Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Februar 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 122/99
(BPatG: Beschluss v. 09.02.2000, Az.: 26 W (pat) 122/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 1998 und 19. November 1998 aufgehoben.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung
"INTERLOCK"
für die Waren
"Vollständig oder hauptsächlich aus unedlen Metallen bestehende Nieten und andere Befestigungsmittel, und deren Einzelteile"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem angemeldeten Zeichen fehle bereits die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. Das englische Wort "interlock" bedeute nämlich soviel wie "gegenseitig verriegelt, verblockt, eng zusammengeschlossen" und stelle damit einen reinen Sachhinweis auf dem Gebiet der Niettechnik dar. Da auf dem vorliegenden Warengebiet überwiegend Fachleute angesprochen würden, könne davon ausgegangen werden, daß diese der englischen Sprache mächtig seien und das Markenwort in dem beschriebenen Sinne interpretieren würden. Die Voreintragung der Marke in Großbritannien könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da zum einen nicht ersichtlich sei, nach welchen Prüfungsmaßstäben die Marke dort beurteilt worden sei, und zum anderen die Indizwirkung dann entfalle, wenn das betreffende Markenwort im Inland ohne weiteres verständlich sei. Die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die vorliegende fremdsprachige Anmeldung sei auch freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Sie sei glatt beschreibend, zumal die mehrsprachige Angabe solcher Bezeichnungen im europäischen Binnenmarkt mittlerweile üblich geworden sei. Die ausländische Voreintragung führe zu keinem anderen Ergebnis, da sie zum einen lediglich für einen Teil der im vorliegenden Verfahren beanspruchten Waren gelte und zum anderen der von der Anmelderin beanspruchte Telle-Quelle-Schutz hinreichend berücksichtigt worden sei, weil nicht auf darüber hinausreichende Bestimmungen des nationalen Rechts zurückgegriffen worden sei.
Die Anmelderin legt hiergegen Beschwerde ein. Zur Begründung verweist sie darauf, daß bei Beachtung der ausländischen Voreintragung jedenfalls eine Eintragung für die Waren "Nieten" hätte erfolgen müssen. Auch im Sprachraum der Heimatsprache sei kein Freihaltebedürfnis angenommen worden. Im übrigen sei die bisher von der Markenstelle unterstellte Übersetzung des angemeldeten englischen Begriffs falsch, jedenfalls aber sprachregelwidrig. Die Anmelderin verweist darüber hinaus auf mehrere Voreintragungen der Bezeichnung "Interlock" in Deutschland.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Bezeichnung stehen für die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.
Bei der angemeldeten Bezeichnung "INTERLOCK" handelt es sich bereits nicht um eine Angabe, die zur konkreten Beschreibung der beanspruchten Waren "Nieten und andere Befestigungsmittel" dienen kann. Zwar weist die Markenstelle zutreffend darauf hin, daß das englische Wort "interlock" im Deutschen als Substantiv soviel wie "gegenseitige Sperrung, Blockierung, Verriegelung" und als Verb soviel wie "verblocken (gegenseitig), verriegeln, verriegelt sein, verblockt sein" bedeutet (vgl Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Englisch-Deutsch, 1985, S 632). Dennoch ist das angemeldete Markenwort nach Auffassung des Senats jedenfalls für die vorliegend beanspruchten Waren nicht freizuhalten, da es nicht so glatt warenbeschreibend ist, daß mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könnte, daß es im deutschen Verkehr oder für die am Im- und Export beteiligten Verkehrskreise als beschreibende Angabe benötigt wird. Nach der Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nämlich nur solche Angaben vom Markenschutz ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können, also eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage enthalten (BGH BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU) und überdies entweder bereits als Sachangabe benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). In den genannten Bedeutungen kommt die angemeldete Bezeichnung den beanspruchten Waren jedoch lediglich nahe, beschreibt sie aber nicht konkret und unmittelbar. Die (hauptsächlich) beanspruchten Nieten und Befestigungsmittel ermöglichen es, daß eine Sache an einer anderen Sache dauerhaft angebracht oder befestigt wird. Mit einer Blockierung, Verriegelung oder Sperrung (vgl den Bedeutungsgehalt von "interlock") wird dagegen etwas abgeschlossen und nach außen abgeriegelt und gegen einen Zugang oder Zugriff abgewehrt (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Aufl 1996, S 1079, 1658, 268f). Damit ist die angemeldete Bezeichnung bereits keine ernsthafte, unmittelbare Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe, so daß ihr das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bereits aus diesem Grunde nicht entgegensteht.
Im übrigen hat der Senat keinerlei Nachweise dafür, daß die angemeldete Bezeichnung bereits verwendet wird, so daß weder Anhaltspunkte für die Annahme eines aktuellen Freihaltebedürfnisses bestehen noch hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer warenbeschreibenden zukünftigen Verwendung vorliegen.
Hinzu kommt, daß die englischsprachige angemeldete Bezeichnung im Vereinigten Königreich zu Gunsten der Anmelderin als Marke für die Waren "Nieten" eingetragen ist. Wenn jedoch die angemeldete Bezeichnung bereits im Land des betreffenden Sprachkreises für einen maßgeblichen Teil der beanspruchten Waren nicht für beschreibend gehalten wird, dann ist dies ein deutliches Indiz für die Annahme der Schutzfähigkeit auch in Deutschland (BGH Mitt 1996, 283 - THE HOME DEPOT mwN). Da zudem Anhaltspunkte dafür, daß der deutsche Verkehr der fraglichen Bezeichnung etwa aufgrund eines Übergangs in die deutsche Sprache einen eigenständigen, warenbeschreibenden Begriffsgehalt entnimmt, fehlen, kann der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegengehalten werden.
Der angemeldeten Wortmarke "INTERLOCK" fehlt für die beanspruchten Waren auch nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einem Zeichen innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Kann jedoch einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, dann gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit die Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089 - YES). Wie bereits dargelegt wurde, kommt der Bezeichnung "INTERLOCK" kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender, konkret beschreibender Sinngehalt zu. Außerdem werden beachtliche Teile des Verkehrs den Begriffsgehalt der angemeldeten Bezeichnung schon deshalb nicht verstehen, weil es sich bei ihr nicht um einen Begriff des englischen Grundwortschatzes handelt. Es handelt sich auch nicht um ein Wort der - bekannten - Fremdsprache "Englisch", das bei einer zu unterstellenden Verwendung nach Art einer Marke vom Verkehr nicht mehr als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden werden würde. Im übrigen neigt der Verkehr erfahrungsgemäß bei der Begegnung mit einer Bezeichnung ohnehin nicht zu einer analysierenden Betrachtungsweise (BGH aaO - PROTECH).
Der Beschwerde der Anmelderin war deshalb stattzugeben.
Kraft Reker Ederprö
BPatG:
Beschluss v. 09.02.2000
Az: 26 W (pat) 122/99
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