Bundespatentgericht:
Urteil vom 23. November 2006
Aktenzeichen: 2 Ni 34/04

(BPatG: Urteil v. 23.11.2006, Az.: 2 Ni 34/04)

Tenor

Das europäische Patent 0 895 954 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 895 954 (Streitpatent), das am 3. August 1998 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldungen in Deutschland vom 4. August 1997, AZ DE 197 33 705 und vom 5. Januar 1998, AZ DE 198 00 162 angemeldet worden ist. Die Veröffentlichung der Erteilung erfolgte am 21. Mai 2003. Das Streitpatent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 598 08 417 geführt und betrifft einen Kreuzleger für Papierprodukte.

Patentanspruch 1 lautet:

"Kreuzleger für Papierprodukte, mit einem ersten Rechenpaar (16, 16`), auf dem die zu stapelnden Papierprodukte gesammelt werden, mindestens einem weiteren Rechenpaar (18, 18`), und einer unterhalb der Rechenpaare (16, 18; 16`, 18`) angeordneten Dreheinrichtung (12, 14), wobei jedes Rechenpaar aus zwei Hälften besteht, die horizontal auseinanderbewegbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass jedes Rechenpaar (18, 18`) vertikal verschiebbar ausgebildet ist, und dass jedes Rechenpaar (16`, 18`) eine solche Öffnungsweite besitzt, dass das jeweils andere Rechenpaar (18`, 16`) in geschlossenem Zustand durch die geöffneten Hälften des einen Rechenpaares (16`, 18`) hindurchbewegbar ist".

Wegen der übrigen, auf Anspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 895 954 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin macht geltend, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei im Hinblick auf die Druckschriften 2 und 3. Zumindest beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sie stützt ihr Vorbringen u. a. auf folgende Druckschriften:

(1) DE 93 17 919 U1 (Anlage NK1 der Beklagten) (2) US 3 599 807 (Anlage 3 der Klägerin) (3) EP 0 626 330 A2 (Anlage 4 der Klägerin) (4) US 5 328 323 (Anlage 6 der Klägerin) (5) US 4 457 656 (Anlage 9 der Klägerin) (6) DE 196 15 009 A1 (Anlage 10 der Klägerin).

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergebe sich für den Fachmann ohne weiteres aus einer Zusammenschau der Druckschriften (4) und (6). Fachmann müsse zumindest ein Ingenieur mit Universitätsabschluss oder gleichwertig anzusehender Ausbildung sein, der mit der automatisierten Herstellung und der automatisierten Verarbeitung von Druckereierzeugnissen eine mindestens dreijährige praktische und theoretische Erfahrung habe. Die Klägerin bestreitet zudem die Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung in Deutschland vom 4. August 1997, AZ DE 197 33 705, da aus dieser nicht sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1 entnehmbar seien.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 895 954 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Streitpatent auf der Grundlage des neuen Patentanspruchs 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte tritt der Auffassung der Klägerin in allen Punkten entgegen und verteidigt das Patent im erteilten Umfang. Ihres Erachtens handelt es sich bei dem Fachmann um einen Ingenieur (Univ. oder FH) mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Drucknachverarbeitung. Außerdem hält sie ihr Patent für neu und erfinderisch, zumindest im Umfang der Beschränkung durch den Hilfsantrag.

Hierzu trägt die Klägerin vor, durch die Beschränkung des Patents verändere sich der Streitgegenstand. Wenn es sich hierbei nicht bereits um eine unzulässige Klageänderung gemäß § 99 PatG i. V. m. § 263 ZPO analog handele, dann jedoch zumindest um eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des Streitpatents. Für den Fall, dass das Streitpatent auf der Grundlage des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 1 für bestandskräftig angesehen würde, beantragt die Klägerin hilfsweise die Vertagung der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Abs. 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet.

I.

Das Streitpatent betrifft gemäß Anspruch 1 - auch in der hilfsweise verteidigten Fassung - einen Kreuzleger für Papierprodukte.

In der Patentschrift ist ausgeführt, dass derartige Kreuzleger dazu dienen, einzeln angelieferte Papierprodukte, bspw. Zeitschriften, Werbebroschüren, Zeitungen und dergleichen zu einem Stapel zu formen, der um 180¡ versetzte Teilstapel enthält. Da Druckprodukte üblicherweise einen Falz aufweisen, ist ein um 180¡ versetztes Stapeln erforderlich, damit auch bei höheren Produktstapeln die Ausrichtung des Stapels erhalten bleibt.

Bei einem bekannten, gattungsgemäßen Kreuzleger nach der DE 9317 919 U1 wird der in Schuppenformation angelieferte Produktstrom auf ein erstes Aufnahmeelement in Form eines Rechens gefördert, wodurch ein erster Teilstapel gebildet wird. Unterhalb dieses Rechens ist zumindest ein weiterer Rechen angeordnet, wobei sämtliche Rechen in vertikaler Richtung im Betrieb stationär sind. Nachdem der auf dem obersten Rechen befindliche Produktstapel eine bestimmte Höhe erreicht hat, wird dieser Rechen, der zweiteilig ausgebildet ist, geöffnet, wodurch der Produktstapel auf den darunterliegenden Rechen fällt. Nach weiterem Erhöhen des Stapels durch Zuführen von Druckprodukten wird auch dieser Rechen geöffnet, wodurch der Produktstapel auf einen weiteren Rechen oder auf einen drehbaren Stapeltisch des Kreuzlegers, streitpatentgemäß Drehkorb fällt, der den darin befindlichen Stapel um 180¡ dreht.

Als nachteilig wird bei einem derartigen Kreuzleger nach den Ausführungen der Beklagten gesehen, dass der Produktstapel beim Öffnen der Rechen über eine bestimmte Strecke herab fällt, was zu einer Beschädigung der Papierprodukte und durch Verrutschen zu einer unerwünschten Veränderung der Umfangskontur des Stapels führen kann.

Das technische Problem (die Aufgabe) besteht deshalb darin, einen Kreuzleger der genannten Art so zu verbessern, dass bei erhöhter Taktgeschwindigkeit eine schonende Stapelbildung erfolgt, bei welcher die gestapelten Produkte ihre Umfangskontur beibehalten.

Die Lösung wird in einem Kreuzleger für Papierprodukte nach dem Anspruch 1 gesehen, dessen Merkmale wie folgt aufgegliedert sein können:

Kreuzleger für Papierprodukte mit 1) einem ersten Rechenpaar, auf dem die zu stapelnden Papierprodukte gesammelt werden, 2) mindestens einem weiteren Rechenpaar und 3) einer unterhalb der Rechenpaare angeordneten Dreheinrichtung, 4) wobei jedes Rechenpaar aus zwei Hälften besteht, die horizontal auseinanderbewegbar sind, dadurch gekennzeichnet, 5) dass jedes Rechenpaar vertikal verschiebbar ausgebildet ist, und 6) dass jedes Rechenpaar eine solche Öffnungsweite besitzt, dass das jeweils andere Rechenpaar in geschlossenem Zustand durch die geöffneten Hälften des einen Rechenpaares hindurchbewegbar ist.

II.

1) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ob die Priorität der deutschen Voranmeldung DE 197 33 705 vom 4. August 1997 zurecht in Anspruch genommen worden ist, weil aus dieser nicht sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1 entnehmbar seien, kann vorliegend dahinstehen. Die einzige Druckschrift DE 196 15 009 A1, die nach dem 4. August 1997 veröffentlicht worden ist, ist für die Beurteilung der Patentfähigkeit nicht relevant.

Der hier zuständige Fachmann ist - auch nach übereinstimmender Auffassung der Parteien- ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit mindestens Fachhochschulabschluss, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Druckereimaschinen zur Weiterverarbeitung und Handhabung von Druckprodukten besitzt.

Aus der Gebrauchsmusterschrift DE 93 17 919 U1 (1), die den nächstkommenden Stand der Technik bildet, ist eine Stapeleinrichtung für Papierprodukte, die hier konkret als Druckprodukte in einer Schuppenbahn angeliefert werden, bekannt. Diese Stapeleinrichtung hat - gemäß der einzigen Figur mit zugehöriger Beschreibung - ein erstes Rechenpaar 4' zum Sammeln der zu stapelnden Druckprodukte, sowie mindestens ein weiteres Rechenpaar 4, 4', wobei jedes Rechenpaar aus zwei Hälften besteht, die mittels zugeordneter Antriebe (Kolben/Zylindereinheit 7) horizontal auseinander und zueinander bewegbar sind. Unterhalb der Rechenpaare befindet sich eine Dreheinrichtung, die hier als Kreuzleger 3 bezeichnet ist, und die einen dreh- und höhenverstellbaren Stapeltisch 5 besitzt. Damit weist diese Stapeleinrichtung sämtliche Merkmale der im Streitpatent global als "Kreuzleger" bezeichneten Einrichtung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents auf.

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 somit dadurch, dass jedes Rechenpaar vertikal verschiebbar ausgebildet ist und dass jedes Rechenpaar eine solche Öffnungsweite besitzt, dass das jeweils andere Rechenpaar in geschlossenem Zustand durch die geöffneten Hälften des einen Rechenpaares hindurch bewegbar ist.

Ergibt sich in der Praxis, dass bei der Stapeleinrichtung nach (1) die Übergabe eines Teilstapels von einem Rechenpaar zum nächsten, darunterliegenden Rechenpaar bzw. zum Stapelkorb wegen der damit verbundenen Fallhöhe für die Teilstapel der Papierprodukte zu Problemen der Stapelbildung und bei der Stapelumfangskontur führt, so ist der Fachmann gehalten, nach Abhilfe zu suchen und Möglichkeiten für eine schonendere Stapelbildung und -übergabe zu ermitteln. Hierbei stößt er auf die Druckschrift US 5 328 323 (4), die sich ebenfalls mit der Bildung von Stapeln aus Abschnitten einer Materialbahn, beispielsweise in mehrfach gefalteten Lagen, beispielsweise auch mehrfach gefalteten Papierprodukten befasst.

Der Einwand der Patentinhaberin, dass der Fachmann die Druckschrift (4) nicht in Betracht ziehen würde, weil sie sich ausschließlich mit "in Flüssigkeit getränkten Wischlappen" (SS vom 24. Februar 2005, S. 9 Z. 2) befasse, die in Stapeln auf einem Förderband abgelegt würden und nicht mit geschuppt angelieferten Druckprodukten vergleichbar seien, die gestapelt auf einem Drehtisch abgelegt würden, wie es das Streitpatent zeige, vermag nicht zu überzeugen. So ist der Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents allgemein auf nicht näher spezifizierte "Papierprodukte" gerichtet, unter denen der Fachmann unter anderem auch die in Druckschrift (4) als "web" erwähnte Materialbahn versteht, unter die neben Webstoff auch eine Fasermatte, Vlies- und Faserstoffbahn ebenso wie Papier fällt, wie beispielsweise zgefaltete Lagen eines in Rollen eingesetzten und in einzelne Stücke geschnittenen nichtgewebten Materials (Sp. 2, Z. 14-21). Unter "nicht gewebtem Material" (nonwoven fabric) ist ganz allgemein aus Fasern hergestelltes, stoffartiges Material zu verstehen, das etwa Papier, Pappe oder Filz umfasst. Dass dieses Material mit Flüssigkeit getränkt sein kann, ist in der US-amerikanischen Patentschrift zwar an mehreren Stellen der Beschreibung hervorgehoben, aber nicht zwingend, denn keiner der 16 Ansprüche dieser Druckschrift (4) erwähnt eine Flüssigkeit. Demnach ist dem Fachmann klar, dass die Lehren von (4) auch für die Stapelbildung von beliebigen anderen, z. B. trockenen Papierprodukten anwendbar sind.

Im Betrieb der in der Druckschrift (4) beschriebenen Stapeleinrichtung werden beispielsweise die von einem Förderband angelieferten, zförmig gefalteten - und damit wie Druckprodukte mit Falzen versehenen - Papierprodukte zunächst mit einer geringen Fallhöhe auf die in der Nähe des oberen Umkehrpunktes der Bewegung befindlichen geschlossenen Hälften des einen Aufnahmeelements (Stapelauflageelemente 76 der Auflagearme 26 bzw. 30) abgelegt, wo sie einen Stapel 40 bilden, vgl. hierzu die Figuren 1 bis 3 mit zugehöriger Beschreibung. Mit dessen Anwachsen wird das Aufnahmeelement 76, 176 der Stapelauflagearme 26 abgesenkt und bewegt sich durch die geöffneten Hälften des anderen Aufnahmeelements der Stapelauflagearme 30 in vertikaler Richtung nach unten auf die Ablage für den fertigen Stapel hin, die hier konkret als Förderband 72 ausgebildet ist, s. Figuren 3 mit zugehöriger Beschreibung. Auf dieses Förderband 72 wird der Stapel in schonender Weise abgesetzt, wobei die horizontal ausgerichteten Ablageflächen 76, 176 der Hälften des Aufnahmeelements im wesentlichen in horizontaler Richtung auseinander bewegt werden, vgl. Fig. 7, Bezugszeichen 178. Inzwischen hat sich das andere Aufnahmeelement (z. B. 30, 176) im geöffneten Zustand nach oben bewegt, wo es nach Zusammenführen (Fig. 7 Bezugszeichen 174) in im Wesentlichen horizontaler Richtung bereit für die Aufnahme des nächsten Stapels ist. Die Bewegungen der Aufnahmeelemente werden über Antriebe bewirkt, die hier speziell als ein System von Steuernocken und Hebeln gestaltet sind, vgl. hierzu die Figuren 5a bis 5c mit zugehöriger Beschreibung.

Aus dieser Druckschrift entnimmt der Fachmann somit als Anregung die Lehre, die Auflagefläche der jeweils aus zwei Hälften bestehenden Aufnahmeelemente z. B. für die Papierprodukte in im Wesentlichen horizontaler Richtung auseinanderbewegbar und in vertikaler Richtung verschiebbar zu gestalten. Hierbei besitzt jedes von den zwei vorhandenen Aufnahmeelementen 26, 30 eine solche Öffnungsweite, dass das jeweils andere Aufnahmeelement in geschlossenem Zustand durch die geöffneten Hälften des einen Aufnahmeelements hindurch passt, vgl. Figuren 1 bis 3 und 7 mit zugehöriger Beschreibung.

Der Fachmann wird diese Anregungen ohne weiteres als wichtige Verbesserung der Stapelbildung für den aus (1) bekannten Kreuzleger erkennen und in Betracht ziehen, da er hierdurch ein Fallen des Stapels über eine erhebliche Strecke vermeidet und dadurch eine besonders schonende Stapelbildung zur Beibehaltung der Umfangskontur der gestapelten Produkte erreicht. Er gelangt somit ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Entgegen der Meinung der Beklagten wird der Fachmann durch die relativ komplizierte Konstruktion der Antriebe für die Aufnahmeelemente, die es aus Platzgründen nicht erlauben, einen Drehtisch anstelle des in Druckschrift (4) verwendeten Förderbandes einzusetzen, nicht davon abgehalten, diese Anregungen bei dem aus der Gebrauchsmusterschrift (1) bekannten Kreuzleger anzuwenden. Der Fachmann ist nämlich keineswegs gehalten, die Antriebsmechanik aus (4) zu übernehmen, da ihm schon aus der gattungsbildenden Druckschrift (1) andere Möglichkeiten für die Bewegung der Rechenpaare bekannt sind. So werden in der Gebrauchsmusterschrift die horizontalen Verschiebungen der Rechenpaare durch Kolben/Zylindereinheiten 7 (S. 2, le. Abs) bewirkt, die offensichtlich wesentlich weniger Raum einnehmen als die in (4) gezeigten Nocken/Hebelanordnungen. Für den Fachmann ist es deshalb klar, dass auch die vertikale Verschiebung der Rechenpaare z. B. mit Hilfe von Kolbenzylindereinheiten entsprechend gestaltet werden kann, so dass er gänzlich auf die raumfordernde Konstruktion nach (4) verzichten kann. Er muss demnach aus der Druckschrift (4) nur die Anregung dazu entnehmen, die Rechenpaare im Betrieb auch vertikal verschiebbar zu machen und deren Öffnungsweite entsprechend an die geänderte Betriebsweise für ein gegenseitiges Durchdringen der Auflagen anzupassen, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Im übrigen gibt die Druckschrift (1) im Anspruch 3 dem Fachmann ohnehin schon den Hinweis darauf, dass der Höhenabstand der Rechen zueinander einstellbar sein kann, was zwangsläufig deren vertikale Verschiebbarkeit erfordert, so dass er bezüglich der vertikalen Verschiebbarkeit der Rechenpaare keinerlei Bedenken haben wird.

Die nicht als eigenständig erfinderisch verteidigten Unteransprüche 2 bis 4 lassen im Hinblick auf die Entgegenhaltungen (1) und (4) auch keine erfinderischen Besonderheiten erkennen. Sie fallen deshalb mit dem Anspruch 1 des Streitpatents.

2) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag ist nicht zulässig.

Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag unterscheidet sich von demjenigen nach dem Hauptantrag durch Einfügung des Merkmals:

"durch Zinken (21') gebildet sind, und die in der Ebene der Zinken (21')"

vor den Worten "horizontal auseinanderbewegbar sind" im Merkmal 4 gemäß der obigen Merkmalsgliederung.

Diese Einfügung ist jedoch durch die ursprüngliche Offenbarung so nicht gedeckt, da das Merkmal "in der Ebene der Zinken (21')" in der Patentschrift nicht vorkommt. Zwar ist dort von Zinken 21 und 21' die Rede (vgl. Patentschrift Sp. 3, Z. 56 und Sp. 5 Z. 28), nicht jedoch davon, dass die Hälften jedes Rechenpaares in der Ebene der Zinken 21' horizontal auseinander bewegbar sein soll. Dieses Merkmal ist auch den Figuren 1 bis 3 nicht zu entnehmen.

Da diese Einfügung den Gegenstand des Anspruchs 1 über das ursprünglich Offenbarte erweitern würde, ist sie nicht zulässig. Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag ist deshalb nicht bestandsfähig.

Im Übrigen sind seitlich horizontal auseinander fahrende Rechen, die definitionsgemäß eine Vielzahl von Zinken aufweisen, schon bei der Stapeleinrichtung nach (1) vorhanden (vgl. Anspruch 1 und die Bewegungspfeile in der Zeichnung), so dass auch bei einer zulässigen Beschränkung auf dieses Merkmal kein bestandsfähiger Anspruch vorliegen würde.

III.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 23.11.2006
Az: 2 Ni 34/04


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