Oberlandesgericht Celle:
Beschluss vom 9. September 2003
Aktenzeichen: 13 W 83/03

(OLG Celle: Beschluss v. 09.09.2003, Az.: 13 W 83/03)

Zur Bestimmung des örtlich relevanten Marktes im Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG beim Verkauf neuer Pkw.Zur Frage, wann die einem Dritten gegenüber abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt.Versäumt es der wettbewerbswidrig Handelnde, den ihn abmahnenden Verband darüber aufzuklären, dass er wegen der beanstandeten Handlung bereits einem Dritten gegenüber eine - die Wiederholungsgefahr beseitigende - strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat, erhebt der Verband dann Unterlassungsklage, und erklären die Parteien wegen des Wegfalls der Widerholungsgefahr den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, so sind die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO dem in Anspruch genommenen Verletzer aufzuerlegen.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschuss des Landgerichts Verden vom 21. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 2.500 € festgesetzt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

I.

Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits im Ergebnis zu Recht gemäß § 91 a ZPO der Beklagten auferlegt. Denn die Beklagte hat zur Klageerhebung Anlass gegeben.

1. Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, dem eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren gleicher Art auf demselben Markt vertreiben. Bei der Bestimmung des örtlich relevanten Marktes ist von dem Verbreitungsgebiet der Zeitung "..." auszugehen und zu fragen, ob und inwieweit die beanstandete Zeitungsanzeige sich auf den potentiellen Kundenkreis der Mitglieder des Klägers auswirken kann. Das Verbreitungsgebiet der Zeitung erstreckt sich, wie die Beklagte vorgetragen hat, auf ..., ... und das nähere Umland. Der örtlich relevante Markt geht aber darüber hinaus. Bei einem nur auf den regionalen Markt zielenden Angebot steht die Klagebefugnis allen Konkurrenten des Verletzers zu, die zumindest auch den gleichen regionalen Einzugsbereich bedienen (Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 377). Bei Verbrauchern, die einen neuen Pkw erwerben wollen, ist davon auszugehen, dass sie sich häufig in einem größeren Umkreis ihres Wohnorts, möglicherweise darüber hinaus im Internet oder in überregionalen Zeitschriften über Angebote informieren und diese gegebenenfalls wahrnehmen. Im Streitfall können daher, wenn sich Verbraucher aus dem Gebiet um ... und ...aufgrund der beanstandeten Anzeige zum Kauf bei der Beklagten entschließen, auch Unternehmen außerhalb dieses Bereichs betroffen seien. Dabei handelt es sich jedenfalls um die Mitglieder des Klägers in ... und in ... und den Hersteller ... (Deutschland) GmbH, der seine Fahrzeuge gemäß der Anlage zur Klageschrift K 2 u.a. über Händler in ..., ..., ..., ... (zwei Händler), ..., ...und ... vertreibt. Ob zum örtlich relevanten Markt außerdem alle Neuwagenhändler gehören, die ihre Angebote im Internet und in überregionalen Zeitschriften unterbreiten, braucht nicht entschieden zu werden.

Eine "erhebliche Zahl" im Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist zu bejahen, wenn die Gewerbetreibenden nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht ein gemeinsames Interesse der Angehörigen der betroffenen Branche repräsentieren. Dies ist unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft der ... (Deutschland) GmbH, die bundesweit über ein dichtes Händlernetz verfügt, u.a. mit acht Händlern in ..., ..., ..., ... (zwei Händler), ..., ... und ..., der Fall. Dass es sich bei der Firma ... (Deutschland) GmbH um einen Hersteller und bei Beklagten um einen Händler handelt, schadet nicht; die Gewerbetreibenden müssen zur Begründung der Klagebefugnis gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht derselben Handelsstufe angehören (Köhler/Piper, UWG, 3. Auflage, § 13 Rdnr. 13).

Entgegen der in der sofortigen Beschwerde vertretenden Meinung liegt auch die Eignung der Handlung zur wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung vor. Von der Werbung mit einem Preis des werbenden Händlers und einem höheren als "Europapreis" bezeichneten durchgestrichenen Preis kann eine erhebliche Anreizwirkung für die Umworbenen ausgehen. Außerdem besteht eine Nachahmungsgefahr.

2. Die beanstandete Werbung verstößt gegen § 3 UWG.

Auf die Ausführungen des Landgerichts unter 2 a des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.

Anders als die Beklagte meint, lässt sich die wettbewerbliche Relevanz nicht mit der Begründung verneinen, es handele sich nur um eine "einmalige kleine gestaltete Anzeige in einem Werbeblatt, welches nur auf einem beschränkten Markt vertrieben wird". Auch in Werbeblättern, die auf einem "beschränkten Markt" - hier immerhin ..., ... und das nähere Umland - verbreitet werden, ist eine irreführende Werbung nicht erlaubt. Das würde selbst dann gelten, wenn es sich nur um eine kleine Anzeige handelte, was entgegen dem Beklagtenvortrag nicht der Fall ist.

3. Die Beklagte hat dem Kläger Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.

a) Zwar war schon vor Klageerhebung durch die von der Beklagten gegenüber der Firma ... abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt:

Unterwirft sich der Abgemahnte gegenüber einem Dritten, so kann dies die Wiederholungsgefahr ausräumen, wenn ein ernstlicher Wille des Schuldners zur Unterlassung anzunehmen ist. Das gilt insbesondere, wenn die Unterlassungserklärung nicht auf Initiative des Verletzers sondern auf eine Abmahnung des Dritten hin erfolgt, und wenn vom Dritten die Geltendmachung und Durchsetzung der Vertragsstrafe im Verletzungsfall zu erwarten ist (Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., vor § 13 Rdnr. 14). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte hat die Abmahnung der Firma ... und die von ihr, der Beklagten, abgegebene mit einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 5.000 DM strafbewehrte Unterlassungserklärung vorgelegt. Sie hat unbestritten vorgetragen, dass die Firma ... auf demselben örtlichen Markt Neufahrzeuge bzw. Fahrzeuge mit Tageszulassung und Gebrauchtfahrzeuge, in größerer Stückzahl des Typs ..., verkauft, also im direkten Wettbewerb zu ihr, der Beklagten, steht. Aufgrund dieses Vortrags ist offenbar auch der Kläger davon ausgegangen, dass die Wiederholungsgefahr entfallen ist, denn er hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger die Drittunterwerfung vorprozessual nicht mitgeteilt hat, rechtfertigt nicht die Annahme, die Unterwerfungserklärung sei nicht ernst gemeint (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Kap. 8, Rdnr. 41). Die Ernsthaftigkeit der Unterwerfungserklärung lässt sich auch nicht mit der Begründung verneinen, die Beklagte habe im Prozess den Standpunkt vertreten, dass die beanstandete Werbung nicht wettbewerbswidrig sei. Eine Partei, die sich gegen einen nach ihrer Ansicht unbegründeten Anspruch verteidigt, muss im Prozess grundsätzlich alle rechtlichen Einwendungen geltend machen dürfen. Im Streitfall erlaubt allein der Prozessvortrag der Beklagten, ein Verstoß gegen § 3 UWG habe nicht vorgelegen, weil die beanstandete Wettbewerbswidrigkeit so geringfügig sei, dass sie den Markt nicht nachhaltig beeinträchtige, nicht den Schluss, dass die Beklagte die wettbewerbswidrige Handlung trotz der zuvor abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung wiederholen will. Für das Gegenteil spricht der Prozessvortrag der Beklagten, sie habe nach Erhalt der Abmahnung des Kfz.-Händlers ... eingesehen, bei der Angabe des Preisvergleichs mit dem Zusatz "Europapreis" einen Fehler im wettbewerbsrechtlicher Hinsicht gemacht zu haben (Bl. 55 d.A.).

b) Die Beklagte wäre jedoch verpflichtet gewesen, den Kläger schon vorprozessual im Hinblick auf die erfolgte Drittabmahnung aufzuklären (vgl. Teplitzky, aaO Kap. 8 Rdn. 44 m. Nachw.). Dass die Beklagte dies nicht getan hat, rechtfertigt es, ihr nach billigem Ermessen die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.






OLG Celle:
Beschluss v. 09.09.2003
Az: 13 W 83/03


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