Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 24. März 2011
Aktenzeichen: I-21 U 82/09

(OLG Hamm: Urteil v. 24.03.2011, Az.: I-21 U 82/09)

Tenor

Das am 05.11.2008 verkündete Urteil der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund (Az.: 10 O 208/06) wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 323.336,85 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.01.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weitergehenden Ansprüchen der Eigentümer, über deren Grundstücke eine Energieversorgungsleitung mit den nachfolgend in der Anlage bezeichneten Lichtwellenleiter-Kabeln verläuft, zu einem Anteil von 50 % des jeweiligen Anspruchs freizustellen, soweit die Ansprüche auf den Vorschriften der §§ 57 (2) Satz 2 TKG 1996, 76 (2) Satz 2 TKG und der Nutzung dieser Kabel durch die Beklagte zu Zwecken der Telekommunikation beruhen.

Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Gemäß § 540 Abs.1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen und gehört dem E Konzern an. Sie firmierte vormals unter "T GmbH".

Die Beklagte ist Anbieterin von Telekommunikationsleistungen.

Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch wegen von der Klägerin gezahlter bzw. noch zu zahlender Nachentschädigungsansprüche gem. den §§ 57 Abs. 2 S. 2 TKG a.F. bzw. § 76 Abs. 2 S. 2 TKG n.F.

Das Leitungsnetz diente ursprünglich der Energieversorgung und ist seit den 1990er Jahren nach und nach mit sog. Lichtwellenleiterkabeln (LWL-Kabeln) ausgestattet worden, die für die Telekommunikation genutzt werden können. Nachdem die LWL-Kabel zunächst der Steuerung und internen Kommunikation des Energieversorgers dienten, werden sie inzwischen für die öffentliche Telekommunikation genutzt.

Rechtsvorgänger der Parteien sind die F AG und die U GmbH.

Unter dem 29.11.1996 und 03.11.1997 schlossen die F AG und die U GmbH Rahmenverträge über die Nutzung und Vermarktung von Netzinfrastrukturen zum Zwecke der Telekommunikation ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Verträge (Bl. 1068 ff., 1088 ff. d.A.) Bezug genommen. Die U GmbH begann bereits in dieser Zeit mit der Nutzung der LWL-Kabel zum Zwecke der Telekommunikation.

Unter dem 24.11.1999 schlossen die F AG und die U GmbH einen schriftlichen Infrastruktur- und Vermarktungsvertrag, der das bereits zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis neu gestaltete. Danach gestattete die F AG der U GmbH für einen Zeitraum von 30 Jahren (§ 12) die ausschließliche Nutzung und Vermarktung ihres Telekommunikationsnetzes, bestehend aus ca. 1.100 km oberirdisch und 180 km unterirdisch geführten LWL-Kabeln. Zur Nutzung und Vermarktung überlassen wurden gem. § 2 alle gegenwärtigen und künftigen TK-Linien, ausgenommen bestimmter reservierter Fasern für interne Zwecke der Energieversorgung. Die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses betroffenen TK-Linien der F AG wurden dem Vertrag als Anlage 1 beigefügt; diese Anlage sollte bei Netzausbau fortgeschrieben werden. Für die Unterhaltung des Leitungsnetzes ist gem. § 9 die F AG zuständig. Gem. § 11 fiel für das Nutzungsrecht eine einmalig zu zahlende Vergütung an; für die Unterhaltung des TK-Netzes durch die F AG ist eine jährliche Vergütung zu zahlen. Wegen der Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf den Vertrag (Bl. 64-82 d.A.) nebst Anlage 1 und Anlage 2 (Bl. 243 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Vertrag wurde in der Folgezeit - so in den Jahren 2002 und 2004 - teilweise abgeändert. So wurde mit Vertrag vom 18.06.2002 (Bl.274 ff. d.A.) die Laufzeit auf 24 Jahre und im Gegenzug das einmalige Entgelt verringert.

Die Klägerin wurde im Verlauf der letzten Jahre wegen der erweiterten Nutzung des Leitungsnetzes für die Zwecke der kommerziellen Telekommunikation als Rechtsnachfolgerin der F AG von Eigentümern der Grundstücke, über die die Leitungen führen, gem. §§ 57 Abs.2 S.2 TKG a.F. bzw. § 76 Abs.2 S.2 TKG n.F. auf Zahlung einer Nachentschädigung in Anspruch genommen. Im Rahmen zweier Musterprozesse stellte der Bundesgerichtshof im Jahr 2005 klar, dass der Nachentschädigungsanspruch des Grundstückseigentümers (auch) gegen den Energieversorger besteht (BGH Urt. vom 17.06.2005, V ZR 202/04; Urt. vom 16.09.2005, V ZR 242/04). Zur Vermeidung weiterer Prozesse führte die Klägerin sodann - unter Erklärung eines Verzichts auf die Einrede der Verjährung - Verhandlungen mit den Landwirtschaftsverbänden, zu deren Mitgliedern das Gros der anspruchsberechtigten Grundstückseigentümer gehört. Zwischenzeitlich hat die Klägerin ein Abfindungsangebot ausgearbeitet, das einen Abgeltungssatz von 1,50 € zzgl. einer Zinspauschale von 0,50 € pro laufendem Meter vorsieht, und hat damit begonnen, auf dieser Grundlage zu entschädigen.

Die Beklagte beteiligte sich an den Gesprächen und der Ausarbeitung eines Abfindungsangebots nicht, sondern lehnte eine Teilnahme daran ausdrücklich ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie als Rechtsnachfolgerin der F AG auch Eigentümerin der streitgegenständlichen TK-Linien geworden sei.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie als Eigentümerin des Leitungsnetzes von den betroffenen Grundstückseigentümern gem. § 57 TKG a.F. bzw. § 76 TKG n.F. in Anspruch genommen worden sei und sie Ausgleichszahlungen in Höhe von 575.399,12 € an die Grundstückseigentümer geleistet habe. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Anlage K 22, Bl. 545 ff. d.A., verwiesen.

Die Klägerin hat weiter die Auffassung vertreten, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs ausgleichspflichtig sei.

Sowohl sie - als Eigentümerin des Leitungsnetzes - als auch die Beklagte - die als kommerzielle Nutzerin Betreiberin der TK-Linien sei - seien im Außenverhältnis gegenüber den betroffenen Grundstückseigentümern zur Zahlung einer Nachentschädigung verpflichtet. Dies gelte gem. § 76 TKG n.F. ebenso wie gem. § 57 TKG a.F.. Der Bundesgerichtshof habe insoweit klargestellt, dass sich der Anspruch auch schon nach altem Recht gegen Eigentümer und Betreiber gerichtet habe. Daher liege ein Gesamtschuldverhältnis vor.

Der Maßstab für den Innenregress richte sich nach § 840 BGB. Weder aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 24.11.1999 noch aus mietrechtlichen Grundsätzen ergebe sich eine besondere Risikozuweisung bzgl. der Nachentschädigungsansprüche. Bei den Nachentschädigungsansprüchen handele es sich insbesondere nicht um eine Last der Mietsache. Daher verbleibe es bei der Anwendung des § 840 BGB. Unter dem Gesichtspunkt des Verursachungsbeitrages hat die Klägerin einen auf die Beklagte entfallenden Anteil von 75 % für angemessen gehalten hat.

Die Klägerin hat weiter gemeint, dass die Einigung auf 1,50 € pro laufendem Meter sowie auf die Zinspauschale von 0,50 € angemessen sei, da dies der Marktüblichkeit entspreche. I.Ü. sei die Beklagte hieran gebunden, da sie ihre Mitwirkungspflichten verletzt habe.

Soweit sie gegenüber den Grundstückseigentümern auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe, sei dies angesichts der Umstände ebenfalls angemessen gewesen. Im Übrigen scheitere der Innenregress auch nicht daran, dass etwaige Ansprüche der Grundstückseigentümer gegen die Beklagte verjährt seien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

a) an sie 431,549,34 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) die Klägerin von weitergehenden Ansprüchen der Eigentümer, über deren Grundstücke eine Energieversorgungsleitung mit den nachfolgend bezeichneten Lichtwellenleiter-Kabeln verläuft, zu einem Anteil von 75 % des jeweiligen Anspruchs freizustellen, soweit die Ansprüche auf den Vorschriften der §§ 57 Abs. 2 S. 2 TKG 1996, 76 Abs. 2 S. 2 TKG und der Nutzung dieser Kabel durch die Beklagte zum Zwecke der Telekommunikation beruhen,

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von den in Ziffer 1 b) bezeichneten Ansprüchen zu einem Anteil von 75 % freizustellen,

die Beklagte ferner zu verurteilen, an sie 49.125,95 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die künftig anfallenden Aufwendungen zur Überprüfung und Erfüllung der im Klageantrag zu 1b) bezeichneten Ansprüche zu einem Anteil von 75 % zu erfüllen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Feststellungsantrag zu unbestimmt sei und i.Ü. kein Feststellungsinteresse bestehe, da ungewiss sei, ob und inwieweit die Klägerin überhaupt in Anspruch genommen werde. Soweit die Nachentschädigungsansprüche bereits befriedigt seien, bestehe ebenfalls kein Feststellungsinteresse, da insoweit Leistungsklage erhoben werden könne.

Die Beklagte hat ferner die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin Eigentümerin des Leitungsnetzes sei.

Die Beklagte sei außerdem nicht passivlegitimiert, da kein Gesamtschuldverhältnis bestehe. Die Beklagte schulde im Außenverhältnis den Grundstückseigentümern keine Nachentschädigung, da sie nicht Betreiberin einer TK-Linie i.S.d. § 57 Abs.2 TKG a.F. bzw. § 76 Abs.2 TKG n.F. sei. Voraussetzung hierfür sei nämlich die Funktionsherrschaft bzw. die Verfügungsgewalt über die TK-Linien, diese habe jedoch nur die Klägerin. So müsse sie der Klägerin jeweils Aufträge für die beabsichtigte Nutzung erteilen. Der Betreiber sei daher nicht mit dem Nutzer gleichzustellen.

Selbst wenn man jedoch ein Gesamtschuldverhältnis bejahe, bestehe im Innenverhältnis keine Ausgleichspflicht. Aus dem Vertrag zwischen den Parteien vom 24.11.1999 ergebe sich nämlich eine anderweitige Bestimmung. So zahle sie für die Nutzung des Leitungsnetzes und dessen Unterhaltung eine Vergütung. Damit sei alles abgegolten. Da die Klägerin aufgrund der vereinbarten Vergütung von der erweiterten Nutzung für die Zwecke der Telekommunikation profitiere, müsse sie auch die Entschädigung allein zahlen. Bei Abschluss des Vertrages im Jahre 1999 sowie auch bei den späteren Vertragsänderungen sei die Problematik der Entschädigungszahlung auch bereits bekannt gewesen; der Umstand, dass dies nicht im Vertrag bzw. den Abänderungsvereinbarungen thematisiert worden sei, spreche daher dafür, dass die Vergütungsregelungen abschließend und keine weiteren Zahlungen seitens der Beklagten zu leisten sein sollten. Auf dieser Basis seien seinerzeit die Vertragsentgelte kalkuliert worden. Dasselbe ergebe sich, wenn man dispositives Recht berücksichtige. Die Nachentschädigung entspreche einer Last der Mietsache, die mangels abweichender Vereinbarung vom Vermieter - der Klägerin - zu tragen sei. Auch die Regelungen des Notwegerechts sähen Entschädigungsleistungen vor, die vom Eigentümer und nicht vom Nutzungsberechtigten zu leisten seien. Schließlich hat sich die Beklagte auch gegen die Höhe des verlangten Anteils von 75 % gewandt, dieser Anteil sei willkürlich gewählt. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die Beklagte nur ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht habe.

Die Beklagte hat schließlich die Zahlungen an die Grundstückseigentümer bestritten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Klage auf Freistellung sei bereits unzulässig. Die Zahlungs- und die Feststellungsklage seien zwar zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin stehe kein Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs.1 S.1 BGB zu. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte als Betreiberin der TK-Linien anzusehen sei und deshalb ein Gesamtschuldverhältnis bestehe. Denn auch in diesem Fall bestehe mit Rücksicht auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien im Innenverhältnis kein Ausgleichsanspruch. Es gelte § 535 Abs.1 S.3 BGB, wonach der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen habe. Der Vertrag habe mietrechtlichen Charakter, so dass die Vorschrift anwendbar sei. Der Nachentschädigungsanspruch könne auch als Last der Mietsache angesehen werden, da er den Vermieter in seiner Eigenschaft als Eigentümer und/oder Besitzer treffe. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Vermieter verpflichtet sei, den Mietgebrauch zu gewähren und die mit der Gebrauchsgewährung erforderlichen Kosten zu übernehmen, soweit diese nicht ausdrücklich abgewälzt werden. Soweit die Klägerin anteiligen Ersatz ihrer Aufwendungen geltend gemacht habe, sei auch dies unbegründet, da weder Ausgleichs- noch Mitwirkungspflichten bestünden.

Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 02.04.2009 zugestellt worden ist, hat diese am 02.04.2009 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 02.07.2009 begründet, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 02.07.2009 verlängert worden war.

Mit der Berufung verfolgt sie jedoch den Klageantrag auf Freistellung nicht mehr weiter.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2009 (Bl. 794 ff. d.A.) hat sie außerdem ihre Ausgleichsansprüche auf einen Anteil von 50 % reduziert und die Klageanträge im Zusammenhang mit dem Ersatz ihrer Aufwendungen zurückgenommen.

Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen die Auffassung, dass es sich bei dem Nachentschädigungsanspruch gem. §§ 57 Abs.2 S.2 TKG a.F, 76 Abs.2 S.2 TKG n.F. um eine von der Klägerin zu tragende Last der Mietsache i.S.d. § 535 Abs.1 S.3 BGB handele. Der mietrechtliche Lastenbegriff umfasse allein Verpflichtungen des Vermieters, die auf seinem Eigentum an der Mietsache gründeten und ihn in seiner Eigenschaft als Eigentümer träfen. Nicht erfasst seien persönliche Leistungsverpflichtungen, die zwar im Zusammenhang mit dem Eigentum stünden, nicht aber auf der dinglichen Beziehung beruhten. Da die Nachentschädigungsansprüche gem. §§ 57 Abs.2 S.2 TKG a.F., 76 Abs.2 S.2 TKG n.F. ihren Grund nicht im Eigentum der Klägerin an den TK-Linien hätten, sondern Auslöser der tatsächliche Vorgang der erweiterten Nutzung der Leitungen für die Zwecke der Telekommunikation sei, handele es sich nicht um eine Last im mietrechtlichen Sinne. Dafür spreche auch, dass die gesetzlichen Vorschriften im TKG gerade nicht auf den Eigentümer der TK-Linien als Schuldner abstellten, sondern auf den Betreiber der TK-Linien und den Eigentümer des Leitungsnetzes. D.h. die Ausgleichsverpflichtung knüpfe gerade nicht an die Eigentümerstellung bzgl. der Mietsache an. Selbst wenn man dies anders sehe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Innenregress gem. § 426 Abs.1 S.1 BGB sei nicht durch § 535 Abs.1 S.3 BGB ausgeschlossen.

Die Klägerin wendet sich weiter gegen die Auffassung, es handele sich bei der Nachentschädigung um Kosten der Gebrauchsgewährung, die gem. §§ 535 Abs.1 S.1,2 BGB von der Klägerin zu tragen seien. Die Erfüllung der Nachentschädigungsansprüche dienten nicht der Sicherstellung der Nutzung der TK-Linien, sondern lediglich der Erfüllung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs. Die TK-Linien könnten nämlich ungeachtet dessen genutzt werden, da eine gesetzliche Duldungspflicht des Grundstückseigentümers bestehe und diesem auch bei Nichterfüllung der Entschädigungsansprüche kein Zurückbehaltungsrecht zustehe.

Da mangels ausdrücklicher Vereinbarung dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis auch sonst keine Risikozuweisung zu Lasten der Klägerin zu entnehmen sei, liege keine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs.1 S.1 BGB vor, so dass hälftiger Ausgleich zu leisten sei. Mit Schriftsatz vom 30.11.2009 begründet sie dies unter Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung vom 17.07.2009 (Az: V ZR 254/08) näher.

Sie behauptet weiter, dass sie zwischenzeitlich Entschädigungszahlungen i.H.v. 646.673,70 € gezahlt habe und nimmt insoweit Bezug auf die Anlage K 25 (Bl.827 ff. d.A.).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie auch berechtigt sei, diese Ansprüche geltend zu machen. Sie führt zur Frage der Aktivlegitimation weiter aus, dass es zunächst schlichte Umbenennungen gegebene habe: Die F sei 2000 in O3 AG und 2003 in F2 AG umbenannt worden.

Mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 18.11.2003 habe die F2 AG alle dem Unternehmensbereich Übertragungsnetz Strom zuzuordnenden Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens mit allen Rechten und Pflichten als Gesamtheit auf die Klägerin übertragen. Die Anlage 8.1 zu § 8 des Vertrages konkretisiere den Begriff des Übertragungsnetzes ausreichend. Die Klägerin nimmt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug auf den zur Akte überreichten Vertrag vom 18.11.2003 (Anlage K 29, Bl. 1158, K 31, Bl. 1360 d.A.).

Die Klägerin sei damit Eigentümerin des Leitungsnetzes geworden. Daran habe sich auch nichts durch die Umbenennung in "X" geändert. Es seien lediglich die Aufgabenverteilung im Netzmanagement umstrukturiert worden. Eigentumsübertragungen hätten jedoch nicht stattgefunden. Aus dem Handelsregisterauszug (Bl.1176 d.A) sei ersichtlich, dass es keine strukturellen Veränderungen gegeben habe. Das Eigentum an dem Leitungsnetz sei nicht übertragen worden.

Die Leitungen aus der Liste zum Schriftsatz vom 26.01.2010 (Bl. 930 d.A.) würden auch tatsächlich von der Beklagten genutzt. Die Beklagte würde durch Ersatzstreckenschaltungen nicht unnötig belastet. Im Regelfall würden die Strecken nur kurzfristig außer Betrieb genommen und anschließend wieder aktiviert. Lediglich in drei Fällen seien Strecken (Nr. 6456, ..., 6515) dauerhaft abgeschaltet und demontiert worden. Nur in einem Fall (Nr. ...) sei als Ersatz eine neue Strecke in Betrieb genommen worden, wodurch Nachentschädigungsansprüche entstehen könnten. Die Inbetriebnahme sei aber auf ausdrückliche Anforderung durch die Beklagte erfolgt.

Dass der Netzbetrieb bereits vor Abschluss des Vertrages vom 24.11.1999 erfolgt sei und die Nachentschädigungsansprüche bereits vor Vertragsschluss entstanden seien, stehe einer Inanspruchnahme der Beklagten nicht entgegen. Denn dem Vertrag vom 24.11.1999 seien bereits die Rahmenverträge vom 03./05.12.1996 (Bl. 1068 ff. d.A.) und 14./20.11.1997 (Bl. 1088 d.A.) vorausgegangen.

Aus den mit der Y2 (vergleichsweise Regelung über Nachentschädigung) und dem Landwirtschaftverband Westfalen-Lippe (Regelung der Verhandlung mit mehr als hundert Grundstückseigentümern über die Entschädigung) geschlossenen Verträgen könne nicht geschlossenen werden, dass die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin die Nachentschädigungsansprüche habe allein tragen wollen.

Bei der Rahmenvereinbarung mit dem Y sei es um den Neubau einer Freileitung gegangen. Der Neubau einer Freileitung unterliege nicht den Wegerechten des TKG. Die Vereinbarung mit der Y2 sei notwendig gewesen, weil diese ohne Pauschalzahlung sich - zu Unrecht - der Herstellung von Telekommunikationslinien auf existierenden Stromkreuzungen verweigert hätte.

Soweit die Beklagte geltend gemacht habe, dass die Nachentschädigungszahlungen auf verjährte Ansprüche erfolgt seien, stehe dies einem Gesamtschuldnerausgleich nicht entgegen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

die Beklagte zu verurteilen, an sie 323.336,85 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von weitergehenden Ansprüchen der Eigentümer, über deren Grundstücke eine Energieversorgungsleitung mit den nachfolgend bezeichneten Lichtwellenleiter-Kabeln verläuft, zu einem Anteil von 50 % des jeweiligen Anspruchs freizustellen, soweit die Ansprüche auf den Vorschriften der §§ 57 Abs.2 S.2 TKG 1996, 76 Abs.2 S.2 TKG und der Nutzung dieser Kabel durch die Beklagte zu Zwecken der Telekommunikation beruhen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Sie hält insbesondere ihre Bedenken an der Zulässigkeit des Feststellungsantrags aufrecht. Weiterhin bestreitet sie nach wie vor, dass die Klägerin Eigentümerin des Leitungsnetzes sei. Außergerichtlich sei sie wegen der hier geltend gemachten Ausgleichsansprüche vielmehr zunächst von einer O3 AG und sodann von einer F2 AG mit der Behauptung, dass sie Eigentümer des Leitungsnetzes seien, in Anspruch genommen worden. Sie bestreitet auch, dass die Verbindlichkeiten gegenüber den Grundstückseigentümern von etwaigen Rechtsvorgängern auf die Klägerin übergegangen seien.

Darüber hinaus hält sie an ihrer Auffassung fest, dass die Passivlegitimation der Beklagten mangels Betreibereigenschaft nicht gegeben sei.

Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin lediglich drei Strecken außer Betrieb genommen habe. In 27 Fällen habe die Beklagte per E-Mail eine Nachricht von der Klägerin über die geplante Streckenumschaltung erhalten. Die Klägerin weise regelmäßig Ersatzstrecken zu. Die Beklagte habe insoweit keine Einflussmöglichkeiten. Sie könne lediglich eine Terminverschiebung beantragen. Die Klägerin könne die Beklagte so zwingen, bisher ungenutzte Strecken erstmalig in Betrieb zu nehmen und einen Entschädigungsanspruch auszulösen. Die Ersatzstreckenschaltung erfolge nicht "auf Wunsch" der Beklagten. Die Beklagte sei vielmehr auf die Nutzung einer Ersatzstrecke angewiesen.

Wegen der fehlenden Einflussmöglichkeiten sei sie nicht als Betreiberin anzusehen.

Die Beklagte macht weiter geltend, dass im Rahmen einer etwaigen Ausgleichspflicht danach zu differenzieren sei, wann die Nachentschädigungsansprüche entstanden seien. Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes entstehe der Anspruch auf Nachentschädigung im Zeitpunkt der Aufnahme der kommerziellen Nutzung. Aus den Unterlagen der Klägerin (Bl. 1062 d.A.) ergebe sich aber, dass die kommerzielle Nutzung hier überwiegend vor Abschluss des Vertrages vom 24.11.1999 begonnen habe. Eine vertragliche Regelung für die Übernahme von Verbindlichkeiten, die bereits vor Vertragsschluss entstanden seien, enthalte der Vertrag vom 24.11.1999 nicht.

Der Präambel des Rahmenvertrages vom 29.11.1996 (Bl. 1068 d.A.) sei zu entnehmen sei, dass die Vertragsparteien von dem Gedanken getragen gewesen seien, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin die TK-Infrastruktur beisteuere, während die Rechtsvorgängerin der Beklagten - eine Tochtergesellschaft der Rechtsvorgängerin der Klägerin - die Vermarktung übernehme. Es sei eine Kooperation vereinbart worden, die beiden Unternehmen habe nutzen sollen. In § 3 sei festgehalten, dass die F Eigentümerin sämtlicher Leitungstrassen und Übertragungsmedien sei und sie insoweit die Investitionen zu tätigen habe. Daraus ergebe sich, dass die F auch allein die Grundstückseigentümer zu entschädigen habe.

Das Problem der Entschädigungsansprüche sei bei Abschluss des Vertrages vom 24.11.1999 bekannt gewesen. Dass in den Vertrag keine Regelung aufgenommen worden sei, belege, dass eine Beteiligung der Beklagten an den Zahlungen nicht beabsichtigt gewesen sei. Dies sei schließlich auch daran zu erkennen, dass in den anlässlich der Veräußerung der Anteile an der U durch die Klägerin erstellten Geschäftsberichten und dem Jahresabschluss keine Rückstellungen für Entschädigungsansprüche vorgenommen worden seien. Die Belastungen durch Entschädigungsansprüche seien auch nicht im Geschäftsanteilskaufvertrag vom 25.11.1999 erwähnt (Bl. 1037 - 1054 d.A.).

In Kenntnis des Umstandes, dass durch die Nutzung Entschädigungsansprüche entstehen, habe man das Entgelt festgelegt. Dieses habe abschließend sein sollen. Der Preisbildung habe gem. Anlage 2 zum Vertrag eine detaillierte Kalkulation zugrunde gelegen. Damit korrespondierten die mietrechtlichen Bestimmungen. Danach handele es sich bei der Nachentschädigung um Kosten, die durch den Gebrauch der Sache entstehen, was für den Lastenbegriff genüge.

Zumindest sei aber bzgl. der Höhe eines Innenausgleichs zu berücksichtigen, dass die Beklagte lediglich einen Bruchteil der Fasern nutze und nur ein Nutzungsrecht für die Dauer von 24 Jahren habe.

Die Klägerin bzw. Rechtsvorgängerin der Klägerin habe sich bereits vor Vertragsschluss am 24.11.1999 in anderen Fällen mit den Entschädigungsansprüchen auseinandergesetzt.

So habe die O3 AG mit dem Y am 27.01./04.02.1997 einen Rahmenvertrag geschlossen, der die Basis für Verhandlungen mit weit über hundert Grundstückseigentümern über Entschädigungsansprüche gewesen sei.

Am 29.08./16.09.1997 habe die F AG eine vergleichsweise Regelung mit der Y2 als Grundstückseigentümerin bezüglich der Entschädigungsansprüche getroffen (Bl. 1109 d.A.).

Die Klägerin könne darüber hinaus nicht die Freistellung hinsichtlich solcher Verbindlichkeiten verlangen, die bereits verjährt seien. Ebenso wenig könne sie anteilige Erstattung solcher Zahlungen verlangen, die die Klägerin auf bereits verjährte Ansprüche geleistet habe.

Die Zahlungen an die Grundstückseigentümer und die Angemessenheit der Höhe der Entschädigung bestreitet die Beklagte nicht mehr.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 323.336,85 € aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m., weil beide Parteien Gesamtschuldner des Entschädigungsanspruchs der Grundstückseigentümer aus §§ 57 Abs. 2 S. 2 TKG a.F., 76 Abs. 2 S. 2 TKG n.F. sind.

Entschädigungspflichtig gem. §§ 57 Abs.2 S.2 TKG a.F., 76 Abs.2 S.2 TKG n.F. sind der Betreiber der TK-Linie oder der Eigentümer des Leitungsnetzes. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 17.06.2005, V ZR 202/04) trotz der insoweit unterschiedlichen Formulierungen sowohl im Anwendungsbereich des alten wie des neuen TKG. Darüber hinaus besteht die Entschädigungspflicht auch dann, wenn - wie hier - das Leitungsnetz zuvor zwar auch für die interne Telekommunikation des Energieversorgers genutzt wurde, sodann jedoch eine erweiterte Nutzung für die öffentliche Telekommunikation erfolgt (BGH Urt. vom 07.07.2000, V ZR 435/98; Urt. vom 17.06.2005, V ZR 202/04).

Die Klägerin hat hier zu Recht die Grundstückseigentümer als Eigentümerin des Leitungsnetzes entschädigt.

Nach den von der Klägerin vorgelegten Urkunden steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das gesamte Aktiv- und Passivvermögen betreffend die Telekommunikationsleitungen auf die Klägerin übergangen ist und die Klägerin so als Rechtsnachfolgerin der F AG Eigentümerin des Leitungsnetzes geworden ist.

Unstreitig war die F AG zunächst Eigentümerin der hier maßgeblichen Leitungen. Dies ergibt sich auch aus dem Vertrag vom 24.11.1999.

Dem Handelsregisterauszug (HRB 11622 AG Dortmund) ist zu entnehmen, dass dieses Unternehmen sich nach einer Firmenänderung zunächst O3 AG, später dann F2 AG nannte. Im Jahre 2001 sind sämtliche Rechte der Q AG bezüglich der dort vorhandenen Leitungsnetze auf die O3 AG, später F2 AG, übergegangen.

Die Klägerin selbst ist erst im Jahre 2003 gegründet worden. Mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 18.11.2003 hat die F2 AG den Unternehmensbereich "Übertragungsnetz Strom" übertragen. Dabei handelte es sich um eine Ausgliederung und Übernahme gem. § 123 Abs.3 Nr.2 UmwG, bei der gem. § 131 Abs.1 Nr.1 UmwG die ausgegliederten Teile des Vermögens einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der im Vertrag vorgesehenen Aufteilung kraft Gesetzes als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über gegangen sind.

In § 1 des Vertrages heißt es:

" 1.1 F2 als übertragender Rechtsträger überträgt im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG als Teil ihres Vermögens alle dem Unternehmensbereich Übertragungsnetz Strom zuzuordnenden Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens mit allen Rechten und Pflichten als Gesamtheit auf die K (= Klägerin) als übernehmenden Rechtsträger gegen Gewährung eines neuen Geschäftsanteils an der K an die F2 (insgesamt im Folgenden das "auszugliedernde Vermögen" oder der "Unternehmensbereich Übertragungsnetz Strom").

1.2 Der Unternehmensbereich Strom umfasst die Aktivitäten des übertragenden Rechtsträgers auf den Gebieten (a) des Baus und Betriebs von Netzanlagen zur Übertragung von Strom (Netzspannungsebenen 220 kV und 380 kV) und (b) des Baus und des Betriebs der Telekommunikationsnetze jeweils einschließlich der hiermit im Zusammenhang stehenden oder begründeten Anlagen, Einrichtungen, Rechte, Verbindlichkeiten und Beteiligungen. Der Unternehmensbereich Übertragungsnetz Strom umfasst die Betriebe, Betriebsteile und Funktionen

(a) der Übertragungsnetzaktivitäten im Bereich des Höchstspannungsnetzes (220 kV und 380 kV) und

(b) der dem Übertragungsnetz zuzuordnenden Systeme und Anlagen der Schutz-, Leit-, und Kommunikationstechnik (auch soweit sie sich in sowohl für das Stromübertragungsnetz als auch für das Verteilnetz genutzten Anlagen befinden) sowie sämtliche Leitungen und Anlagen der Telekommunikationstechnik mit Ausnahme der Anlage des Betriebsfunk.

1.3 Vermögensgegenstände, Rechte, Verbindlichkeiten, Verpflichtungen, Haftungen und Pflichten des übertragenden Rechtsträgers, die nach diesem Vertrag nicht dem Unternehmensbereich Übertragungsnetz Strom zuzuordnen sind,oder die von der Übertragung in diesem Vertrag ausdrücklich ausgenommen sind, werden nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen."

In § 8 des Vertrages wird wegen der einzelnen Einrichtungen und Anlagen des "Übertragungsnetzes Strom" auf die Anlage 8.1 verwiesen.

In der Anlage 8.1 werden die Bestandteile des Übertragungsnetzes Strom näher ausgeführt. Unter 8.1.7 werden insbesondere die Lichtwellenleitkabel, die Telekommunikationszwecken dienen, aufgelistet.

Da die Differenzierung zwischen dem Hochspannungsnetz (110 kV) und dem Höchstspannungsnetz (220 kV - 380 kV) ausschließlich das Stromnetz betrifft und in dem Vertrag eine entsprechende Differenzierung beim Telekommunikationsnetz gerade nicht vorgenommen wurde, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das gesamte Telekommunikationsnetz auf die Klägerin ausgegliedert wurde, so dass die Klägerin auch Eigentümerin des Leitungsnetzes geworden ist.

Die Klägerin ist auch immer noch Eigentümerin des Leitungsnetzes. Soweit sie nunmehr unter der Firma "X GmbH" auftritt, so handelt es sich ausweislich des Handelsregisterauszugs (HRB 15940 AG Dortmund) nur um eine Umfirmierung. Eine Übertragung des Eigentums an dem Telekommunikationsnetz auf die O AG kann nicht festgestellt werden. Soweit im Rahmen einer Umstrukturierung die Übertragung und Abspaltung von Vermögensteilen vorgenommen wurde, ist nicht erkennbar, dass auch das Telekommunikationsnetz betroffen ist. Den vorliegenden Unterlagen ist lediglich zu entnehmen, dass Teile des Stromnetzes betroffen sind. Es wird insoweit auf den Handelsregisterauszug HRB 15940, AG Dortmund, und das Schreiben vom der Klägerin vom 11.01.2010 (Bl. 916 d.A.) Bezug genommen.

Als Eigentümerin des Leitungsnetzes ist die Klägerin gegenüber den Grundstückseigentümern zur Zahlung der Entschädigung verpflichtet.

Auch die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der U GmbH ist im Außenverhältnis zur Entschädigung verpflichtet, da sie Betreiberin der Telekommunikationslinien ist.

Der Begriff der TK-Linie ist in § 3 Nr.26 TKG legaldefiniert. Danach sind TK-Linien unter- und oberirdisch geführte TK-Kabelanlagen einschließlich ihrer zugehörigen Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Masten und Unterstützungen, Kabelschächte und Kabelkanalrohre. D.h., es sind alle Leitungen nebst Zubehör, die der Telekommunikation dienen, umfasst.

Die Beklagte ist auch die Betreiberin dieser TK-Linien.

In § 3 Nr.1 und 2 TKG a.F. war der Begriff des Betreibens definiert. Danach war Betreiber derjenige, der die Funktionsherrschaft, d.h. die rechtliche und tatsächliche Kontrolle, hatte. Das neue TKG enthält keine Definition mehr, in der Literatur wird aber nach wie vor an die Funktionsherrschaft angeknüpft (Hamm, MMR 2005, 358 ff). Teilweise wird auch auf die tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt abgestellt (Hoeren/Schuster, HdB Wegerechte, 2007, 4.Teil Rn.60, Bl.257).

Da das Gesetz in § 76 TKG zwischen Eigentümer des Leitungsnetzes und Betreiber der TK-Linien unterscheidet, ist davon auszugehen, dass Betreiber und Eigentümer gerade nicht identisch sein müssen. Denn Eigentümer des Leitungsnetzes sind i.d.R. die Energieversorger, die ihrerseits keine Telekommunikationsdienste anbieten und daher das Leitungsnetz Telekommunikationsunternehmen gegen Entgelt überlassen. Vor diesem Hintergrund sind die Telekommunikationsunternehmen als Betreiber anzusehen, da sie das vertragliche Nutzungsrecht an den TK-Linien besitzen und sie insoweit auch die Funktionsherrschaft besitzen.

Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 17.07.2009 (Az.: V ZR 254/08) das Telekommunikationsunternehmen, das nicht Eigentümer des Leitungsnetzes war und das aufgrund eines Vetrages zur Nutzung der TK-Linien berechtigt war, als Betreiber i.S.d. § 76 Abs. 2 S. 2 TKG n.F. behandelt.

Entsprechendes gilt auch hier. Die Nutzungsüberlassung erfolgte mit Vertrag vom 24.11.1999. Nach dem Vertrag hat die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin das alleinige Nutzungs- und Vermarktungsrecht für sämtliche TK-Linien der F AG erhalten.

Da die Beklagte auch das erste Unternehmen ist, das die streitgegenständlichen TK-Linien zu Zwecken der allgemeinen Telekommunikation genutzt hat, ist auch diese Voraussetzung der Haftung im Außenverhältnis erfüllt.

Nach § 426 Abs.1 BGB sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, weil eine anderweitige Bestimmung nicht festgestellt werden kann.

Der Vertrag vom 24.11.1999 enthält insoweit keine ausdrückliche Regelung.

Auch unter Berücksichtigung weiterer Umstände lässt sich dem Vertrag keine anderweitige Bestimmung entnehmen.

Soweit das Landgericht aufgrund des Mietrechtscharakters des Vertrages die Ausgleichsansprüche als von der Eigentümerin gem. § 535 Abs.1 S.3 BGB zu tragende Last der Mietsache angesehen hat und die Beklagte diese Auffassung teilt, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Die Einordnung als Vertrag mit Mietrechtscharakter ist zwar zutreffend. Dies hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17.07.2009 (Az.: V ZR 254/08) so gesehen. Dennoch kann der Nachentschädigungsanspruch nicht als Mietlast angesehen werden. Dagegen spricht nämlich, dass der Entschädigungsanspruch nicht eine auf der Mietsache als solche lastende Verpflichtung ist und auch nicht an das Eigentum an der Sache anknüpft. Vielmehr entsteht der Nachentschädigungsanspruch erst dann, wenn die Sache in einer bestimmten Weise (erstmalig) genutzt wird und er entsteht nach dem TKG sowohl gegenüber dem Eigentümer (und Vermieter) als auch gegenüber dem Betreiber (und Mieter). Die Konstellation ist so nicht vergleichbar mit den typischen Mietlasten, die üblicherweise der Vermieter zu tragen hat. Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 17.07.2009 (Az.: V ZR 254/08) betreffend einen Gesamtschuldnerausgleich nicht auf § 535 Abs.1 S.3 BGB abgestellt, so dass davon auszugehen ist, dass auch der Bundesgerichtshof den Nachentschädigunganspruch nicht als Mietlast ansieht. Ansonsten wäre er nämlich nicht zu einer Verteilung im Innenverhältnis nach dem Modell des Gemeinschaftsrechts gekommen.

Auch die Tatsache, dass im Vertrag vom 24.11.1999 eine Regelung über die Nachentschädigungsansprüche fehlt, obwohl das Problem der Nachentschädigungsansprüche bekannt war, lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass das vereinbarte Entgelt alle Kosten für die Nutzungsmöglichkeit der TK-Linien umfasst und weitere Kosten der Gebrauchsgewährung vom Vermieter zu tragen sind. Denn bei dem Nachentschädigungsanspruch handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch, der sich von vornherein (auch) gegen den Nutzer bzw. Betreiber richtet, so dass es aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin einer ausdrücklichen Regelung nicht bedurfte.

Soweit die Beklagte aus der Tatsache, dass die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin mit anderen Unternehmen Regelungen wegen der Nachentschädigungsansprüche getroffen hat, ableiten will, dass das Fehlen einer Regelung im Vertrag vom 29.11.1999 für eine Lastentragung durch die Eigentümerin des Leitungsnetzes sprechen soll, so vermag dies den Senat nicht zu überzeugen.

Tatsächlich wurden mit der Y2 und dem Y Regelungen getroffen.

Der Vertrag mit der Y2 betraf jedoch nicht die Übertragung der Nutzungsrechte an den Leitungen zum Zwecke der Telekommunikation, sondern die Neuverlegung von Leitungen auf Grundstücken der Y2. Die Ausgangslage ist nicht vergleichbar.

Soweit die Klägerin mit dem Y einen Vertrag geschlossen hat, unterscheidet sich die Ausgangslage von der hier vorliegenden Konstellation dadurch, dass dort von vornherein der Betrieb durch externe Telekommunikationsgesellschaften beabsichtigt war, während hier der Betrieb zunächst durch eine Tochtergesellschaft der F AG erfolgen sollte.

Soweit die Beklagte weiter geltend macht, dass die Klägerin allein bestimme, welche Strecken die Beklagte zu nutzen habe, und dass die Klägerin es allein in der Hand habe, weitere Nachentschädigungsansprüche zu begründen, indem sie Strecken abschalte und der Beklagte neue Strecken zur erstmaligen Nutzung zuweise, steht auch dies einem Gesamtschuldnerausgleich nicht entgegen.

Es trifft zwar zu, dass in der Zeit der Nutzung immer wieder Ersatzstreckenschaltungen von der Klägerin vorgenommen wurden. Unstreitig ist auch, dass zumindest bezüglich der Strecke Nr. ... der Beklagten eine völlig neue Leitung zugewiesen wurde, wodurch es zu einer erstmaligen Nutzung der Strecke zu Telekommunikationzwecken kam, was Nachentschädigunsansprüche ausgelöst haben könnte. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat aber keine weiteren Ersatzstreckenschaltungen über für die Beklagte neue Leitungen substantiiert benannt. Da so nur von einem einzigen Fall ausgegangen werden kann, in dem durch die Art und Weise der Ersatzstreckenschaltung Nachentschädgungsansprüche begründet worden sein könnten, kann der Klägerin nicht der Vorwurf gemacht werden, sie schädige die Beklagte, indem sie willkürlich neue Nachentschädigungsansprüche entstehen lasse.

Da dem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien keine anderweitige Bestimmung zur Regelung des Ausgleichsverhältnisses zu entnehmen ist, kann auf die in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.07.2009 (Az.: V ZR 254/08) ausgeführten Grundsätze zurückgegriffen werden.

Danach ist ein hälftiger Ausgleich sachgerecht, wenn einem Netzeigentümer nur ein Netzbetreiber gegenübersteht, der berechtigt ist, sämtliche Leitungen zu benutzen. Denn in diesem Fall teilen sich Eigentümer und Betreiber die Nutzungsmöglichkeiten, der eine durch Vermietung, der andere durch Betreiben des Netzes. Dann soll es auch der Billigkeit entsprechen, dass sie sich diese Kosten hälftig teilen. Eine andere Ausgleichsregelung sei dagegen dann angemessen, wenn mehrere Netzbetreiber in Betracht kämen. Dann stehe der Nutzung, die der Eigentümer durch Vermietung des gesamten Netzes ziehen kann, nur einzelne Nutzungsmöglichkeiten der Netzbetreiber in dem ihnen vertraglich gezogenen Rahmen gegenüber. In diesem Fall sei Maßstab für das Innenverhältnis die dem Netzbetreiber zugewiesene Nutzungsbefugnis. Der Bundesgerichtshof zieht insoweit das Modell des Gemeinschaftsrechts heran.

Da nach dem Vertrag die Beklagte die einzige Betreiberin der hier fraglichen TK-Linien ist, ist danach ein hälftiger Ausgleich angemessen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagten ein langfristiges Nutzungsrecht - erst 30 Jahre, später abgeändert auf 24 Jahre - mit der Möglichkeit der Verlängerung (vgl. i.E. § 12 des Vertrages) eingeräumt wurde. Aufgrund der langjährigen Laufzeit und der exklusiven Nutzungsmöglichkeit ist das gesetzliche Modell des hälftigen Ausgleichs daher nicht unangemessen.

Die Beklagte haftet dabei auch für Ansprüche, die vor Abschluss des Vertrag vom 24.11.1999 entstanden sind. Soweit die Rechtsvorgängerin der Beklagten nämlich die Nutzung vor dem 24.11.1999 aufgenommen hat, beruhte dieses Nutzungsrecht auf den Rahmenverträgen vom 29.11.1996 und 03.11.1997. Die durch diese Rahmenverträge begründeten Nutzungsrechte waren Gegenstand des Vertrags vom 24.11.1999, so dass die Beklagte hier als Rechtsnachfolgerin haftet. Da die Klägerin nach § 1 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrages vom 18.11.2003 betreffend das Telekommunikationsnetz auch das Passivvermögen übernommen hat, war die Klägerin auch zur Erfüllung von Nachentschädigungansprüchen verpflichtet, die bereits vor der Zeit der Übernahme entstanden waren.

Die Klägerin hat so einen Anspruch gegen die Beklagte auf hälftigen Ausgleich der von ihr geleisteten Zahlungen an die Grundstückseigentümer.

Die Klägerin hat insoweit Zahlungen in Höhe von insgesamt 646.673,70 € dargelegt, was von der Beklagten nicht mehr bestritten wird. Es wird insoweit auf die Anlage K 25, Bl. 827 ff. d.A., Bezug genommen.

Auch die Höhe der einzelnen Entschädigungsansprüche ist mit 1,50 € pro laufenden Meter nicht zu beanstanden, da sich die Klägerin dabei im Rahmen dessen hält, was üblicherweise als Nachentschädigung zu zahlen ist. So werden Preise von 1,00 € im Jahr 1997 (OLG Hamm Urt. vom 15.12.2005, 5 U 82/04) bis 2,55 € (BGH Urt. vom 16.09.2005, V ZR 242/04) für marktgerecht und angemessen gehalten. Hinzu kommt hier, dass die Beklagte die Gelegenheit hatte, selbst an der Vereinbarung mitzuwirken und gegebenenfalls günstigere Konditionen auszuhandeln. Von dieser Möglichkeit hat sie bewusst keinen Gebrauch gemacht.

Die Beklagte kann diesem Ausgleichsanspruch auch nicht entgegen halten, dass die Nachentschädigungsansprüche der Grundstückseigentümer ihr gegenüber inzwischen verjährt seien und dass die Klägerin ihre Zahlungen auf bereits verjährte Forderungen geleistet habe.

Im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 Abs. 1 BGB kann der Ausgleichspflichtige anders als bei § 426 Abs. 2 BGB dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner nicht all die Einreden entgegenhalten, die sich aus dem Verhältnis des Ausgleichspflichtigen zum Gläubiger ergeben (BGH, Urt. vom 09.07.2009, VII ZR 109/08; Urt. vom 25.11.2009, IV ZR 70/05). Indem das Gesetz in § 426 BGB einen selbstständigen Ausgleichsanspruch schafft, gewährt es dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner eine Rechtsposition, die er allein durch die Überleitung des Gläubigeranspruchs nach § 426 Abs. 2 BGB nicht erhielte. Diese Begünstigung würde dem Anspruchsberechtigten wieder genommen, wenn der Anspruch denselben Beschränkungen unterläge wie der übergeleitete Gläubigeranspruch. Die Beklagte kann sich so nicht darauf berufen, dass die Ansprüche der Grundstückseigentümer ihr gegenüber verjährt seien.

Ebenso wenig kann die Beklagte dem Ausgleichsanspruch entgegenhalten, die Klägerin selbst hätte sich mit Erfolg gegenüber den Grundstückseigentümern auf die Einrede der Verjährung berufen können. Ein Ausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB scheidet nur dann aus, wenn sich Gläubiger und/oder der von dem Gläubiger in Anspruch genommene Gesamtschuldner rechtsmissbräuchlich verhalten hätten (BGH, Urt. vom 25.11.2009, IV ZR 70/05). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kann hier der Klägerin nicht angelastet werden. Die Klägerin hat hier auf die Einrede der Verjährung verzichtet, weil eine Vielzahl von Grundstückseigentümer betroffen waren und der Ausgang der anhängigen Musterprozesse abgewartet werden sollte. Die Entscheidung der Klägerin, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, war insoweit sachgerecht. Gegen einen Rechtsmissbrauch spricht zudem, dass die Klägerin die Beklagte aufgefordert hatte, sich an den Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern zu beteiligen. Die Beklagte hat bewusst von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

Die Beklagte ist so verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 323.336,85 € im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs gem. § 426 Abs. 1 BGB zu erstatten.

Der Zinsanspruch ist gem. den §§ 291, 288 Abs. 2 BGB begründet.

Auch der von der Klägerin geltend gemacht Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

Eine Klage auf Feststellung einer Freistellungsverpflichtung ist möglich.

Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine dahingehende Verpflichtung leugnet.

Dem Antrag fehlt es auch nicht deshalb an der notwendigen Bestimmtheit, weil die Gläubiger nicht benannt sind. Anders als bei der Leistungsklage müssen bei der Feststellung einer Freistellungsverpflichtung die Gläubiger der Ansprüche, von denen die Klägerin Freistellung verlangt, nicht namentlich benannt werden. Ausreichend ist die Bestimmbarkeit der Ansprüche (BGH Urt. vom 17.07.2009, V ZR 254/08).

Die Bestimmbarkeit der Ansprüche ist hier aufgrund der dem Klageantrag beigefügten Aufstellung über die betroffenen LWL-Kabel gewährleistet.

Soweit die Klägerin hier von den Grundstückseigentümern nach den §§ 57 Abs.2 S.2 TKG a.F., 76 Abs.2 S.2 TKG n.F. in Anspruch genommen wird und sie diese Ansprüche noch nicht erfüllt hat, ist die Beklagte gem. § 426 Abs. 1 BGB aus den oben dargestellten Gründen zur Freistellung zu einem Anteil von 50 % verpflichtet.

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 Abs.1 S. 1, 92, 269 Abs. 3, 709 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).






OLG Hamm:
Urteil v. 24.03.2011
Az: I-21 U 82/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/78936b894f9c/OLG-Hamm_Urteil_vom_24-Maerz-2011_Az_I-21-U-82-09




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