Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. März 2002
Aktenzeichen: 8 W (pat) 28/01

(BPatG: Beschluss v. 19.03.2002, Az.: 8 W (pat) 28/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 29 C des Patentamts vom 27. April 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Blasformmaschine Anmeldetag: 29. Oktober 1997.

Die Priorität der Anmeldung in Deutschland vom 15. November 1996 ist in Anspruch genommen.

(Aktenzeichen der Erstanmeldung: 296 19 781.5)

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 10, Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 bis 9, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 4 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, wie Offenlegungsschrift.

Gründe

I Die Patentanmeldung P 197 47 698.8-16 mit der Bezeichnung "Blasformmaschine" ist unter Inanspruchnahme einer Priorität in Deutschland vom 15. November 1996 (DE 296 19 781.5) am 29. Oktober 1997 beim Patentamt eingegangen und von dessen Prüfungsstelle für Klasse B 29 C mit Beschluss vom 27. April 2001 aus Gründen des Bescheids vom 27. Oktober 2000 zurückgewiesen worden. In dem genannten Prüfungsbescheid war unter Hinweis auf die 1. JP 6 - 22 68 26 A ausgeführt worden, dass die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 nicht mehr neu sei.

Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 29 C hat die Anmelderin mit der Eingabe vom 21. Mai 2001 Beschwerde eingelegt.

Von der Anmelderin ist zum druckschriftlichen Stand der Technik noch die 2. DE 34 16 871 C3 und die 3. DE 1 604 575 A genannt worden.

Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung neugefasste Unterlagen, Patentansprüche 1 bis 10 und Beschreibung Seiten 1 bis 9 überreicht.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet (ohne Bezugszeichen):

Zwei- oder Mehrstationen-Blasformmaschine mit holmenlosem Grundrahmen zur Herstellung blasgeformter Kunststoff-Hohlkörper, mita) mindestens zwei Blasformhälften zur Aufnahme eines schlauchförmigen Vorformlings, die an den Formträgerplatten bzw. an den zugeordneten, die Formträgerplatten tragenden Lagerböcken angeordnet und horizontal verschiebbar ausgebildet sind, undb) mit einer Transportvorrichtung zum Verschieben der Lagerböcke, wobeic) zum Abquetschen des schlauchförmigen Vorformlings und zur Verriegelung der Blasformhälften während des Blasformvorganges ein unabhängiges separates, an den Formträgerplatten angreifendes Verriegelungssystem mit eigenem Antrieb vorhanden ist, wobeid) die Blasformhälften ohne eine mechanische Gleichlaufeinrichtung frei von jeglicher direkten, formschlüssigen Kopplung sind und diee) Transportvorrichtung wenigstens ein Koppelmittel umfasst, das durchgehend und nicht drehbar ausgebildet und am Grundrahmen befestigt ist, wobeif) an dem jeweiligen äußeren Lagerbock mindestens ein Motor angeordnet und mit dem jeweiligen äußeren Lagerbock verschiebbar ist und über ein rotierendes Eingriffsmittel direkt mit dem Koppelmittel in Wirkverbindung steht, wobeig) der mittlere Lagerbock bzw. die mittleren Lagerböcke ohne eigenen Antrieb frei auf dem Grundrahmen verschiebbar ausgebildet und nur mit jeweils einer mittleren Formträgerplatte versehen ist bzw. sind, undh) die Lagerböcke über die Verriegelungseinrichtungen der Blasformhälften selektiv miteinander koppelbar sind und miti) mindestens einer verschiebbaren Blasdornvorrichtung zum Blasformen der Kunststoff-Hohlkörper.

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 10 wird auf die Akten Bezug genommen.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt gemäß Seite 2, 2. Absatz der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung die Aufgabe zugrunde, eine Blasformmaschine derart weiter auszubilden, dass auf eine mechanische Gleichlaufeinrichtung bzw. eine direkte Kopplung der Blasformhälften verzichtet werden kann, und dass die Blasformhälften unabhängig voneinander bewegt werden können. Die Blasformmaschine soll auf einfachste Weise als Zweistationen- oder Mehrstationenmaschine mit ein- und demselben Transportantrieb (ohne mechanische Gleichlaufeinrichtung) ausbildbar sein.

Die Anmelderin trägt vor, dass der im Verfahren sich befindliche Stand der Technik, Einstationen-Blasformmaschinen beschreibe. Dies träfe auch für die DE 1 604 575 A zu. Bei der in dieser Druckschrift beschriebenen Blasformmaschine wäre wohl die Rede von einer Mehrstationenmaschine. Es würden hier jedoch lediglich mehrere Einstationen-Blasformmaschinen gleichzeitig auf dem Gleis bewegt, so dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 auch gegenüber dem Inhalt dieser Druckschrift neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin stellte den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 29 C des Patentamts vom 27. April 2001 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Patentansprüche 1 bis 10,

- Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 bis 9, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- 4 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 4, wie Offenlegungsschrift.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Gegenstand der Anmeldung stellt eine patentfähige Erfindung iSd §§ 1 bis 5 PatG dar.

1. Die in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 10 sind zulässig.

Der Patentanspruch 1 ist auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Patentanspruchs 1 unter Hinzunahme von Merkmalen aus den ursprünglichen Patentansprüchen 2, 4, 14 und 15 formuliert. Die Patentansprüche 2 sowie 4 bis 9 entsprechen den am Anmeldetag eingereichten Ansprüchen 3 und 8 bis 13. Patentanspruch 3 basiert auf den ursprünglichen Patentansprüchen 5 und 7. Die im geltenden Patentanspruch 10 aufgeführten Merkmale waren im ursprünglich eingereichten Patentanspruch 15 enthalten.

2.1 Die aufgrund ihrer Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1, hat gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als neu zu gelten, denn nach keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften wird eine Verriegelungsvorrichtung für die Blasformhälften beschrieben, die eine selektive Verriegelung der jeweiligen Blasformhälfte mit einer komplementär dazu auf einem mittleren Lagerbock angeordneten Blasformhälfte erlaubt.

So werden beim Stand der Technik nach der DE 34 16 871 C3 und der JP 6 - 226826 A Einstationen-Blasformmaschinen beschrieben und bei der Vorrichtung nach der DE 1 604 575 A wird eine bzw. es werden mehrere Einstationen-Blasformmaschinen gemeinsam auf einem Gleis bewegt. Die im Stand der Technik beschriebenen Einstationen-Blasformmaschinen weisen zudem keinen mittleren Lagerbock, der mit den äußeren Lagerböcken selektiv verriegelbar ist, auf.

2.2 Das Blasformmaschine nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Nach der Extrusion eines Vorformlings, dem Einbringen des Vorformlings in die geöffnete Form, nach dem Schließen der Form und dem Aufblasen des Vorformlings zum Kunststoff- Hohlkörper verbleibt der hergestellte Hohlkörper zum Abkühlen teilweise noch in der Form. Bei einer Einstationen-Blasformmaschine kann in dieser Abkühlzeit kein neuer Vorformling in eine geöffnete Form hinein extrudiert werden. Um diese Totzeit zu vermeiden und um die Produktivität zu erhöhen, wird beim Anmeldungsgegenstand die Blasformmaschine so gestaltet, dass zwei äußere verschiebbare und mindestens ein mittlerer jeweils verschiebbarer Lagerbock vorgesehen wird, wobei jeder äußere Lagerbock eine Formhälfte trägt und komplementär dazu auf dem mittleren Lagerbock auf jeder Seite ebenfalls eine Formhälfte angeordnet ist. Zum Verschieben der Lagerböcke sind an den äußeren Lagerböcken Motoren angeordnet, die über ein rotierendes Eingriffsmittel mit einem nicht drehenden, gemeinsamen Koppelmittel in Wirkverbindung stehen. Durch dieses gemeinsame nicht drehbare Koppelmittel werden Schwingungen im Antrieb vermieden. Ferner ist der mittlere Lagerbock selektiv mit einem äußeren Lagerbock verriegelbar und mit diesem verschiebbar. Damit steht dem Extruder jederzeit eine geöffnete Form zum Einbringen des Vorformlings in die Form zur Verfügung.

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem auf dem Gebiet des Blasformens von Kunststoff-Hohlkörpern versierten Maschinenbauingenieur (FH), keine Anregungen.

Bei der Vorrichtung nach der DE 34 16 871 C3 sind je zwei Blasformhälften auf einem Lagerbock angeordnet, wobei die Lagerböcke getrennt voneinander hydraulisch verschiebbar sind. Zum Verschließen bzw. zum Auseinanderfahren der Formhälften gleiten die an den Lagerböcken angeordneten Hydraulikzylinder auf Stangen, die an einem Grundrahmen befestigt sind. Ferner ist ein vom Verschiebesystem unabhängiges Verriegelungssystem zum Verriegeln der Formhälften vorgesehen. In dieser Druckschrift ist jedoch nur eine Einstationen-Blasformvorrichtung beschrieben. Somit ist bei dieser Blasformmaschine kein mittlerer mit Blasformhälften versehener Lagerbock vorgesehen, der selektiv mit äußeren Lagerböcken koppelbar und mit diesen verschiebbar ist. Es sind daher auch keine Maßnahmen beschrieben, wie die Verschiebbarkeit und das Verschließen der Formhälften bei einer Zwei- oder Mehrstationen-Blasmaschine durchgeführt werden könnte. Diese Druckschrift kann daher keinen Hinweis auf die anmeldungsgemäße Lösung geben.

In der DE 1 604 575 A wird eine Blasformvorrichtung beschrieben, bei der die mit den Formhälften versehenen Lagerböcke mit Rollen versehen sind, die auf Schienen laufen. Zum Öffnen bzw. Schließen der Formhälften werden über einen zentral angeordneten Motor mehrere Spindeln gemeinsam angetrieben, die mit den an den Lagerböcken befestigten Spindelmuttern in einer Wirkverbindung stehen. Die Spindeln sind mit Links- bzw. Rechtsgewinde versehen, so dass beim Antreiben der Spindeln die Formhälften aufeinander zu bzw. durch Änderung der Drehrichtung voneinander weg bewegt werden können. Die Lagerböcke sind nicht, wie beim Anmeldungsgegenstand, jeweils separat antreibbar, sondern haben einen gemeinsamen Antrieb. Dieser gemeinsame Antrieb bewirkt eine mechanische Gleichlaufvorrichtung der Formhälften. Mittlere Lagerböcke sind nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich, da bei der hier beschriebenen Vorrichtung im Mehrstationenbetrieb immer mehrere einzelne Blasvorrichtungen auf den Schienen umlaufen. Diese Druckschrift kann somit keinen Hinweis auf den Anmeldungsgegenstand geben, da die wesentlichen Elemente, wie Einzelantrieb der äußeren Lagerböcke und das Vorsehen von mindestens einem verschiebbaren mittleren Lagerbock fehlen.

Bei der in der JP 6 - 226826 A beschriebenen Einstationen-Blasformmaschine ist an jedem der beiden je mit einer Formhälfte versehenen Lagerböcke eine Spindelmutter angeordnet, die mit einer dem Lagerbock zugeordneten, drehbaren Gewindestange in einer Wirkverbindung steht. Die Lagerböcke sind dadurch nicht über eine Gleichlaufeinrichtung mechanisch miteinander gekoppelt, sondern frei von jeder direkten formschlüssigen Koppelung verschiebbar. Auch werden die Formhälften über eine von der Transporteinrichtung unabhängigen Verriegelungseinrichtung miteinander verriegelt. Da es sich bei dieser Blasformmaschine aber um eine Einstationen-Blasformmaschine handelt, ist kein mittlerer Lagerbock vorgesehen, der selektiv mit den äußeren Lagerböcken verriegelt werden kann. Somit kann auch dieser Druckschrift, kein Hinweis auf die Ausbildung einer Blasformmaschine als Zwei- oder Mehrstationen-Blasformmaschine mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen entnommen werden.

Mithin ist der Patentanspruch 1 gewährbar.

Mit diesem zusammen sind auch die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 gewährbar, da sie auf Ausgestaltungen der Vorrichtung nach Anspruch 1 gerichtet sind.

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BPatG:
Beschluss v. 19.03.2002
Az: 8 W (pat) 28/01


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