Schreiben beigefügte Internetrecherche ergänzend darauf hin, dass die Bezeichnung auch auf die räumliche Orientierung eines Hauses in Ost-West-Richtung hinweisen könne und zusätzlich das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft in Betracht komme, welches sich daraus ergeben könne, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sähen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg, nämlich hinsichtlich der Dienstleistungen "Abbrucharbeiten an Gebäuden; Dichtungsarbeiten an Gebäuden; Reinigung von Gebäuden; Gerüstbau; Klempnerarbeiten; Malerarbeiten; Maurerarbeiten; Tapezierarbeiten; Hausmeister-, Butlerdienste".
Hinsichtlich der weiteren angemeldeten Dienstleistungen steht der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung "Ostwesthaus" dagegen ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Es sind insbesondere solche Zeichen nicht unterscheidungskräftig, bei denen es sich für den Verkehr in Bezug auf die beanspruchte Ware oder Dienstleistung ohne weiteres erkennbar um eine unmittelbar beschreibende Angabe handelt. Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist (vgl EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).
Eine fehlende Unterscheidungskraft kann sich nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Dienstleistung selbst ergeben, sondern daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (vgl BGH MarkenR 2003, 148, 149 - Winnetou; BPatG MarkenR 2004, 148, 150 - beauty24.de).
Im Zusammenhang mit den Dienstleistungen "Bauwesen, Dienstleistungen eines Architekten, Bauberatung, Vermietung von Ferienhäusern, Gartenarbeiten, Gartenbauarbeiten, Dienstleistungen eines Gartenbauarchitekten, Dienstleistungen eines Grafikers, Ingenieurarbeiten, Dienstleistungen eines Innenarchitekten, Konstruktionsplanung, Projektplanung, auch technische, Stadtplanung" versteht der Verkehr die Bezeichnung "Ostwesthaus" lediglich als Sachangabe. Diese Dienstleistungen betreffen die Planung und den Bau eines Hauses und seine Eingliederung in die Umgebung. Bei Häusern und Wohnungen ist die Angabe der geplanten Lage eine Eigenschaft, die für den Verkehr von Bedeutung sein kann, wobei auch die Ausrichtung des Gebäudes nach den Himmelsrichtungen Ausfluss auf die Dienstleistung haben kann. So bietet etwa eine Firma verschiedene Typen von Häusern an, je nach dem, ob es sich um ein Haus mit Ausrichtung nach Ost und West oder nach Süd handelt. Entsprechende Belege sind der Anmelderin bereits mit Schreiben vom 19. Juli 2005 übersandt worden. Die Bezeichnung "Ostwesthaus" ist sprachüblich gebildet. So wird zB auch eine ostwestorientierte Wohnung als "Ost-West- Wohnung" angeboten. Bei sämtlichen Dienstleistungen, die sich unmittelbar mit der Planung und dem Bau eines solchen Hauses beschäftigen oder damit im Zusammenhang stehen, stellt die angemeldete Marke - indem sie den Gegenstand der Dienstleistung beschreibt - eine Sachangabe dar, die nicht geeignet ist, die Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen eines anderen zu unterscheiden. Dies gilt nicht nur für die Planung und den Bau eines Gebäudes im engeren Sinne, sondern auch für die Dienstleistungen, welche die Eingliederung eines solchen Baus in die Umgebung betreffen, wie den Gartenbau betreffende Dienstleistungen und die Stadtplanung. Diese Dienstleistungen können sich ebenfalls daran orientieren, wie ein Gebäude ausgerichtet ist.
Auch bei der Dienstleistung "Vermietung von Ferienhäusern" liegt ein Verständnis der angemeldeten Marke l als Sachangabe nahe, da sie die Lage des Mietobjekts näher bezeichnet.
Die Bezeichnung "Ostwesthaus" im Sinne einer Stilrichtung, die sowohl östliche als auch westliche Prinzipien vereinigt, dürfte dagegen nicht allgemein bekannt sein und ist auch nicht belegt, so dass eine solche eher theoretische Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Unterscheidungskraft für den Verkehr nicht im Vordergrund steht. Auch ist nicht ersichtlich, dass ein nach dem Ost-West-System (= Pa Chai, eine Richtung des traditionellen Feng Shui) eingerichtetes Haus als "Ostwesthaus" bezeichnet würde. Sollte ein noch beachtlicher Teil des Verkehrs die Bezeichnung jedoch im Sinne einer solchen Stilrichtung verstehen, so sähe er darin auch nur eine Sachangabe.
Die Ansicht der Beschwerdeführerin, der Verkehr verstehe "Ostwesthaus" dahingehend, dass die Anmelderin auf eine beabsichtigte gesamtdeutsche Tätigkeit hinweisen wolle, liegt nicht nahe, da der Bestandteil "Ostwest" eindeutig auf den weiteren Bestandteil "haus" bezogen ist. Im Übrigen würde der Verkehr einen Hinweis der Anmelderin, dass sie deutschlandweit tätig sei, ebenso wenig als Marke auffassen. Auch reichte Mehrdeutigkeit einer Bezeichnung noch nicht aus, um ihre Schutzfähigkeit zu bejahen (BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; EuGH MarkenR 2003, 450 - Doublemint).
Ob der Eintragung der Bezeichnung "Ostwesthaus" für die bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft versagten Dienstleistungen auch die Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.
Hinsichtlich der Dienstleistungen "Abbrucharbeiten an Gebäuden; Dichtungsarbeiten an Gebäuden; Reinigung von Gebäuden; Gerüstbau; Klempnerarbeiten; Malerarbeiten; Maurerarbeiten; Tapezierarbeiten; Hausmeister-, Butlerdienste" hat die Beschwerde dagegen Erfolg, da insoweit Schutzhindernisse im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG nicht entgegenstehen.
Für diese Dienstleistungen spielt die im Vordergrund stehende Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung, nämlich die Ausrichtung des Gebäudes in Ostwestrichtung, keine Rolle. "Abbrucharbeiten an Gebäuden; Dichtungsarbeiten an Gebäuden; Reinigung von Gebäuden; Gerüstbau; Klempnerarbeiten; Malerarbeiten; Maurerarbeiten; Tapezierarbeiten; Hausmeister-, Butlerdienste" weisen keinen auf Anhieb erkennbaren Bezug zur Ausrichtung des Gebäudes auf, so dass die angemeldete Bezeichnung insoweit nicht als Sachangabe wirkt. Die Bezeichnung "Ostwesthaus" ist hinsichtlich dieser Dienstleistungen geeignet, als Unterscheidungsmittel für die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines anderen zu dienen.
Die angemeldete Marke ist für die im Tenor aufgeführten Dienstleistungen auch nicht unmittelbar beschreibend, so dass der Eintragung § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ebenfalls nicht entgegensteht. Die Ausrichtung des Gebäudes in Ost-West-Richtung könnte für diese Dienstleistungen allenfalls unter zu Hilfenahme mehrerer Gedankenschritte eine Bedeutung zukommen. Auch gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass ein Verständnis der Bezeichnung im Sinne einer Stilrichtung - welche zudem nicht belegt ist - hierfür unmittelbar beschreibend wäre.
Die Beschwerde der Anmelderin hat somit in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im übrigen unbegründet.
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BPatG:
Beschluss v. 07.11.2005
Az: 25 W (pat) 53/04
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