Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 20. Dezember 2007
Aktenzeichen: 15 W 76/07
(OLG Köln: Beschluss v. 20.12.2007, Az.: 15 W 76/07)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 28 Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 09.10.2007 (28 O 327/07) abgeändert.
Gegen die Schuldner wird wegen Zuwiderhandlung gegen die in dem Beschluss - einstweilige Verfügung - des Landgerichts Köln vom 25.06.2007 (28 O 327/07) titulierte Unterlassungsverpflichtung ein
Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 1.000,00 €, ersatzweise - für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann - ein Tag Ordnungshaft für jeweils 500,00 €, oder Ordnungshaft von einem Tag pro 500,00 € festgesetzt.
Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens in beiden Instanzen haben die Schuldner zu tragen.
Gründe
Die gemäß §§ 793, 767 ff ZPO statthafte und auch den sonstigen Voraussetzungen nach zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Entgegen des in dem landgerichtlichen, den Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin zurückweisenden Beschluss zum Ausdruck gebrachten Standpunktes haben die Schuldner sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht der in der einstweiligen Verfügung vom 25.06.2007 gegen sie titulierten Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt, die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten und/oder aufstellen und/oder verbreiten zu lassen, dass vier Ausgaben des vom Landesvorstand der Linkspartei an ca. 1.800 Mitglieder verschickten Landesinfos ca. 44.000,00 € gekostet hätten.
In der nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung veröffentlichen Internetpublikation vom 04.07.2007 (Anlage 1 zu dem Ordnungsmittelantrag vom 22.08.2007) ist eben diese - untersagte - Behauptung erneut enthalten. Der Umstand, dass dies in der Form einer Berichterstattung über die gegen sie erwirkte Unterlassungsverfügung samt der wörtlichen Wiedergabe der danach verbotenen
Äußerung geschah, steht der Einordnung dieser Handlung als ein die Verhängung von Ordnungsmitteln nach Maßgabe von § 890 Abs. 1 ZPO rechtfertigender Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung nicht entgegen.
Allerdings trifft es zu, dass sich die Wiederholung der nach einem Unterlassungstitel untersagten Äußerung dann nicht als Zuwiderhandlung gegen das Verbot darstellt, wenn dies im Rahmen einer den Anlass und Inhalt des Verbotes bloß dokumentierenden Berichterstattung geschieht. In einem solchen Fall liegt lediglich die - als solche zutreffende - Mitteilung über das erwirkte Verbot vor. Voraussetzung für eine solche Einordnung ist aber, dass der bloß referierende Charakter der Berichterstattung zum Ausdruck kommt. Erschließt sich dem durchschnittlich aufmerksam wahrnehmenden
Adressatenkreis hingegen nicht der das erlassene Verbot bloß mitteilende bzw. dokumentierende Charakter einer Berichterstattung, ist diese als wiederholende Auffrischung der verbotenen Äußerung, mithin als Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot einzuordnen. Denn jedenfalls im Regelfall gebietet es der auch für die sog. €Eigenberichterstattung" eines Presseorgans über ein gegen ihn erlassenes Verbot geltende Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG nicht, die durch wörtliche Wiedergabe der untersagten Äußerungen eintretende Auffrischung des Verletzungserfolges hinzunehmen (vgl. BVerfG, EuGRZ 1997, 446; BGH, NJW 1996, 1131 ff; OLG München, AfP 2001, 322 f; OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2001, 187 f; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, 12. Kap. Rdz. 158 - jew. m. w. Nachw.).
Nach diesen Kriterien stellt sich die in der Internetpublikation wiedergegebene verbotene Aussage nicht als - zulässige - Eigenberichterstattung über das gegen die Schuldner erlassene Verbot dar, sondern es handelt sich um eine als Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot einzuordnende materielle Wiederholung der untersagten Äußerung. Nach der maßgeblichen Gesamtwirkung, die der Bericht und der Kontext, in den die Äußerung gestellt ist, bei den angesprochenen Adressaten hervorruft, findet weder eine Distanzierung von der wiedergegeben Aussage statt noch steht etwa das Element der Stellungnahme hierzu im Vordergrund. Es wird vielmehr der Eindruck erweckt, die verbotene Äußerung werde in der Sache aufrechterhalten. Der die Wiedergabe des Unterlassungsgebots einleitende Satz, wonach dieses Verbot ohne vorherige Anhörung der Redaktion ergangen sei, suggeriert, dass es sich um einen Vorgang handele, der bei erfolgter Anhörung der Redaktion ein anderes Ergebnis - konkret: die Zurückweisung des Verbotsantrags -gezeigt hätte. Er stellt das ausgesprochene Verbot nicht lediglich referierend dar, sondern dessen sachliche Berechtigung in Frage. Der weitere Hinweis darauf, dass die Redaktion sich entschieden habe, wegen dieses Details nicht das Risiko eines teuren Prozesses einzugehen, ist nicht geeignet, diesen Eindruck zu entkräften. Nach der vorangestellten Aussage und im Zusammenwirken mit der nachfolgenden Äußerung, wonach alle anderen Aussagen in dem Artikel nicht beanstandet worden seien und weiter verbreitet werden dürften, wird der Eindruck erweckt, dass das zu Lasten der Schuldner gesehene Risiko eines gegen das Verbot vorgehenden Prozesses als nur gering einzuschätzen sei, lediglich der Aufwand sich nicht lohne. Bestärkt wird dies durch den Umstand, dass die untersagte Äußerung lediglich als Detail des vorangegangenen Artikels bezeichnet worden ist, dessen Aussage im übrigen daher hierdurch unberührt bleibe. Aus der Sicht des angesprochenen Adressatenkreises, dem die Mitglieder des erkennenden Senats sämtlich angehören, erschöpft sich die Wiedergabe der untersagten Äußerung daher nicht in der Dokumentation des ausgesprochenen Verbots, sondern sie stellt dessen Berechtigung als fragwürdig dar. Hinzu kommt, dass die alsdann korrigierte Aussage "Z....Interesse war geweckt worden, weil ihm der Preis für 4 Ausgaben des...'Landesinfos' der Partei zu hoch erschien" geeignet ist, bei einem mehr als nur unerheblichen Teil der Leserschaft den Eindruck hervorzurufen, der tatsächlich gezahlte Preis liege nur unwesentlich unter dem in der untersagten Äußerung genannten. In ihrer Gesamtwirkung suggerieren die aufgezeigten Umstände, dass an der bisherigen Darstellung, wie sie in der verbotenen Äußerung formuliert ist, festgehalten wird. Vor diesem Hintergrund geht die Berichterstattung über einen bloß referierenden Charakter hinaus und erschöpft sich die Wiedergabe der verbotenen Äußerung nicht in der Dokumentation des Verbotstenors. Im Vordergrund steht vielmehr das erneute Aufstellen und Verbreiten der untersagten Äußerung.
Die Schuldner haben bei alledem auch schuldhaft gehandelt. Hinsichtlich des Schuldners zu 1. als des nach Maßgabe von § 6 MDStV für den Inhalt der Internetpublikation Verantwortlichen gilt das schon deshalb, weil er seine redaktionellen Mitarbeiter sorgfältig zur Einhaltung des Verbots anzuhalten und diese zu kontrollieren hat (vgl. OLG Köln, MD 2007, 488); OLG Nürnberg, WRP 1999, 1184 f). Die Schuldnerin zu 2. hat mit Schreiben vom 17.07.2007 zum Ausdruck gebracht, dass der am 04.07.2007 publizierte Beitrag in Kenntnis des Verbots von ihr zumindest mitverfasst wurde.
Die Kostenfolge ergibt sich aus den §§ 891 Satz 3. 91 Abs. 1 ZPO.
Wert: 2.000,00 € (jeweils 1.000,00 € hinsichtlich des Schuldners zu 1. und der Schuldnerin zu 2.).
OLG Köln:
Beschluss v. 20.12.2007
Az: 15 W 76/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7ae60a8b8416/OLG-Koeln_Beschluss_vom_20-Dezember-2007_Az_15-W-76-07