Landgericht Siegen:
Urteil vom 7. August 2003
Aktenzeichen: 7 O 100/03
(LG Siegen: Urteil v. 07.08.2003, Az.: 7 O 100/03)
Tenor
I. Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, wie in den Anlagen
A, B, C, E, wiedergegeben, mit Werbespots zu werben, in
denen es heißt:
1. &...8222; für jeden Kasten G fließt eine Spende in die
Regenwald-Stiftung des X3, um einen Quadratmeter
Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!&...8220; (Anlage A)
2. &...8222; Für jeden verkauften Kasten G fließt ja eine
Spende in die Regenwald-Stiftung des X3, um einen
Quadratmeter Regenwald nachhaltig zu schützen! Wie
viele Quadratmeter wir schon erreicht haben, zeigt Ihnen
unser neuer Spendenstand!&...8220; (Anlage B)
3. &...8222; Denn mit jedem verkauften Kasten G Pils,
alkoholfrei oder Radler, fließt eine Spende in die
Regenwald-Stiftung des X3, um einen Quadratmeter
Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!&...8220; (Anlage C)
II. Der Verfügungsbeklagten wird weiterhin untersagt, in Flyern
und sonstigen Werbeanzeigen mit der Aussage zu werben:
&...8222; 1 Kasten = 1 m² (Anlage E)
III. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
IV. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot Ziffer I.
und II. wird der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld bis zu
250.000,- &...8364;, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ord-
nungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern
der Verfügungsbeklagten, angedroht.
V. Die Kosten des Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.
VI. Soweit der Antrag zurückgewiesen worden ist, ist das Urteil
vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die
Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Verfügungsklägerin gehört es, die
Interessen ihrer Mitglieder durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen
zu fördern. Zu ihren Mitgliedern gehören alle Industrie- und Handelskammern,
denen alle deutschen Brauereien als Mitglieder angehören.
Die Verfügungsbeklagte ist eine bundesweit bekannte und tätige Brauerei.
In der Zeit von Ende April 2002 bis Ende Juli 2002 warb die Verfügungsbe-
klagte für den Verkauf des von ihr hergestellten "G" Bieres mit ei-
nem sogenannten "G Regenwald-Projekt". Die Werbeaktion war
Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens 7 O 75/02 LG T.
Mit Urteil vom 25.06.2002 hat die Kammer die Werbung der Verfügungsbe-
klagten untersagt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Verfü-
gungsbeklagten ist durch Urteil des OLG I vom 12.11.2002
(4 U 109/02) zurückgewiesen worden.
Seit 01.05.2003 führt die Verfügungsbeklagte bis 31.07.2003 eine erneute
Werbekampagne mit ihrem "Regenwald-Projekt" durch.
Unter Beteiligung des Fernsehjournalisten X4 und der früheren
Tennisspielerin X5 wurden am 27.04.2003 und 19.05.2003 über den
Fernsehsender Z Werbespots folgenden Inhalts ausgestrahlt:
"Das G Regenwald-Projekt geht weiter und immer mehr sind dabei!
Mit Ihrer Unterstützung schützen wir vom X3 den Regenwald vor Holz-
Einschlag und Wilderei! Denn für jeden verkauften Kasten G ....
fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des X3, um einen Quadrat-
meter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!...Handeln und genießen!"
"Die Spenden aus dem G Regenwald-Projekt helfen dem X3 die-
sen unersetzbaren Lebensraum für unsere Kinder zu bewahren! Jeder einzel-
ne Quadratmeter zählt....Für jeden verkauften Kasten G fließt...eine
Spende in die Regenwald-Stifung des X3, um einen Quadratmeter S-
X2 nachhaltig zu schützen. Wie viel Quadratmeter wir schon erreicht haben,
zeigt Ihnen unser neuer Spendenstand!"
Am 09.07.2003 und 13.07.2003 wurden mit X4 über Z Texte
mit folgendem Inhalt gesendet:
"Das G Regenwald-Projekt...die Flachland-Gorillas des afrikani-
schen Regenwaldes!...der Lebensraum dieser seltenen Tiere ist bedroht! Sie
können helfen! Denn mit jedem verkauften Kasten G Pils, alkohol-
frei oder Radler, fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des X3, um
einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen...ein Fortbe-
stand der so scheuen Flachland-Gorillas ist nur in einem geschützten S-
X2 möglich!...jeder Quadratmeter Lebensraum, den wir mit dem G
Regenwald-Projekt unter den Schutz des X3 stellen können,
hilft!...genießen Sie ihr G!"
"Das G Regenwald-Projekt. Klar helfen Sie gerne! Aber Sie wollen
auch sicher sein, dass ihre Hilfe sinnvoll ist und ankommt! Beim G
Regenwald-Projekt, da ist das so! Dafür sorgt der X3 mit seinen Helfern vor
Ort...zum Beispiel beim Aufbau einer ökologischen Forstwirtschaft!....Die Un-
terstützung der ökologischen Forstwirtschaft durch den X3 stoppt diesen
Raub-Bau."
Die Verfügungsbeklagte wirbt für ihr Projekt außerdem mit einem Faltblatt,
das in den Verkaufsstellen neben den Bierkästen ausgelegt ist. Auf dem
Deckblatt heißt es:
"G Regenwald-Projekt: "Handeln und genießen! 1 Kasten = 1 m²
Mit jedem verkauften Kasten G fließt eine Spende in die S-
X2-Stiftung des X3. Diese sorgt für den Schutz vor Wilderei und Holzein-
schlag, die Ausbildung und Ausrüstung von Park-Rangern sowie den Aufbau
von ökologischer Forstwirtschaft."
In einem von Fa. H für die Zeit vom 07.07.2003 bis 12.07.2003 heraus-
gegebenen Projekt wird mit Zustimmung der Verfügungsbeklagten die Wer-
bung für das "G Regenwald-Projekt" mit einem Gewinnspiel ver-
knüpft, auf das mit folgendem Text hingewiesen wird:
"G Regenwald-Projekt: "Handeln und genießen! Gewinnen Sie bei
uns! Eine Woche Fuerteventura für zwei Personen im 4-Sterne LTI Hotel mit
Flug, Übernachtung und Halbpension."
Die Verfügungsklägerin vertritt die Auffassung:
Auch die diesjährige Werbeaktion der Verfügungsbeklagten sei wettbewerbs-
widrig gemäß §§ 1, 3 UWG. Aufgrund ihrer gefühlbetonten Werbung übe die
Verfügungsbeklagte psychischen Kaufzwang aus, insbesondere mit dem Hin-
halt der Flyer, die neben den Bierkästen ausgelegt seien. Vor allem jedoch
sei die Werbung intransparent täuschend. Es werde lediglich in sehr allge-
meiner Form der Effekt des Sponsoring dargestellt. Der Käufer eines Kastens
G erkenne nicht, in welchem Umfang sein Einsatz in Form des
Kaufpreises in das Projekt einfließe. Der Kunde erwarte Aufklärung darüber,
welcher Anteil des Kaufpreises letztlich beim zu fördernden Projekt ankomme.
Dies gelte umso mehr, wenn für ein solches Projekt mit einer kostspieligen
und aufwendigen Kampagne geworben werde. Schließlich werde der Käufer
auch nicht hinreichend über die objektive Effizienz seines Einsatzes im Ver-
hältnis zum angestrebten Ziel informiert. Die geplante Rettung von 25 Qua-
dratkilometer Regenwald sei im Vergleich zu jährlich gerodeten 200.000 Qua-
dratkilometern mehr als bescheiden.
Die Verfügungsklägerin behauptet:
Sie habe von den am 27.04.2003 und 19.05.2003 gesendeten Werbespots
erstmals durch die per E-Mail am 12.06.2003 übersandten Storyboards
Kenntnis erhalten. Auch der Inhalt des Faltblatts und der Werbeprospekt der
Fa. H seien erst Mitte Juni 2003 bekannt geworden.
Die Verfügungsklägerin beantragt:
Der Verfügungsbeklagten zu untersagen, wie in den Antragsanlagen A - D
und X + Y zu dieser Antragsschrift wiedergegeben, mit Werbespots zu
werben, in denen es heißt:
1. "Das G Regenwald-Projekt geht mit Ihrer Unterstützung
weiter. Mit Ihrer Unterstützung schützen wir vom X3 den Regenwald
gegen Holzeinschlag und Wilderei; denn für jeden Kasten G
....fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des X3, um einen
Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!...Handeln
und genießen Sie."
und/oder
2. "Die Spenden aus dem G Regenwald-Projekt helfen dem
X3, diesen unersetzbaren Lebensraum für unsere Kinder zu bewah-
ren! Jeder einzelne Quadratmeter zählt...für jeden Kasten G
fließt...eine Spende in die Regenwaldstiftung des X3, um einen
Quadratmeter Regenwald nachhaltig zu schützen. Wie viel Quadrat-
meter wir schon erreicht haben, zeigt Ihnen unser neuer Spenden-
stand!..."
und/oder
3. "Das G Regenwald-Projekt...der Lebensraum der Flachland-
Gorillas ist bedroht! Sie können helfen! Denn mit jedem verkauften
Kasten G...fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des
X3, um einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu
schützen...ein Fortbestand der so scheuen Flachland-Gorillas ist nur
in einem geschützten Regenwald möglich!...Jeder Quadratmeter Le-
bensraum, den wir mit dem G Regenwald-Projekt unter den
Schutz des X3 stellen können, hilft!...Genießen Sie Ihr G!"
und/oder
4. "Das G Regenwald-Projekt. Klar helfen Sie gerne! Aber Sie
wollen auch sicher sein, dass ihre Hilfe sinnvoll ist und ankommt. Beim
G Regenwald-Projekt, da ist das so! Dafür sorgt der X3
mit seinen Helfern vor Ort...z. B. beim Aufbau einer ökologischen G-
wirtschaft!...Die Unterstützung der ökologischen Forstwirtschaft durch
den X3 stoppt diesen Raub-Bau."
Der Verfügungsbeklagten weiterhin zu untersagen, in Flyern und
sonstigen Werbeannoncen mit den Aussagen zu werben:
"G Regenwald-Projekt: "Handeln und genießen Sie!
1 Kasten = 1 m²
Mit jedem verkauften Kasten G fließt eine Spende in die
Regenwaldstiftung des X3. Diese sorgt für den Schutz vor Wilderei
und Holzeinschlag, die Ausbildung und Ausrüstung von Park-Rangern
sowie den Aufbau von ökologischer Forstwirtschaft."
wie mit dem Deckblatt des Flyers gemäß Antragsanlage E geschehen.
und/oder
"G Regenwald-Projekt: "Handeln und genießen! Gewinnen
Sie bei uns! Eine Woche Fuerteventura für zwei Personen im 4-Sterne
LTI Hotel mit Flug, Übernachtung und Halbpension."
wie auf Blatt 9 des Prospektes H-Kurier 28/2003 - gültig vom
07.07. - 12.07.2003 - gemäß Anlage F geschehen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht:
Es fehle bereits ein Verfügungsgrund. Die Verfügungsklägerin habe durch ihr
Verhalten die Dringlichkeitsvermutung gemäß § 25 UWG widerlegt. Es sei da-
von auszugehen, dass die Verfügungsklägerin die Fernsehwerbespots vom
27.04.2003 und 19.05.2003 zu diesem Zeitpunkt wahrgenommen habe. Bei
Einreichung der Antragsschrift am 30.06.2003 sei die für die Dringlichkeits-
vermutung maßgebliche Monatsfrist ab Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes
bereits abgelaufen gewesen.
Außerdem stimme der Verfügungsantrag I 1 nicht mit dem Wortlaut des ge-
sendeten Werbespots überein.
Im Übrigen verstoße die Werbung nicht gegen Grundsätze des Transparenz-
gebotes, wie sie im Urteil des OLG I vom 12.11.2002 entwickelt worden
seien. In den TV-Werbespots und in dem Flyer werde die "Sponsoring-
Leistung" so exakt umrissen, dass der Kunde genau wisse, was er letztlich
neben dem Kasten Bier für sein Geld erhalte. Ihm werde deutlich vor Augen
geführt, dass nicht sie - die Verfügungsbeklagte - sondern die Regenwald-
stiftung des X3 für den Regenwald sorge und dass zur Ermöglichung dieser
Arbeit von jedem verkauften Kasten G Bier eine Spende an die Re-
gegenwaldstiftung abgeführt werde. Damit würden dem Verbraucher alle not-
wendigen Fakten für seine Meinungsbildung über den "Wert der Spende"
geliefert. Darüber hinaus werde auch über die Arbeit der Regenwald-Stiftung
des X3 im Einzelnen informiert, so dass sich der Verbraucher ein fundier-
tes Bild davon machen könne, wofür "seine Spende" verwendet werde. Er
könne aufgrund der Informationen selbst für sich prüfen, ob ihm ein solcher
Schutz "nachhaltig" genug erscheine und deshalb seiner Unterstützung wür-
dig sei.
Schließlich habe die Verfügungsklägerin nicht dargelegt, in welcher Weise
durch die Werbemaßnahme der Leistungswettbewerb in nicht mehr hinnehm-
barer Weise beeinträchtigt werde.
Die Akte 7 O 75/02 LG T ist zu Informationszwecken beigezogen worden
und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Gründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und teilweise
begründet.
Die Verfügungsklägerin ist gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG klagebefugt. Sie
ist ein rechtsfähiger Verband, dem jedenfalls über die ihr zugehörigen Indu-
strie- und Handelskammern die deutschen Brauereien als Mitglieder angehö-
ren, die zur Verfügungsbeklagten im Wettbewerb stehen.
Die Ansprüche der Verfügungsklägerin betreffen auch eine Handlung der
Verfügungsbeklagten, die geeignet ist, den Wettbewerb auf dem maßgebli-
chen Markt wesentlich zu beeinträchtigen, was später noch begründet wird.
Die Klagebefugnis wird von der Verfügungsbeklagten auch nicht bezweifelt.
Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG ist nicht widerlegt, auch nicht hin-
sichtlich der über Z ausgestrahlten Werbespots vom 27.04.2003 und
19.05.2003. Die Verfügungsklägerin hat unwidersprochen dargelegt, dass sie
erst nach Zugang der ihr per E-Mail am 12.06.2003 übersandten Storyboards
vom Inhalt der Fernsehwerbung Kenntnis erlangt hat. Auf diese Kenntnisnah-
me ist abzustellen. Eine Verpflichtung zur Marktbeobachtung besteht nicht,
auch wenn damit zu rechnen ist, dass ein verbotenes wettbewerbswidriges
Verhalten wiederholt wird (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 25
UWG, Randnr. 12). Da die Verfügungsklägerin binnen einen Monats ab
Kenntnisnahme vom Wettbewerbsverstoß den Verfügungsantrag bei Gericht
eingereicht hat, ist die zur Wahrung der Dinglichkeitsvermutung maßgebliche
Frist eingehalten.
Der Unterlassungsantrag ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Um-
fang gemäß § 1 UWG begründet.
Zwar geht auch das Gericht davon aus, dass eine Wettbewerbswidrigkeit
nicht aus den zu § 1 UWG entwickelten Fallgruppen des psychischen Kauf-
zwangs und der gefühlsbetonten Werbung abgeleitet werden kann. Es folgt
insoweit der Argumentation des OLG I in seinem Urteil vom 12.11.2002
in der Sache 4 U 109/02 (LG T 7 O 75/02). Sowohl die Fernseh- als
auch die Prospektwerbung erreichen den Käufer in einer Situation, in der sich
kein Kaufzwang bilden kann. Die Verknüpfung eines sozialen Anliegens mit
der Werbung für eine Ware ist im M der Rechtssprechung des Bundes-
verfassungsgerichts nur dann wettbewerbswidrig, wenn im Einzelfall konkret
eine Verfälschung des Leistungswettbewerbs festzustellen ist, insbesondere
dadurch, dass der Kunde aufgrund der Intensität der Werbung von Konku-
renzangeboten abgelenkt wird. Eine derartige Beeinträchtigung des Lei-
stungswettbewerbs ist von der Verfügungsklägerin nicht dargelegt und auch
nicht ersichtlich.
Der Unterlassungsanspruch ist jedoch deshalb begründet, weil auch die
diesjährige Werbekampagne der Verfügungsbeklagten nicht transparent ge-
nug ist und der Verbraucher Gefahr läuft, enttäuscht zu werden.
Das OLG I hat im Urteil vom 12.11.2002 im Anschluss an die Entschei-
dungen des BGH (WRP 2002, 1256 - Koppelungsangebot I und WRP 2002,
1259 - Koppelungsangebot II) aus § 1 UWG ein Transparenzgebot abgeleitet
des Inhalts, dass durch die Koppelung zweier Leistungen die Transparenz
eines Angebotes nicht verloren gehen darf. Im Rahmen einer Missbrauchs-
kontrolle ist zu beurteilen, ob durch die Verbindung zweier Leistungen der
Wert der Gesamtleistung für den Käufer undurchsichtig wird. Dieser allgemei-
ne wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkt ist nicht auf die Fälle der Koppelung
verschiedener X beschränkt, sondern kann auch gegeben sein, wenn
eine Ware mit einer sonstigen Vergünstigung gekoppelt ist oder - wie hier -
mit einer Unterstützung Dritter.
Daraus folgt für die Koppelung einer Ware mit einer Sponsoring-Leistung,
dass letztere genau umrissen.werden muss, damit der Kunde weiß, was er
letztlich neben der Ware für sein Geld erhält. Aus diesem Grund wird volle
Transparenz nur dann erreicht, wenn gesagt wird, welcher Betrag vom Entgelt
Für die gekoppelte Ware für den guten Zweck abgeführt wird, und zugleich, in
welcher Weise der so zusammengekommene Betrag für diesen guten Zweck
verwandt wird. Erst aufgrund einer solchen Aufklärung kann sich der Kunde
entscheiden, ob er die Ware erwerben will.
Diesen Grundsätzen, denen auch die Kammer folgt, steht nicht die Entschei-
dung des BGH vom 27.02.2003 (NJW 2003 1671 - Gesamtpreisangebot) ent-
gegen. Zwar ist demnach ein Koppelungsangebot nicht schon deshalb wett-
bewerbswidrig, weil es den Preisvergleich erschwere. § 1 UWG habe nicht
den Zweck, den Gewerbetreibenden anzuhalten, in der Werbung die Ele-
mente seiner Preisbemessung nachvollziehbar darzustellen, um Preisverglei-
che zu erleichtern. Es sei Sache des Verbrauchers, Preisvergleiche anzu-
stellen und sich Gedanken über die Preiswürdigkeit des Angebots zu machen.
Die hier angesprochenen Koppelungsangebote sind jedoch mit der Koppelung
einer Ware mit einer Sponsoring-Leistung nicht vergleichbar. Über den Wert
von X mag ein Käufer Vergleichspreise in Erfahrung bringen, dies kann
er jedoch kaum hinsichtlich einer versprochenen Sponsoring-Leistung, bei der
er ausschließlich auf Informationen des Werbenden angewiesen ist.
Auch die diesjährige Werbekampagne der Verfügungsbeklagten gibt dem
Kunden keine nötige Klarheit darüber, was er mit dem Kauf eines Kastens
Bier für die Erhaltung des Regenwaldes tatsächlich tut.
Zwar wird im Unterschied zur Werbung des Jahres 2002 nunmehr sowohl in
den Fernsehspots als auch im Flyer deutlich gemacht, dass bei jedem ver-
kauften Kasten G eine Spende in die Regenwald-Stiftung des X3
fließe. Zugleich wird jedoch wiederum eine unmittelbare Verknüpfung zwi-
schen dem gekauften Kasten Bier und dem Schutz eines Quadratmeter Re-
genwaldes hergestellt, indem gesagt wird: "Für jeden Kasten G
fließt eine Spende in die Regenwaldstiftung des X3, um einen Quadratme-
ter Regenwald nachhaltig zu schützen." Im Flyer heißt es: "1 Kasten = 1 m²".
Wie bei der letztjährigen Werbung bleibt auch hier für den Kunden im dun-
keln, in welcher Weise er dieses Bild vom quadratmeterweisen Schutz des
Regenwaldes deuten soll. Einerseits ist zwar von einer Spende pro Kasten
Bier für die Regenwald-Stiftung die Rede, damit der X3 bestimmte Umwelt-
schutzmaßnahmen durchführen kann. Die Werbeaussage geht jedoch ande-
rerseits darüber hinaus, indem sie beim Kunden den Eindruck erweckt, mit
dieser Spende von jedem verkauften Kasten Bier sei der Schutz eines Qua-
dratmeter Regenwaldes verbunden. Dadurch entsteht die Vorstellung einer
besonders effektiven Hilfeleistung in dem Sinne, dass mit jedem Kauf eines
Kasten Bier jeweils der Schutz eines Quadratmeter Regenwaldes gesichert
sei. Wie die Verfügungsbeklagte den auch in ihrer diesjährigen Werbung ver-
sprochenen quadratmeterweisen Schutz des Regenwaldes gewährleisten will,
bleibt für den Kunden Spekulation. Die Verfügungsbeklagte verspricht eine
zielgerichtete konkrete Verwendung der einzelnen Spende, ohne dieses Ver-
sprechen tatsächlich einzulösen.
Die gestellten Unterlassungsanträge konnten allerdings nur teilweise Erfolg
haben. Die Verfügungsklägerin begehrt nicht die Untersagung des gesamten
Inhalts der Werbespots und des Flyers, sondern nur einzelner Aussagen, die
sie für wettbewerbswidrig hält. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Spon-
soring-Werbung der Verfügungsbeklagten nicht an sich unzulässig ist. Aus
diesem Grund sind alle Aussagen unbedenklich, die lediglich allgemein für
das Regenwald-Projekt werben und über die Aktivitäten der Regenwald-
Stiftung des X3 informieren. Die Verfügungsklägerin hat nicht dargelegt,
dass über die mitgeteilten Aktivitäten täuschende Angaben gemacht werden.
Wettbewerbswidrig wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot sind nur
die Aussagen, welche eine Verknüpfung zwischen dem Kauf eines Kastens
Bier und dem Schutz eines Quadratmeters Regenwald herstellen.
Unbedenklich ist deshalb auch die Unterstützung, welche die Verfügungsbe-
klagte dem ausgelobten Gewinnspiel der Fa. H gewährt. In der bean-
standeten Anzeige befindet sich kein Hinweis auf die unzulässige Verknüp-
fung zwischen dem Kauf eines Kastens Bier und dem quadratmeterweisen
Schutz des Regenwalds.
Da die Inhalte der Werbespots in den Anlagen A - D wiedergegeben sind, war
es nicht erforderlich, die inhaltsgleichen Angaben in den überreichten Vide-
obändern Anlagen X und Y zusätzlich zu untersagen.
Die unzulässige Werbung der Verfügungsbeklagten ist geeignet, den Wettbe-
werb wesentlich zu beeinträchtigen. Sie ist alleine schon aufgrund ihres Um-
fangs imstande, eine starke Anreizwirkung auf Kunden auszuüben und auch
eine Nachahmungsgefahr hervorzurufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 706 Nr. 6,
711 ZPO.
LG Siegen:
Urteil v. 07.08.2003
Az: 7 O 100/03
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