Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. August 1997
Aktenzeichen: 6 U 162/96

(OLG Köln: Urteil v. 29.08.1997, Az.: 6 U 162/96)

1. Die Anzeigenwerbung für ein Mobiltelefon (,Handy"), das zu einem bestimmten Preis angeboten wird (hier: DM 0,49), ist irreführend, wenn es zu dem genannten Preis nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel-D1-Netzkartenvertrag erworben werden kann, dies aber für den Leser nicht unmißverständlich aus der Werbung hervorgeht. 2. Das Angebot eines Mobiltelefons (,Handy's") in einer Zeitungswerbung zu dem extrem niedrigen Preis von DM 0,49, das nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel-D1Netzkartenvertrages zum ,Blue-Line-Tarif" wahrgenommen werden kann, ist - auch wenn der Leser die Koppelung erkennt - jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens wettbewerbswidrig. 3. Dem durch eine wettbewerbswidrige Werbung betroffenen Konkurrenten steht gegen den Verletzer grundsätzlich kein Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses von (Kauf)Verträgen über die unlauter beworbene Ware zu.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten sowie die Anschlußberufung der Klägerin wird das am 14. Juni 1996 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 O 33/96 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:1. Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte unter Androhung eines vom Ge-richt für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in werblichen Anzeigen, Zeitungsinseraten u. ä. a)für den Verkauf von Mobiltelefonen ("Handies") zu werben, die zu dem beworbenen Preis von DM 0,49 nur bei Abschluß eines Netzkartenvertrages verkauft werden, wie nachfolgend wiedergegeben: aa) und/oderbb) und/oderb)den Verkauf eines Mobiltelefons ("Handy's") mit einem bestimmten Preis zu bewerben, wenn das Gerät zu diesem Preis nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel D 1-Kartenvertrages erworben werden kann, wie nachfolgend wiedergegeben: 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte ver-pflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter Ziff. 1 aufgeführten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, und zwar hinsichtlich der unter Ziff. 1 a) aa) angeführten Werbung seit dem 3. August 1995 und hinsichtlich der unter Ziff. 1 a) bb) sowie unter Ziff. 1 b) aufgeführten Werbung seit dem 17. August 1995.3.die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziff. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar hinsichtlich der unter Ziff. 1 a) aa) wiedergegebenen Werbung seit dem 3. August 1995 sowie hinsichtlich der unter Ziff. 1 a) bb) und 1 b) wiedergegebenen Werbung seit dem 17. August 1995, wobei die Angaben jeweils nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger, Erscheinungsorten und zeitlicher Abfolge aufzuschlüsseln sind. Die weitergehende Berufung und die Anschlußberufung im übrigen werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin ebenfalls zu 1/5 und der Beklagten zu 4/5 auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in der jeweils nachfolgend bestimmten Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in jeweils derselben Höhe leistet:Sicherheitsleistung bei Zwangsvollstreckung des Unterlassungsausspruchs unter Ziff. 1 a): DM 65.000,00 DM,Sicherheitsleistung bei Zwangsvollstreckung des Unterlassungsausspruchs unter Ziff. 1 b): DM 20.000,00 DM,Sicherheitsleistung bei Zwangsvollstreckung der Verurteilung zur Auskunftserteilung: DM 12.000,00 DM,Sicherheitsleistung bei Vollstreckung des Kostenausspruchs: DM 18.000,00. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus dem Kostentenor gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 6.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in dieser Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die von ihnen jeweils zu erbringenden Sicherheitsleistungen in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu stellen. Die mit diesem Urteil für die Beklagte ver-bundene Beschwer wird auf DM 96.000,00 festgesetzt (DM 65.000,00 für die Verurteilung unter Ziff. 1 a), DM 20.000,00 für die Verurteilung unter Ziff. 1 b), DM 6.000,00 für die Verurteilung unter Ziff. 2 sowie DM 5.000,00 für die Verurteilung unter Ziff. 3. Die Beschwer der Klägerin wird auf DM 24.500,00 festgesetzt (DM 20.000,00 für den abgewiesenen Unterlassungsantrag, DM 1.500,00 für die teilweise Abweisung des Schadensersatzfeststellungsantrags sowie DM 3.000,00 für den teilweise abgewiesenen Antrag auf Auskunftserteilung).

Tatbestand

Die Parteien befassen sich beide unter anderem mit dem Vertrieb

von Elektroartikeln sowie Erzeugnissen der Unterhaltungselektronik.

Zum Vertriebssortiment beider Parteien gehören auch Mobiltelefone,

die in Verbindung mit der Vermittlung des Abschlusses von

Netzkartenverträgen angeboten werden.

Die Beklagte, die einen in H. gelegenen Verbrauchermarkt

betreibt, bewarb in der Ausgabe der "A.er Nachrichten" vom

03.08.1995 mit der auf Bl. 196 d.A. in Schwarz-Weiß-Kopie

wiedergegebenen Anzeige unter der Óberschrift "FAST GESCHENKT" ein

Mobiltelefon zum Preise von DM 0,49. Mit der aus Bl. 194/195 d.A.

ersichtlichen, ebenfalls in Schwarz-Weiß- Kopie wiedergegebenen

Anzeige, die jeweils identisch in den am 17.08.1995 erschienenen

Ausgaben der A.er Nachrichten und der A.er Volkszeitung

veröffentlicht wurde, kündigte die Klägerin erneut unter der

Óberschrift "FAST GESCHENKT" ein Mobiltelefon zum Preise von DM

0,49 an.

Die vorbezeichneten Werbeanzeigen waren beide Gegenstand einer

bei dem Landgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 42 O 268/95 sowie

bei dem erkennenden Senat (6 U 79/96) gerichtlich ausgetragenen

wettbewerblichen Auseinandersetzung zwischen einerseits der

Klägerin sowie andererseits der in Aachen ansässigen M. Markt

TV-Hifi-Elektro GmbH A.. In jenem Verfahren nahm die Klägerin die

M. Markt TV-Hifi-Elektro GmbH A. auf Unterlassung,

Auskunftserteilung sowie auf die Feststellung in Anspruch, daß

diese ihr zum Schadensersatz verpflichtet sei. Das erwähnte

Verfahren wurde durch am 7. März 1997 verkündetes Urteil des

erkennenden Senats in der Berufungsinstanz entschieden. Darin wurde

die vom Landgericht Aachen bereits ausgesprochene Verurteilung der

M. Markt TV-Hifi-Elektro GmbH A. zur Unterlassung der Werbung im

wesentlichen bestätigt. Ebenfalls bestätigt wurde die Verurteilung

der dortigen Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung

von deren Schadensersatzpflicht, wobei allerdings eine zeitliche

Begrenzung auf den Tag der jeweiligen Veröffentlichung der

Werbeanzeigen vorgenommen wurde. Gegen dieses Urteil des Senats ist

Revision eingelegt (I ZR 104/97).

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte mit

Anträgen, die im wesentlichen denjenigen im oben genannten

Verfahren entsprechen, ebenfalls auf Unterlassung,

Schadensersatzfeststellung und Auskunftserteilung in Anspruch.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß die Beklagte mit den

vorbezeichneten Werbeanzeigen gegen § 1 Abs. 1 der Zugabeverordnung

verstoßen habe. Denn bei dem von der Beklagten in den Anzeigen

beworbenen Handy sei die Vermittlung des Abschlusses des

Kartenvertrages mit dem Netzbetreiber die Hauptware, wohingegen die

nur mit einem Scheinentgelt von DM 0,49 verbundene Abgabe des

Handys eine Zugabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Zugabeverordnung

darstelle. Eine Zuwendung müsse nämlich auch dann als eine Zugabe

im Sinne von § 1 Abs. 1 Zugabeverordnung angesehen werden, wenn sie

nur gegen ein geringfügiges, zum Schein verlangtes Entgelt gewährt

werde. Die Werbungen der Beklagten verstießen darüberhinaus auch

gegen § 1 UWG, da die Kunden durch den blickfangmäßig

hervorgehobenen Verkaufspreis von DM 0,49 in sittenwidriger Weise

angelockt und einem psychologischen Kaufzwang unterworfen würden.

Die beiden identischen Anzeigen der Beklagten in den Ausgaben der

A.er Nachrichten und der A.er Volkszeitung jeweils vom 17. August

1995 seien ferner auch irreführend im Sinne von § 3 UWG. In diesen

beiden Anzeigen werde nämlich für den Verbraucher nicht in

ausreichendem Maße deutlich gemacht, daß der niedrige Kaufpreis des

beworbenen Handys nur in Verbindung mit dem erheblichen

Kostenaufwand eines abzuschließenden Kartenvertrages Gültigkeit

habe.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung von

Ordnungsmitteln zu untersagen,

a)

für den Verkauf von Handys zu werben,

die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines

Netzkartenvertrages abgegeben werden - wie geschehen in den A.er

Nachrichten vom 03.08.1995 und 17.08.1995 sowie in der A.er

Volkszeitung vom 17.08.1995 - wenn für das Handy ein Preis von DM

0,49 gefordert wird oder ein solcher Preis, der durch seine

niedrige Bemessung einer unentgeltlichen Zuwendung gleichkommt;

hilfsweise,

für den Verkauf von Handys zu werben,

die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines

Netzkartenvertrages abgegeben werden - wie geschehen in den A.er

Nachrichten vom 03.08.1995 und 17.08.1995 sowie in der A.er

Volkszeitung vom 17.08.1995 ... insbesondere wenn für das Handy ein

Preis von 0,49 DM bis einschließlich 10,-- DM gefordert wird

...

äußerst hilfsweise,

für den Verkauf von Handys zu werben,

die zu dem beworbenen Preis nur bei Freischaltung eines

Netzkartenvertrages abgegeben werden - wie geschehen in den A.er

Nachrichten vom 03.08.1995 und 17.08.1995 sowie in der A.er

Volkszeitung vom 17.08.1995 ... insbesondere wenn für das Handy ein

Preis von 0,49 DM bis einschließlich 5,00 DM gefordert wird

...

und/oder

b)

einen so beworbenen Artikel wie

angekündigt zu veräußern,

und/oder

c)

den Verkauf eines Handys mit einem

bestimmten Preis zu bewerben, wie geschehen in den A.er Nachrichten

vom 17.08.1995 sowie in der A.er Volkszeitung vom 17.08.1995, wenn

nicht deutlich darauf hingewiesen wird, daß das Gerät zu diesem

Preis nur dann erworben werden kann, wenn gleichzeitig die

Freischaltung einer Debitel D 1 Netzkarte erfolgt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, daß die Anzeigen

ein gekoppeltes Angebot zu einem Gesamtpreis enthielten, der aus

den Kosten des Mobiltelefons und des Kartenvertrages gebildet sei.

Auch der angesprochene Verkehr betrachte den Kartenvertrag und das

Mobiltelefon als Einheit, da es sich dabei um eine zweckmäßige

Warenverbindung handele, die auf das Bedürfnis des Verbrauchers

zugeschnitten sei. Die Kosten des Kartenvertrages seien wiederum in

den Anzeigen jeweils deutlich aufgeschlüsselt, so daß ein

Preisvergleich weder unmöglich noch in sittenwidriger Weise

unzumutbar erschwert werde. Dies würdigend liege daher weder eine

unzulässige Kopplung im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des

Bundesgerichtshofs, noch eine Irreführung vor.

Mit Urteil vom 14. Juni 1996, auf welches zur näheren

Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage

in vollem Umfang stattgegeben. Beide Werbeanzeigen, so hat das

Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, erwiesen

sich gem. § 1 UWG unter den Gesichtspunkten des "unzulässigen"

Anlockens und der Ausübung eines psychologischen Kaufzwangs als

wettbewerbswidrig. Folglich sei nicht nur der Unterlassungsantrag

unter lit. a begründet, sondern ebenfalls das mit dem Antrag unter

lit. b verfolgte Unterlassungsbegehren. Was die jeweils am 17.

August 1995 veröffentlichten Werbeanzeigen angehe, so erwiesen sich

diese ebenfalls wegen Verstoßes gegen das in § 3 UWG niedergelegte

Irreführungsverbot als unzulässig, so daß auch das

Unterlassungsbegehren unter lit c) begründet sei. Denn es werde in

dieser Werbung nicht deutlich genug darauf hingewiesen, daß der

beworbene Preis für das Mobiltelefon nur zusammen mit dem Abschluß

eines Netzkartenvertrages Gültigkeit habe.

Gegen dieses ihr am 20. Juni 1996 zugestellte Urteil richtet

sich die am Montag, dem 22. Juli 1996, eingelegte Berufung der

Beklagten, die sie mittels eines am 15. November 1995 - nach

entsprechend gewährter Fristverlängerung - eingegangenen

Schriftsatzes rechtzeitig begründet hat.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches

Vorbringen. Sie ist der Ansicht, daß die Werbung sich weder gemäß

§§ 1, 3 UWG als unzulässig erweise, noch ein Zugabeverstoß

vorliege. Es könne keine Rede davon sein, daß der Vekehr durch den

Preis eines Handys von DM 0,49 übertrieben angelockt werde. Dem

Verkehr sei vielmehr bekannt, daß ein Kartenvertrag mit einem

Provider abgeschlossen werden müsse, um überhaupt das Handy zur

Funktion bringen und es nutzen zu können. Die Annahme, die

angesprochenen Verkehrskreise gingen davon aus, das beworbene Handy

ohne Kartenvertrag für DM 0,49 erwerben zu können, stelle sich

demgegenüber als lebensfremd dar. Die in Rede stehenden Handies

würden im übrigen heute so gut wie verschenkt, jedenfalls aber für

niedrige Beträge, beispielsweise DM 1,00 oder noch weniger,

abgegeben. Dem Kunden solle mit einem besonders günstigen Preis für

das Handy der Abschluß eines Netzkartenvertrages schmackhaft

gemacht werden. Dies sei nichts Wettbewerbswidriges. Es werde kein

weitergehender Anlockeffekt damit verbunden, als derjenige, der

ohnehin jeder Werbung immanent sei. Aus der beanstandeten Werbung

gehe auch ohne weiteres hervor, daß der Preis von DM 0,49 nur dann

gelte, wenn ein Kartenvertrag abgeschlossen werde. Ein

übertriebener Anlockeffekt könne auch aus der Óberschrift der

Werbung "FAST GESCHENKT" nicht hergeleitet werden. Damit werde

lediglich gesagt und dies werde vom angesprochenen Verkehr auch so

verstanden, daß der Kunde das Handy "fast geschenkt" erhalte, wenn

er einen Kartenvertrag abschließe. In den beanstandeten Anzeigen

seien weiter auch die Tarife für die Debitel D 1-Netzkarte, und

zwar der Blueline-Tarif, im einzelnen und nachvollziehbar

aufgeführt. Der Kunde könne vergleichen, ob er einen D

1-Kartenvertrag oder aber alternativ bei einem anderen Anbieter

einen derartigen Vertrag abschließen möchte. Óberdies sei es heute

bei der Werbung für Mobiltelefone üblich und werde inzwischen auch

vom Verkehr erwartet, daß Handy und Kartenvertrag als Einheit

angeboten würden, und zwar in der Weise, daß ein besonders

günstiger Preis für das Handy angegeben werde und die Tarife für

den entsprechenden Kartenvertrag genannt würden.

Die Werbung erweise sich auch nicht etwa als irreführend, weil

sie angeblich nicht klar und deutlich darauf hinweise, daß der

beworbene Preis für das Handy nur bei Freischaltung einer D

1-Netzkarte gelte. Denn der Umstand, daß der Preis für das Handy

nur bei gleichzeitigem Abschluß des Netzkartenvertrages gelte,

werde in den Anzeigen deutlich herausgestellt und vom

angesprochenen Verkehr auch so verstanden.

Es liege weiter auch kein Verstoß gegen § 1 Abs. 1

Zugabeverordnung vor, weil der Verkehr das Handy und die

Freischaltung einer Netzkarte als wirtschaftliche Einheit verstehe.

In den Augen des Verkehrs stelle beides ein einheitliches

Leistungspaket dar, mit dem zwei Leistungselemente wegen ihrer

zweckgebundenen Zusammengehörigkeit zu einer Wareneinheit verbunden

seien. Der Kauf eines Handys ohne Karte mache keinen Sinn, denn das

Handy allein könne nicht benutzt werden. Umgekehrt sei auch der

Abschluß nur eines Kartenvertrages - ohne Handy - "unsinnig", denn

mit der Karte allein könne ebenfalls nicht telefoniert werden.

Beides hänge also untrennbar zusammen, der Verkehr verstehe das und

folglich auch die Werbung in diesem Sinne.

Die Klägerin, so meint die Beklagte, könne aber auch mit dem

unter Ziff. 1 lit. b geltend gemachten Unterlassungsbegehren nicht

durchdringen. Denn würde sich die mit diesem Unterlassungsbegehren

zum Ausdruck gebrachte Ansicht der Klägerin als richtig erweisen,

liefe dies darauf hinaus, daß der Abschluß jedweder Kaufverträge

für Waren, für die in wettbewerbswidriger Weise geworben worden

sei, als unzulässig betrachtet werden müsse, was jedoch eine

"absurde Vorstellung" sei. Die §§ 1, 3 UWG schützten die Lauterkeit

des Wettbewerbs und der Werbung. Diese Vorschriften seien bei dem

zivilrechtlichen Abschluß von Verträgen, wie auch den

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "Folgeverträge I und II" zu

entnehmen sei, nur dann einschlägig, wenn das Verhalten eines

Gewerbetreibenden von vornherein auf einem Gesamtkonzept basiere,

das die Täuschung der Geschäftspartner zum Gegenstand und zum Ziel

habe und bei dem zum Gesamtplan dazugehöre, diese Täuschung durch

zivilrechtliche Durchsetzung der Verträge auszunutzen. Diese

Erwägungen griffen bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation

jedoch nicht.

Da im übrigen in allen beanstandeten Werbeanzeigen ein

deutlicher Hinweis darauf enthalten sei, daß das Handy zu dem

beworbenen Preis nur bei gleichzeitigem Abschluß eines

Kartenvertrages erworben werden könne, gehe schließlich auch die

Ansicht fehl, daß damit eine Irreführung über die Preisgestaltung

verbunden sei.

Schließlich sei der von der Klägerin geltend gemachte und vom

Landgericht zugesprochene Auskunftsanspruch aber auch viel zu weit

gefaßt. Es sei nicht erkennbar, wieso die Klägerin für die

Berechnung eines eventuellen Schadens "Angaben nach Werbeträgern,

Auflagen der Werbeträger, Erscheinungsorte" sowie eine

Aufschlüsselung der "zeitlichen Abfolge" benötige.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen

Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe

zurückzuweisen, daß die Klageanträge wie folgt neu gefaßt

werden:

1.

die Beklagte unter Androhung eines

Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis

zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu verurteilen, es

zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des

Wettbewerbs in werblichen Anzeigen, Zeitungsinseraten u.ä.,

a)

für den Verkauf von Mobiltelefonen

("Handies") zu werben, die zu dem beworbenen Preis von DM 0,49 nur

bei Abschluß eines Netzkartenvertrages verkauft werden,

wie nachfolgend wiedergegeben

- es folgen nunmehr die in Ziff. 1 a)

des Tenors dieses Urteils wiedergegebenen Abbildungen. -

und/oder

b)

ein so beworbenes Mobiltelefon wie

angekündigt zu verkaufen und/oder zu veräußern;

und/oder

c)

den Verkauf eines Mobilfunktelefons

("Handy´s") mit einem bestimmten Preis zu bewerben, wenn das Gerät

zu diesem Preis nur dann erworben werden kann, wenn gleichzeitig

der Abschluß eines Debitel D 1-Kartenvertrages erfolgt, wie

nachfolgend wiedergegeben:

- es folgt nunmehr die in Ziff. 1 b)

des Tenors dieses Urteils wiedergegebene Abbildung.

Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der

ersten Instanz. Sie vertritt die Ansicht, die beanstandete Werbung

der Beklagten verstoße sowohl gegen § 1 Abs. 1 Zugabeverordnung als

auch gegen die §§ 1, 3 UWG. Es handele sich um einen krassen Fall

unlauterer Wertreklame, in dem Mobiltelefone zu einem bloßen

Scheinentgelt als Zugabe zum Abschluß eines Debitel D

1-Netzkartenvertrages angeboten würden. Darin liege nicht nur ein

Verstoß gegen die Zugabeverordnung, sondern darüberhinaus auch eine

Verletzung des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der sachfremden

Verlockung, nämlich des gekoppelten Vorspannangebotes. Das Angebot

eines Mobiltelefons zum Preise von nur DM 0,49 diene lediglich als

Lockangebot im Sinne eines Vorspannangebotes zur Förderung des

Absatzes von Telefondienstleistungen aufgrund von

Netzkartenverträgen. Voraussetzung für die nahezu kostenlose Abgabe

des Geräts sei der Abschluß des Kartenvertrages. Dabei werde durch

die Vorspannware ("Handy") auf den Kunden ein starker Lockeffekt

ausgeübt, der geeignet und auch dazu bestimmt sei, ihn ohne

sachliche Prüfung zum Kauf der regulären "Hauptware"

(Netzkartenvertrag) zu bewegen, um die besonders günstig

erscheinende Vorspannware zu erwerben.

Das gelte ungeachtet des Umstandes, daß ein Mobiltelefon nicht

ohne Telefonkarte benutzt werden könne. Es sei nicht nur ohne

weiteres denkbar, sondern entspreche im übrigen auch einem weiten

Teil des Handels, Mobiltelefon- und Netzkartenverträge getrennt,

ohne akzessorische Verknüpfung mit dem Erwerb eines Mobiltelefons,

anzubieten. Durch den Vorspann, die Anlockung, solle der Kunde zum

einen dazu bewogen werden, einen Kartenvertrag abzuschließen, den

er sonst möglicherweise überhaupt nicht abgeschlossen hätte. Er

solle zum anderen überdies dazu bewogen werden, mit gerade diesem

Betreiber einen Vertrag abzuschließen, mit dem er sonst - etwa

wegen allgemein ungünstiger Konditionen - einen Vertrag nicht

abgeschlossen hätte. Darüberhinaus solle er durch den Vorspann dazu

bewogen werden, einen Kartenvertrag zu einem besonders ungünstigen

Tarif abzuschließen. All diese Gesichtspunkte führten im Streitfall

dazu, der Verknüpfung das Gepräge des unlauteren Anlockens zu

verleihen.

Der Verkehr werde aber auch irregeführt. Denn die von der

Beklagten angeführte angebliche Vergleichsmöglichkeit der sich

gegenüberstehenden Kartenverträge und Tarife bestehe tatsächlich

nicht. Ohne nähere Informationen wisse der Kunde weder etwas mit

dem Begriff des "Blue-Line-Tarifs" anzufangen, noch werde er

darüber aufgeklärt, daß es sich bei Gesprächsgebühren von DM 1,94

pro Minute um unverhältnismäßig hohe Gesprächsgebühren für

"Wenig-Telefonierer" handele. Der Kunde könne weder zwischen

Kartenverträgen verschiedener Anbieter wählen, noch habe er

überhaupt die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Tarifen desselben

Anbieters zu wählen. Der extremen Preisgünstigkeit des

Vorspannangebotes stehe die Verpflichtung zur Bezahlung von

Gebühren nach einem überaus teuren Tarif gegenüber, ohne daß der

nicht einschlägig informierte Kunde die von der Koppelung

ausgehende Gefahr erkennen könne. Die beanstandete Werbung sei

darüberhinaus auch irreführend im Sinne von § 3 UWG. Schon die

Óberschrift "FAST GESCHENKT" täusche darüber, daß der Kunde über

das Vorspannangebot (Mobiltelefon für DM 0,49) dazu verleitet

werden solle, einen wirtschaftlich ungünstigen Kartenvertrag

abzuschließen, dessen Leistungen alles andere als "geschenkt"

seien. Es werde ein besonderer Preisvorteil suggeriert, der

tatsächlich aber nicht bestehe. Durch den fehlenden

"Sternchenhinweis" bei den Werbeanzeigen vom 17. August 1995 und

die Art der Gestaltung dieser Anzeigen im übrigen werde der Kunde

überdies nicht hinreichend über die Verknüpfung zwischen dem extrem

preisgünstigen Erwerb des Handys und dem kostenträchtigen

Kartenvertrag aufgeklärt. Weiteres Irreführungselement sei der

Umstand, daß der Kunde auch darüber irregeführt werde, daß er sich

zum Abschluß eines Debitel D 1-Netzkartenvertrages ausschließlich

zum Blue-Line-Tarif entschließen müsse und dieser Tarif, wolle er

das Gerät auch nur in durchschnittlichem Umfang nutzen, für ihn

besonders ungünstig sei. Der Blue-Line-Tarif sei nur dann sinnvoll,

wenn der Kunde lediglich ein- bis zweimal pro Tag - überwiegend

abends oder am Wochenende - telefonieren wolle. Für alle anderen

Telefonkunden sei entweder der Standort-Tarif (bis zu fünf

Telefonate täglich) oder aber der Business-Tarif (mehr als fünf

Telefonate täglich) sinnvoll.

Was das mit dem Unterlassungsantrag unter 1 b) verfolgte

Begehren angehe, so erweise sich dieses deshalb als berechtigt,

weil die beanstandete Werbung darauf ausgerichtet sei, in besonders

agressiver Weise neue Kunden zu werben und die Unerfahrenheit und

den Mangel an Urteilsvermögen angelockter Interessenten

auszunutzen. Gerade die Verkehrskreise, welche den Zusammenhang

zwischen einerseits dem sehr niedrigen Preis des Handys und

andererseits den sehr hohen Telefonkosten nicht durchschauten und

die daher die beiderseitigen Leistungen auch nicht richtig bewerten

sowie die Vor- und Nachteile des Geschäfts sachgerecht abwägen

könnten, würden aber durch die Werbung angesprochen. Das Verhalten

der Beklagten beruhe daher von vornherein auf einem Gesamtkonzept,

das die Täuschung der Geschäftspartner zum Gegenstand und zum Ziel

habe und bei dem zum Gesamtplan dazugehöre, diese Täuschung dadurch

auszunutzen, daß die Verträge (in ihrer Gesamtheit) zivilrechtlich

durchgesetzt werden. Nach den in der Rechtsprechung unter anderem

des Bundesgerichtshofs Folgeverträge I und II (GRUR 1994/126 f und

GRUR 1995/358 f) entwickelten und angewandten Grundsätzen habe die

Beklagte folglich auch die Absatzgeschäfte zu unterlassen.

Da die Beklagte nach alledem zur Unterlassung gemäß den

vorbezeichneten Klageanträgen unter Ziff. 1 verpflichtet sei, müsse

sie ferner auch den durch die dort aufgeführten Handlungen

entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden ersetzen sowie

ferner die zur Bezifferung dieses Schadensersatzes erforderliche

Auskunft erteilen.

Die Klägerin beantragt daher im Wege der Anschlußberufung,

2.

festzustellen, daß die Beklagte

verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr

durch die vorstehend unter Ziff. 1 aufgeführten Handlungen

entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

3.

die Beklagte zu verurteilen, der

Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die

vorstehend zu Ziff. 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, wobei

die Angaben nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger,

Erscheinungsorten und zeitlicher Abfolge aufzuschlüsseln sind.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlußberufung

zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der

Parteien wird auf die von ihnen in beiden Instanzen jeweils

gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akte 6 U 79/96 (= 42 O 268/95 LG Aachen) lag vor und war

Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist zulässig,

in der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten jedoch nur

teilweise Erfolg. Hingegen erweist sich die stillschweigend

eingelegte zulässige - unselbständige - Anschlußberufung der

Klägerin, mit welcher diese im Wege der Klageerweiterung nunmehr

auch Ansprüche auf Schadensersatz und Auskunftserteilung geltend

macht, in vollem Umfang als erfolgreich.

Die Klägerin kann von der Beklagten in dem aus der Urteilsformel

ersichtlichen Umfang Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft

verlangen.

Der erkennende Senat hat in seinem zu dem Verfahren 6 U 79/96

ergangenen Urteil, welches sich der Sache nach zu den identischen

Werbeanzeigen und zu den nämlichen Klagebegehren verhält und in dem

die dortigen Parteien - wie sich unter anderem in der Darstellung

des Tatbestands in der vorliegenden Sache niederschlägt - mit

weitgehend wortgleich formulierten Argumenten ihre jeweiligen

Standpunkte vertreten, folgendes ausgeführt:

"1. ...

Die Klägerin verlangt mit dem ... Klagebegehren zu 1. c) von der

Beklagten zu Recht, daß diese es unterläßt, für den Verkauf eines

Mobiltelefons zu einem bestimmten Preis in der Form der Gestaltung

der Werbeanzeigen vom 17. August 1995 zu werben, wenn das Handy zu

diesem Preis nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Debitel D

1-Netzkartenvertrags erworben werden kann. Das beanstandete

Wettbewerbsverhalten der Beklagten ist gemäß § 3 UWG unzulässig,

denn die von den Anzeigen der Beklagten vom 17. August 1995

angesprochenen Verbraucher werden in relevanter Weise über das dort

beworbene Angebot und die von der Beklagten dafür geforderte

Gegenleistung irregeführt. Dies können die Mitglieder des Senats,

die zu den von der Beklagten mit den Anzeigen umworbenen

Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde und Erfahrung

feststellen.

Gegenstand der ... Anzeigen vom 17. August 1995 ist in deren

oberen Drittel jeweils ein Mobiltelefon zu 0,49 DM, welches nur

abgegeben wird, wenn der Kunde zugleich einen Debitel D

1-Netzkartenvertrag abschließt. Die Beklagte bewirbt somit in

diesen Anzeigen ein Kombinationspaket, bestehend aus dem Handy und

dem erwähnten Kartenvertrag, zu dessen Konditionen und Kosten in

dem schwarz unterlegten Block in der linken oberen Ecke der

Anzeigen Angaben gemacht werden. Der in den Anzeigen

herausgestellte Preis für das Handy ist folglich nur einer der

beiden Bestandteile, aus denen sich die Gegenleistung

zusammensetzt, die die Beklagte für das beworbene Gesamtpaket

fordert. Wird - wie im Streitfall - ein Gesamtpaket angeboten, muß

dies für den Verbraucher unmißverständlich aus der Werbung

hervorgehen. Gleiches gilt für die Preisangaben, die zu den

Produkten und bzw. oder Leistungen gemacht werden, aus denen sich

das Gesamtpaket zusammensetzt. Nur dann kann der Verbraucher das

Angebot des Wettbewerbers und die dort gemachten Preisangaben

zutreffend einschätzen und auf dieser Grundlage dieses Angebot mit

dem anderer Wettbewerber vergleichen.

Die Gestaltung der beiden Anzeigen der Beklagten vom 17. August

1995 genügt nicht diesen Anforderungen. Blickfangmäßig

herausgestellt sind dort die Abbildung des Handys und der Preis des

Mobiltelefons, der sogar zweifach, nämlich durch die Hinweise

"-,49" und "Nur 49 Pfennig!!" betont wird. Die Aufklärung darüber,

daß der Verbraucher zum Erwerb dieses Handys auch einen

Kartenvertrag mit einem bestimmten Netzbetreiber abschließen muß,

einschließlich der Konditionen dieses Vertrags, findet sich zwar in

dem bereits erwähnten schwarz unterlegten Block in der linken

oberen Ecke der Anzeige. Bis auf den Hinweis "Nicht vergessen!",

der für sich genommen lediglich als allgemeiner Werbeappell vom

Betrachter wahrgenommen wird, sind jedoch die Angaben in diesem

Block derart klein, daß sie nur mit großer Anstrengung, fast nur

... mit der Lupe lesbar sind. Dabei sind die Angaben in diesem

Block, obwohl erst durch sie das tatsächliche Angebot der Beklagten

in den Anzeigen komplettiert wird und sie für den Interessenten,

wenn er vom Angebot der Beklagten Gebrauch macht, wegen der mit dem

Abschluß eines Kartensvertrags verbundenen beachtlichen Kosten von

Bedeutung sind, sogar noch wesentlich kleiner gehalten als die

technische Beschreibung des Handys in dem Fließtext unterhalb des

abgebildeten Geräts. Der Verbraucher wird aber zu Recht erwarten,

daß Umstände, die den Gegenstand des beworbenen Angebots und die

dafür vom Werbenden geforderte Gegenleistung bestimmen, nicht in

einer Weise versteckt in der Anzeige aufgeführt werden, daß ihnen

nach ihrer graphischen Gestaltung wie im Streitfall optisch der

Rang von unwichtigem Kleingedruckten zugewiesen wird.

Hinzu kommt, daß es in den beiden Anzeigen vom 17. August 1995

keine sonstigen Anhaltspunkte gibt, die den Interessenten

veranlassen könnten, sich mit den Angaben des erwähnten Blocks zu

beschäftigen und dann zu erfahren, was tatsächlich von der

Beklagten beworben wird. Eine Verknüpfung des Blocks mit dem

abgebildeten Handy oder bei dessen Preis durch ein sog. Sternchen

fehlt. Die unterhalb des Handys wiedergegebene "Karte" ist

ebenfalls nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des Interessenten auf

die Angaben in dem Block zu lenken. Diese Karte enthält keine

Erläuterungen dazu, daß das Handy nur bei Anschluß eines Debitel D

1-Kartenvertrags erworben werden kann und wird daher allenfalls als

allgemeiner Werbehinweis auf die Möglichkeit verstanden, bei der

Beklagten einen derartigen Kartenvertrag abschließen zu können

(nicht müssen), was durch die daneben stehende Angabe "Sämtliches

Zubehör bei uns erhältlich" noch unterstützt wird. Für viele

derjenigen Verbraucher, die sich - eventuell veranlaßt durch die

Werbung der Beklagten - erstmals mit dem Erwerb eines Mobiltelefons

befassen, wird sogar selbst diese Aussage mit der "Karte" nicht

verbunden sein, weil sie gar nicht wisen, daß es zur Benutzung

eines Handys des Abschlusses eines sog. Kartenvertrags bedarf,

geschweige denn, daß diese Verbraucher darüber informiert sind, daß

es verschiedene Anbieter derartiger Kartenverträge, noch dazu mit

unterschiedlichen Tarifen, gibt. Bei Kaufleuten und freiberuflich

Tätigen mag von einer Kenntnis dieser Fragen, die bevorzugt in den

Wirtschaftsteilen der größeren Zeitungen erörtert werden,

auszugehen sein. Bereits bei den Klein- und

Kleinstgewerbetreibenden (z.B. den Betreibern eines Kiosks) und

insbesondere bei den durchschnittlichen nicht kaufmännischen

Verbrauchern kann jedoch eine derartige Kenntnis nicht

vorausgesetzt werden. Wie aber die wachsende Zahl der

Handy-Benutzer jedweden Alters und ersichtlich auch jedweden Berufs

im alltäglichen Straßenbild zeigt, entschließen sich zunehmend auch

solche Verbraucherkreise zum Erwerb von Mobiltelefonen angesichts

deren heute (scheinbar) günstigen Preisen. Diese Verbraucher werden

das Angebot der Beklagten im Zweifel jedoch ausgehend von ihren

Kenntnissen und Erfahrungen mit dem "Normal-Telefon" beurteilen,

folglich zwar mit Gebühren bei der Benutzung des Handys rechnen,

nicht aber damit, daß grundsätzlich die Wahl unter verschiedenen

Netzanbietern mit unterschiedlichen Konditionen und Tarifen möglich

ist und zur Benutzung des Mobiltelefons ein Kartenvertrag mit einem

dieser Netzanbieter abgeschlossen werden muß.

Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, daß die

durchschnittlichen Verbraucher jedenfalls aufgrund der zahlreichen

Anzeigen anderer Wettbewerber und der dort praktizierten Art und

Weise der Bewerbung eines Handys mit Kartenvertrag dazu veranlaßt

würden, die beiden Anzeigen der Beklagten vom 17. August 1995 mit

dem darin enthaltenen Kombinationsangebot zutreffend zu verstehen.

Zum einen müssen auch diejenigen Verbraucher berücksichtigt werden,

die sich, veranlaßt durch das sie ansprechende Angebot der

Beklagten, spontan zum Erwerb eines Handys entschließen, ohne zuvor

aufmerksam die Anzeigen anderer Händler zu studieren. Wie zudem die

von der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. November 1996 vorgelegten

zahlreichen Werbebeispiele anderer Wettbewerber demonstrieren, mag

es zwar heute weigehend üblich sein, Handies zusammen mit

Kartenverträgen anzubieten. Diese Werbebeispiele machen jedoch auch

deutlich, daß diese Angebote jeweils sehr unterschiedlich gestaltet

sind und den Verbraucher, der derartige Werbungen eher flüchtig

beurteilt, noch dazu, wenn er noch nicht zum Erwerb eines der dort

angebotenen Geräte entschlossen ist, eher verwirren als ihn darüber

aufklären, was es mit den Kartenverträgen und den verschiedenen

Netzanbietern und Tarifen auf sich hat. Dies beginnt schon damit,

daß Handies danach nicht nur - wie bei den streitgegenständlichen

Anzeigen der Beklagten - als "Gesamtpaket" dergestalt angeboten

werden, daß sie ausschließlich mit dem Kartenvertrag abgegeben

werden, sondern teilweise in derselben Anzeige sowohl mit als auch

ohne Kartenverträge beworben werden. Daneben gibt es ebenfalls,

wenn auch eher vereinzelt, Anzeigen nur für Handies. Bei den

Anzeigen, in denen ein Hinweis auf einen Kartenvertrag enthalten

ist oder in denen ein "Kombinationsangebot" in der hier in Rede

stehenden Art beworben wird, sind wiederum die Angaben zu den

Kartenverträgen jeweils völlig unterschiedlich gestaltet, was den

Inhalt und die optische Aufmachung der (häufig nur kursorischen)

Hinweise, daß der Erwerb des Handys zu dem beworbenen Preis vom

Abschluß eines bestimmten Kartenvertrags abhängig ist, angeht,

wobei die Verknüpfung zwischen Handy und den dargestellten

Konditionen des Kartenvertrags häufig mit Hilfe sog. Sternchen

geschieht (wie auch bei der streitgegenständlichen Anzeige der

Beklagten vom 03. August 1995). Nach alledem sprechen zwar die von

der Beklagten vorgelegten Werbebeispiele für die Richtigkeit des

Vortrags der Beklagten, daß heute in der Werbung häufig Handy und

Kartenvertrag in Kombination angeboten werden, wobei für das Handy

ein besonders günstiger Preis angegeben wird und die Tarife für den

entsprechenden Kartenvertrag genannt werden ... . Aus dieser Art

der Bewerbung läßt sich aber nicht herleiten, daß die

durchschnittlichen Verbraucher wegen dieser Werbepraxis die hier in

Rede stehenden Anzeigen der Beklagten vom 17. August 1995 in

anderer Weise verstehen, als dies oben aufgrund der erörterten

konkreten Gestaltung dieser Anzeigen dargelegt worden ist.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die erörterte

Gestaltung der beanstandeten Anzeigen der Beklagten vom 17. August

1995 hat der Senat daher keine Zweifel, daß nicht nur ein nicht

unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise über das

Angebot der Beklagten irregeführt wird, weil diese Verbraucher

nicht bemerken werden, daß sie das in den Anzeigen herausgestellte

Handy nur bei Abschluß eines Debitel D1-Kartenvertrages

erhalten.

Diese Irreführung der Verbraucher ist auch relevant im Sinne von

§ 3 UWG, denn sie ist geeignet, die Verbraucher zu veranlassen,

Anzeigen anderer Wettbewerber, die in gehöriger - ausreichend

deutlicher - Form über ihre Kombinationsangebote von Handies mit

Kartenverträgen informieren, zu vernachlässigen und in

geschäftlichen Kontakt mit der Beklagten zu treten.

Da schließlich die im Rahmen von § 3 UWG gebotene Abwägungen der

sich gegenüberstehenden Interessen der Parteien ebenfalls zum

Nachteil der Beklagten ausfallen muß, denn dieser ist eine

zutreffende Information des Verkehrs durch entsprechende

Umgestaltung der Anzeige ohne weiteres möglich, ist somit das

Unterlassungsverlangen der Klägerin zu Ziffer 1. c) ihrer

zweitinstanzlichen Klageanträge gemäß § 3 UWG gerechtfertigt.

2.

Begründet ist ebenfalls das von der Klägerin mit Ziffer 1. a)

ihrer Klage geltend gemachte Unterlassungsverlangen, dessen

Neuformulierung durch die Klägerin in der zweiten Instanz mit

Ziffer 1. a) des Tenors dieses Urteils Rechnung zu tragen war.

Dieses Klagebegehren ist gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt

des unlauteren Vorspannangebots erfolgreich.

In beiden Anzeigen der Beklagten, die mit diesem

Unterlassungsantrag beanstandet werden und die in Ziffer 1. a) des

Tenors dieses Urteils in Schwarzweißkopie abgebildet sind, wird

eine Gesamtpaket bestehend aus Handy und Kartenvertrag angeboten;

das Handy zu 0,49 DM kann nur bei Abschluß eines Debitel D

1-Netzkartenvertrags zum Blue-Line-Tarif erworben werden. Das Ganze

soll, wie die Beklagte selbst vorträgt, dazu dienen, dem Kunden

durch den beworbenen besonders günstigen Preis von 0,49 DM den

Abschluß des Kartenvertrages "schmackhaft" zu machen. Unstreitig

hat das fragliche Handy - für sich genommen - einen ungleich

höheren Preis als in der Werbung ausgewiesen. Ein derart extrem

niedriger Preis des Handys ist nur möglich, weil die Netzanbieter

hohe Provisionen an die Händler bezahlen, wobei diese Provisionen

wiederum nur durch die den Netzbetreibern durch die Kartenverträge

zufließenden Erlöse ermöglicht werden.

Es geht danach im Streitfall um ein Kopplungsangebot, bei dem

der sehr günstige Preis des Handys als sog. Vorspannware den Absatz

des in Rede stehenden konkreten Kartenvertrags fördern soll.

Vorspannangebote sind zwar nicht in jedem Fall unlauter, denn jede

Werbung entfaltet einen Anlockeffekt, worauf die Beklagte zu Recht

hinweist. Gerade dann, wenn - wie hier bei der

streitgegenständlichen Werbung - die gekoppelten Waren trotz

Branchenfremdheit eine beachtliche Gebrauchsnähe aufweisen und aus

der Sicht des Verkehrs als sinnvolle Verbindung für eine

Angebotseinheit erscheinen (das Handy kann nicht ohne einen

Kartenvertrag benutzt werden), kann der Indizcharakter für eine

gemäß § 1 UWG unlautere Vorspannware entfallen (vgl.

Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., § 1 UWG Rdn. 132,

136). Das Anlocken des Kunden mit einem Vorspannangebot

überschreitet jedoch auch bei einer derartigen Gebrauchsnähe der

gekoppelten Waren und Leistungen die Grenzen der zulässigen

Bewerbung, wenn der von der Vorspannwirkung ausgehende Lockeffekt

derart stark ist, daß er geeignet ist, den Kunden von der Hauptware

und ihren Eigenschaften abzulenken und ihn aus sachfremden Gründen

zum Erwerb der Hauptware zu veranlassen (Baumbach-Hefermehl,

a.a.0., § 1 UWG Rdn. 138 m.w.N.).

Die beanstandeten Werbungen der Beklagten vom 3. und 17. August

1995 sind aber in dieser Weise unlauter, denn der davon

angesprochene Verbraucher wird durch den besonders günstigen Preis

des Handys mit Hilfe der konkreten Gestaltung der Anzeigen in einer

derart übermäßigen Weise angelockt. Dies gilt selbst dann, wenn bei

beiden Anzeigengestaltungen im Rahmen des hier zu prüfenden

Unterlassungsantrags zu Ziffer 1. a) (in Abgrenzung zu dem

vorstehend erörterten Klageantrag zu 1. c)) unterstellt wird, daß

der Verbraucher die Koppelung von Handy und Kartenvertrag bemerkt,

den Anzeigen also entnimmt, daß er das Handy nur bei Abschluß des

Kartenvertrages zu dem beworbenen Preis erhält. Nicht vorausgesetzt

werden kann nämlich, daß der durchschnittliche Verbraucher über

Kartenverträge und Tarife für Mobiltelefone zumindest in der Weise

informiert ist, daß er von der Existenz verschiedener

Netzkartenanbieter und unterschiedlicher Tarife selbst bei dem

jeweiligen Netzkartenanbieter mit den damit sich für ihn ergebenden

Wahlmöglichkeiten Kenntnis hat. Insoweit wird auf die Erörterungen

zu Ziffer 1. der Entscheidungsgründe verwiesen. Gerade gegenüber

diesen Interessenten, die sich von den streitgegenständlichen

Anzeigen der Beklagten besonders angesprochen fühlen werden, weil

sie meinen, sich nunmehr wegen des günstigen Preises ebenfalls ein

derartiges Mobiltelefon ohne weiteres leisten zu können, ist jedoch

die Werbung der Beklagten darauf angelegt, den Blick der

Verbraucher ausschließlich auf das scheinbar so günstige Handy zu

richten und dabei die eigentliche Hauptware - den Kartenvertrag mit

seinen Konditionen und Kosten - zu vernachlässigen.

Dafür sorgt bereits, daß im Vordergrund beider

Anzeigengestaltungen jeweils das groß abgebildete Handy und der

ebenfalls blickfangmäßig herausgestellte Preis von 0,49 DM stehen.

Die Angaben zu dem mit dem Handy gekoppelte Kartenvertrag mit dem

Ausschluß der Möglichkeit, zumindest unter den Debitel-Tarifen zu

wählen, weil nur der Blue-Line-Tarif zur Verfügung steht, also die

Angaben zu der Leistung, die angesichts ihrer Kosten und

Konditionen den Teil des Kombinationsangebots darstellt, der den

Kunden ungleich stärker als der geringe Preis des Handys belastet,

erscheint demgegenüber durch die von der Beklagten gewählte

grafische Gestaltung der Anzeigen als bloße Nebensächlichkeit.

Besonders deutlich zeigt sich dies bei den beiden bereits

erörterten Anzeigen vom 17. August 1995, in denen nach der

Gestaltung der Anzeige dem Kartenvertrag der Rang von unwichtigem

und deshalb vom Kunden ohne weiteres zu vernachlässigendem

Kleingedruckten beigemessen wird, weil der Hinweis auf die

Notwendigkeit des Abschlusses des Kartenvertrags und die Angaben zu

dessen Konditionen noch nicht einmal so deutlich wie der Fließtext

mit der technischen Beschreibung des Geräts sind.

Dies gilt aber ebenfalls für die Anzeige vom 3. August 1995, die

im Prinzip ähnlich gestaltet ist. Der dort ebenfalls mit schwarzer

Farbe unterlegte Block mit den Angaben zum Kartenvertrag, der sich

- anders als bei den Anzeigen vom 17. August 1995 - im unteren

Drittel der Werbung befindet, ist zwar erheblich größer als der

entsprechende Block in den Anzeigen vom 17. August 1995; seine

Angaben sind zudem - auch ohne Lupe - lesbar. In der Anzeige vom 3.

August 1995 befindet sich darüber hinaus bei der Preisangabe des

Handys ein - im Verhältnis zum Preis des Handys - kleines

Sternchen, welches mit dem (eher als kleiner Punkt erscheinenden)

"Sternchen" in dem erwähnten schwarzen Block korrespondieren soll.

In Relation zu der sehr großen Abbildung des Handys und dessen

Preises einschließlich der Größe der anderen Angaben wirken jedoch

auch bei der Anzeige vom 3. August 1995 die Hinweise zum

Kartenvertrag in dem schwarzen Block als "Kleingedrucktes" und

damit als etwas Nachrangiges/Nebensächliches gegenüber dem Handy

und dessen Preis.

Der in beiden Anzeigengestaltungen jeweils in der Kopfzeile

enthaltene blickfangmäßig herausgestellte Hinweis "FAST GESCHENKT"

ist ein weiteres Moment, das den Blick des Interessenten auf das

scheinbar überaus billige, fast geschenkte Handy richtet und

zusätzlich die Vorstellung des Kunden fördert, für die Beurteilung

der Preisgünstigkeit des von der Beklagten in den Anzeigen

beworbenen Angebots komme es allein auf das Handy an. Daß er das

Handy in Wahrheit nicht "fast geschenkt" erhält, weil er das Gerät

nur dann erwerben kann, wenn er den fraglichen Kartenvertrag mit

den damit verbundenen erheblichen Kosten abschließt, im Streitfall

sogar noch zu dem unstreitig besonders nachteiligen Blue-Line-Tarif

ohne Wahlrecht zwischen den Netzkartenanbieter oder zumindest

zwischen den von Debitel angebotenen Tarifen, der Werbehinweis

"FAST GESCHENKT" also nur ironisch gemeint die Situation zutreffend

beschreibt, wird nur für den offenbar, der mit den in Rede

stehenden Fragen der Kartenverträge vertraut ist. Die

durchschnittlichen Verbraucher, zumal diejenigen, die sich erstmals

mit dem Kauf eines Handys befassen, sind jedoch dazu aus den

bereits erörterten Gründen nicht in der Lage. Sie werden daher,

verführt durch die Gestaltungen der Werbeanzeigen der Beklagten,

gar nicht auf die Idee kommen, daß sie, um die Preisgünstigkeit des

Angebots der Beklagten gegenüber den von anderen Wettbewerbern

beworbenen Handies beurteilen zu können, auch den Kartenvertrag mit

dem dabei ausschließlich für sie möglichen Blue Line-Tarif und

dessen Kosten berücksichtigen müssen und nicht nur auf den Preis

des Handys abstellen können, weil dieser allein nichts über die

Günstigkeit des Gesamtpreises für das Kombinationsangebot aussagt.

Sie werden vielmehr das Angebot der Beklagten ausgehend von ihren

Kenntnissen zum "Normaltelefon" einschätzen und dementsprechend

zwar in Rechnung stellen, daß für die Benutzung des Mobiltelefons

Kosten anfallen. Sie werden aber nicht in ihre Vorstellung

einziehen, daß diese Kosten je nach Kartenvertrag und Tarif

variieren und deshalb der Gesamtpreis von Kombinationsangeboten,

bestehend aus Handy und Kartenvertrag, sehr unterschiedlich sein

kann, selbst wenn der dort für das Handy ausgewiesene Preis jeweils

in etwa gleich ist.

Die von der Beklagten vorgelegten Werbebeispiele anderer

Wettbewerber führen auch im Rahmen des hier zu erörternden

Unterlassungsantrags der Klägerin zu keiner anderen Beurteilung der

Verbrauchervorstellung. Die bereits angesprochenen Werbebeispiele

machen zwar deutlich, daß Kombinationsangebote von preisgünstigen

Handies und Kartenverträge im steigenden Maße beworben werden,

aber, wie schon erörtert, mit jeweils sehr unterschiedlichen

Ausgestaltungen und Bedingungen. Dies gilt selbst für die Preise

der Handies mit Kartenvertrag, die ausweislich dieser

Werbebeispiele von Pfennigsbeträgen bis zu Preisen von ca. 10,00

DM, 49,00 DM und mehr variieren. Daß aufgrund dieser Anzeigen dem

von der Beklagten beworbenen Preis für das Handy in der konkreten

Gestaltung der Anzeigen keine übermäßige Anlockwirkung zukommt,

läßt sich daraus nicht herleiten. Abgesehen davon, daß nicht davon

ausgegangen werden kann, daß jeder, der sich zum Kauf eines derart

billigen, scheinbar fast geschenkten Handys entschließt, sich

vorher mit den Werbeanzeigen der anderen Wettbewerber befaßt, steht

dem schon die erwähnte unterschiedliche Ausgestaltung, wie

derartige Handies jeweils beworben werden (mit Kartenvertrag, mit

zwei Preisen je nach dem, ob ein Kartenvertrag abgeschlossen wird

u.s.w.) entgegen. Diejenigen durchschnittlichen Verbraucher, die

die Anzeigen der anderen Wettbewerber mit preisgünstigen Handies

zunächst nur flüchtig lesen, solange der Entschluß zum Erwerb eines

Mobiltelefons noch nicht feststeht, werden im übrigen um so weniger

in dem niedrigen Preis des Handys einen "Pferdefuß" des Angebots

der Beklagten vermuten und darauf gestoßen, sich näher mit den

Kosten und Konditionen des beworbenen Kartenvertrags zu

beschäftigen.

Nach alledem ist (in Óbereinstimmung mit OLG Düsseldorf, Urteil

vom 13. Juni 1996 - 2 U 2/96 - und OLG Frankfurt, WRP 1997/99 f.

und den Ausführungen des Senats im Urteil vom 30. August 1996, 6 U

74/96) die beanstandete Werbung der Beklagten als gem. § 1 UWG

unlauter zu werten. Ist damit das Unterlassungsbegehren der

Klägerin zu Ziffer 1. a) schon aus § 1 UWG begründet, bedarf es

keiner Prüfung, ob die Anzeigen vom 3. und 17. August 1995

ebenfalls gegen § 1 ZugabeVO verstoßen.

3.

Die Klägerin ist klagebefugt und aktivlegitimiert die vorstehend

unter Ziffer 1. und 2. der Entscheidungsgründe erörterten

Unterlassungsbegehren gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Ziff. 1 UWG, so daß dahinstehen

kann, ob die Klägerin nicht schon als unmittelbar Verletzte der in

Rede stehenden Wettbewerbshandlungen klagebefugt und

aktivlegitimiert ist. Die Beklagte zieht nach dem unstreitigen

Sachverhalt zu Recht nicht in Zweifel, daß die Voraussetzungen des

§ 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG erfüllt sind. Beide Parteien bieten die

Waren und Leistungen, um die es im Streitfall geht, auf demselben

örtlichen Markt an. Die beanstandeten Wettbewerbshandlungen der

Beklagten sind auch geeignet, den Wettbewerb im Sinne von § 13 Abs.

2 Ziff. 1 UWG wesentlich zu beeinträchtigen. Dafür spricht bereits

die erhebliche Anlockwirkung bzw. Irreführung des Verbrauchers

durch die beanstandeten Anzeigen. Hinzu kommt die

Nachahmungsgefahr, die von den Wettbewerbsverstößen der

marktstarken Beklagten ausgeht und andere Wettbewerber veranlassen

kann, in gleicher unlauterer Weise für ihre Produkte und Leistungen

zu werben, um die sich aus den Wettbewerbsverstößen der Beklagten

ergebenden Nachteile auszugleichen und sich gegenüber der Beklagten

zu behaupten.

4.

Das Schadensersatzverlangen und der Anspruch der Klägerin auf

Auskunft (Ziffer 2. und 3. des Tenors dieses Urteils) sind in

zuerkanntem Umfang gemäß §§ 1, 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG i.V.m. § 242

BGB begründet.

Es ist hinreichend wahrscheinlich, daß der Klägerin als einer

maßgeblichen Konkurrentin der Beklagten durch die Verstöße der

Beklagten ein Schaden bereits entstanden ist und - bei Fortsetzen

dieser Handlungen - weiterhin entstehen wird, denn diese Verstöße

sind geeignet, die Verbraucher davon abzuhalten, sich mit den

Angeboten von Mobiltelefonen der anderen Wettbewerber, damit auch

der Klägerin, näher zu befassen. Die Beklagte ist daher der

Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet, wie bereits im

angefochtenen Urteil des Landgerichts ausgeführt.

Da die Klägerin zur Bezifferung ihres Schadens der mit dem

Auskunftsanspruch geforderten Auskünfte bedarf, die wiederum von

der Beklagten unschwer und auch zumutbar erteilt werden können, ist

gemäß § 242 BGB ebenfalls der Auskunftsanspruch der Klägerin

gerechtfertigt. Dies gilt ebenfalls, soweit damit Auskunft

hinsichtlich der Werbeträger, ihrer Auflage und Erscheinungsorte

und eine Aufschlüsselung nach der zeitlichen Abfolge verlangt wird.

Diese Angaben können geeignet sein, um das Ausmaß des der Klägerin

entstandenen Schadens zutreffend einzuschätzen. Die Beklagte wird

dadurch auch nicht zu ihr nicht möglichen oder unzumutbaren Angaben

gezwungen, denn es geht dabei ausschließlich um solche Daten, die

Unternehmen wie die Beklagte bei der Schaltung von Werbeanzeigen

berücksichtigen und dementsprechend vor Planung ihrer Werbung in

Erfahrung bringen.

Das Schadensersatz- und Auskunftsverlangen der Klägerin war

jedoch jeweils auf den Zeitpunkt des ersten Erscheinungstages der

beiden beanstandeten Anzeigengestaltungen als dem Zeitpunkt der

jeweils ersten bekanntgewordenen Wettbewerbsverstöße zu begrenzen

und dementsprechend das weitergehende Klagebegehren der Klägerin

auf Schadensersatz und Auskunft abzuweisen (vgl. dazu

Baumbach-Hefermehl, a.a.0., UWG Einl Rdn. 400 m.w.N.). Umstände,

die die Klägerin berechtigen könnten, Auskunft und Schadensersatz

auch für die Zeit vor diesen Verstößen zu fordern, sind nicht

vorgetragen.

5.

Das Klagebegehren zu Ziffer 1. b) der zweitinstanzlichen

Klageanträge der Klägerin, wie sie auch im Tatbestand dieses

Urteils wiedergegeben sind, ist unbegründet, die Berufung der

Beklagten daher insoweit erfolgreich.

Die Klägerin verlangt mit diesem Anspruch von der Beklagten, es

zu unterlassen, ein Mobiltelefon zu verkaufen und/oder zu

veräußern, wie es mit der mit dem Klageantrag zu 1. a)

beanstandeten Werbung angekündigt wird. Dieser Anspruch der

Klägerin ist weder gemäß § 1 UWG noch aus einem anderen rechtlichen

Gesichtspunkt gerechtfertigt.

§ 1 UWG verbietet unlautere Wettbewerbshandlungen, nicht aber

die dadurch zustandegekommenen Rechtsgeschäfte (vgl.

Baumbach-Hefermehl, a.a.0., § 1 UWG Rdn. 913 m.w.N.). Verträge sind

daher nicht schon deshalb gemäß §§ 134, 138 BGB als nichtig

anzusehen, weil sie auf einer wettbewerbswidrigen Werbemaßnahme

beruhen. Im Streitfall liegen keine Umstände vor, die eine andere

Beurteilung nahelegen. Ungeachtet der zivilrechtlichen Wirksamkeit

kann es allerdings gemäß § 1 UWG unlauter sein, wenn ein

Wettbewerbsteilnehmer systematisch versucht, die Früchte aus seinen

Wettbewerbsverstößen zu ziehen (vgl. dazu BGH GRUR 1994/126

"Folgeverträge I", BGH GRUR 1995/358 "Folgeverträge II"). Im

Streitfall geht es jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin um

keine Konstellation, die mit derjenigen vergleichbar wäre, die in

den vorerwähnten Urteilen "Folgeverträge I und II" des

Bundesgerichtshofs zur Entscheidung stand. Der Bundesgerichtshof

hat es in diesen Urteilen als gemäß § 1 UWG unlauter angesehen,

wenn ein Wettbewerbsteilnehmer systematisch die Früchte von solchen

Verträgen ziehen könnte, deren Zustandekommen er durch - ebenfalls

systematische und zielgerichtete - Täuschungshandlungen bewirkt hat

und deren Fortbestand auch allein darauf zurückzuführen ist, daß er

die verursachte Täuschung auch bei der Durchführung des Vertrags

durch konkludentes Verhalten aufrechterhält. Der Wettbewerbsverstoß

der Beklagten, gegen den sich der Klageantrag zu Ziffer 1. a)

richtet - das unlautere Anlocken der Verbraucher - führt aber noch

nicht zu einem Vertragsschluß, sondern veranlaßt den Verbraucher

erst, das Geschäftslokal der Beklagten aufzusuchen. Auf diese Weise

werden zwar die Chancen der Beklagten für einen Vertragsabschluß

erhöht, weshalb auch derartige unlautere Werbungen im Vorfeld des

Geschäftsabschlusses zu untersagen sind. Der Umstand allein, daß

der Kunde - veranlaßt durch die unlautere Werbung - die

Verkaufsräume der Beklagten aufsucht, führt aber noch nicht zu

einem Vertragsschluß. Vielmehr bedarf es dazu erneuter Handlungen

und Willenserklärungen auf beiden Seiten, denn dazu muß nicht nur

das Handy gekauft, sondern insbesondere auch der Kartenvertrag mit

all seinen Förmlichkeiten abgeschlossen werden. In diesem Stadium

kann es zu erneuten Wettbewerbsverstößen seitens der Beklagten

kommen. Es kann aber keine Rede davon sein, daß die Beklagte bei

diesem Geschehensablauf in etwa vergleichbar mit der von dem

Bundesgerichtshof a.a.0. entschiedenen Sachverhaltsgestaltung durch

bloßes Aufrechterhalten der unlauteren Anlockwirkung in ihren

Anzeigen systematisch den Nutzen daraus zieht. Vielmehr wird durch

den erst im Geschäftslokal erfolgenden Vertragsschluß eine

maßgebliche Zäsur im Geschehensablauf geschaffen, die einer

Óbertragung der o.a. Grundsätze des Bundesgerichtshofs auf den

Streitfall entgegensteht. Die beanstandeten Anzeigen der Beklagten

führen eben nicht dazu, daß die Beklagte die Früchte dieser

Wettbewerbsverstöße allein dadurch erzielen kann, daß sie die von

den Anzeigen ausgehende Anlockwirkung nicht beseitigt.

Andere Anspruchsgrundlagen, die dem Begehren der Beklagten zum

Erfolg verhelfen könnten, sind von der Beklagten nicht geltend

gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich. Dies gilt auch für § 1

Abs. 1 ZugabeVO mit dem dort angeführten Tatbestandsmerkmal der

Gewährung einer Zugabe. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte,

daß die mit dem Unterlassungsantrag zu Ziffer 1 a) beanstandeten

Wettbewerbshandlungen der Beklagten einen Verstoß gegen § 1

ZugabeVO darstellen, kann nach Ansicht des Senats jedenfalls der

eigentliche Erwerb des Handys im Geschäftslokal der Beklagten mit

dem dazu notwendigen Abschluß des Kartenvertrages, bei dem den

Kunden die gesamten Modalitäten des Kombinationsangebots vor Augen

geführt werden, nicht als Gewähren einer Zugabe im Sinne von § 1

Abs. 1 ZugabeVO angesehen werden."

Der Senat sieht keine Veranlassung zu einer von der

vorbezeichneten Würdigung abweichenden Beurteilung der in Rede

stehenden Klagebegehren. Das gilt auch im Hinblick auf die von der

Klägerin in bezug auf den Unterlassungsantrag unter Ziffer 1 b) im

Termin am 23. Juli 1997 vorgenommene Einschränkung (vgl. S. 2 des

Protokolls, Bl. 254 d.A.). Diese Einschränkung berührt nicht die

für die in dem o.g. Urteil vorgenommene Wertung des Senats aber

maßgebliche Erwägung, wonach in der Erwerbssituation, in welcher

dem Kunden - im Gegensatz zum Ankündigen - die gesamten Umstände

und Einhelheiten des hier fraglichen Kombinationsangebots erkennbar

sind, jedenfalls kein Gewähren einer Zugabe i.S. von § 1 Abs. 1

ZugabeVO erblickt werden kann.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre

Rechtsgrundlage in den §§ 108, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert

sich am Wert des jeweiligen Unterliegens der Parteien im

vorliegenden Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 29.08.1997
Az: 6 U 162/96


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7a192e5c654a/OLG-Koeln_Urteil_vom_29-August-1997_Az_6-U-162-96




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