Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 238/04

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2005, Az.: 27 W (pat) 238/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. Juli 2004 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 29. Juli 2004 die als Wortmarke für

"Baumaterialien (nicht aus Metall); Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und anderen Bodenbeläge, Tapeten (ausgenommen aus textilem Material)"

angemeldete Bezeichnung TOP TEC nach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, der Verkehr verstehe die angemeldete Bezeichnung nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern nur mit dem ohne weiteres verständlichen Sinngehalt "Top-Technik" oder "Spitzentechnik" als beschreibende Angabe der Beschaffenheit oder des Verwendungszwecks der angemeldeten Waren, da diese mittels einer Spitzentechnik hergestellt sein oder im Rahmen einer solchen Verwendung finden könnten.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin im wesentlichen geltend, die Interpretation der Markenstelle beruhe auf einer unzulässigen analysierenden Betrachtungsweise, da die beanspruchten Waren üblicherweise nicht in Verbindung mit einer Spitzentechnik gebracht würden und die angemeldete Bezeichnung bislang nicht in beschreibender Hinsicht für diese Produkte verwendet würde.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Senat vermag die Ansicht der Markenstelle, bei der Anmeldemarke handele es sich um eine die beanspruchten Waren beschreibende und daher nicht unterscheidungskräftige Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, nicht zu teilen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH;; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist.

Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Bezeichnung die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden. Zwar ist der Markenstelle darin zuzustimmen, dass - was auch die Anmelderin nicht in Abrede gestellt hat - die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich nach der Art der beanspruchten Waren um alle inländischen Verbraucher handelt, die aus den gängigen Wortelementen "TOP" für "Spitze" und "TEC" als üblicher Abkürzung für "Technik" zusammengesetzte Bezeichnung für sich genommen ohne weiteres im Sinne von "Spitzentechnik" verstehen werden. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, die angesprochenen Verkehrskreise würden der Anmeldemarke in bezug auf die konkret beanspruchten Waren nur eine im Vordergrund stehende beschreibende Angabe und keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass - worauf die Anmelderin zutreffend hingewiesen hat - weder der Begriff "TOP TEC" noch seine Interpretation im Sinne von "Spitzentechnik" mit den hier beanspruchten Teppichen, sonstigen Bodenbelägen und Tapeten in Verbindung gebracht wird. Eine vom Senat durchgeführte Internet-Recherche hat vielmehr ergeben, dass die angemeldete Bezeichnung "TOP TEC" in Zusammenhang mit diesen konkreten Produkten nur äusserst selten und hierbei durchgängig nur als Kennzeichnung und nicht als Beschaffenheitsangabe verwendet wird. Ungeachtet dieses Umstands hat der Verkehr auch von sich aus keine Veranlassung, sie im Hinblick auf diese Waren als eine im Vordergrund stehende beschreibende Angabe zu verstehen. Denn mit dem Begriff "Technik" verbindet der Durchschnittsverbraucher in der Regel "alle Maßnahmen, Einrichtungen und Verfahren, die dazu dienen, die Erkenntnisse der Naturwissenschaften für den Menschen praktisch nutzbar zu machen" (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch. 4. Aufl. Mannheim 2001 [CD-ROM-Ausgabe], Stichwort "Technik"). Dementsprechend hat dieser Begriff für ihn nur bei solchen Produkten Bedeutung, die entweder - was vorliegend von vornherein ausscheidet - die Durchführung dieser Maßnahmen, Einrichtungen und Verfahren ermöglichen oder bei deren Herstellung bekanntermaßen solche auf den Erkenntnissen der Naturwissenschaften beruhende Maßnahmen umgesetzt worden sind. Bei den beanspruchten Baumaterialien (nicht aus Metall), also z.B. bei Bitumen, Dachbelägen, Gips, Kalk, Kies, Quarz oder Zement, scheidet eine gedankliche Verbindung mit bestimmten Herstellungstechniken von vornherein aus. Die Herstellung der darüber hinaus angemeldeten Teppichen, sonstigen Bodenbelägen und Tapeten mag zwar, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, heutzutage auf besonderen technischen Verfahren beruhen. Dieser Umstand steht aber für die Verbraucher in aller Regel im Hintergrund, weil sie gerade bei den hier in Rede stehenden Waren den jeweils verwendeten Herstellungstechniken, insbesondere den Web- oder Druckverfahren, keine Bedeutung beimessen, sondern ihr Augenmerk allein auf die fertig produzierte Ware als solche richten. Den angesprochenen Verkehrskreisen liegt daher die Annahme, die beanspruchten Waren könnten das Produkt einer besonderen (Spitzen-) Technik sein, eher fern. Für sie steht deshalb bei der Anmeldemarke der Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren aus einem bestimmten Unternehmen und nicht ein Sachhinweis auf die Herstellung der damit gekennzeichneten Produkte mittels der Möglichkeiten der modernen Technik im Vordergrund.

Auch ein Freihaltebedürfnis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG an der Anmeldemarke kann nicht festgestellt werden. Dies wäre nur der Fall, wenn die Kennzeichnung "TOPTEC" ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestünde, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren dienen könnten. Denn es ist zum einen aus den oben dargestellten Gründen schon nicht ersichtlich, dass es sich bei dem Herstellungsverfahren der hier in Rede stehenden Produkte um einen für den Warenverkehr wichtigen und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsamen Umstand (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 - FÜNFER) handelt. Und zum anderen ist nicht erkennbar, dass Mitbewerber bei der beschreibenden Angabe, dass solche Produkte auf einem (spitzen-) technischen Verfahren beruhen, auf die angemeldete Bezeichnung angewiesen wären; hiergegen spricht nicht zuletzt der Umstand, dass - was andernfalls zu erwarten gewesen wäre - eine beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in bezug auf die beanspruchten Waren gerade nicht feststellbar ist.

Da somit im Ergebnis ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG nicht ersichtlich ist, war der Beschluss der Markenstelle, mit welchem der Anmeldemarke die Eintragung in das Register versagt worden war, auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.

Dr. van Raden Frau Richterin Prietzel-Funkist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert.

Dr. van Raden Schwarz Na






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Beschluss v. 10.05.2005
Az: 27 W (pat) 238/04


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