Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Februar 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 181/00
(BPatG: Beschluss v. 27.02.2002, Az.: 26 W (pat) 181/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren
"Alkoholfreie Getränke"
unter der Nummer 397 18 962.1 eingetragene Marke CITROSINA ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 643 398 Zitrosa, die für die Waren
"Abgepacktes Zitronensäurepulver für Küchenzwecke"
eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Vergleichsmarken hielten in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht einen ausreichenden Abstand voneinander ein. Obwohl die Vergleichsmarken in der Lautfolge "CITRO--A" übereinstimmten, habe die jüngere Marke eine abweichende Zahl an Sprechsilben sowie einen stark abweichenden Betonungsrhythmus. Auch Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte, die zu Verwechslungen in begrifflicher oder mittelbarer Hinsicht führen könnten, seien nicht vorhanden. Kollisionshemmend wirke sich im übrigen nicht nur die Kennzeichnungsschwäche der beschreibenden und verbrauchten Wortanfänge "CITRO-" und "Zitro-", sondern auch die Warenferne zwischen den beiderseitigen Produkten aus.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie hält die beiderseitigen Waren für ähnlich, weil die Herstellungsbetriebe, die Vertriebswege und die Abnehmerkreise übereinstimmten. Die einander gegenüberstehenden Marken seien akustisch nicht oder nur sehr schwer zu unterscheiden, weshalb die angesprochenen Käuferkreise die Marken ständig verwechselten.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Februar 1999 und vom 11. April 2000 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 397 18 962.1 wegen des Widerspruchs aus der Marke 643 398 anzuordnen.
Die Inhaberin der jüngeren Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Warenähnlichkeit sei zu verneinen, allenfalls jedoch äußerst schwach ausgeprägt. Zwar wendeten sich die zu vergleichenden Produkte an dieselben Abnehmerkreise, sie bestünden jedoch aus unterschiedlichen Konsistenzen, dienten verschiedenen Zwecken und würden deshalb in verschiedenen Abteilungen einsortiert. Da auch die Zeichenähnlichkeit wegen der abweichenden Betonung äußerst gering sei und die Eingangssilben rein beschreibenden Charakter hätten, bestehe insgesamt keine Verwechslungsgefahr.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Mit der Markenstelle erachtet der Senat eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG als nicht gegeben.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Dabei kann nach Ansicht des Senats zugunsten der Widersprechenden eine mindestens mittlere Warenähnlichkeit sowie eine ebensolche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit unterstellt werden. Die Vergleichsmarken unterscheiden sich nämlich sowohl in ihrem klanglichen als auch schriftbildlichen Verlauf sowie in begrifflicher und mittelbarer Hinsicht so deutlich, daß bereits deshalb eine Verwechslungsgefahr in jeder Richtung ausgeschlossen ist.
In klanglicher Hinsicht führen die unterschiedlichen Endungen "-sa" einerseits und "-SINA" andererseits zu einem völlig anderen Gesamtklangbild. Diese Endungen bewirken nämlich unterschiedliche Wortlängen und wegen der daraus resultierenden unterschiedlichen Silbenzahlen auch verschiedene Betonungen einmal auf der zweiten und einmal auf der dritten Silbe. Zwar stimmen die Vergleichsmarken in den klanglich identischen Bestandteilen "Zitro-" bzw "CITRO-" überein. Diese sind aber lediglich beschreibende Hinweise auf die Geschmacksrichtung der so gekennzeichneten Produkte. Sie dürfen zwar nicht gänzlich vernachlässigt werden, den weiteren Wortteilen kommt aber eine erhöhte Bedeutung zu. Diese aber weichen durch die unterschiedliche Silbenzahl und damit den unterschiedlichen Klang- und Betonungsverlauf auffällig voneinander ab.
Aus den gleichen Erwägungen ist auch nicht in markenrechtlich erheblichem Maße mit schriftbildlichen Verwechslungen zu rechnen. Die Vergleichswörter unterscheiden sich bei jeder zu berücksichtigenden Schreibweise bereits wegen ihrer unterschiedlichen Längen deutlich.
Eine begriffliche Verwechslung der Gesamtzeichen scheidet ebenfalls aus. Die Übereinstimmung in lediglich den ersten beiden Silben führt nicht zu einer begrifflichen Gleichsetzung der gesamten Wortmarken.
Auch die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, besteht nicht. Die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr, die der häufigste Unterfall dieser Art von Verwechslungen ist, setzt nämlich voraus, daß wegen der Übereinstimmung in einem charakteristischen Zeichenbestandteil Anlaß zu der Annahme besteht, die Waren stammten aus demselben Geschäftsbetrieb und dienten lediglich der Kennzeichnung verschiedener Warenarten oder Warensorten. Wohnt allerdings, wie im vorliegenden Fall, dem fraglichen Zeichenteil nur eine geringe oder sogar keine herkunftskennzeichnende Kraft inne, dann hat der Verkehr keinen Anlaß, aus der bloßen Übereinstimmung in einem Bestandteil auf die gleiche betriebliche Herkunft zu schließen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der fragliche Bestandteil an eine beschreibende Angabe anlehnt (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 217). Da es sich vorliegend bei dem fraglichen Bestandteil "Zitro-" bzw "CITRO-" um eine beschreibende Angabe handelt, vermag dieser übereinstimmende Zeichenbestandteil nicht auf die gleiche betriebliche Herkunft hinzuweisen.
Die Beschwerde der Widersprechenden war damit zurückzuweisen, ohne daß es eines Eingehens auf die von der Inhaberin der jüngeren Marke erhobene Einrede mangelnder Benutzung bedurfte.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage bestand kein Anlaß, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.
Kraft Reker Ederprö
BPatG:
Beschluss v. 27.02.2002
Az: 26 W (pat) 181/00
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