Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2005
Aktenzeichen: 7 W (pat) 353/03

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2005, Az.: 7 W (pat) 353/03)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I. Gegen das Patent 197 56 342 mit der Bezeichnung Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine, dessen Erteilung am 13. Februar 2003 veröffentlicht worden ist, hat die F... GmbH in A..., Einspruch erhoben.

Die Patentinhaberinnen machen geltend, dass das Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag zumindest jedoch gemäß Hilfsantrag gegenüber dem Stand der Technik neu und erfinderisch sei, und beantragen, das Patent aufrechtzuerhalten in der erteilten Fassung (= Hauptantrag), hilfsweise unter Ersetzung des Patentanspruchs 1 durch den am 29. Januar 2004 eingegangenen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag, im übrigen gemäß Patentschrift.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Sie macht geltend, dass das Verfahren nach Hauptund Hilfsantrag gegenüber dem Stand der Technik nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit sei.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat folgende Fassung:

Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei Zylinderköpfen, mit Aktoren zur elektromagnetischen Ventilsteuerung, wobei jedem Zylinderkopf ein separates Aktorsteuergerät zur Steuerung der Aktoren der elektromagnetischen Ventilsteuerung zugeordnet wird, und mit einem Motorsteuergerät, das über einen Datenbus mit den Aktorsteuergeräten verbunden wird.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag hat folgende Fassung:

Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei Zylinderköpfen, mit Aktoren zur elektromagnetischen Ventilsteuerung, wobei an jedem Zylinderkopf ein separates Aktorsteuergerät zur Steuerung der Aktoren der elektromagnetischen Ventilsteuerung angeordnet ist, und mit einem Motorsteuergerät, das über einen seriellen Datenbus mit den Aktorsteuergeräten verbunden wird.

Nach der Streitpatentschrift Spalte 1, Absatz [0008] liegt die Aufgabe vor, ein Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine mit einem Motorsteuergerät und mit Aktoren zur elektromagnetischen Ventilsteuerung anzugeben, das die Verbindung des Aktorsteuergerätes mit den Motorsteuergeräten beschreibt. Die Patentansprüche 2 bis 14 sind auf Merkmale gerichtet, die das Verfahren nach Patentanspruch 1 weiter ausgestalten sollen.

In der mündlichen Verhandlung sind zum Stand der Technik ua die deutsche Offenlegungsschrift 2 343 905 und Bosch "Automative Handbook" 3. Auflage 1993, S 776 bis 779 abgehandelt worden.

II.

1.

Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2.

Der Einspruch ist fristund formgerecht erhoben, ausreichend substantiiert und daher zulässig. Er hat zum Widerruf des Patents geführt, da das Verfahren nach dem Patent nach Hauptund Hilfsantrag keine patentfähige Erfindung darstellt.

3.

Die Formulierung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ist zulässig. Bei der Beschreibung des Ausführungsbeispiels wird in der Streitpatentschrift Spalte 4, Absatz [0030] angegeben, dass ein CAN-Datenbus verwendet wird. Dieser Datenbus ist bekanntlich ein serieller Datenbus (vgl auch Bosch Taschenbuch S 776 Abs 1 Z18 bis 21).

4.

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist gegenüber dem Stand der Technik neu und gewerblich anwendbar. Es ist jedoch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

In der deutschen Offenlegungsschrift 2 343 905 ist eine Vorrichtung zur digitalelektronischen Steuerung der Einlaß-, Auslaßund Einspritzventile sowie der Zündung bei Brennkraftmaschinen beschrieben (vgl PA1). Über die bauliche Zuordnung der dargestellten und beschriebenen Elemente ist nichts ausgesagt.

Der mit der einer Serienfertigung Rechnung tragenden Umsetzung, der aus der oa Druckschrift bekannten Vorrichtung zur Steuerung der Einund Auslaßventile in die Hardware beauftragte Durchschnittsfachmann, hier ein Entwicklungsingenieur des Maschinenbaus, der auf dem Gebiet des Motormanagements mehrere Jahre tätig war und über die dazu notwendigen Kenntnisse in der Elektronik verfügt, wird sich darüber informieren, wie bei in der Hardware bereits etablierten Systemen verfahren worden ist.

Von Vorrichtungen zur Steuerung von Einspritzventilen und der Zündung ist, wie der Vertreter der Patentinhaberinnen eingeräumt hat, bekannt, die Steuergeräte, die den Starkstrom zur Betäigung freigeben, in der Nähe der Verbraucher zu plazieren; dh für das Streitpatent in der Nähe jedes Zylinderkopfs. Die notwendigen Steuersignale erhalten sie von einem zentralen Motorsteuergerät. Diese Vorgehensweise ist deshalb sinnvoll, da die Starkstrom führenden Leitungen möglichst kurz ausgeführt werden können. Die Verwendung eines seriellen Datenbusses zwischen zentralem Motorsteuergerät und dem Steuergerät für die einzelnen Verbraucher ist aus dem oa Bosch Taschenbuch Seite 776 Absatz 1, Zeilen 14 bis Absatz 3, Zeile 8 entnehmbar.

Der Durchschnittsfachmann gelangt deshalb, ausgehend von der in der deutschen Offenlegungsschrift 23 43 905 beschriebenen Vorrichtung, aufgrund seiner Fachkenntnis und den Hinweisen, die er aus dem oa Taschenbuch entnehmen kann, ohne erfinderische Tätigkeit zum Verfahren nach dem Patentanspruch 1.

Entsprechendes gilt für den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag. Denn die Begriffe "zugeordnet" bzw "angeordnet" bedeuten in gleicher Weise eine Zuordnung in räumlicher Nähe. Bei der Beurteilung des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag wurde bereits der Datenbus als seriell zugrundegelegt.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptbzw Hilfsantrag ist daher nicht rechtsbeständig.

Die Patentansprüche 2 bis 14 nach Hauptund Hilfsantrag beinhalten Maßnahmen zur Ausgestaltung des Verfahrens nach Patentanspruch 1, die im Rahmen fachmännischen Handels liegen. Sie fallen deshalb mit dem Patentanspruch 1.

Tödte Eberhard Köhn Frühauf Hu






BPatG:
Beschluss v. 23.11.2005
Az: 7 W (pat) 353/03


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