Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. August 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 149/99

(BPatG: Beschluss v. 01.08.2000, Az.: 27 W (pat) 149/99)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführerin werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I.

Als Anmeldemarke für "Intimwäsche" eingetragen ist die Darstellungsiehe Abb. 1 am Ende Hiergegen hat die Inhaberin der ua für "Bekleidungsstücke... für Damen (einschl. ...Unterbekleidungsstücke); ...Miederwaren, nämlich Mieder, Korsetts, ... Büstenhalter" registrierten Marke 1 029 980 "Diana" Widerspruch erhoben.

Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor der Markenstelle die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, wozu die Widersprechende sich nicht geäußert hatte.

Die Markenstelle hat durch einen Beamten des höheren Dienstes den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, daß wegen der unterschiedlichen Gestaltung der Vergleichsmarken bildliche Verwechslungen ausgeschlossen seien. Die Gefahr klanglicher Verwechslungen sei wegen der Üblichkeit des Kaufes auf Sicht im Bereich der einschlägigen Waren von vornherein reduziert. Eine gewisse klangliche Ähnlichkeit zwischen dem Merkwort der Anmeldemarke und der Widerspruchsmarke sei zwar vorhanden, jedoch nicht sehr ausgeprägt. Wegen des zusätzlichen Vokals wirke die ältere Marke deutlich länger als die jüngere, was bei der Kürze der Vergleichswörter umso mehr zum Tragen komme. Außerdem wirke Verwechslungen der unterschiedliche Sinngehalt der Wörter entgegen: "Diana" sei der Name einer Jagdgöttin und als Vorname der verstorbenen Prinzessin von Wales dem Verkehr deutlich im Bewußtsein, während es sich bei "Dana" um einen slawischen Vornamen handle. Insgesamt seien daher die Verwechslungen in relevantem Ausmaß nicht zu befürchten.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Im Rahmen ihrer Begründung hat sie zunächst auf die bestehende Warengleichheit verwiesen, die das Anlegen strenger Maßstäbe erfordere. Für ein sicheres Auseinanderhalten reichten die Unterschiede der Marken nicht aus. Schon bildlich bestehe die Gefahr, daß der Buchstabe "i" leicht übersehen werde, weshalb er Verwechslungen nicht verhindern könne. Der Bildbestandteil der Anmeldemarke sei hierfür jedenfalls nicht geeignet, da er keinen prägenden Charakter habe. Aber auch wenn man ihn nicht vernachlässige, begünstige er Verwechslungen eher, da er eine Frau in Unterwäsche zeige, was Assoziationen zur Widerspruchsmarke, die für Unterwäsche eingesetzt werde, hervorrufe.

Die Markeninhaberin, die im Laufe des Beschwerdeverfahrens das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke nochmals ausdrücklich wiederholt hat, ist diesem Vorbringen entgegengetreten. Zunächst hat sie auf den im Textilbereich vorherrschenden Kauf auf Sicht und die dementsprechende Bedeutung der bildlichen Ausgestaltung der Anmeldemarke verwiesen. Dieser Bildteil fördere im übrigen gerade keine Assoziation zur Widerspruchsmarke, da eine Frau in Unterwäsche weder an eine römische Göttin noch an die Prinzessin von Wales erinnere. Aber auch bei einem isolierten Vergleich der Markenwörter reichten die klanglichen und bildlichen Unterschiede, die noch durch die begrifflichen unterstützt würden, für ein sicheres Auseinanderhalten der Vergleichsmarken.

In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung ihrer Marke eingereicht. Die Markeninhaberin hat dies als verspätet gerügt und vorsorglich darauf verwiesen, daß das eingereichte Material aus verschiedenen Gründen für eine Glaubhaftmachung nicht ausreiche.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde mußte in der Sache erfolglos bleiben, da die Widersprechende die zulässigerweise bestrittene Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht hat (MarkenG § 43 Abs 1 Satz 1) und der Senat außerdem die Ansicht der Markenstelle teilt, wonach die Vergleichsmarken nicht verwechselbar (MarkenG § 9 Abs 1 Nr 2) sind.

Das Vorbringen der Widersprechenden zur Glaubhaftmachung konnte, da verspätet, nicht berücksichtigt werden (MarkenG § 82 Abs 1; ZPO § 523, § 282 Abs 2, § 296 Abs 2, § 528 Abs 2).

Das verspätete Einreichen der Glaubhaftmachungsunterlagen beruht auf grober Nachlässigkeit. Die Einrede der Nichtbenutzung ist bereits vor nahezu drei Jahren (im August 1997) während des Verfahrens vor der Markenstelle erhoben worden. Da ein Widerspruch immer nur dann Erfolg haben kann, wenn entwender die Benutzung der Widerspruchsmarke überhaupt nicht bestritten oder aber, bei zulässigem Bestreiten, glaubhaft gemacht wird, ist es stets Sache der Widersprechenden, in einem Fall des Bestreitens von sich aus unverzüglich alle erforderlichen Glaubhaftmachungsunterlagen einzureichen (vgl zB Althammer/Ströbele, MarkenG 5. Aufl, § 43 Rnr 22). Dies ist von seiten der Widersprechenden im gesamten Verfahren (bis zur mündlichen Verhandlung der Beschwerde) nicht geschehen, obgleich die Markeninhaberin während des Beschwerdeverfahrens (im Januar 2000) nochmals ausdrücklich auf ihre Nichtbenutzungseinrede verwiesen hat.

Nach der freien Überzeugung des Senats hätte eine Berücksichtigung des Vorbringens der Widersprechenden die Erledigung des Rechtsstreites auch (erheblich) verzögert.

Die einschlägige Rechtsprechung geht zwar dahin (vgl zB Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl, § 296, Rnr 20 mwN), daß die Gewährung einer Erwiderungsfrist gemäß ZPO § 283 eine Verzögerung grundsätzlich nicht entstehen lasse. Es ist aber bereits fraglich, ob diese (im übrigen keineswegs allgemein geteilte, vgl zB Baumbach/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 57. Aufl, § 296 Rnr 60, 40, 44; BayVerfGH NJW 1990, 1653ff) Ansicht, die stets nur "übliche" zivilprozessuale Verfahren betraf, auch ohne weiteres auf das mit dem Zivilprozeß in vielen Bereichen nicht vergleichbare markenrechtliche Widerspruchsverfahren (und das dazugehörige Beschwerdeverfahren) übertragen werden kann. So ist zu bedenken, daß das registerrechtlich ausgestaltete Widerspruchsverfahren auf die schnelle Erledigung einer Vielzahl von Markeneintragungen angelegt ist (vgl Althammer/Ströbele aa0 § 42 Rnr 35); auch dort, wo es (was den Grundsatz der Parteimaxime angeht) noch am ehesten mit dem zivilprozessualen Verfahrensablauf zu vergleichen ist, nämlich, wenn nach der Einrede der Nichtbenutzung eine Glaubhaftmachung erfolgen muß, überwiegt der Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung, was sich ua auch aus der Anwendbarkeit der Vorschrift des ZPO § 294 (präsente Beweisart) ergibt (vgl Althammer/Ströbele aa0 § 43 Rdn 22). Während die oben genannte Rechtsprechung in der Regel Fälle betraf, in denen es dem Gericht zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Frage einer möglichen Verspätung oft gar nicht klar sein konnte, ob durch die Gewährung eines nachgereichten Schriftsatzes eine Erledigung des Rechtsstreites überhaupt verzögert würde (vgl zB BVerfG NJW 1989, 705; BGH NJW 1985, 1539, 1543), ist dies im Widerspruchsverfahren regelmäßig anders, da bei einem Widerspruch aus einer Marke, deren Benutzung wirksam bestritten, aber nicht glaubhaft gemacht ist, (ohne weitere sonstige Voraussetzungen) stets Entscheidungsreife vorliegt, da er allein aus diesem Grund zurückzuweisen wäre. Zu bedenken ist auch, daß eine andere Betrachtungsweise dazu führen würde, daß dann faktisch jedes verspätete Vorbringen einer Glaubhaftmachung (und sei es auch noch so grob fahrlässig) im Beschwerdeverfahren stets berücksichtigt werden müßte, was dem klaren Gesetzeswortlaut zuwiderliefe, der sowohl den Interessen des durch die mögliche Verspätung betroffenen Gegners als auch denen des erkennenden Gerichts an einem zügigen Prozeßverlauf dient, also präventiven Charakter hat (vgl zB Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 1992, § 296 Rnr 1f 2f; Stein/Jonas/Leipold, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl, § 296, Rnr 1). Letztlich würde dies bedeuten, daß diese Verspätungsvorschriften insoweit gerade in dem auf schnelle Erledigung gerichteten markenrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht angewendet werden könnten.

Selbst wenn man aber die Sache nicht so sehen möchte und (zB mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, aa0) darauf abstellt, daß ein nachgereichter Schriftsatz nicht generell zu einer Verzögerung führt, kann dies jedenfalls im konkreten Fall nicht gelten. Nachdem der Vertreter der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung einerseits die Verspätung der Glaubhaftmachung gerügt, andererseits aber auch deutlich gemacht hatte, daß die Glaubhaftmachung wohl in vielen Punkten nicht ausreiche, hätte ihm daher die Möglichkeit einer Erwiderung in einem nachgereichten Schriftsatz eingeräumt werden müssen, wofür wiederum eine angemessene Frist notwendig gewesen wäre. Dem hätte sich dann eine weitere Beratung des Senats anschließen müssen, die jedoch - da die Senatsmitglieder ab Mitte August zu unterschiedlichen Zeiten urlaubsbedingt abwesend sind - nicht vor Oktober dieses Jahres hätte stattfinden können. Eine solche (faktische) Verzögerung, die einzig auf der verspätet eingereichten Stellungnahme der Widersprechenden beruht, kann weder mit dem Sinn und Zweck der zivilprozessualen Verspätungsvorschriften noch mit dem Grundsatz des auf schnelle Erledigung gerichteten registerrechtlichen Widerspruchsverfahrens in Einklang gebracht werden.

Die Beschwerde hätte aber auch dann keinen Erfolg gehabt, wenn man zugunsten der Widersprechenden von einer hinreichenden Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer Marke ausgehen wollte, da die Marken - auch wenn man eine mögliche Warengleichheit berücksichtigt - nicht verwechselbar sind.

Die Markenstelle hat zutreffend dargelegt, daß die Vergleichszeichen sich im bildlichen Gesamteindruck deutlich unterscheiden, wobei sie zu Recht berücksichtigt hat, daß das in der jüngeren Marke vorhandene Bildelement den bildlichen Gesamteindruck mitprägt (vgl zB BGH GRUR 1999, 241 "PATRIC LION"). Aber auch wenn man - ungeachtet im Textilbereich der überwiegenden Gepflogenheit des Kaufs auf Sicht - von möglichen klanglichen Begegnungen der Vergleichsmarken ausgeht, bei der die Wörter "Dana" und "Diana" einander gegenüberzustellen sind, kann nicht mit Verwechslungen in entscheidungserheblichem Ausmaß gerechnet werden. Bedenkt man einerseits, daß (insbesondere) weibliche Vornamen auf dem einschlägigen Warengebiet von Haus aus eher eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft haben (vgl zB BGH BlPMZ 1971, 161 "Felina-Britta"; GRUR 1988, 307 "Gaby"), und andererseits daß gerade im vorliegenden Fall sich mit dem älteren Markenwort klare Begriffsvorstellungen verbinden, die von dem (lediglich als eher seltener Vorname bekannten) jüngeren Markenwort wegführen, dann müssen die klanglichen Unterschiede, die sich deutlich auf die (unterschiedliche) Anzahl der Silben sowie den (durch den zusätzlichen hellen Vokal) merklich unterschiedlichen Klangcharakter auswirken, als ausreichend angesehen werden, wie dies die Markenstelle im einzelnen dargelegt hat (vgl a BGH GRUR 1975, 441, 442 "Passion"). Mit klanglichen Verwechslungen in entscheidungserheblichem Ausmaß ist umso weniger zu rechnen, als, wie oben bereits angedeutet, ohnehin nicht die klanglichen, sondern eher die bildlichen Begegnungen der Marken im Vordergrund stehen. Im Gegensatz zur Meinung der Widersprechenden besteht aber auch hier nicht die Gefahr, daß beachtliche Teile des Verkehrs in der jüngeren Marke das Wort "Dana" versehentlich wie "Diana" lesen könnten, weil sowohl von der römischen Göttin dieses Namens als auch von der (derzeit zumindest) weithin bekannten englischen Namensträgerin der Bildbestandteil deutlich wegführt. Schließlich kann auch der (allgemeine) Umstand, daß es sich in beiden Fällen um einen Vornamen handelt, wegen er bereits oben erwähnten Schwäche solcher Kennzeichnungen nicht als verwechslungsfördernd angesehen werden.

Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenauferlegung (MarkenG § 71 Abs 1) entsprach in diesem Fall der Billigkeit (vgl zB BPatGE 22, 211).

Hellebrand Friehe-Wich Albert Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)149-99.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 01.08.2000
Az: 27 W (pat) 149/99


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