Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Dezember 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 317/04

(BPatG: Beschluss v. 11.12.2006, Az.: 19 W (pat) 317/04)

Tenor

Das Patent 101 32 001 wird widerrufen.

Gründe

I.

Für die am 3. Juli 2001 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 18. Dezember 2003 veröffentlicht worden. Die Bezeichnung des Patents lautet:

"Thermostatischer Regler zur Regelung der Durchflussmenge eines Fluids".

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 26. Februar 2004 (eingegangen am 28. Februar 2004) Einspruch mit der Begründung erhoben, dass die ursprüngliche Fassung des Patentanspruchs 1 im Prüfungsverfahren in unzulässiger Weise geändert worden sei und dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei, bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende stellte den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die - nicht erschienene - Patentinhaberin stellte - schriftsätzlich (31. August 2004) - den Antrag, den Einspruch zurückzuweisen.

Der Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung der Gliederungsbuchstaben a1) bis a9) und b1) bis b3) entsprechend der Merkmalsgliederung der Einsprechenden:

"a1) Thermostatischer Regler zur Regelung der Durchflussmenge eines Fluids in einem Rohrleitungssystema2) umfassend eine Durchflussöffnung mit variablem Durchflussquerschnitta3) sowie ein dieser Durchflussöffnung zugeordnetes Ventilglied, a4) welches durch Ausdehnung beziehungsweise Kontraktion eines Dehnstoffelements in axialer Richtung bewegbar ist, a5) wobei der thermostatische Regler (10) in die Rohrleitung (11) eingesetzt ist, durch die hindurch die Durchflussmenge des Fluids geregelt wird, a6) wobei der thermostatische Regler (10) ein Gehäuse (13) aufweist, a7) welches konzentrisch in einer Rohrleitung (11) einsetzbar ist unda8) mindestens abschnittsweise einen Außendurchmesser aufweist, der kleiner ist als der Innendurchmesser der Rohrleitung, a9) wobei der axiale Hub des Ventilglieds (12) koaxial zu der Rohrleitung (11) erfolgt, in der der Durchflussmengenregler eingesetzt ist, dadurch gekennzeichnet, b1) dass der thermostatische Regler in eine zylindrische Rohrleitung (11) gleichmäßigen Durchmessers einsetzbar istb2) und dass zwischen der Außenwandung des Gehäuses (13) und der Innenwandung der Rohrleitung (11) ein Ringspalt (14) verbleibt, b3) durch den das in seiner Durchflussmenge zu regelnde Fluid hindurchfließt."

Dem Patentgegenstand soll die Aufgabe zugrunde liegen, einen thermostatischen Regler zur Regelung der Durchflussmenge eines axial strömenden Fluids in einer zylindrischen nicht abgestuften Rohrleitung zu schaffen, der verwendbar ist, ohne dass die Rohrleitung mit radialen Einlässen oder Auslässen für das Fluid zu versehen ist, der einen geringen Platzbedarf hat und kostengünstig herstellbar ist (Absatz 0007 der Streit-PS).

Die Einsprechende vertritt die Auffassung, der Regler gemäß der US 5 397 053 A weise im Unterschied zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 ein Formgedächtniselement anstelle eines Dehnstoffelements auf. Ein in einem thermostatischen Regler vorgesehenes Dehnstoffelement sei dem Fachmann - einem FH-Ingenieur mit Kenntnissen der Regelungstechnik - jeweils aus der US 3 785 554 oder der US 3 886 761 bekannt. Er werde es anstelle des Formgedächtniselements vorsehen, wenn er eine weiche Regelung wünsche. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Patentinhaberin ist ankündigungsgemäß nicht erschienen, sie hat sich sachlich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Gemäß der eindeutigen Zuständigkeitsreglung in § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den unstreitig zulässigen, am 30. Juni 2006, d. h. vor Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG noch anhängigen, Einspruch bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts.

Dieser hatte aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden, vgl. BPatGE 46, 134.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Der zulässige Einspruch ist begründet.

1. Fachmann Als Fachmann ist hier ein FH-Ingenieur mit Kenntnissen der Regelungstechnik, insbesondere mit Konstruktionserfahrung auf dem Gebiet der thermostatischen Regler anzusehen.

2. Patentfähigkeit Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig.

Aus der US 5 397 053 A ist bekannt ein

"a1) Thermostatischer Regler (Sp. 1 Z. 10 bis 13, 39 bis 52 i. V. m. Fig. 1) zur Regelung der Durchflussmenge eines Fluids (Wasser) in einem Rohrleitungssystema2) umfassend eine Durchflussöffnung (zwischen Ventilglied 42 und Ventilsitz 23) mit variablem Durchflussquerschnitt (vgl. Fig. 1: obere und untere Hälfte)

a3) sowie ein dieser Durchflussöffnung zugeordnetes Ventilglied (42), a4teilw) welches in axialer Richtung bewegbar ist (Sp. 4 Z. 33 bis 39), a5) wobei der thermostatische Regler (Fig. 1) in die Rohrleitung (10) eingesetzt ist, durch die hindurch die Durchflussmenge des Fluids geregelt wird (Fig. 1 untere und obere Hälfte), a6) wobei der thermostatische Regler (Fig. 1) ein Gehäuse (15, 16) aufweist, a7) welches konzentrisch in einer Rohrleitung (10) einsetzbar ist (Gehäuseteile 15, 16 konzentrisch in Rohrleitung 10) unda8) mindestens abschnittsweise einen Außendurchmesser aufweist, der kleiner ist als der Innendurchmesser der Rohrleitung (Durchmesser des Gehäuses 15, 16 im Abschnitt links von der Befestigung 12 ist kleiner als Innendurchmesser der Rohrleitung 10), a9) wobei der axiale Hub des Ventilglieds (42) koaxial zu der Rohrleitung (10) erfolgt, in der der Durchflussmengenregler eingesetzt ist (Fig. 1, untere, obere Hälfte: Ventilglied 42 bewegt sich koaxial zu der Rohrleitung 10)

wobei, b1) der thermostatische Regler (Fig. 1) in eine zylindrische Rohrleitung (10) gleichmäßigen Durchmessers einsetzbar ist (Fig. 1: gleichmäßiger, d. h. konstanter Durchmesser der Rohrleitung 10)

b2) und zwischen der Außenwandung des Gehäuses (15, 16) und der Innenwandung der Rohrleitung (10) ein Ringspalt (Fig. 1 Ringspalt zwischen Außenwandung des Gehäuses 15, 16 und Innenwand der Rohrleitung 10) verbleibt, b3) durch den das in seiner Durchflussmenge zu regelnde Fluid (Wasser) hindurchfließt (Sp. 4 Z. 33 bis 44, Sp. 3 Z. 51 bis 58 i. V. m. Fig. 1, untere Hälfte: 10, 15)."

Der thermostatische Regler gemäß Patentanspruch 1 unterscheidet sich gemäß Merkmal a4) von dem aus der US 5 397 053 A bekannten Regler somit lediglich dadurch, dass das Ventilglied durch Ausdehnung beziehungsweise Kontraktion eines Dehnstoffelements anstelle der Bewegung einer Formgedächtnis-Blattfeder bewegbar ist.

Dieser Unterschied ist aber nicht patentbegründend, da sich der Ersatz der Formgedächtnis-Blattfeder durch ein, dem Fachmann z. B. aus der US 3 785 554 (Fig. 1 i. V. m. Sp. 3 Z. 65: temperatursensitive material 62) oder der US 3 886 761 (Fig. 3 bis 5 i. V. m. Sp. 2 Z. 58, 59: temperature responsive expansible material 51) bekanntes Dehnstoffelement anbietet, wenn er - vorgegeben durch den Anwendungsfall - statt einer sprunghaften Betätigung des Ventilglieds, wie sie die US 5 397 053 A (Sp. 3 Z. 59 bis 68) vorsieht, eine weiche Betätigung des Ventilglieds benötigt. Denn zum einen sind dem Fachmann Dehnstoffelemente als gängige Bauteile in thermostatischen Reglern bekannt und zum anderen erfüllen sie jeweils genau die gewünschte Anforderung (US 3 785 554: Fig. 3 oder US 3 886 761: Sp. 3 Z. 22 bis 27).

Der Fachmann muss somit nicht erfinderisch tätig werden, um in Kenntnis des Standes der Technik zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen.

3. Unteransprüche Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13, die etwas Patentfähiges ebenfalls nicht erkennen lassen.






BPatG:
Beschluss v. 11.12.2006
Az: 19 W (pat) 317/04


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