Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. November 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 47/05
(BPatG: Beschluss v. 27.11.2006, Az.: 30 W (pat) 47/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung (farbig: blau)
TalkEventfür die Waren und Dienstleistungen Softwareprogramm, Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren, Vermietung von Computer-Software.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. "TalkEvent" bedeute "Gesprächsereignis" und reihe sich ein in vergleichbare Zusammensetzungen wie "Talk Show, talk time". Die Bezeichnung sei eine beschreibende Sachangabe in Hinblick auf Gegenstand und Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine sprachunübliche Neuschöpfung, wobei vom deutschsprachigen Verbraucher auszugehen sei. Beide Wortbestandteile hätten mehrere unterschiedliche Bedeutungen. "TalkEvent" könne kein Merkmal der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben, insbesondere für "Software" sei die angemeldete Bezeichnung nicht unmittelbar beschreibend, da ein gedanklicher Zwischenschritt notwendig sei, um zu verstehen, wieso Software ein "Gesprächsereignis" sein solle und im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis keine Einschränkung auf den Bereich der Kommunikation enthalten sei.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. Januar 2005 aufzuheben.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen, den Inhalt des patentamtlichen Beschlusses sowie die dem Anmelder übersandten Fundstellen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem durch den gemeinsamen europäischen Markt nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 253, 260).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich nicht an.
Ein Wortzeichen ist nämlich von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOU-BLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412 - BIOMILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor).
Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können".
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich - durch die Binnengroßschreibung deutlich erkennbar - aus den beiden Bestandteilen "Talk" und "Event" zusammen.
Das englische Wort "Talk" bedeutet im Deutschen "Gespräch, Besprechung, Vortrag" (vgl. LEO-Online Lexikon der TU München) und ist in der Bedeutung "(öffentliches) Gespräch, Unterhaltung" im Bereich der Kommunikation und der Medien in die deutsche Sprache eingegangen (vgl. Duden - Dt. Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 - (CD-ROM)). Auch im Computerbereich insbesondere im Bereich der Internetnutzung ist "Talk" ein gängiger Ausdruck für Kommunikation und wird in diesem Bereich in ständig neuen Zusammensetzungen verwendet (vgl. z. B. "Motor Talk - Forum für Autos", "Tele Talk - Magazin für Telekommunikation"; "Talk der Woche - Interaktives Portal von Sat.1", "Talk Portal - Internetforum" in www.google zu "talk"). Der Begriff "Talk" bezeichnet in diesem Bereich - ebenso wie der Begriff "chat -" insbesondere die synchrone Kommunikation, d. h. das Führen von elektronischen Gesprächen mit Netzteilnehmern in Echtzeit (vgl. Computer Lexikon, englisch/deutsch, 7. Aufl., 2003, S. 144, 709 Microsoft Press). Neben der von der Markenstelle bereits angeführten Zusammensetzung "talk time" wird im Bereich der Internetnutzung die Zusammensetzung "talk mode" in der Bedeutung "Unterhaltungscode, Akronymsprache" verwendet (vgl. Irlbeck, Langenau/Mayer Computerenglisch, 4. Aufl., dtv., S. 634).
Das englische Wort "Event" - bedeutet im Deutschen im allgemeinen Sinne "Ereignis, Ablauf, Vorgang, Veranstaltung" und ist ebenfalls mit der Bedeutung "besonderes Ereignis" in die deutsche Sprache eingegangen (vgl. Duden a. a. O.). Es wird allgemein beispielsweise in Zusammensetzungen verwendet wie "project event (Projektereignis), deadline event (Terminereignis)" (vgl. LEO a. a. O.), in technischen Zusammenhängen z. B. in "project event (Projektereignis), system event (Systemereignis), user event (Benutzerereignis)" (vgl. Fachausdrücke der Informationsverarbeitung, Wörterbuch u. Glossar Englisch-Deutsch IBM 1985, S. 325).
Im Bereich der Internetkommunikation wird beispielsweise die Kombination "chat event" verwendet, um auf eine besondere Veranstaltung einer chatline, z. B. eine moderierte Diskussion zu einem vorgegebenen Thema bei besonderen Ereignissen oder Anlässen oder einen Chat mit prominenten Teilnehmern hinzuweisen (vgl. www.google zu "chat event").
Dem Anmelder wurden die obengenannten Fundstellen mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übermittelt.
In diese Begriffskombinationen reiht sich die angemeldete Bezeichnung nahtlos ein und zeigt sogar eine unmittelbare sachliche Nähe zu der beschreibend benutzten Angabe "Chat Event". Sie bedeutet in wörtlicher Übersetzung "(elektronisches) Gesprächsereignis, (elektronischer) Kommunikationsablauf". Ebenso wie die oben genannten Zusammensetzungen ist auch die Kombination "TalkEvent" eine sprachübliche und naheliegende Wortverbindung. Beide Markenbestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.
Der Gesamtbegriff "talk event" wird zudem bereits in der obengenannten beschreibenden Bedeutung im Zusammenhang mit Internetnutzungen vom Anmelder selbst verwendet (vgl. www.google zu "talk event"). Nach seinen Angaben sei das von ihm angebotene Softwareprodukt so konzipiert, "...dass ein "multimedialer Dialog" dergestalt ermöglicht wird, dass dem Besucher von Internetseiten, dessen Betreiber die entsprechende Software verwendet, auf seine Fragen hin neben individuellen Antworten auch vorgefertigte Textbausteine als Antwort präsentiert werden."
Der beschreibende Gehalt der Marke trifft auf sämtliche Waren und Dienstleistungen zu, nämlich dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Waren und Dienstleistungen handelt, die zur Einrichtung eines "elektronischen Gesprächsablaufs", zur Schaffung eines "elektronischen Kommunikationsereignisses" bestimmt sind oder verwendet werden.
Entgegen der Ansicht des Anmelders ist es nicht erforderlich, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst ein derartiges "elektronisches Kommunikationsereignis", einen "elektronischen Gesprächsablauf" darstellen, da die Bezeichnung "TalkEvent" auch einen beschreibenden Hinweis für Waren und Dienstleistungen geben kann, die hierfür bestimmt sind oder Verwendung finden können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). So ermöglicht beispielsweise die "Google-Talk Software" des Google Instant Messaging Systems (Google Talk), dass Gmail-Benutzer in Echtzeit durch Textnachrichten oder Sprache kommunizieren können (vgl. wikipedia.org unter "Google-Talk").
Auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile führen nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH - DOUBLEMINT a. a. O.; EuGH - BIOMILD a. a. O.)
Entgegen der Ansicht des Anmelders führen die weit gefassten Warenbegriffe nicht aus einer beschreibenden Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung heraus. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer Eintragung für Oberbegriffe von Waren und Dienstleistungen auch dann entgegen, wenn zwar für einen Teil der darunter fallenden Waren oder Dienstleistungen ein beschreibender Charakter der Marke zu verneinen ist, unter diese Oberbegriffe jedoch weitere Waren oder Dienstleistungen zu subsumieren sind, für welche die Marke beschreibend ist (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 203).
Selbst wenn der Begriff "TalkEvent" auf eine Wortschöpfung durch den Anmelder zurückzuführen wäre, der etwa in Fachkreisen mit einem anderen Sinngehalt besetzt sein sollte, ändert dies nichts daran, dass er sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Waren geeignet ist, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 262; vgl. auch BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS).
Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann.
BPatG:
Beschluss v. 27.11.2006
Az: 30 W (pat) 47/05
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